10. ANNA KATHARINA TERSCHÜREN VON LAZYINVESTORS.DE
Anna ist ein Teil der LazyInvestors. Zusammen mit ihrem Freund Martin zeigt sie, wie man die Altersvorsorge vollkommen entspannt angehen kann. Zuletzt war Anna bei einem Start-up tätig und managte als Vice President Financial die finanziellen Themen.
Das Projekt LazyInvestors wurde 2016 zuerst nebenberuflich gegründet und ins Leben gerufen. Eigenverantwortung steht dabei ganz hoch im Kurs und ist die Grundlage für alles. Mit dem lustigen Slogan „How To Make Altervorsorge Suck Less“ sprechen sie ihrer Zielgruppe aus dem Herzen. Wer hat schon Lust auf staubige Büros mit undurchsichtigen Verträgen, nur um dann im Alter vom Kleingedruckten überrascht zu werden?
Die LazyInvestors haben eine ETF-Strategie entwickelt, mit der sie die selbstbestimmte Altersvorsorge propagieren und einen Praxis-Kurs für Leute anbieten, die mit dem Thema bis dato noch nichts zu tun haben. Ganz ohne Motivation geht es natürlich nicht, aber die beiden halten den Leser und Kursteilnehmer ständig bei Laune und sorgen so dafür, dass das Thema Altersvorsorge wieder salonfähig wird – ganz ohne staubiges Büro und seitenlangen undurchsichtigen Vertragswerken.
Auf dem Blog LazyInvestors.de berichten die beiden über die Themen Geld, Freiheit und Glück und leben es entsprechend vor. Eine spannende Verbindung, denn schließlich ist eine Finanzmarktkrise nicht nur eine rote Zahl im Depot, sondern auch gleichzeitig der Trigger für eine Emotion. Um hier einen kühlen Kopf zu bewahren, zeigen die LazyInvestors, wie sie in solchen Situationen reagiert haben.
Mit einer eigenen Rebalancing-App sorgen sie bei ihrer eigenen Altersvorsorge zudem dafür, dass die Handlungsschritte denkbar einfach und vor allem schnell bearbeitet werden können, um sich dann im Anschluss wieder den Themen im Leben widmen zu können, die einem richtig Spaß machen.
ETFs sind mein absolutes Steckenpferd
Meine Anlageklassen, in die ich investiere, sind eher überschaubar: Neben ETFs habe ich ein bisschen Spielgeld in Form von Kryptowährungen und P2P-Krediten. Natürlich darf auch das klassische Tagesgeldkonto für die liquide Reserve nicht fehlen. Mein ETF-Portfolio besteht in erster Linie aus ein paar breit aufgestellten Aktien-ETFs, die die entwickelte Welt und Schwellenländer umfassen. Außerdem gehört ein Staatsanleihen-ETF der Schwellenländer dazu.
Ich betreibe also klassisches, langweiliges Buy and Hold. Mit dieser Anlagestrategie bin ich seit 2013 am Kapitalmarkt unterwegs und habe daher noch keine Krise mit meinem Portfolio durchmachen müssen. Klar erinnere ich mich lebhaft an 2008, aber da war ich eher Zuschauerin. So, wie meine Anlageklassen aufgestellt sind, würde ich auch meine Expertise beurteilen: ETFs sind mein absolutes Steckenpferd. Von Kryptowährungen habe ich ein bisschen Ahnung, von P2P-Krediten nur superrudimentär.
Das liegt vermutlich an meiner Vorgehensweise bei der Geldanlage: Ich bin großer Fan des Paretoprinzips und versuche mich grundsätzlich daran zu halten und danach zu arbeiten. Bis ins kleinste Detail kenne ich mich daher kaum mit einem Gebiet aus – ich schaue lieber, dass ich die wichtigen 80 % verstehe, und den Rest erspare ich mir. Außer, ich habe da Bock drauf. Da es mir leicht fällt, fokussiert zu arbeiten und mich nicht im Detail zu verlieren, klappt es mit der Arbeit nach dem Paretoprinzip ganz gut.
Mit dem gleichen Ansatz arbeite ich mich an die Aufbereitung der Inhalte für unsere Kurs-Teilnehmer heran: Mir ist es besonders wichtig, anderen Menschen dabei zu helfen, aus der Überforderung herauszukommen und endlich mit der Altersvorsorge loszulegen, ohne dass sie eine Expertise erreichen müssen. Das ist ja meistens der Clou: Hat jemand riesige Angst davor, das eigene Geld zu investieren, funktioniert die Expositionstherapie ziemlich gut. Ist erst einmal ein Sparplan eingerichtet oder wurden die ersten 100 Euro investiert, ist der allerwichtigste Schritt getan. Danach kann man sich den Details widmen und versteht auch alles viel leichter. Vermutlich, weil die Blockade weg ist.
Solche psychologischen Aspekte bei der Geldanlage finde ich spannend und lerne darüber superviel von unseren Kursteilnehmern. Wir konzentrieren uns gerade sehr auf dieses Thema. Auch, weil wir noch mehr Menschen helfen möchten, ihr “Finanz-Selbstbewusstsein” zu stärken und endlich ihre Altersvorsorge auf den Weg zu bringen.
Die letzten Jahre liefen bekanntlich an der Börse ziemlich gut und man war eher in ruhigem Fahrwasser unterwegs. So verlief auch 2019 wenig aufregend und eher fluffig. Die Kurse kletterten vor sich hin und mein Portfolio verhielt sich entsprechend. Allerdings bekomme ich da generell gar nicht viel von mit – unser Name ist auch bei der privaten Geldanlage Programm. Ich verbringe ungefähr 5–10 Minuten im Monat damit, frisches Geld in mein Depot zu schieben. Das ist alles. Ich bin hier generell recht emotionslos: Ob die Zahlen gerade grün oder rot sind, berührt mich nicht. Vor allem, da ich das Geld momentan nicht brauche und mich noch nicht zur Ruhe setzen will. Das will ich vermutlich eh nie. Im Moment reinvestiere ich natürlich auch alle Ausschüttungen.
Mit der gleichen Vorgehensweise – einfach weitermachen – bin ich auch in 2020 reingegangen. Es weiß ja eh keiner, was morgen am Kapitalmarkt passiert und bei einer langfristig orientierten Geldanlage sind einzelne Jahresbewegungen sowieso uninteressant. Ich wollte also einfach meinen Stiefel weiterfahren wie bisher.
Dann kam Corona. Als es richtig losging, waren wir gerade in Malaysia und plötzlich gab es nirgends mehr Handdesinfektionsmittel zu kaufen. Anfang Februar kehrten wir wie geplant nach Hamburg zurück und lebten unser Leben. Bis die Zeit der Quarantäne losging. Als dann Ende Februar die Börsenkurse einbrachen, habe ich auch mal öfters ins Depot geschaut. Grundsätzlich lebe ich relativ nachrichten- und somit sensationsabstinent, aber nun wurde es natürlich auch für mich spannend. Eine solche Krise hatte ich ja auch noch nicht erlebt!
Mein Portfolio war zum Tiefpunkt der Corona-Krise mit rund 25 % im Keller. Der Abwärtstrend hat mich jedoch überhaupt nicht aus der Ruhe gebracht. Gerade weil ich immer predige, dass man als langfristiger Altersvorsorgeanleger Krisen einfach aussitzen bzw. eher die günstigen Kurse nutzen soll. Das ist inzwischen in Fleisch und Blut übergegangen.
Meine Geldanlage würde ich also als krisenfest bezeichnen. Einen finanziellen Schaden habe ich somit auch nicht erlitten. Bisher sind es nur Buchwertverluste, die sich – wie alles andere – gerade wieder berappeln.
Ich versuchte auch gar nicht, irgendetwas zu prognostizieren. Wir wissen ja alle, dass das eh nicht funktioniert. Keiner weiß, wie tief es bergab und wann es wieder bergauf geht. Ein Grund für mich, den Abschwung stattdessen direkt zu nutzen. Eddy und ich haben sogar noch ein bisschen Cash aus unserer anderen Firma lockergemacht, um günstig ETFs einzukaufen. Dadurch habe ich dann im März und April deutlich mehr investiert, als ich es normalerweise tun würde. Am spannendsten in der Zeit war für mich das Verhalten unserer Kurs-Teilnehmer. Wir wussten ja nicht, was passieren würde: Drehen alle durch und verkaufen aus Panik ihre ETFs? Oder lässt es die meisten kalt?
Ich bin froh, dass wir unseren Teilnehmern anscheinend ganz gut vermitteln konnten, dass einem eine Krise bei einer langfristigen Anlage in große, globale ETFs nichts anhaben kann. Sorgen und Ängste, die Teilnehmer in unserer Facebook-Gruppe beschrieben hatten, wurden durch die anderen Mitstreiter gleich wieder aufgefangen. Es war superschön, anzuschauen, wie viele da völlig ruhig geblieben sind und sich gegenseitig geholfen haben. Die meisten haben verstanden, dass die Krise eine riesige Chance ist und sich eher mit weiteren Investitionen beschäftigt.
Das war eine gute Gelegenheit übrigens, noch mal die Sache mit dem "Market Timing" zu erklären.
Wie auch immer. Ich möchte die Krise überhaupt nicht herunterspielen und bin mir bewusst, welche gravierenden Einschnitte Corona für viele mit sich gebracht hat. Für die langfristige Geldanlage mit ETFs ist diese Krise aber eine Chance, kein Problem. Daher: Komplett isoliert betrachtet – nur mit Blick auf die Geldanlage – fände ich einen weiteren Einbruch wünschenswert. So können all diejenigen, die sich bislang nicht getraut haben und sich nun ärgern, auch noch mal die Chance zum Nachkaufen nutzen. Wie gesagt, nur mit Blick auf die Geldanlage.
Das ist auch das Learning aus Corona: Leg Dein Geld so an, dass Du Krisen aushalten kannst! Also stecke nichts in ETFs, was Du grob in den nächsten 15 Jahren brauchen könntest. Dann können Dir Corona und ähnliche Krisen – wenigstens in der Hinsicht – nichts anhaben. Und wenn Du dann in solchen Zeiten noch etwas auf der hohen Kante hast, was Du anlegen kannst – umso besser! Derartige Chancen darf man als Anleger ja nun wirklich nur sehr selten erleben.
Ich selbst habe die Krise auch genutzt, um noch mehr loszulassen. Das ist mir bislang bei der Geldanlage gut gelungen, bei anderen Themen aber ehrlicherweise nicht sonderlich gut. Wir können uns alle bestmöglich auf bestimmte, schlimme Dinge vorbereiten und unser Leben so gut es geht optimieren und dann kommt doch alles anders, als man denkt. Das heißt nicht, dass man die Verantwortung abgibt. Ganz im Gegenteil: Wenn man sich viel mit sich selbst auseinandersetzt, seine negativen Glaubenssätze erkennt und sie Stück für Stück auflöst, kommt man besser durch schwierige Lebensphasen und verschafft sich mehr Leichtigkeit.
Klingt jetzt so schön nach Binsenweisheit, aber ich musste vieles davon erst mal wirklich erleben und zulassen, um zu begreifen, dass das Ganze nicht nur intellektuell stattfindet. Und ich denke, das lässt sich auch wunderbar auf die Geldanlage übertragen.
Aus meiner Sicht sollte man unbedingt folgende Aspekte beachten, um sich möglichst krisenfest aufzustellen:
Eine liquide Reserve ist megawichtig, um kurzfristige Engpässe zu überwinden. Zwischen dem 3- und 12-Fachen der monatlichen Ausgaben sollte diese auf jeden Fall liegen – je nachdem, ob Du nur Dich selbst durchfüttern musst oder auch noch andere von Dir abhängen.
Und klar, desto niedriger Deine Fixkosten sind, desto besser kannst Du eine Krise überbrücken. Nicht nur das. Du musst natürlich auch weniger für später zurücklegen. Das Mindset spielt dabei eine entscheidende Rolle: Überlege in guten Zeiten, wie viel Geld Du wirklich brauchst und was Dir wirklich wichtig ist. Stell Dir bei Deinen (einmaligen UND wiederkehrenden) Ausgaben immer die Frage: Löse ich mit dieser Ausgabe ein Problem? Oder: Brauche ich das wirklich? Macht mich das (auf Dauer) glücklich?
Vielleicht fragst Du Dich jetzt, wie Du die Fragen beantworten sollst. Am besten mit der Wahrheit. Das Kernproblem ist dabei: Oft steckt hinter unserem Ausgabeverhalten (und eigentlich hinter vielen Verhaltensweisen) nicht die Frage, ob mich das persönlich irgendwie weiterbringt, sondern was die anderen von mir denken.
Sorry, egal, für wie unabhängig Du Dich hältst – das wird auch bei Dir ganz oft der Fall sein. Schau mal genau hin. Wer kauft sich denn zum Beispiel schöne Kleidung nur für sich selbst? Würdest Du Dich in Deinen ollen Klamotten schlecht fühlen, wenn Du niemanden treffen würdest? Vermutlich nicht. Du ziehst sehr wahrscheinlich für die anderen die ordentliche Kleidung an.
Das ist jetzt erst mal nicht schlimm! Wir wollen ja auch nicht die ganze Zeit in irritierte Gesichter schauen, nur weil wir immer im Schlafanzug in den Co-Working-Space gehen. Und wenn Du Single bist, ist es definitiv leichter, jemanden kennenzulernen, wenn Du nicht in Lumpen unterwegs bist. Auch für einen neuen Job ist das hilfreich. Klar.
Es ist also wichtig, nicht komplett auf die Meinung anderer zu sch*****, sondern Dir Deiner Motivation bewusst zu sein und darauf basierend eine Kaufentscheidung zu treffen. Wenn Du an der Stelle ehrlich zu Dir bist, ist es viel, viel leichter, als wenn Du Dir selbst etwas vormachst! Dann merkst Du zum Beispiel, dass Du deutlich weniger schicke Klamotten brauchst, als Du ursprünglich dachtest.
Überprüfe auch mal ganz ehrlich: Wählst Du Deinen Urlaubsort, Deine Wohnung oder Dein Handy wirklich nur basierend auf Deinen eigenen Wünschen aus oder spielt es nicht doch eine Rolle, welche (unterstellte) Meinung andere von Dir haben? Denkst Du vielleicht darüber nach, wie Du auf andere wirken könntest, und triffst danach Deine Entscheidung?
Wenn Du Dir angewöhnen kannst, vor jeder Ausgabe einmal kurz innezuhalten und Dich zu fragen, was Dein ehrlicher Antrieb dafür ist und ob es Dich glücklicher macht, bist Du einen riesigen Schritt weiter! Darauf aufbauend kannst Du dann Dein Ausgabeverhalten so anpassen, dass Du bewusst Geld für das ausgibst, was DIR wirklich wichtig ist und dort sparen, wo es Dir nicht wirklich wehtut.
Zurück zur Geldanlage:
Hier heißt es: Tu nichts! Lerne die Krise durchzustehen. Das ist der beste Rat, den ich geben kann. Tätige bloß keine Panikverkäufe. Sollte Dir allerdings der Allerwerteste bei der Vorstellung, dass die Kurse um 50 % einbrechen, auf Grundeis gehen, dann hast Du eine falsche Asset-Allokation. Dann solltest Du dringend mehr defensive Anlageklassen zur Stabilisierung Deines Portfolios beimischen.
Corona ist und wird nicht die letzte Krise sein, die wir bei einer langfristigen Anlage durchzustehen haben. Aber in jeder Krise steckt eine Chance, die man erkennen und nutzen kann. Ich bin froh, dass ich noch mehr investieren konnte als ursprünglich geplant und werde das bei der nächsten Krise wieder genau so machen, wenn ich die Mittel dazu habe.