Frühe Muster: Die Erotik des Traktors und die Macht der Puppe
Es gibt Dinge, die sehen wir jeden Tag und nehmen sie doch nicht wahr, unser eigenes Älterwerden zum Beispiel und jenes unserer Freunde und Liebsten. Ebenso wenig bemerken wir, dass Jungen und Mädchen sich bereits in sehr frühem Alter deutlich voneinander abgrenzen und in – hier und da sich überlappenden – Parallelwelten nebeneinanderher spielen.18
Kleine Jungen beginnen ab einem Alter von etwas über zwei Jahren, sich bevorzugt mit anderen Jungen zu beschäftigen. Mädchen halten noch bis knapp unter drei Jahren am Spiel mit Jungen fest. Doch bald danach bilden sich geschlechtsspezifische Gruppen und Grüppchen. Mädchen entwickeln engste »Seelenfreundschaften« und Jungen Balge- und Spieltrupps. Solche Unterschiede mögen uns banal erscheinen. Doch hier beginnt ein lebenslanges Programm zu laufen, das ein immer komplexer werdendes Muster – mit weitreichenden Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft – entstehen lässt: Die Gehirnzellen von Mädchen und Jungen werden mit unterschiedlichen Inhalten genährt, die unterschiedliche Gefühle erzeugen und andere Orientierungen vermitteln. Natürlich gibt es gewisse Überschneidungen, doch die geschlechtlichen Vorlieben setzen sich bis ins Erwachsenenalter fort.
Von dem Jungen, der statt seiner Mutter die Türklinke betrachtete
Eine grundlegende Differenz, die die Begegnung und das Zusammenleben, aber auch die Zusammenarbeit zwischen erwachsenen Frauen und Männern in der Partnerschaft oder am Arbeitsplatz später oft so anstrengend und das wechselseitige Verstehen so schwierig macht, tritt bereits im ersten Lebensabschnitt deutlich zutage: Schon ganz kleine Jungen richten ihre Aufmerksamkeit, gewissermaßen ihr frühes Begehren, auf Objekte und Gerätschaften, bevorzugt solche, die sich irgendwie bewegen. Mädchen hingegen sind von Anfang an viel stärker an Gesichtern und Gefühlsausdrücken interessiert und bringen es bei deren Interpretation zu früher Meisterschaft. Neugeborene Jungen verfolgen mit ihren Augen alles, was sich bewegt, das Mobile über dem Bett, den Sonnenstrahl an der Decke. Den beim Stillen von der Mutter erhofften innigen Blickkontakt suchen sie viel seltener als Mädchen und verunsichern damit oft ihre frischgebackenen Mütter. Mache ich etwas falsch?
Auch mir erging es so. Bei der Geburt meines ersten Sohnes im Jahr 1975 war ich unerfahren. Nie zuvor hatte ich ein ganz kleines Kind im Arm gehalten. Ich kannte keine anderen jungen Eltern und hatte auch nicht meine eigene Mutter in der Nähe – das hätte ich damals auch gar nicht gewollt. Mein Umfeld bestand vor allem aus jungen Männern, die sich, wie ich selbst, zu dieser Zeit hauptsächlich mit den Fragen der Veränderung der Welt beschäftigten. Acht Tage nach der Geburt und einem sehr unerfreulichen Krankenhausaufenthalt (»Sie legen ihr Kind falsch an, so wird das nie was mit der Milch!«) fuhr ich emotional wie auch praktisch ziemlich unvorbereitet mit meinem Sohn Daniel, seinem Vater und einer Packung Pampers nach Hause. Ich war ängstlich, etwas falsch zu machen und verunsichert, weil unser kleiner Sohn mir beim Stillen kaum in die Augen blickte. Hebammen für den täglichen Hausbesuch nach der Geburt, heute ganz selbstverständlich, kannte man damals in München noch nicht. Eine Hebamme hätte mich wahrscheinlich beruhigt, auch wenn sie mir vermutlich keine Erklärung für das Verhalten meines Sohnes hätte liefern können.
Louann Brizendine, inzwischen weltbekannte Professorin für Neuropsychiatrie, schildert in ihrem fulminanten Buch Das weibliche Gehirn höchst eindringlich ganz ähnliche Erfahrungen und Enttäuschungen – heute aus dem sicheren ironischen Abstand einer Frau, die es inzwischen besser weiß.19 Ihr Sohn bevorzugte Türklinken und Lampen als Blickfang, und seine Mutter war geradezu neidisch auf eine Freundin, deren häufig lächelnde kleine Tochter fröhlich mit allen kommunizierte, die sich ihr näherten. Auch ich verspürte einen kleinen Stich, als ich vor vier Jahren erlebte, mit welch wunderbarem Strahlen meine Enkelin Nadja vom ersten Tag an die Augen und Herzen ihrer Umwelt eroberte – die Tochter des Sohnes, der sich damals meinem direkten Blick so viel langsamer genähert hatte.
Das ewige Spannungsthema – die Objektwelt, von der sich das männliche Geschlecht angezogen fühlt, im Gegensatz zur Personenwelt, die für das weibliche Geschlecht im Zentrum der Aufmerksamkeit steht – tritt also früh zutage. Manche Eltern werden an dieser Stelle sicher einwenden, dass sie bei ihren Kindern ganz andere Erfahrungen gemacht haben. Das ist gut möglich, schließlich haben wir es mit Statistik zu tun, die immer gewisse individuelle Verteilungen enthält.
Der »gegenderte« Markt
Kinderzimmer in unserem Kulturkreis sind heute – aller Kritik an der Macht des Kommerzes zum Trotz, dem nachgesagt wird, dass er mit seinen blau-rosa Angebotspaletten nur die alten Geschlechterrollen stabilisiere – prall gefüllt mit Lillifee-Puppen und Barbies für Mädchen und mit Baggern und Spielkonsolen für Jungen. Daneben finden sich auch eher geschlechtsneutral genutzte Objekte wie Puzzles und Bücher, doch mit geradezu verblüffender Zielstrebigkeit stürzen sich Jungen auf Traktoren, Roboter, Haushaltsgeräte, Türklinken, Steckdosen, eben auf alles, was sich drehen, wenden, bewegen und grobmotorisch nutzen lässt; selbst Buntstifte werden in ihren Händen zu Gewehren oder Schwertern, während Mädchen Plüschtiere, Puppen oder alle möglichen anderen Gegenstände, die sie als Puppen betrachten, in ihren Armen wiegen, zart und eher feinmotorisch mit ihnen umgehen.
Die Marketingabteilungen von Zeitschriftenverlagen und Spielzeugindustrie wissen um solche geschlechtlichen Differenzen und nutzen sie. Es gibt inzwischen sogar »gegenderte« Schnuller, Babyflaschen und Windeln. Kinderkleider oder Spielzeug zu finden, die nicht deutlich für Jungen oder Mädchen markiert sind, ist fast unmöglich geworden. Von dem Markt werden heute deutliche Geschlechtergrenzen gezogen. Die Orgien in rosa Tüll, die wie ein nostalgischer Rollback in die 1950er-Jahre anmuten, sollten jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich darunter nicht mehr kleine sanfte und schüchterne Mädchen verbergen. Heute haben wir es mit rosaroten Powermädchen zu tun, mit selbstbewussten, mutigen Wesen, die sich gut zu behaupten wissen, neugierig, talentiert und breit interessiert sind. Und trotzdem sind sie – und darum geht es hier – in vielen Dimensionen sehr, sehr anders als kleine Jungen.
Selbst robuste, körperlich wilde und eher große, laute oder sportliche Mädchen, denen Rosa weder steht noch dem Stereotyp nach zu ihrem Naturell passt, durchlaufen Prinzessinnenphasen; selbst zarte Jungen kommen kaum ohne martialische Superhelden aus. Die Identifikationen von Kindern mit eher weiblichen oder männlichen Aktivitäten, Attributen, Gefühlen und Spielsachen lässt sich jedenfalls ganz offensichtlich nicht einfach dadurch verhindern, dass eine oberflächliche Neutralität hergestellt wird, zum Beispiel durch einheitliche Kleidung, wie die von mir persönlich sehr geschätzten Oshkosh-Latzhosen der 1970er-Jahre. Heute weiß ich, dass die entzückenden Kleidchen, die kleine Mädchen gern anziehen und häufig ganz selbstverständlich über langen Hosen tragen, nicht zwangsläufig die Botschaft weiblicher Unterordnung in sich tragen. Eine gute Freundin von mir argwöhnte gar, darin bereits einen gewissen problematischen Trend zur Islamisierung in der Mode erkennen zu können. Und in der Tat äußerte meine Enkelin kürzlich vor einem türkischen Geschäft in Berlin-Kreuzberg: Wenn ich groß bin, bekomme ich dann auch ein Kopftuch?
Kleidchen, Rüschen, Schmuck sind lediglich weitere Spielarten des sogenannten sexuellen Dimorphismus – der äußeren Verschiedenheit der Geschlechter. Die naive und populäre Annahme, dass sich die Geschlechter in Zukunft innerlich wie äußerlich stetig aneinander angleichen, indem die Frauen männlicher und die Männer weiblicher werden, trifft jedenfalls nicht zu, auch dann nicht, wenn sie immer mehr Aufgabenbereiche erfolgreich miteinander teilen. Im Gegenteil: Selbst einige physische Geschlechterunterschiede, wie zum Beispiel die Körpergröße, nehmen in modernen Gesellschaften sogar wieder zu.20
Jungen an die Puppen, Mädchen an die Spielzeugautos
Spätestens als die 68er-Überzeugungen in die Kindergartenpädagogik einsickerten, galt es als wünschenswert, geschlechtstypisches Spielverhalten einzugrenzen und die Erprobung neuer Rollen und Spielsituationen intensiv zu fördern: Jungen an die Puppen und die Kochtöpfe, Mädchen an die Spielzeugautos. Dagegen habe ich nichts einzuwenden, aber alle Bemühungen, die Spielzeugwahl der Nachkommen zu beeinflussen, stoßen schnell an Grenzen. Selbst wenn Eltern ihrem ersten Sohn noch die Wasserpistole und ihrer Tochter die Barbiepuppe verweigern und ihnen Geschichten von kleinen Heldinnen und ängstlichen Jungen vorlesen, so sorgen nicht nur Großeltern und unbelehrbare Verwandte, sondern vor allem auch die deutlich geäußerten Vorlieben der Kinder selbst dafür, dass nach und nach immer mehr geschlechtsstereotype Dinge ihren Weg in die Spielzeugkisten finden, bis selbst ambitionierte Eltern schließlich vor den militant aufgerüsteten Plastikgewehren in den Händen ihrer Söhne resignieren und auch den Töchtern die zunächst verpönten Schminksets lassen.
Eltern und Erzieher wissen nicht wirklich, wie und warum sich solche geschlechtsspezifischen Unterschiede mit derartiger Macht Bahn brechen und sind unsicher, ob sie aktiv dagegenhalten sollten. Wer glaubt, dass die Spielinteressen der Kinder unmittelbar von den Erwachsenen, vielleicht noch von der Spielzeugindustrie oder vom Fernsehen bestimmt werden, sieht sich oft schuldbewusst genötigt, die Interessen von Kindern in andere als die von ihnen selbst bevorzugten Bahnen zu lenken – so als zeigten Mädchen, die mit Puppen spielen und Jungen, die raufen und kämpfen wollen, gewissermaßen schädliche Anlagen, die es früh einzudämmen und zu korrigieren gelte. Geschlechtstypisches Verhalten bekommt dann fast etwas Sündhaftes: Das Plastikschwert wird zum Vorboten von Gewalttätigkeit, das Puppenspiel der frühe Hinweis auf Anlagen, die einer Karriere im harten Wettbewerb des Arbeitslebens womöglich entgegenstehen könnten. Dieser Logik folgend würde die Umkehrung – also mütterlich sorgende Jungen und mit Pistolen hantierende Mädchen – als Anzeichen einer erfolgreichen modernen Erziehung gelten!
Während heute der pädagogische Grundsatz, Kinder in ihren erkennbaren Talenten zu bestärken und zu fördern, relativ unbestritten ist, scheint auf dem Feld der Geschlechterrollen genau die umgekehrte Maxime zu gelten: Wehret den Anfängen! Das ist ein merkwürdiger Widerspruch, der mit einem modernen Erziehungskonzept nicht vereinbar sein dürfte. Vor allem aber ist jedwedes Bemühen, mit solchen »Korrekturen« die Geschlechter auf einer neuen Ebene miteinander kompatibel zu machen, völlig aussichtslos.
Die Frage, ob man Kinder überhaupt zu »gegengeschlechtlichem« Spielzeug motivieren kann, ist in den letzten Jahrzehnten wissenschaftlich ziemlich gut untersucht worden. In der DDR etwa, wo die Überwindung traditioneller Geschlechterrollen ein hohes Anliegen war, wurde schon in den 1960er-Jahren der Spielzeugbestand in Familien wissenschaftlich analysiert. Die meisten Kinder verfügten dort in beträchtlichem Umfang über Spielzeug des anderen Geschlechts. Alle Jungen hatten einen Teddy und andere Stofftiere, 50 Prozent der Jungen besaßen auch eine Puppe, doch nur 10 Prozent spielten damit! Nur bei teurem Spielzeug, wie Puppenhäusern oder Eisenbahnen, wurden Geschlechtergrenzen überschritten, offensichtlich waren Eltern nur dann zu so teuren Anschaffungen bereit, wenn sie sich sicher sein konnten, dass sie ihren Kindern auch tatsächlich Freude machen und nicht als pädagogisch korrekter Ballast ungeliebt in der Ecke verstauben würden.21 Aber selbst dann wird das gleiche Spielzeug oder Angebot je nach Geschlecht einfach mit anderen Inhalten besetzt. Das zeigt sich auch deutlich am Beispiel des anscheinend geschlechtsneutralen Computers, der in den letzten beiden Jahrzehnten in den Kinderalltag einzog. Die Intensität, mit der Jungen sich in Computerspiele vertiefen, wird von Mädchen in der Regel weder nach Dauer noch Art erreicht. Sie bleiben in der Mehrzahl letztlich lieber im Kontakt mit realen Personen. Und nichts deutet darauf hin, dass dieses Muster sich ändert.
Auch die nicht elektronische Spielzeugwelt stellt sich mehr und mehr auf solche geschlechtstypischen Differenzen ein. Besonders deutlich lässt sich das an der Entwicklung von Lego oder Playmobil seit den 1970er-Jahren ablesen. Wo zunächst neutrale Klötze und gesichtslose Plastikfiguren den Markt beherrschten, finden wir heute viele Accessoires, die gerade auch für Mädchen begehrenswert sind – ein rosarotes Traumhaus von Lego zum Beispiel, mit Vater, Mutter, Kind, oder eine kleine Tierklinik von Playmobil. Von Eltern und Verbraucherschützern, aber auch von vielen Pädagogen wird die Ausstattung der Figuren eher als Beitrag der Spielzeugindustrie zur Verkümmerung der Fantasie kritisiert. Sie ist aber vor allem ein Resultat der Erkenntnis, dass ein ausdifferenziertes geschlechtstypisches Angebot den Wunsch von Mädchen nach Personen und Rollenspielen gezielter anspricht. Kinder spielen nun einmal ganz offensichtlich am liebsten mit geschlechtsspezifischem Spielzeug. Das zeigt sich bereits im Alter von nur einem Jahr – also lange bevor sie überhaupt wissen, ob sie Jungen oder Mädchen sind oder was ein Geschlecht ausmacht. Mit »korrekten« pädagogischen Angeboten ist ihren hormonell bedingten Interessensunterschieden nicht beizukommen.22
Gerald Hüther, Hirnforscher und Leiter der Abteilung für neurobiologische Grundlagenforschung an der Psychiatrischen Klinik der Universität Göttingen, hat auf die entscheidende hormonelle Differenz23 zwischen den Geschlechtern hingewiesen, die bereits vor der Geburt die Architektur ihres Gehirns beeinflusst. Während neugeborene Mädchen bis zu ihrem zweiten Lebensjahr von enormen Mengen Östrogen überschwemmt werden, macht das männliche Geschlechtshormon Testosteron Jungen schon in ihrer fötalen Entwicklung überhaupt erst zu Jungen. Dadurch wird auch ihr Hirn anders organisiert und strukturiert. »Zwangsläufig«, so Hüther, »können sie daher von Anfang an manches besser, manches schlechter als Mädchen. Und deshalb ist ihnen von Anfang an anderes wichtiger und bedeutsamer als den Mädchen. Deshalb begeistern sie sich auch für anderes – je älter sie werden, umso leichter für das, wofür sich auch die anderen Jungen oder erwachsenen Männer begeistern.«24
Zwar ist die Entwicklung eines Individuums durch diese Hormondosen keineswegs fest programmiert; sie vollzieht sich erst in einer täglichen intensiven Wechselwirkung zwischen den biochemischen Grundlagen und den Vorbildern sowie Einflüssen von relevanten Bezugspersonen. Aber diese legen, zumindest unterschwellig, gegenüber Mädchen ein anderes Verhalten an den Tag als gegenüber Jungen, nicht allein aufgrund zugerechneter Stereotypen, sondern auch, weil die Kinder selbst sich von Anfang an deutlich anders geben – und zwar nicht nur individuell, sondern nach Geschlecht. So entsteht ein Kreislauf: Im Umgang mit Jungen und Mädchen werden die angelegten Unterschiede gestärkt und dadurch wiederum die entsprechenden Gehirnbahnen verfestigt und eingeschliffen.
Sicher ist es wünschenswert, dass Kinder nicht eng auf eine Norm, auf ein Rollenmuster festgelegt werden. Vieles deutet darauf hin, dass Prinzessinnenrollen und mütterliche Rollenspiele für Mädchen und Heldenspiele für Jungen gewissermaßen archetypisch angelegte Muster verkörpern, die Kinder intensiv erproben und durchlaufen müssen, um diese später wieder lockern, öffnen und erweitern zu können. Kinder sind bei ihrer Geburt kein unbeschriebenes Blatt, das es geschickt zu beschriften und mit Inhalt zu füllen gilt. Kinder sind, wie wir immer besser mithilfe bildgebender Verfahren in der Hirnforschung, mithilfe von Neurologie und Biochemie verstehen, vorgeprägte Wesen, die sich innerhalb bestimmter Möglichkeitshorizonte entwickeln. Genau diese Korridore gilt es zu verstehen und zu erkunden und bei jedem Kind das individuelle Profil optimal zu unterstützen. Nur so werden wir Antworten auf die Frage finden, wie es gelingen kann, Wirtschaftsunternehmen und Institutionen für Frauen zu öffnen, aber auch, wie Jungen in der heutigen Schullandschaft wieder bessere Erfolgsaussichten haben können. Bisher sind die Wirkmechanismen zu wenig bewusst und deshalb funktionieren die Antworten und Lösungsstrategien so wenig.
Die Utopie von der Überwindung der Geschlechterrollen
Die Idee einer Öffnung von eng definierten klassischen Geschlechterrollen bei Kindern steht, zumindest bei jenem Teil der westlichen Gesellschaft, der sich als fortschrittlich verstand, seit über 100 Jahren auf der Tagesordnung. Meine Eltern entstammten der sozialdemokratischen bildungsorientierten Arbeiteraristokratie in Berlin zu Beginn des letzten Jahrhunderts. Für sie war es selbstverständlich und ein hohes Gut, dass Mädchen und Frauen die gleichen Bildungschancen wie Männer und eine solide Berufsausbildung haben sollten – eine aktive moderne Väterrolle, wie sie heute propagiert und auch von vielen jungen Vätern gewünscht wird, war allerdings noch nicht in ihrem Vorstellungshorizont. Auch nicht in der Kibbuzbewegung, der wir den Anstoß zu den leidenschaftlichen Debatten um die Geschlechterpädagogik verdanken, die am Ende der 1960er-Jahre in der Bundesrepublik aufkamen und öffentlich Furore machten. Wer weiß heute noch, dass Israel in seiner Gründungszeit und auch vor der Staatsgründung in vielerlei Hinsicht ein sozialistisches Utopie-Projekt verkörperte, das ernst machen wollte mit der Herstellung sozialer Gleichheit und der Überwindung der Geschlechterunterschiede – ein Projekt, das dort mit einer Radikalität verfolgt wurde, die heute ganz undenkbar wäre?25 Solche »Laborversuche« sind inzwischen bei uns weitgehend vergessen. Sie zählen im weitesten Sinn zum sozialistischen Gedankenerbe, das mit den Ideologien des 20. Jahrhunderts mehr und mehr im Nebel der Geschichte verschwindet.
Kinder wurden im Kibbuz zunächst fast ausschließlich in Kinderhäusern erzogen, die Zeit, die sie mit ihren Familien verbrachten, war begrenzt – etwa zwei Stunden am Tag und den größten Teil des Wochenendes. Nachts schliefen sie im Kinderhaus. Ihre kollektive Erziehung galt lange als unantastbar. Sie sollten jenseits der Zwänge alter Klischees eine neue und freie Persönlichkeit entwickeln, ihre Mütter und Väter frei ihren Berufen nachgehen können. Ökonomisch bot diese Form der Kindererziehung für die finanziell schwachen Kibbuzim viele Vorteile: Die Familienwohnungen blieben klein, es mussten weniger Bäder, Kinder- und Esszimmer etc. gebaut und eingerichtet werden. Das entlastete die Kassen der meist armen Agrargemeinschaften.
Diese Strukturen wurden im Laufe der Jahrzehnte aufgeweicht, teilweise sogar aufgelöst. Die Mütter forderten ihre Kinder zurück und setzten schließlich durch, dass diese wieder bei ihnen zu Hause schlafen durften, wofür der Begriff »Familien-Schlafen« geprägt wurde.26 Ab den 1960er-Jahren erlaubte es eine sogenannte »Stunde der Liebe« den Müttern, auch am Tag Zeit mit ihren Kindern zu verbringen. Schließlich wurde auch der Mutterschaftsurlaub verlängert.
Diese Veränderungen gingen nicht etwa auf die Kinder zurück – im Kibbuzalltag gediehen sie gut, fühlten sich wohl und wuchsen zu starken Persönlichkeiten heran. Den Müttern aber fehlten ihre Kinder, sie wollten sie nachts bei sich haben, sie stillen, füttern, liebkosen und mit ihnen spielen, ihnen fehlte einfach ihre Nähe und Zärtlichkeit – mehr als den Vätern, die mit dem strengen Arrangement gut zurechtkamen. Die Rollenveränderung der Männer, sie stärker in die Fürsorge und Versorgung von Kindern einzubinden, war noch kein Thema. Das kam erst mit der neuen Frauenbewegung in den 1960er-Jahren und im Zuge skandinavischer Familienpolitik und dortiger Versuche auf, Väter durch Elternzeiten stärker für die aktive Väterrolle zu motivieren – mit erheblichen positiven Folgen übrigens.
Die Überwindung der klassischen Geschlechterrollen im Kibbuz bestand also de facto darin, Frauen zu Traktorfahrerinnen und Agraringenieurinnen zu machen und nicht etwa darin, Männer in der Säuglingspflege zu schulen.27 Die Betreuung in den Kinderhäusern wurde auch ausschließlich von Frauen wahrgenommen. Und so kam es, wie es nach unserem heutigen Wissen kommen musste: Obwohl die Jungen – überwiegend getrennt von ihren Familien aufwachsend – nur wenig Kontakt mit männlichen Vorbildern hatten, bevorzugten sie, trotz eines sorgfältig ausgewählten neutralen Spielzeugangebots, dennoch grobmotorische Aktivitäten und große Spielsachen. Mädchen dagegen befassten sich mit künstlerischen Aktivitäten, die die Fantasie anregten und die Feinmotorik forderten.
Die Welt unkontrollierter Abenteuer mussten sich die Jungen in ihren Fantasiespielen schaffen: Sie verlegten sich sehr stark darauf, wilde Tiere zu imitieren. »Vermutlich ließen sich mit diesen Vorbildern am besten Aktivitäten verbinden, die das Odium des Gefährlichen hatten und die es erlaubten, die eigenen Kräfte mit anderen zu messen, so wie dies in anderen Kulturen in Form von Kampfspielen geschieht … für die es im Kibbuz offensichtlich keine Anschauungsgrundlage gab«.28 Auch in einer unserer Kindertagesstätten begegnet mir regelmäßig ein kleiner Junge, der fast den ganzen Tag nicht als Prinz oder Ritter, sondern als mächtiger Dinosaurier, als bissiger Tiger oder wilder Löwe unterwegs ist. Wo die Möglichkeiten zu Kampf, Gefahr und Herausforderung fehlen, werden sie in der Fantasie oder in Ersatzspielen gesucht – ein Phänomen, das sich die Computerspielindustrie längst zunutze gemacht hat.
Die sozialistische Kibbuzerfahrung, ihre Vorstellung einer neuen Erziehung wurde in den 1960er-Jahren, als in der Bundesrepublik die Kinderläden entstanden, noch einmal mit großer Intensität nachvollzogen. Heute wird zwar viel über die angeblich negativen Folgen antiautoritärer Erziehung und über ihren problematischen Umgang mit Sexualität geschrieben, fast vergessen ist aber, dass gerade in den Kinderläden das Thema Überwindung der Geschlechterrollen zunächst mit ganz oben auf der Tagesordnung stand.
Es ging den Gründerinnen und Gründern der ersten Kinderläden nicht um Begabungsförderung im Frühkindalter, wie das heute der Fall ist, sondern um die Erziehung »freier Menschen, jenseits der Einschränkungen durch eine als repressiv empfundene Sexualmoral, durch scheinbar überholte Vorstellungen von Ehe und Familie, von festen Paarbeziehungen und Elternrollen«. Dabei wurden in manchen Kinderläden offensichtlich auch Kinder unter Missachtung ihrer durchaus natürlichen Schamgrenzen in eine ungewollte, unpassende und für sie unangenehme Erotisierung hineingedrängt.29
Diese Grenzüberschreitung ist auch unter den damals aktiven Eltern heute weitgehend verdrängt, die Erinnerung daran weckt eher peinliche Gefühle. So auch bei mir. Unsere Kinder wurden im ersten Münchner »Kinderhaus« erzogen, eine Einrichtung, die sich an der Kibbuzpädagogik orientierte. Auch bei uns gab es heftige Konflikte unter den Eltern um die Frage der Sexualität, vor allem als einige Jungen ein kleines Mädchen sexuell belästigten. Die Eltern der Jungen taten dies eher als normalen Alltag und die Empörung darüber als Elternhysterie ab, die Mutter und der Vater des Mädchens waren entsetzt und nahmen ihre Tochter schließlich aus dem Kinderhaus.
Mit dem keuschen Sozialismus in den israelischen Kibbuzim hatte die freie Sexualität, die in deutschen Kinderläden favorisiert wurde, wenig gemein – klar aber war, dass auch die Kinderladenbewegung eine Erziehung nach neuen Geschlechterrollen anstrebte. Es gibt nur wenig wissenschaftliche Literatur oder Untersuchungen aus jener Zeit, die Auskunft darüber geben, ob das der Kinderladenbewegung tatsächlich gelang. Eine Studie von 1980, die 40 Kinderläden mit 31 traditionellen Kindergärten verglich, stellte fest, dass die Aggressivität von Jungen in Kinderläden ausgeprägter als im traditionellen Kindergartenmilieu war.30 Die Jungen lösten auftretende Konflikte eher mit Gewalt, die Mädchen zogen sich zurück und agierten ängstlicher und abhängiger als Mädchen im bürgerlichen Kindergarten. Auch in Konkurrenzsituationen dominierten die Jungen die Mädchen stärker. Die größten Geschlechterunterschiede traten bereits bei den ganz kleinen zweijährigen Kindern auf – was für ihren Ursprung außerhalb klassischer Sozialisationstheorien spricht.
Im Umfeld der Kinderläden erzeugte die Studie Ratlosigkeit. Weshalb traten gerade hier, wo intensiv um neue Orientierungen gerungen wurde, die alten Rollenmuster verstärkt auf? Die plausibelste These – dass ein besonders libertäres Umfeld ohne klare Regeln der Aggression von Jungen weniger Einhalt gebietet als ein traditionelles Milieu – wurde nicht gern angenommen. Stattdessen wurde das Argument bemüht, gerade der Versuch der Eltern, klassische Muster zu verändern, habe die Kinder zu einer Art Widerstand ermuntert. Dies erklärt jedoch in keiner Weise, warum gerade zwei- und dreijährige Kinder sich noch traditionskonformer verhielten als die älteren Kinder.
Weibliche Gefühlsgourmets und männliche Herausforderer
Im Prozess des Heranwachsens zeigen sich auch deutliche Unterschiede im Sozialverhalten von Jungen und Mädchen – wie sie mit anderen umgehen und was ihnen Freude macht. Knapp zusammengefasst, sind Jungen bereits mit circa zwei Jahren stärker an Rangfolgen, Rangeleien und Hierarchien sowie an Wettbewerb in jeder Form interessiert. Sie haben Freude daran, sich zu messen – körperlich und in jeder anderen Beziehung. Jede Autofahrt mit mehreren kleinen Jungen ist begleitet von freundlichen Knuffen, Püffen und Balgereien. Kleine Mädchen dagegen hören im Auto Kassetten und wollen reden, erzählen, Fragen stellen oder singen.31
Jungen »in freier Wildbahn« schließen sich schnell zu größeren Gruppen zusammen. Es bilden sich Freundschaften, die eher offen sind, neue Mitglieder aufnehmen oder einzelne auch auf undramatische Weise wieder verlieren. Jungen unterhalten sich wenig, und wenn, dann darüber, was sie zusammen tun können oder wie etwas technisch funktioniert. Gern wird auch geprahlt: »Mein Papa hat den schnellsten Computer.« All das gehört zu Jungenfreundschaften, ohne dass es das Wohlbefinden der Gruppe nennenswert stört. Dieses Muster setzt sich, wie wir sehen werden, bis in die Strukturen der vorherrschenden Organisationen von Wirtschaft und Gesellschaft fort und gilt dort als Norm, obwohl dieses Gruppenmuster nur den männlichen Teil der Gesellschaft abbildet.
Mädchen hingegen beginnen früh, sich bevorzugt mit einer oder zwei Freundinnen zu unterhalten. Sie spielen intensiv zusammen, malen, hüpfen, basteln, aber sie reden auch darüber, wer zu ihrem Freundeskreis gehört und wer nicht dazugehören soll. Sie beginnen, eine ständige Melodie des Ein- und Ausschließens einzuüben, die bis ins Erwachsenenalter und den Arbeitsalltag weiter ertönt. Kleine Mädchen rücken körperlich gern eng zusammen und fassen sich an. Ihrer Mutter, ihrer Erzieherin, ihrem Papa oder Opa klettern sie oft auf den Schoß und schauen ihnen tief in die Augen. Kommunikation und Verbindung ist ihnen wichtig. Sie sind in der Regel sehr früh ziemlich ausdrucksstark, ihr Wortschatz wächst viel schneller als der von Jungen, und sie drücken sich gewandter und differenzierter aus.32 Ihr ganzes Leben lang werden sie mehr sprechen als ihre Brüder, Väter, Männer oder Kollegen. Es wird noch zu erörtern sein, wie sich das zur spezifischen Stummheit von Frauen in offiziellen Gremien verhält.
Nicht zuletzt aufgrund dieser Überlegenheit und Sprachreife ist auch ihr Problem- und Konfliktlösungsverhalten stärker auf Worte und Aushandeln ausgerichtet. Die Kooperationsfähigkeit im Spiel ist groß, Dinge werden ab einem gewissen Reifegrad gern getauscht. Die Fähigkeit, Gesichter und Körpersprache zu lesen und feine Signale zu verstehen, wird ständig weiter ausdifferenziert. Mädchen sind gewissermaßen frühe Gefühlsgourmets mit subtilen Wahrnehmungen.
Ihre größere soziale Sensibilität – zunächst gegenüber dem Gesichtsausdruck der Mutter und später gegenüber anderen Menschen – sowie ihre hohe sprachliche Kompetenz führen mit dazu, dass sie bereits als Kleinkinder meist »gehorsamer« sind. Wird kleinen Jungen verboten, ein Spielzeug anzufassen, so werden sie schon im Alter von nur einem Jahr in der Regel trotzdem versuchen, das begehrte Objekt zu berühren, sobald der Erwachsene den Raum verlässt. Sie erproben, wie weit sie gehen können, sie testen die Autorität. Mädchen dagegen respektieren Verbote von Anfang an stärker und fassen ein mit »Nein« belegtes Spielzeug bereits im Krabbelalter auch dann nicht an, wenn sie unbeobachtet sind. Sie fordern also die Autorität eher nicht heraus. Sie meiden meist den direkten Konflikt, sie versuchen, zu vermitteln und zu verbinden. Das eher normkonforme und gewissenhafte Verhalten von Mädchen führt später oft dazu, dass sie sich, statt in eigene Abenteuer, bevorzugt in den Unterstützungsmodus für männliches Explorationsverhalten begeben – als Groupies, Cheerleader oder als gefällige und geduldige, hoch kompetente Arbeitsbienen, die sich sehr genau auf die Bedürfnisse und Befindlichkeiten eines männlichen Gegenübers einstimmen können. Die weiblichen Belohnungssysteme in der Körperchemie springen am ehesten dann an, wenn es harmonisch zugeht und Aufgaben gemeinsam gelöst werden.33 In Konfliktsituationen dagegen können sie oft weniger klar denken und fühlen sich schlecht.34 Nur in bestimmten Situationen überschreiten auch sonst »brave« Mädchen vorgegebene Grenzen. Insbesondere tritt dies mit den Hormonschüben der Pubertät und dem Abgrenzungswillen gegenüber den Eltern massiv und in fast unkontrollierbarer Weise auf, oft im Zusammenhang mit dem elementaren Drang zur Partnersuche. Die hohe weibliche Gefühlskompetenz ist zugleich aber auch der Nährboden für die Zicken- und Launenhaftigkeit erwachsener Frauen oder das bisweilen manipulative Verhalten von Mädchen. Die Kontrolle dieser Impulse zu erlernen ist für Mädchen ebenso wesentlich wie es für Jungen wichtig ist, ihre aggressiven Testosteronschübe nicht mit der Faust auszuleben.
Für Männer ist es fast unmöglich und oft sehr unangenehm, sich in den weiblichen Sprechmodus zu begeben, Jungen lehnen das generell ab. Sie empfinden bei allzu viel Kommunikation und direkter Nähe, bei allzu viel persönlichen Worten schnell Unbehagen. Ihre Sprachfähigkeit entwickelt sich nicht nur später. Sie wird dann auch viel eher als Instrument der Positionierung, des Abstands, der Objektivierung und der Hierarchiebildung genutzt als zur Bildung von Nähe und Dialog. Manager äußern bisweilen, um mit den Kolleginnen gut arbeiten zu können, müsse man sich eben auf den sogenannten small talk einlassen. Sie empfinden das aber meist als künstlich und lästig, ganz bestimmt aber als unwichtig.
Die Herausbildung dieser sehr unterschiedlichen Aufgaben von Sprechen und Kommunikation bei den Geschlechtern führt später zu vielen Verständigungsproblemen. Denn die Strukturen und Regeln von Wirtschaft und gesellschaftlichen Institutionen beruhen im Kern auf dem männlichen Kommunikationsverhalten. Besonders in der Privatwirtschaft bilden sie das scheinbar »objektive« und geschlechtsneutrale Organisationsgerüst. Dahinter steckt keine böse Absicht, sondern eine schlichte Erkenntnis: Unternehmen und Institutionen wurden vorwiegend von Männern für Männer geschaffen. Wie wir noch sehen werden, ist der »männliche« Kommunikationsstil inklusive einer bestimmten Verwendung von Sprache für erwachsene Frauen zwar erlernbar, bleibt aber eine externe »Zweitsprache«, die nicht mit der gleichen Selbstverständlichkeit und Freude und demselben inneren Komfort gesprochen wird, wie es in der weiblichen Kommunikation der Fall ist.35
Das Erlernen dieser Zweitsprache ist auch einer bestimmten Gruppe von Frauen vorbehalten, denn viele Frauen entziehen sich diesem Code. Die Gründe dafür sind vielfältig, ich komme darauf zurück.
Dominanz versus Ansehen
Ein ganz elementarer Bereich, in dem sich unterschiedliche Vorlieben und emotionale Belohnungssysteme der Geschlechter von Anfang an zeigen und entwickeln, ist die Bildung von Hierarchien und Dominanz. Jungen, so zeigen ungezählte Studien der letzten Jahrzehnte, bauen ab einem sehr frühen Lebensalter hierarchische Gruppen auf, in denen sie jedoch sehr gut kooperieren.36 Dieses Muster ändert sich auch in späteren Jahren nicht. An sportlichen Regelspielen wie Fußball lässt sich besonders klar erkennen, dass sich sowohl Jungen wie Männer in Hierarchien einfügen und dann erfolgreich kooperieren, selbst wenn sie eine einzelne Position, etwa die des Kapitäns, persönlich nicht für optimal besetzt halten. Hier ist bereits das wichtigste Muster erkennbar, das die Organisationen kennzeichnet, die später von erwachsenen Männern gebildet werden: die Herausbildung klarer Rangordnungen mit dem Ergebnis relativ konfliktarmer Kooperation, bis die Besetzung der Spitzenpositionen durch eher dramatische Ereignisse von innen oder außen infrage gestellt wird. In der Wirtschaft können beispielsweise krasse Misserfolge eines Unternehmens am Markt dazu führen, dass diese Muster zerbrechen. Die Einübung von solchen Statushierarchien kennzeichnet viele Jungenspiele von früher Jugend an.
In den USA haben Ferienlager für Schulkinder eine lange Tradition. Dort lernen Kinder, sich selbst außerhalb der Familie zu bewähren und eigene Erfahrungen zu machen. In einem Ferienlager im Mittelwesten der USA wurde 1979 fünf Wochen lang detailgenau protokolliert, was sich im Hinblick auf Dominanz und Unterordnung unter den 11- bis 14-jährigen Kindern abspielte, die – nach Jungen und Mädchen getrennt – zu fünft in Hütten lebten.37 Bei den Jungen bot sich rasch ein klares Bild, in ihren Gruppen waren bereits nach drei Tagen klare Hierarchien erkennbar. Nicht nur die Betreuer, auch die Jungen selbst konnten deutlich sagen, wer die ersten drei in der Rangordnung in den Gruppen der jeweils fünf Kinder waren. Indikatoren dafür waren zum Beispiel der beste Schlafplatz und die größte Gefolgschaft. Die Hierarchie in der Gruppe wurde von allen gleichermaßen anerkannt und im Verlauf der Ferienzeit auch nicht mehr infrage gestellt. Im Rahmen dieser Rangfolge hatte jeder seinen Platz gefunden, was eine relativ konfliktfreie Kooperation untereinander ermöglichte. Dass Einzelne in diesem System auf Dauer zurückgesetzt blieben, wurde von allen in Kauf genommen. Anführer zeichneten sich nicht unbedingt durch Exzellenz oder Überzeugungskraft aus, sondern sicherten ihren Status auch durch Kraft, Drohgebärden, Lautstärke und körperliche Durchsetzungsfähigkeit.
In den Hütten der Mädchen zeigte sich ein völlig anderes Bild: Nicht einmal nach Verlauf der fünf Wochen waren eindeutige Rangfolgen zu erkennen, vielmehr blieben die Strukturen ständig im Fluss; weder den Beobachtern von außen noch den Mädchen selbst war also jeweils ganz klar, wer gerade Anführerin einer Gruppe war – obwohl es jeweils populärere und unpopulärere Mädchen gab. Die Mädchen formten keine feste Dominanzhierarchie wie die Jungen, sondern eine »Ansehenshierarchie«38. Die ersten Plätze waren dabei niemals längerfristig fest vergeben, sie veränderten sich situativ und wurden von anderen weiblichen Gruppenmitgliedern immer wieder infrage gestellt. Eine Führungsrolle wird Mädchen von anderen also gewissermaßen immer nur auf Abruf zugestanden. Sie hängt vom Ansehen eines Mädchens in einem ganz bestimmten Zusammenhang ab und kann auch wieder zurückgenommen werden.
Die Erlebnisse und Aktionsweisen von Mädchen sind insgesamt deutlich weniger durch eine Führungskultur geprägt, sondern stärker auf ebenbürtige Kooperation ausgelegt, allerdings auch von Konflikten begleitet. Druck wird dabei weniger durch Imponiergehabe und offene Aggression erzeugt, sondern vielmehr durch die Androhung von Ausschluss: »Du darfst nicht zum Geburtstag kommen, nicht mitspielen, gehörst nicht dazu, wenn …« Ausschluss aus der Gruppe ist für Mädchen äußerst bedrohlich und verletzend. Von früher Kindheit an entwickeln sich große und kleine Dramen um diese Thematik. Spuren dieser Muster lassen sich erkennen, wo später erwachsene Frauen in Unternehmen beruflich tätig sind. Geschlechterbewusstes Management sollte um die Stärken und Schwächen wissen, die daraus resultieren können.
Ganz anders als bei Jungen äußert sich Dominanz bei Mädchen oft als sogenannte prosoziale Dominanz39, die gewissermaßen die Haltung einer großen Schwester oder auch einer Mutter kennzeichnet: Kleine Mädchen übernehmen gern Verantwortung für jüngere Kinder, gleich welchen Geschlechts. Sie zeigen ihnen die Umgebung im Kindergarten, erklären, wie man den Mantel anzieht oder wo das Klo ist. Im Gegenzug erwarten sie Bewunderung und Unterordnung von ihren Schützlingen. Sie etablieren also ihre Dominanz durch Fürsorge und schätzen es nicht, wenn das jüngere Kind sich dem Fürsorgewillen entzieht. Das Führungsverhalten kleiner Mädchen nimmt damit ebenfalls manches von dem vorweg, was weibliche Führungskräfte in Unternehmen auszeichnet. Ebenso zeigt sich jedoch, wo dadurch Probleme entstehen können.
Natürlich übernehmen auch Jungen Verantwortung für jüngere Geschwister. Allerdings spielen sie spontan eher den starken Beschützer als dass sie der kleinen Schwester erklären würden, wie sie ihre Schuhe binden kann. Häufiger arbeiten sie mit direkter Durchsetzung. Sie schließen sich auch möglichst an ältere Jungen an, die sie vorbehaltlos bewundern und denen sie sich unterordnen können. Mädchen wenden sich dagegen gern kleineren Kindern zu, egal ob Jungen oder Mädchen, und »bemuttern« diese. Vor allem als Erstgeborene und ältere Geschwister werden sie in dieser Rolle von jeher geschätzt. Selbst in patriarchalen europäischen Bauernfamilien wurde deshalb oft als erstes Kind ein Mädchen bevorzugt.
Wird nun später in Organisationen erwartet, dass erwachsene Frauen feste und klare Hierarchien untereinander akzeptieren, so trifft dies oft auf erheblichen Widerstand. Die Handlungsmuster erwachsener Frauen unterscheiden sich nämlich nicht grundsätzlich von denen weiblicher Kinder. Allerdings: Die Unterordnung unter Männer ist davon nicht betroffen. Frauen nehmen sie in der Regel widerspruchslos an. Schon in Kindergruppen zeigt sich, dass Mädchen gewissermaßen freiwillig hinter Jungen zurücktreten und sich ihnen unterordnen, sofern sie nicht auf eigene Grüppchen ausweichen. Wie später in Organisationen zeigt sich außerdem, dass ranghohe Jungen insgesamt höher bewertet und stärker respektiert werden als ranghohe Mädchen, während ein ranghohes Mädchen in einer gemischten Gruppe nur etwa den Status eines rangmittleren Jungen hat.40
Und dieses Muster setzt sich fort: Studien aus den heutigen USA zeigen, dass ranghohe Männer von anderen Menschen deutlich stärker beachtet werden als ranghohe Frauen. Im Übrigen steigt ihre sexuelle Attraktivität, während die von Frauen in der Regel mit einer höheren Position (noch) eher sinkt. Hier liegen Wirkungen vor, deren Ursachen für die einen bis in die Wurzeln der Primatengesellschaften reichen, für die anderen mit Religion und Tiefenpsychologie verbunden sind. In jedem Fall sind hier erhebliche Stolperfallen für rasche Gleichstellungserfolge durch quantitative Veränderungen aufgestellt.41
Wenn Jungen und Mädchen miteinander wetteifern
Die Literatur hat wieder und wieder festgestellt: Erfolge schreiben schon kleine Jungen ihren Kompetenzen zu, Mädchen dagegen oft den Umständen und dem Glück. Kleine Mädchen vermeiden nämlich nicht nur den Wettbewerb42, sie neigen im direkten Umgang mit Jungen auch grundsätzlich dazu, den Jungen den Vortritt zu lassen. Ob offener Wettbewerb oder nicht: Sie unterschätzen im Verhältnis zu Jungen ihre eigenen Fähigkeiten von Anfang an. Jungen dagegen überschätzen sich eher und nehmen sich selbst mehr Raum. All dies ist heute Standardwissen, bis hinein in den Boulevard. Es bleibt die Frage: Wie gehen wir damit um? Sind diese Einstellungen durch guten Zuspruch und Ermunterungen der Mädchen leicht beeinflussbar? Oder hilft der erhobene Zeigefinger gegenüber den Jungen mit der Botschaft: Bilde dir nur nicht zu viel auf dich ein? Falls aber beides nicht hilft, was dann?
Mädchen im Kindergarten helfen sich untereinander oft mit kleinen Gesten. Sie lächeln viel und gern. Sie tauschen Gegenstände, suchen Nähe und Verbundenheit und zerstören die Sandkuchen anderer Kinder nicht. Konflikte entstehen unter ihnen am ehesten, wenn eine Zweierkonstellation gefährdet ist und Kinder sich ausgeschlossen fühlen oder ausgeschlossen werden.
Wenn kleine Jungen nun in eine Mädchen-Spielsituation hineinkommen, handeln sie nicht böswillig, oft aber tollpatschig. Sie nehmen Kontakt auf ihre Art auf: zum Beispiel indem sie ein Spielzeug wegnehmen, schubsen oder mutwillig den Spielfluss unterbrechen. Die Mädchen brechen ihr Spiel dann meist einfach ab oder beginnen etwas Neues, möglichst wieder mit anderen Mädchen. Ihr Spielrhythmus und ihre Spielinhalte sind nicht unmittelbar verträglich mit denen der Jungen. Was Kooperation und Wettbewerb angeht, lässt sich bereits sehr früh im Leben geschlechtsabhängig ein langfristiger Motivationsunterschied feststellen.
In einer Studie mit dem völkerballartigen Spiel dodge ball in den USA spielten Mädchen in geschlechtsgemischten Teams deutlich schlechter als untereinander, sogar, wenn eigentlich gute Spielerinnen mit schlecht spielenden Jungen konkurrierten. Sie nutzten ihre Chancen kaum und gaben gewissermaßen schon vor dem Spiel ihre Gewinnchancen auf.43
Studien, die das Wettbewerbsverhalten von Jungen und Mädchen untersuchen, sind oft sehr komplex. Berühmt ist ein Beispiel, bei dem die Kooperationsbereitschaft von vier- bis fünfjährigen Kindergartenkindern geprüft wurde. Hierbei wurden zunächst Vierergruppen von Jungen oder Mädchen gebildet und später gemischt. Die Kinder konnten einen Film durch eine Linse betrachten. Das funktionierte aber nur, wenn jeweils ein Kind die Handkurbel an einem Apparat drehte, das andere das Licht bediente, das Dritte zuschaute und das Vierte jeweils warten musste.44 Die Kinder mussten also aushandeln, wer wie jeweils zum Zuge kam oder warten musste. Unter den Jungen setzten sich diejenigen häufiger durch, die körperlich agierten; unter den Mädchen diejenigen, die argumentierten. Trotz der Schubserei untereinander blieben die Jungen gut gelaunt und lachten viel, die Mädchen dagegen reagierten angespannt und lachten kaum. Der Wettbewerb bereitete ihnen keine spontane Lust.
Bei den Jungen machten die Ranghöchsten manchmal auch jeweils dem Schwächsten Platz. Bei den Mädchen dagegen blieben die Ranghöchsten immer am Ball und traten nie freiwillig zur Seite. Verallgemeinernd kann man daraus schließen: Stehen Mädchen im Wettbewerb, so sind sie angespannt und weniger sozial als sonst. In kooperativen Situationen dagegen neigen sie mehr als Jungen dazu, einander zu unterstützen.
Wurden die Teams im Experiment mit Jungen und Mädchen gemischt, so waren sofort eindeutig die Jungen dominant. Diesen spontanen Mechanismus gilt es auch für den Arbeitszusammenhang von Frauen und Männern zu verstehen. Ist dagegen ein Kraut gewachsen?
Wenn gute Leistungen und Anstrengungen von Mädchen weniger im Wettbewerb erfolgen, sondern Wettbewerbssituationen schon bei kleinen Mädchen ihren Anstrengungswillen eher blockieren, dann macht es wohl wenig Sinn, den Wettbewerb für sie zum Dreh- und Angelpunkt für Erfolg und Leistung zu machen. Es sei denn, diese Orientierungen würden sich im Laufe des Heranwachsens gründlich ändern. Wie wir jedoch noch sehen werden, verschieben sich die Grundmotivationen bis ins Erwachsenenalter hinein nicht mehr wesentlich.
Wettbewerbssituation haben für Mädchen zwei Unlustrisiken: Sie fürchten, durch ihren Erfolg andere zu verletzen oder zu kränken, weil ihre soziale Wahrnehmung und Anteilnahme ungleich differenzierter ist als die kleiner Jungen. Deswegen möchten sie auch ungern aus ihrer Gruppe heraus nach oben gehoben werden. Sie fürchten aber auch viel stärker als Jungen den Misserfolg, Spott und Ausgrenzung. Frauen fürchten demnach nicht – wie oft gesagt wird – den Erfolg, sondern den Misserfolg!
Die meisten Jungen, auch solche, die nicht dominant sind, trainieren in ihren unzähligen kleinen Rangeleien und Spielen Sieger- und Verliererrollen. Auch das Verlieren akzeptieren sie ohne Einschränkung ihres Selbstwertgefühls, denn eigentlich trauen sie sich Großes zu. Ursache von Misserfolgen sind – so sehen es schon kleine Jungen – die anderen. Mädchen dagegen scheuen den Misserfolg und können durch ihre Selbstzweifel Misserfolge nicht so leicht verarbeiten wie Jungen.
Dieser Unterschied hat gravierende Folgen: Wenn unter fünfzig potenziellen Bewerbungen nur jeweils fünf Frauen aus diesem Grund gar nicht erst antreten, während sich deutlich schwächere männliche Kandidaten fröhlich dem Wettbewerb stellen, so verschlechtert sich dadurch die Qualität des Bewerbungspools deutlich gegenüber dem eigentlich Möglichen. Auf Dauer rutschen dadurch zu viele weibliche Talente durch die Maschen des Netzes. Doch wie sie einfangen?
18 Die Trennung der Geschlechter bereits im Kindesalter wurde Jahrzehnte lang erforscht. Das berühmte Buch der Sozialisationsforscherin Eleanor Maccoby hierzu heißt The two Sexes – Growing up apart, Coming together. Auf Deutsch erschien es unter dem Titel Psychologie der Geschlechter – Sexuelle Identität in verschiedenen Lebensphasen, Stuttgart 2000. Das Buch ist ein Leuchtturmprojekt früher Geschlechterforschung.
19 Brizendine, Louann: Das weibliche Gehirn. Warum Frauen anders sind als Männer, 2. Auflage, Hamburg 2007
20 Vgl. hierzu das Kapitel »Das moderne Geschlechterparadox«
21 Vgl. Dannhauer, Heinz.: Geschlecht und Persönlichkeit – Eine Untersuchung zur psychischen Geschlechtsdifferenzierung in der Ontogonese, Berlin 1973
22 Serbin, Lisa: »Gender Stereotyping in Infancy: Visual Preferences for and Knowledge of Gender-Stereotyped Toys in the Second Year«, in: International Journal of Behavioral Development, Vol. 25 (2001), S. 7–15
23 Hüther, Gerald: Männer. Das schwache Geschlecht und sein Gehirn, Göttingen 2008
24 Ebenda, S. 65
25 Wer mehr darüber wissen möchte, braucht nur zu der wundervollen Autobiografie von Amoz Oz: Eine Geschichte von Liebe und Finsternis, 6. Auflage, Frankfurt a. M. 2004 greifen, in der Israels Entwicklung zwischen sozialistischer Utopie und russisch-orthodoxer religiöser Prägung als Familiengeschichte lebendig wird.
26 Spiro, Melford E.: Gender and Culture. Kibbutz Women Revisited, 2. Auflage, New Jersey 1996
27 Getreu seinem Prinzip der Geschlechteregalität war der israelische Staat auch einer der Ersten, der Frauen in die Armee aufnahm. Bis heute werden junge Frauen ebenso wie junge Männer zum Wehrdienst eingezogen. Das Bild der wehrhaften Soldatin, Symbol einer freien und starken Jugend, die entschlossen ist, sich nie mehr als Opfer zu sehen, war einst Stolz des Landes und ist es, wenn auch gebrochen, noch immer. Jahrzehntelange Besatzungspolitik hat allerdings auch hier Spuren hinterlassen. David Grossman zeigt in seinem Buch Eine Frau flieht vor einer Nachricht, München 2009, für das er 2010 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhielt, die Wunden und Konflikte, die der Besatzerstatus den Seelen von Männern und Frauen zufügt. Die Frage jedenfalls, ob bei einer Veränderung der traditionellen Rollen Frauen auch in das Geschäft des Tötens an vorderster Front einbezogen werden wollen, können und sollen, ist weiter heiß umstritten.
28 Bischof-Köhler, Doris: Von Natur aus anders: die Psychologie der Geschlechtsunterschiede, 4. Auflage, Stuttgart, Berlin, Köln 2002, S. 190
29 Fleischhauer, Jan; Hollersen, Wiebke: »Kuck mal, meine Vagina«, in: Der Spiegel, Nr. 25 (21. Juni 2010), S. 40–46
30 Nickel, Horst; Schmidt-Denter, Ulrich; Ungelenk, Bernd: Sozialverhalten von Vorschulkindern. Konflikt, Kooperation und Spiel in institutionellen Gruppen, München 1980
31 Vgl. dazu Maccoby, Eleanor E.: Psychologie der Geschlechter, a. a. O.
32 Gurian, Michael: Boys and Girls Learn Differently! A Guide for Teachers and Parents, San Francisco 2011
33 Brizendine, Louann: Das weibliche Gehirn, a. a. O.
34 Sax, Leonard: Why Gender Matters. What Parents and Teachers Need to Know about the Emerging Science of Sex Differences, New York 2005
35 Tannen, Deborah: Job-Talk. Wie Frauen und Männer am Arbeitsplatz miteinander reden, Hamburg 1995
36 Vgl. zusammenfassend: Gurian, Michael: Boys and Girls Learn Differently!, a. a. O.
37 Savin-Williams, Ritch C.: »Dominance Hierarchies in Groups of Early Adolescents«, in: Child Development, 50 (1979), S. 923–935; siehe auch: Omark, D.R.; Edelmann, M.S.: »The Development of Attention Structures in young Children«, in: M.R.A. Chance; R.R. Larsen (Hg.): The social Structure of Attention, London 1976, S. 119–153
38 Die Psychologie-Professorin Doris Bischof-Köhler nennt das »Geltungshierarchie«, nicht »Ansehenshierarchie«, in: Von Natur aus anders: die Psychologie der Geschlechtsunterschiede, a. a. O., S. 318
39 Ebenda, S. 317
40 Es könnte sein, dass sich solche Muster in stark egalitären Gesellschaften wie Skandinavien langsam zu verschieben beginnen. Allerdings liegen dazu bisher noch keine vertiefenden Studien vor. Die geringe Präsenz von Frauen in den Führungspositionen der skandinavischen Privatwirtschaft lässt dies (noch) nicht vermuten. Die Wirkung der Quote von Frauen in Aufsichtsräten bleibt abzuwarten.
41 Vgl. u.a. Sutter, Matthias; Rützler, Daniela: Gender Differences in Competition Emerge Early in Life, Bonn 2010; sowie Niederle, Muriel; Vesterlund, Lise: »Do Women Shy away from Competition? Do Men Compete too much?«, in: The Quarterly Journal of Economics (August 2007)
42 Vgl. den »Exkurs: Weiblicher Bildungserfolg als Glücksbremse«
43 Cronin, C.L.: »Dominance Relations and Females«, in: D.R. Omark; F.F. Strayer; D.G. Freedman (Hg.): Dominance Relations: An Ethological View of Human Conflict and Social Interaction, New York 1980, S. 299–318
44 Charlesworth, W.R.; Dzur, C.: »Gender Comparisons of preschoolers Behavior and Resource Utilization in Group Problem Solving«, in: Child Development, Vol. 50 (1987), S. 191–200