Kapitel 35

»Tut mir leid.« Oma Nadine tupfte sich die Augen ab. »Ich liebe diesen Teil der Geschichte einfach.« Sie putzte sich geräuschvoll die Nase und schüttelte den Kopf. »Wie es scheint, siegt wahre Liebe am Ende tatsächlich, nicht wahr, Gus?« Sie stand auf und gähnte. »Reizende Unterhaltung. Das müssen wir irgendwann einmal wiederholen.«

»Hinsetzen.«

»Aber ich habe Ihnen alles gesagt, was ich weiß.«

»Hinsetzen. Sofort.«

Oma Nadine verdrehte die Augen, setzte sich aber.

»Das Ende. Ich muss wissen, wo diese Geschichte endet, denn das wird mir sagen, wo Sie enden werden. Im Gefängnis? Oder in Freiheit.«

Jace

Ich wäre zufrieden damit, sie für den Rest meines Lebens im Arm zu halten. Ich hatte eine Weile gebraucht, um alles vorzubereiten. Denn noch mal Urlaub nehmen? Nachdem ich erst eine Woche lang weg gewesen war? Das gefiel den Leuten gar nicht, doch ich hatte mir die letzten vierzehn Tage dafür den Arsch aufgerissen: um nach Seattle zu kommen und Beth im Sturm zu erobern, so wie sie es verdiente.

Ich hatte vor, so lange zu bleiben, bis sie weich wurde. Ich ging sogar so weit, dass ich ein Thor-Kostüm kaufen wollte, in der Hoffnung, sie umzustimmen. Und falls das nicht funktionierte, würde ich wohl zu Wein und zuallerletzt zu Benadryl greifen müssen.

»Was ist denn hier los?«, verlangte eine weibliche Stimme zu wissen.

Ich löste mich von Beth und lächelte, als Oma Nadine langsam ins Wartezimmer kam.

»Tanzen.« Beth seufzte glückselig.

Ich küsste sie auf die Stirn.

Oma Nadine kniff die Augen halb zusammen. »Und ihr zwei seid … wieder vereint?«

»Ja«, antwortete ich für uns beide.

»Und das Kind?«

»Zum letzten Mal, ich bin nicht schwanger!«, wehrte Beth schrill ab.

»Aber, Liebes, erinnerst du dich denn gar nicht an deine Nacht mit ihm? Soweit du weißt, hättest du auch im Regenmantel singend ums Bett tanzen können, bevor er dich gebumst …«

»Oh, Grundgütiger, hast du gerade gesagt: gebumst?«, flüsterte Jace halblaut.

»Das tun Tiere nun einmal, und wir sind Tiere.«

»Nein.« Beth schüttelte den Kopf. »Nein, sind wir nicht.«

»Auf jeden Fall würde ich mich untersuchen lassen.« Oma Nadine schniefte. »Außerdem brauche ich mehr Urenkel.«

Ich hatte nicht das Bedürfnis, ihr zu erklären, dass das, verwaltungstechnisch gesehen, nicht ihre Urenkel wären. Denn ich hatte das Gefühl, dass es keine Möglichkeit gab, sie auf Dauer aus unserem Leben zu verbannen, also konnte ich mich auch gleich damit abfinden.

»Oh« – Oma Nadine klatschte in die Hände – »Und es freut mich, zu verkünden, dass es Char gutgeht! Nur unterzuckert! Eine Schwangerschaft bringt schon einiges durcheinander.«

»Dann ist sie also schwanger?« Jake hatte wahrscheinlich die Hosen gestrichen voll.

»Jawohl.« Oma Nadine strahlte. »Urenkel Nummer eins, obwohl ich dem guten alten Travis eine Standpauke verpasst habe, da er offensichtlich im Schlafzimmer einiges falsch macht, wenn Jake und Char zuerst brüten.«

»Brüten?«, echote Beth leise.

»Auf jeden Fall bin ich sicher, dass es jetzt in Ordnung ist. Ich habe ihm einige Funktionsweisen erläutert, über die er bestimmt verwirrt war. Eine Großmutter weiß schließlich Bescheid über solche Dinge. Wenn man sich nur vorstellt, dass ihm die besten Stellungen für eine Empfängnis gar nicht bekannt waren! Ich habe ihm Bilder geschickt.«

»Von?«

»Kamasutra.« Oma Nadine nickte. »Aus dem Google.«

»Oh, verdammt«, brummte ich.

»Was denn?« Oma Nadine zuckte unschuldig mit den Schultern.

»Nachdem alles in Ordnung ist, schätze ich, Beth und ich werden einfach gehen …«

Erster Gedanke? Wein trinken, gefolgt von Sex, mehr Wein, mehr Sex, keine ungeplante Schwangerschaft, und hoffentlich konnte ich jetzt endlich mit ihrem Haar spielen. Gott sei Dank.

»Na ja, die Medien sind gerade vollkommen aus dem Häuschen. Sie beobachten Jakes Haus, als wäre es das Netflix. Die Geschichte ist bereits durchgesickert, und ich würde nicht wollen, dass ihr beide da hineingeratet.«

»Oh.« Beth machte ein trauriges Gesicht.

»Aber keine Angst.« Oma Nadine zog ihr Jackett gerade und schmunzelte. »Ich habe einen Plan.« Sie richtete ihren furchteinflößenden Blick direkt auf mich. »Wie gut kannst du Lieferwagen fahren?«