W ir können ihn nicht einfach dalassen«, sagte Oxana.
»Das ist seine Entscheidung.«
»Ich verstehe das nicht. Warum will er bleiben?«
»Er ist Bankräuber, Oxana. So habe ich ihn gefunden. Die Katze lässt das Mausen nicht.«
»Was soll das heißen?«
»Das soll heißen, er hat das Tresorgewölbe gesehen und konnte sich nicht zurückhalten.«
»Und wie soll er hinauskommen?«
»Er ist jetzt nicht mehr unser Problem.«
Mackintosh war es recht, Walker zurückzulassen. Er hätte seinen Teil der Abmachung eingehalten, aber wenn er sich darüber den Kopf nicht mehr zerbrechen müsste, hätte er ein Problem weniger. Die Chancen standen gut, dass Walker von der Stasi geschnappt werden würde.
Mackintosh trat als Erster aus dem Fahrstuhl, und mit schussbereiter Pistole sah er sich in der Eingangshalle um. Niemand war da. Der Flur war leer.
»Wo ist dein Wagen?«, fragte er Oxana.
»Ich habe auf der Straße geparkt. Zur Tür hinaus, die Treppe hinunter, und dann nach rechts.«
»Wie ist das Haus gesichert?«
»Es gibt nur einen Ein- und Ausgang. Dort steht ein Wachhäuschen. Ich habe einen Mann gesehen.« Sie musterte ihn. »Hast du keine Jacke?«
»Nein.«
»Du wirst auffallen. Vielleicht hat Sommer eine Garderobe im obersten Stock.«
»Dazu haben wir keine Zeit. Wir müssen es drauf ankommen lassen. Du gehst als Erste.« Er wandte sich an Schmidt. »Sie bleiben dicht bei mir. Wir steigen ins Auto und fahren Sie weg.«
»Und was dann?«, fragte Schmidt. »Wo fahren wir hin? Sie haben versprochen, mich in den Westen zu bringen.«
»Genau das werden wir auch tun.«
»Und wie?«
Oxana ging auf den Ausgang zu. »Überlassen Sie das mir.«
Sie wartete, bis Mackintosh und Schmidt bei ihr waren, und öffnete dann die Tür. Es schneite stark. Das zumindest war zu ihrem Vorteil. Die Sicht war begrenzt, und Mackintosh konnte das Wachhäuschen, das sie erwähnt hatte, nicht sehen. Das bedeutete hoffentlich, dass Wachposten, die dort Dienst taten, sie auch nicht sehen konnten. Vorsichtig stiegen sie die Treppenstufen hinunter, wandten sich nach rechts und folgten Oxana zu ihrem Wagen. Sie öffnete die hintere rechte Tür, schob Schmidt hinein und setzte sich auf den Fahrersitz. Mackintosh ging um den Wagen herum, öffnete die Beifahrertür und setzte sich neben Oxana.
Sie ließ den Motor an, schaltete die Scheinwerfer ein und fuhr los.
Sie sahen das Wachhäuschen im Scheinwerferlicht. Die Schranke war unten. Oxana hielt davor an und tippte auf die Hupe.
»Es geht los«, sagte sie.
Ein Wachposten kam aus der Baracke, die Schultern hochgezogen zum Schutz vor der Kälte und den Schneeflocken, die sich auf seine Mütze und seinen Mantel legten. Er kam zur Fahrerseite und winkte Oxana, sie solle das Fenster herunterdrehen. Sie gehorchte.
»Wie ist Ihr Name?«
»Oxana Baranowa. Ich war beim General.«
»Und Ihre Mitfahrer?«
»Ilja Puschkin und Michail Bakunin. Meine Mitarbeiter.«
»Warten Sie bitte hier.«
»Gibt es ein Problem? Ihr Kollege hat uns vorhin registriert. Vor einer Stunde.«
»Er hat jetzt dienstfrei. Warten Sie hier. Es dauert nur einen Moment.«
Mackintosh hatte die Makarow zwischen Sitz und Tür geklemmt. Sie war nicht zu sehen, aber leicht herauszuziehen, wenn er sie brauchen sollte.
»Er wird nicht viel erreichen, wenn er im Haus anrufen will«, sagte er.
Der Schnee fiel so dicht, dass sie kaum erkennen konnten, was im Wachhäuschen vorging. Oxana blinzelte angestrengt. »Vielleicht will er ja nur im Besucherregister nachsehen.«
»Vielleicht«, sagte Mackintosh. »Aber halte dich bereit.«
Sie nickte.
Zehn Sekunden vergingen, dann noch einmal zehn, aber der Posten kam nicht wieder heraus. Mackintoshs Gedanken kehrten zurück zu Walker.
»Aber das ist ein Tresorkeller «, sagte er. »Die Tür war massiv. Wie will er sie aufkriegen?«
Oxanas Gesicht legte sich in finstere Falten. »Oh, Scheiße «, sagte sie.
»Was ist?«
Sie wollte antworten, als sie den gedämpften Knall einer Explosion hörten. Der Boden unter dem Wagen bebte, und die Scheibe im Fenster der Wachbaracke klirrte im Rahmen. Oxana wartete nicht. Sie nahm den Fuß von der Bremse und trat das Gaspedal durch. Schlingernd schoss der Wagen vorwärts. Er durchbrach krachend die Schranke. Der Schlagbaum riss aus seiner Halterung, rutschte von der Motorhaube und flog in den Schnee.
»Verflucht, was war das?«, schrie Mackintosh durch das Heulen des Motors.
»Ich glaub’s nicht.« Oxana konnte ihr Grinsen nicht unterdrücken.
»Was?«
»Der Auftrag, mit dem Jimmy zu Sommer gehen sollte?«
»Ja«, sagte Mackintosh, »die Granatwerfer. Was ist damit?«
»Jimmy hat auch nach Semtex gefragt.«