6

»Hat ... hat er sie betäubt?«, frage ich. Plötzlich ist es mir wichtig, das zu wissen.

Julia sieht mich überrascht an. »Betäubt? Nein, sie hat keine übliche Narkose bekommen. Ich habe keine Spuren einer intravenösen Sedierung oder Schäden in ihrem Mund durch einen Beatmungsschlauch gefunden, wenn du das meinst.«

Ich spüre, wie sich mein Magen zusammenzieht. Ich könnte den Mann ermorden, der ihr das angetan hat.

»Aber wahrscheinlich hat er sie auf eine andere Art betäubt«, sagt sie in überraschend freundlichem Ton. »Mit Chloroform. Oder Äther. Und mit einem Muskelrelaxans. Um das sicher zu wissen, müsste ich ihr Blut untersuchen. Aber ich sehe beispielsweise keine Bisswunden auf ihrer Zunge, wovon auszugehen wäre, wenn ein Opfer einem extremen Schmerz ausgesetzt wird. Ein Muskelrelaxans sorgt dafür, dass der Körper auch im bewusstlosen Zustand keine unkontrollierten Bewegungen macht. Aber ohne Beatmung stirbt man dann.«

Es wird still.

»Verstehe.« Peter reibt sich über die Schläfen. »Wir haben es also mit einem Sadisten zu tun, der Mädchen zu seinem Vergnügen aufschneidet und ersticken lässt.«

Sie schüttelt bedächtig den Kopf. »Nein. Für einen Sadisten ist er zu präzise vorgegangen.«

»Was?« Peters Augenbrauen schießen in die Höhe. »Präzise? Das musst du mir mal näher erklären. Ich finde, das sieht aus wie ein Schlachtfeld.«

»Der Schein trügt.« Julia seufzt, als wäre auch sie an ihre Peter-Grenze geraten. »Die großen Blutgefäße wurden mit Nähten verschlossen, damit sie nicht bluten. Und an den Druckstellen ihrer Haut kann ich erkennen, dass er Spreizer benutzt hat, um die Wunde offen zu halten.«

»Wie bei einer richtigen Operation«, sage ich leise.

»Genau.« Sie nickt. »Dieses Mädchen wurde operiert. Aber nicht, weil sie krank war.«