»Dann wollen Sie sagen, er hat sich selbst entführt?«
»Genau das will ich sagen.«
»Keine Drogen im Spiel?«
Oma Nadine zuckte mit den Schultern. »Dieser Lieferwagen ist für vieles zu gebrauchen. Vielleicht habe ich ja den Stoff unter dem Sitz versteckt, um ihn vor der Polizei zu verstecken, aber die Wahrheit, Gus? Ich geriet in Panik!«
»Also, wo ist der Senator? Ein Reporter hat den Lieferwagen wegfahren sehen. Und man sah Sie einsteigen.«
Oma Nadine verdrehte die Augen. »Natürlich bin ich eingestiegen. Ich hatte versprochen, die beiden zum Flughafen zu fahren!«
»Zum Flughafen?«
»Ja.« Oma Nadine gähnte. »Wirklich, es war mir ein großes Vergnügen, und das meine ich ernst, Gus, aber ich habe Besseres zu tun, als hier zu sitzen und Ihnen Liebesgeschichten zu erzählen. Falls Sie mir nicht glauben, rufen Sie diese Nummer an. Ich denke, inzwischen« – sie sah auf ihre Uhr – »ja, inzwischen sind drei Tage vorbei.«
»Drei Tage?«
»Natürlich.« Oma Nadine stand auf. »Jace hat Beth sechs volle Tage Märchen versprochen, und sie hat doch nur drei bekommen. Sie sind auf Hawaii, Sie Dummerchen.«
Sicher, dass du bereit dafür bist?«, fragte ich und nahm Beth’ Hände.
»Ja.« Sie strahlte. »Das bin ich.«
»Es ist ein großes Risiko.«
»Das ist es wert«, flüsterte sie.
»Tja, dann denke ich, gibt es nicht mehr zu sagen.« Ich grinste. »Shit, Shit!«
Der Esel setzte sich in Bewegung, mit Beth auf dem Rücken und vollkommen zufrieden damit, dass er ein Wettrennen mit einer Schildkröte haushoch verlieren würde. So trottete er den schmalen Gang entlang.
Ich beschloss, neben Beth und dem nervigen kleinen Esel herzugehen. Es schien mir richtig, dass nicht sie auf mich zukam oder ich auf sie wartete, sondern dass wir beide den Weg gemeinsam gingen. Denn manchmal ist es das, was Liebe bedeutet. Nicht ein Mann, der einer Frau nachjagt, nicht ein Mann, der die Burg stürmt, und auch nicht das Mädchen, das einfach darauf wartet, dass die Liebe passiert.
Sondern zwei Menschen, die eine Bindung eingehen. Zwei Menschen, die begreifen, dass sie den Schlüssel zu ihrem Glück in den eigenen Händen halten. Das Problem dabei? Die meisten Menschen vergessen, dass sie die Macht haben, das Märchen zu leben. Ich hatte auf jeden Fall vergessen, dass ich die Macht dazu hatte, und irgendwann war ich bereit gewesen, meiner Zukunft den Rücken zu kehren.
Auch Beth hatte es vergessen.
Und so gingen wir Hand in Hand. Sie auf Donkey, und ich neben den beiden her, Sie wissen schon, nur für den Fall, dass der kleine Shit plötzlich scheu wurde und mit meiner Braut davonrannte.
»Ich sehe, Sie haben es gefunden.« Ein Lächeln erhellte Gesicht des Kapitäns, als er Beth von dem Esel herunter und ins Boot half.
»Es gefunden?«
»Ihr keiki.«
»Keiki?«, wiederholte Beth.
»Lange Geschichte«, brummte ich und stieg ins Boot.
Der Kapitän fuhr mit uns aufs Wasser hinaus und schaltete den Motor ab.
»In Ordnung, dann machen wir es kurz, wollen wir?«
»Er ist nicht gerade romantisch, oder?« Beth zwinkerte.
»Ich habe ihm gesagt, er soll es kurz machen«, gestand ich.
»Wieso?«
»Weil mir die Worte, die ich sagen muss, vollkommen egal sind – ich will dir nur zeigen, was du mir bedeutest. Ich habe die Nase voll von Worten, Beth. Tag für Tag habe ich bei meiner Arbeit als Politiker mit Worten zu tun. Ich denke, es ist Zeit für Taten, findest du nicht auch?«
»Ja«, antwortete sie atemlos.
»Wollen Sie diese Frau zu Ihrer Ehefrau nehmen?«, fragte der Kapitän.
»Ja.« Meine Stimme drang laut und deutlich durch die warme Luft des Nachmittags. »Ich will.«
»Und wollen Sie diesen Mann zu Ihrem Ehemann nehmen?« Der Kapitän räusperte sich. »Sie müssen ihn nicht nehmen, wissen Sie.«
»Ich will« – Beth grinste und sagte dann leise – »Thor.«
»Kraft der Befugnis, die mir vom Staate Hawaii verliehen wurde, erkläre ich Sie hiermit zu Mann und Frau!« Der Kapitän hob zwei wunderschöne Blumenkränze auf und setzte sie uns auf den Kopf.
»Möge Ihr Schoß fruchtbar sein«, sagte er fröhlich.
»Ähm … wir wollen nicht abschweifen.« Ich lachte nervös.
»Grandma sagte ausdrücklich, ich müsse Ihnen einen Segen erteilen, um den Fluch zu brechen.« Der Kapitän grinste verschmitzt. »Ich segne Sie mit Kindern – jeder Menge Kindern.«
»Nimm das ab! Nimm den Blumenkranz ab!«
»Lass es gut sein«, flüsterte Beth. »Wenn es um Grandma geht, ist es besser, mitzuspielen.«
»Na schön«, grummelte ich und betastete den verdammten Fruchtbarkeitsblütenkranz.
»Sieh es positiv.« Beth schlang die Arme um meine Taille. »Wenn eine Heirat deinen Umfragewerten hilft, dann stell dir nur mal vor, welche Wirkung erst Kinder haben. Und es bedeutet, dass wir jetzt all den Sex haben können.«
»Randnotiz.« Ich räusperte mich. »Wenn du weiterhin Grandma zitierst, werde ich noch eine ihrer magischen blauen Pillen brauchen, um Leistung zu bringen.«
»Oje, keine Inspiration?«
»Keine«, grummelte ich.
»Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich da Abhilfe schaffen kann.« Beth’ warme Lippen pressten sich auf meine, und ihre Zunge schob sich lockend zwischen meine Lippen.
»Wohin?«, fragte der Kapitän.
Ich hob Beth schwungvoll auf meine Arme, deutete ans Ufer und wollte dabei nicht eine Sekunde lang meine Lippen von den ihren lösen. Ich würde sie lieben, wertschätzen und in Ehren halten, und dieses Mal würde ich mich verdammt gut daran erinnern!
»Okey-dokey.« Der Kapitän schmunzelte. »Also, zurück zur Hütte.«