Das moderne Geschlechterparadox
Oh, warum kann ein Mann nicht wie eine Frau sein? So fragt und seufzt ein wissenschaftlicher Artikel aus dem Jahre 2008, der sich mit der größten jemals durchgeführten vergleichenden Studie zu den Persönlichkeitsunterschieden von Frauen und Männern in 55 Kulturen befasst.131 Und er liefert Zündstoff für unser Thema: Wir haben dargestellt, dass sich bereits sehr kleine Kinder auch in unseren modernen Gesellschaften in wichtigen Verhaltensdimensionen nach Geschlechtern unterscheiden, dass sie sich in geradezu irritierender Hartnäckigkeit für Rollenstereotypen entscheiden und vor allem, dass sich die Wege von Jungen und Mädchen sehr früh trennen.
Verringern sich nun diese Unterschiede zwischen den Geschlechtern über die Lebenszeit, werden erwachsene Männer und Frauen einander ähnlicher in ihrem Verhalten, ihren Gefühlen, ihrer Persönlichkeit? Kooperieren sie später problemlos? Dann wären die Geschlechterunterschiede eine Art frühes Entwicklungsstadium, das mit dem Heranwachsen mehr und mehr abgestreift wird, so wie die Raupe schließlich zum Schmetterling mutiert. Wir werden sehen, dass dies im Hinblick auf entscheidende Persönlichkeitsmerkmale keineswegs zutrifft – außer im Alter, wenn sich die Dominanz von Männern in der Regel etwas abgeschliffen hat.
Zwar, und hierher rührt die allgemeine Verwirrung, findet in der Tat eine sich stark beschleunigende Angleichung und Überlappung der Geschlechter im Bereich von Tätigkeitsfeldern und fachlichen Kompetenzen statt. Frauen boxen und spielen Fußball, in der Regel tun sie dies allerdings nicht mit Männern. Eine Juristin beherrscht die gleichen Paragrafen und wegweisenden Urteile wie ihr Fachkollege, eine Medizinerin die Anatomie des Menschen und die Wirkungen von Medikamenten wie ein Arzt, eine Geigerin spielt genauso virtuos wie ihr männlicher Kollege. Um dies zu erkennen, brauchte es allerdings erst Blindproben, bei denen die Auswahlgremien nicht sehen konnten, ob eine Frau oder ein Mann vorspielt – sonst hätte sich wieder das Vorurteil gegenüber den angeblich weniger ausdrucksstarken Musikerinnen durchgesetzt. Die Wiener Philharmoniker hielten mit dieser Begründung Frauen lange von ihrem Orchester fern und blieben ein grauköpfiges Männerensemble, während junge Orchester, aber auch die Berliner Philharmoniker, inzwischen eine bunte Nationenmischung aufweisen und immer mehr von Frauen besetzt sind.
Geschlechterunterschiede lassen sich immer seltener an Fachkompetenz oder beruflichen Fähigkeiten festmachen, eher zeigen sie sich in der Bevorzugung bestimmter Fachrichtungen oder in verschiedenen Herangehensweisen an ein Thema. So mag die Juristin sich häufiger dem Familienrecht zuwenden, der Jurist dem Wirtschaftsrecht; doch selbst solche Unterschiede nehmen ab, die Operationssäle werden immer häufiger auch von Chirurginnen bevölkert, die Kanzleien von Steuerfachanwältinnen. Statt früher deutlich getrennter Berufsbilder entstehen immer mehr sogenannte »Mischberufe«, die annähernd gleichermaßen von Frauen und Männern ausgeübt werden.
Gleichzeitig läuft jedoch ein ganz anderes »Programm« ab, das es so besonders schwer macht, Führungsaufgaben und Macht innerhalb der gemeinsamen Aufgabenfelder gleichermaßen auf Frauen und Männer zu verteilen. Kurz gesagt, handelt es sich um folgenden paradox erscheinenden Trend: Je wohlhabender, je entwickelter, je gebildeter und gleichberechtigter eine Gesellschaft ist, je mehr Frauen Zugang zu akademischen Ausbildungen und einem breiten Berufsspektrum haben, je stärker auch die rechtlichen Positionen von Frauen und Männern sich angleichen, je »westlicher« eine Gesellschaft ist, desto ausgeprägter sind einige wichtige Unterschiede in den Persönlichkeitsprofilen von Männern und Frauen. Es stimmt und verblüfft: In Gesellschaften, die eine striktere traditionelle Rollenteilung zwischen Männern und Frauen aufweisen als die europäischen – in Afrika, in Südostasien, im Nahen Osten etwa – sind zwar die Rollen und auch die Machtstrukturen extrem ungleich. Wichtige Persönlichkeitsmerkmale aber, und das ist das Überraschende, sind in diesen Ländern und Kulturen viel gleichmäßiger über die Geschlechter verteilt. Die Tatsache, dass Männer gesellschaftlich mehr Macht haben und andere Rollen ausüben als Frauen, führt dort nicht dazu, dass sie ihre Freundlichkeit und Emotionalität so stark einbüßen wie dies gemeinhin bei Führungskräften im Westen der Fall ist.
Eine Ahnung von diesem Paradox, nämlich dass Frauen und Männer vielleicht gerade in eher traditionellen Gesellschaften eigentlich gut kooperieren könnten, bekamen wir kürzlich bei dem Besuch einer Delegation aus dem Oman. Ein dortiger erfolgreicher Unternehmer reiste mit einigen Kollegen und seinen Frauen in Frankfurt an; die allerdings bekamen wir gar nicht zu Gesicht, sie gingen shoppen auf der »Zeil«. Bei einem Arbeitsessen mit den Männern, auf dem es um mögliche Kooperationen im Bereich von Bildung und Kindergärten in Oman ging, geschah jedoch Eigenartiges: Die Männer sprachen mit uns einerseits sehr konzentriert und präzise über Ziele, Zahlen, Umsetzungen und viele einzelne Sachfragen – Details, mit denen sich männliche Führungskräfte hierzulande so ungern befassen, weil sie diese als Arbeitsaufgaben unterer Chargen ansehen; gleichzeitig wurde jedoch viel gescherzt und gelacht, es herrschte ein freundlicher direkter Blickkontakt ohne »schräge« Untertöne. Es wurde also, für uns völlig überraschend, ein verbundener Kommunikationsstil gepflegt, wie er sich oft unter Frauen findet, auch wenn sie nicht unbedingt einer Meinung sind, nicht aber unter Männern und Frauen aus westlichen Ländern bei ernsten Verhandlungen. Von arabischen Männern hatten wir dies zuletzt erwartet. Diese überraschend angenehme Erfahrung soll keineswegs dazu verleiten, die exzessive Gewalt zu verharmlosen, die in islamischen Gesellschaften gegenüber Frauen im Zusammenhang mit Moralvorstellungen ausgeübt wird und die bis zur Steinigung von vermeintlichen oder echten Ehebrecherinnen reicht. Es ist auch keine Leugnung der Ultrabrutalisierung, die etwa im Kongo besteht, wo Frauen zu Hunderttausenden gezielt vergewaltigt und verstümmelt werden im Rahmen der wirren Stammeskriege, die sich letztlich um die Ausbeutung der für unsere Handy- und Laptopindustrie seltenen und kostbaren Metalle drehen, und wo Ehemänner ihre vergewaltigten Frauen mit ihren Kindern einfach ins Nichts verjagen. Es ist nur ein Hinweis darauf, dass auch in diesen Kulturen – trotz aller Diskriminierungen von Frauen – positive Potenziale angelegt sind, die für das Zusammenleben der Geschlechter eine bessere Zukunft durchaus vorstellbar sein lassen, auch wenn es zunächst für die dortigen Männer unvorstellbar scheint, beruflich unterhalb einer Frau eingesetzt zu werden. Denn in diesen Ländern müssen »nur« die Rollenerwartungen und Rechtsstrukturen geöffnet werden, um Frauen den Weg nach oben freizumachen. In westlichen Ländern hingegen müssen Frauen und Männer sich zusammenfinden, obwohl sich ihre Persönlichkeiten in zentralen Dimensionen geradezu widersprechen.
Je gleicher, desto verschiedener
Eine gleichberechtigte Zukunft der Geschlechter wäre viel leichter zu verwirklichen, wenn sich im Rahmen der Moderne eine allmähliche Angleichung der persönlichen Motivationen und Eigenschaften von Frauen und Männern abzeichnen würde – so wie es der populäre Glauben unterstellt: Männer und Frauen werden sich immer ähnlicher. Aber die tatsächliche Entwicklung läuft eher auf eine Verstärkung der Geschlechterunterschiede hinaus.
Die Ursachen dafür sind unter Wissenschaftlern umstritten. Eine für unsere Debatte etwas beunruhigende Annahme lautet: In den Agrargesellschaften haben sich die über Millionen von Jahren gewachsenen körperlichen Unterschiede und Persönlichkeitsdifferenzen zwischen Frauen und Männern vorübergehend verringert, die sich – bei größerer sozialer Gleichberechtigung der Geschlechter – in der langen Morgendämmerung der Jäger- und Sammlergesellschaften herausgebildet hatten. Man darf sich die Jahrhunderte der frühen Menschheitsgeschichte keineswegs so vorstellen, dass die Frauen passiv am Herdfeuer saßen und auf das von den Männern erlegte Wild warteten; vielmehr haben sie den Lebensunterhalt für sich und ihre Kinder weitgehend selbst durch das Sammeln von Pflanzen und eiweißhaltigen Kleintieren bestritten, das tierische Eiweiß, das durch die Jagdausflüge der Männer herbeigeschafft wurde, bedeutete allerdings eine wichtige Ergänzung. In den wenigen tausend Jahren der Agrargesellschaften, einem bloßen Wimpernschlag der Evolutionsgeschichte, waren Männer im Alltag weniger als Jäger und Krieger gefordert, oft waren die Nahrungsmittel durch häufige Missernten knapp, häufig herrschte Hunger, Eiweiß- und Vitaminmangel. Die Männer blieben deshalb in ihrer Körpergröße unter ihren genetischen Möglichkeiten und glichen sich äußerlich den Frauen an. Auch ihre Persönlichkeitsmerkmale wurden dabei gewissermaßen sanfter, das herrische, kriegerische Element zurückgedrängt.132
Heute dagegen, in den postagrarischen, postindustriellen Gesellschaften nähern wir uns nach dieser Theorie in mancher Hinsicht wieder stärker an das Umfeld an, das unsere Evolution im Laufe von mehreren Millionen Jahren geprägt hat: den Bedingungen der Jäger- und Sammlergesellschaft, mit größerer Geschlechtergleichberechtigung bei gleichzeitig stärker ausgeprägten körperlichen und psychischen Unterschieden zwischen Männern und Frauen, dem sogenannten Dimorphismus. Ob nun diese These zutrifft oder andere Ursachen eine Rolle spielen, weiß ich nicht. Der heutige Trend zur wachsenden Unterschiedlichkeit der Geschlechter ist jedenfalls unter Persönlichkeitsforschern unstrittig – so sehr er auch dem widerspricht, was allgemein vermutet und gefühlt wird, nämlich eine »Vermännlichung« der Frauen und eine »Verweiblichung« der Männer. Aber es kommt noch krasser: Auch wichtige biologische Unterscheidungsmerkmale zwischen Frauen und Männern verstärken sich mit dem Grad des Reichtums und der Modernisierung und werden nicht etwa geringer. Je besser ernährt eine Gesellschaft ist, desto signifikanter zeigen sich auch Größenunterschiede zwischen Frauen und Männern. Und: Innerhalb der Oberschicht eines Landes ist jeweils der Größenunterschied zwischen Männern und Frauen ausgeprägter als in den Unterschichten!133
Der Mensch ist in dieser Hinsicht ein biologisches Wesen, und in der Biologie gilt: Je ressourcenreicher ein Umfeld ist, desto stärker ist der Trend zur optischen und körperlichen Unterscheidung, wobei ein Geschlecht dann jeweils viel größer und auch prächtiger ausgestattet ist als das andere. Je stressvoller und ärmer ein Umfeld, desto mehr ähneln sich die Geschlechter äußerlich – bei Mensch und Tier. In armen Gesellschaften sind also die Menschen insgesamt kleiner, vor allem aber die Männer.
Ich erinnere mich an die multikulturellen Gruppen von Fabrikarbeitern, mit denen wir in München während meiner Studienzeit unsere Freizeit in verrauchten Kellern beim Verfassen von mehrsprachigen Flugblättern verbrachten – Griechen, Türken, Jugoslawen, Italiener, die an den Fließbändern standen und mit denen wir über ihre Arbeitsbedingungen zu diskutieren versuchten, mit mäßigem Erfolg übrigens. Ich war damals noch komplett geschlechtsblind und registrierte nicht einmal, dass wir uns nur mit Männern unterhielten, während die Frauen, die im Akkord Autopolster nähten, morgens um fünf Uhr unbeachtet an uns vorbeizogen. Auffällig war, wie klein insbesondere die Sarden unter den Italienern waren, große Redner mit erheblichem Darstellungstalent, jedoch kaum 1,60 Meter groß. Sardinien war über Jahrhunderte eine von Malaria heimgesuchte verarmte und abgelegene Provinz gewesen, wo die Menschen schlecht ernährt und von der Seuche geplagt wurden. Das führte dazu, dass insbesondere die Männer sehr kleinwüchsig waren, sich also eher dem Format der Frauen annäherten.
Die Tatsache, dass in unseren reichen Ländern die Größenunterschiede zwischen den Geschlechtern wachsen, fällt nicht unmittelbar ins Auge, denn im heutigen Westeuropa sind viele Frauen deutlich größer als früher. Schuhgröße 42 ist keine Seltenheit mehr, und auch Körpergrößen von 1,80 Meter und mehr bei Frauen sind nicht mehr exotisch, wie es noch in meiner Jugend der Fall war, als ich mit meinen 1,77 Meter große Schwierigkeiten hatte, einen passenden Tanzstundenpartner zu finden. Heute gibt es auch sehr große Männer, manche sind 2 Meter groß oder gar darüber hinaus. In Mitteleuropa sind Frauen durchschnittlich um die 1,65 Meter groß, Männer dagegen ca. 1,80 Meter. Die größten Europäer leben übrigens in Holland, was nicht zuletzt auf das dortige Gesundheitssystem zurückgeführt wird, aber auch auf die Ernährung. Interessant ist, dass die US-Amerikaner in ihrer Körpergröße inzwischen hinter die Europäer zurückfallen. Waren sie zur Zeit der amerikanischen Revolution noch 5 Zentimeter größer als Europäer, so haben die Europäer sie inzwischen überholt. Amerikaner werden aufgrund der zuckerreichen und fetten Fast-Food-Ernährung heute in der Tendenz eher dicker als größer. Ein weiterer unerwarteter Unterschied zeigt sich im Sport: Zwar gibt es heute viel mehr Frauen, die schneller laufen als früher, doch Männer haben noch mehr an Geschwindigkeit zugelegt.134 Der allgemeine Eindruck, dass Frauen die Männer beim Laufen bald einholen könnten, trügt also.
Es gibt noch weitere biologische Indikatoren für den stärker wachsenden Geschlechterunterschied je nach dem Stand der gesellschaftlichen Modernisierung: In traditionellen Kulturen wie Indonesien, Bangladesch oder Äthiopien ist beispielsweise der Blutdruck von Männern und Frauen praktisch identisch. In modernen Gesellschaften, wie Neuseeland, der Schweiz und den Niederlanden, dagegen unterscheidet er sich stark nach Geschlechtern, bei Männern ist er deutlich höher als bei Frauen, vermutlich bedingt durch den modernen Lebensstil. Nicht auszuschließen ist, dass sich im Verlauf der Zeit nach längerer intensiver und hektischer Berufstätigkeit von Frauen die Blutdruckwerte der Geschlechter einander wieder annähern. Doch auch dies ist keineswegs sicher, da Frauen aufgrund ihrer anderen Persönlichkeitsmerkmale auch unter modernen Bedingungen einen gesünderen Lebensstil pflegen. Sie sind heute Trendsetter für vegetarische und leichte Ernährung.
Ein markanter Geschlechterunterschied besteht auch weiterhin bei der Lebenserwartung, die nach wie vor bei Frauen in westlichen Gesellschaften höher ist als bei Männern.135 Der stärkste jemals dokumentierte Rückgang von Lebenszeit erfolgte bei Männern im postsowjetischen Russland, wo plötzlich angesichts von Sinnkrise und eines kollabierenden Gesundheitssystems, gekoppelt mit wüstem Wodkakonsum, die Männer um fünf Jahre früher starben, während sich das Lebensalter der Frauen nicht verkürzte.136
Es ist übrigens fast verwunderlich und eine große solidarische Leistung, dass bei uns, wo vorwiegend hochaltrige Frauen durch ihre lange Lebenszeit das Gesundheitssystem und die Pflegeversicherung stärker belasten als Männer, über dieses Ungleichgewicht der Geschlechter nicht frauenfeindlich debattiert wird. Was nicht ist, kann allerdings noch kommen.
»Züchten« moderne Gesellschaften eher mütterliche Frauen?
Dass Frauen im Durchschnitt kleiner sind und einen anderen Körperbau, eine andere Muskelstruktur haben als Männer, dieser Geschlechterunterschied ist also nicht im Verschwinden begriffen. Kleidung, Farben, Stil können damit spielen, sie betonen, sie verwischen – das ändert sich mit der Mode und dem Zeitgeist. Modetrends ändern aber nichts daran, dass seit etwa 150 000 Jahren Evolutionsgeschichte Männer die Anlage haben, deutlich größer zu werden als Frauen, dass sich dies bei guter Ernährung auch durchsetzt und sich, wenn überhaupt, nur sehr langfristig verändert – es sei denn, Frauen würden in Zukunft relativ kleine Männer als Väter ihrer Kinder bevorzugen oder Männer vorwiegend mit relativ großen Frauen Kinder zeugen. Wenig deutet aber darauf hin.
Im Gegenteil: Eine 2005 im renommierten Journal of Personality and Individual Differences veröffentlichte Studie stellte fest, dass größere Frauen in der Regel weniger Kinder haben. Oft wurde vermutet, dies liege daran, dass große Frauen mehr Schwierigkeiten hätten, einen Partner zu finden. Doch die Studie kommt zu dem Schluss, größere Frauen hätten durchschnittlich einen höheren Testosteronspiegel, der auch für ihre Größe mit verantwortlich sei. Sie seien deshalb insgesamt etwas durchsetzungsorientierter, stärker am Wettbewerb interessiert, beruflich ambitionierter sowie erfolgreicher als kleinere Frauen.137 Ihr Kinderwunsch ist im Durchschnitt geringer ausgeprägt, die Zahl ihrer Kinder kleiner, und sie bekommen ihre Kinder später. Als Mütter neigen sie etwas weniger zur »Überbemutterung«. Die Autoren warnen zwar vor dem falschen Schluss, kleine Frauen seien grundsätzlich eher mütterlich, große dagegen ehrgeiziger, aber sie sehen da doch einen gewissen Zusammenhang.
Wahrscheinlich ist die Wahrheit komplizierter. Als Schulkind war ich eher klein und fast rundlich, bis ich mit 13 Jahren plötzlich hoch aufschoss. Das bereits im Schrank hängende Konfirmationskleid musste durch ein neues ersetzt werden, das alte reichte mir nicht einmal mehr bis zu den Knien. Wie viele große Mädchen fühlte ich mich plötzlich ungelenk und war es auch. Und wie viele große Mädchen wurde ich von meinen männlichen Altersgenossen nicht gerade angebetet, obgleich ich später eine »Marktnische« als intelligente Partnerin und gewandte Gefährtin älterer Männer entdeckte. Die Kombination von Körpergröße, nicht so großer äußerer Attraktivität und einem äußerst fördernden Elternhaus führte dazu, dass ich mich intensiv für Literatur, Theater und Politik begeisterte. Ich hatte das Glück, darin von beiden Eltern sehr unterstützt zu werden, auch wenn meine Mutter zu meinem frühen Berufswunsch »Diplomatin« bedenklich den Kopf wiegte und meinte, das ließe sich aber nicht gut mit einer Familie vereinbaren. Wie recht sie hatte – auch wenn sie meine alternative Idee, nämlich Chemie zu studieren, ebenfalls ablehnte. Sie fürchtete, meine Experimente im Keller mit dem Kosmos-Experimentierkasten würden das Haus in die Luft sprengen, und als Naturwissenschaftlerin, so meinte sie, würde ich als »Blaustrumpf« enden! Und das von meiner Mutter, einer ehemaligen Berliner Superschülerin und aktiven Jungsozialistin aus dem Berlin der 1920er-Jahre!
Wie viele Frauen meiner Generation habe ich dann wenig formalen Ehrgeiz entwickelt und nur Pfade verfolgt, die mir Spaß machten. Wie viele Frauen habe ich potenzielle Misserfolgserlebnisse mehr oder weniger elegant umschifft, wie zum Beispiel die Statistikprüfung in Soziologie. Wie viele Frauen meiner Generation habe ich mehrere Talente eher dilettantisch gepflegt als eins systematisch zu vertiefen. Dennoch reichten meine Energie und Zielstrebigkeit glücklicherweise aus, um mir beruflich einen Platz zu erobern – wenn auch nie durch eine gradlinige Karriereplanung. Und mein Kinderwunsch, um auf die These von der geringeren Mütterlichkeit großer Frauen zurückzukommen, war in der Tat zunächst nicht sehr ausgeprägt, aber das ist er bei studierenden Frauen in ihren zwanziger Lebensjahren oft ohnehin nicht. Ich habe die wunderbare und intensive Bereicherung durch Kinder erst erlebt, nachdem sie geboren waren und nicht, weil ich sie so erwartet hätte. Vermutlich würden andere groß geratene, relativ erfolgreiche Frauen ähnliche Geschichten erzählen.
Sofern äußerliche wie auch Persönlichkeitsmerkmale von Frauen erblich sind (beides trifft partiell zu), werden wohl in Europa weiterhin eher traditionskonforme Eigenschaften vererbt. Frauen mit weniger beruflichem Ehrgeiz, geringerer Wettbewerbsorientierung und weniger dominanten Eigenschaften haben öfter Kinder als Frauen, die über diese Eigenschaften verfügen. Männer mit dominanten Eigenschaften und beruflichem Erfolg werden dagegen eher Familienväter als andere Männer, wenngleich sich dies vielleicht gerade ändert, denn Frauen in reichen Ländern mit gutem Gesundheitszustand der Bevölkerung fangen an, Männer mit guten Alltagspartnereigenschaften und einem weniger maskulinen Habitus mehr zu schätzen. In einer internationalen Studie mit 5000 Frauen von 16 bis 30 Jahren aus 30 Ländern138 wurden Porträtfotos von Männern so bearbeitet, dass es jeweils eine maskuline oder eine feminine Version jedes Porträts gab, zum Beispiel einen ausgeprägteren Kiefer, buschigere Augenbrauen und dünnere Lippen bei der maskulineren Variante. In Schweden und Belgien bevorzugten 70 Prozent der Frauen die softere Version des Mannes, in Deutschland immerhin noch fast 60 Prozent. In Brasilien und Mexiko dagegen zogen Frauen den Machotyp vor. Die These der Forscher lautet, dass bei einem niedrigen Versorgungsniveau des Gesundheitswesens die maskulinen Gene für die Reproduktion wichtiger sind als bei einem hohen Niveau. Allerdings ziehen Frauen generell im fortpflanzungsfähigen Alter und an ihren fruchtbaren Tagen eher maskuline Männer vor, während Frauen, die die Pille nehmen, in diesem östrogenbedingten Dauerzustand von Quasischwangerschaft weniger dominante Männer schätzen. Demnach würde die sozialdemokratische Partnerschaftsvariante etwa in Schweden von der Pille begünstigt!
Abschied vom Alphatier
Ganz sicher gibt es nicht einen einzigen Faktor, der Frauen dazu veranlasst, eher maskuline oder eher feminine Männer zu schätzen. In Europa aber scheint sich zumindest ein Trend abzuzeichnen, der bei der Partnerwahl durch Frauen etwas weniger auf Testosteron ausgerichtet ist. Allerdings ist dies mit Einschränkungen zu versehen: Was für die Auswahl eines Lebenspartners zwecks Familiengründung – mit oder ohne Trauschein – gilt, ist nicht unbedingt identisch mit der erotischen Anziehungskraft. Frauen heute hegen nach wie vor oft eine tiefe Ambivalenz gegenüber sanften Männern, sie neigen im Beruf und privat durchaus dazu, sie gering zu schätzen, als Weicheier zu betrachten und auf ihre Kosten Witze zu machen – und Partner, die keine Alphamänner sind, dadurch bisweilen extrem zu kränken.
Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an eine äußerst unschöne Szene. Ein Freund von uns, ein kluger und sanfter Intellektueller, wurde von seiner äußerst extrovertierten Lebensgefährtin bei einem Abendessen mit Freunden im Biergarten unvermittelt gefragt. »Was würdest du tun, wenn in einer Tiefgarage jemand auf mich zukäme und mich bedrohen würde?« Er antwortete, er würde versuchen, den Mann anzusprechen oder abzulenken – eine vernünftige Option, da er selbst nicht der Typ ist, der aus Schlägereien unbedingt als Sieger hervorgehen würde. Sie aber begann daraufhin, ihn wüst als »Schwächling« zu beschimpfen, der sich für seine Frau nicht prügeln möge. Solche paradoxen Einstellungsmuster sind durchaus keine Seltenheit. In vielen Frauen tobt ein Kampf über die Bilder von Männern, die sie selbst wertschätzen. Dazu passt, dass Beziehungen, in denen Männer die Hausmannrolle übernehmen, überproportional häufig scheitern: Dies hat ganz sicher damit zu tun, dass die Rollenerwartungen von Frauen an Männer und umgekehrt nicht nur rational geprägt sind.
Insgesamt gilt jedoch: Männer mit dominanten Eigenschaften mögen langsam gegenüber Frauen als Partnerinnen an Terrain einbüßen; Frauen mit sehr dominanten Eigenschaften dagegen sind zahlenmäßig gegenüber anderen Frauen weiter deutlich in der Minderheit und liegen durch ihre geringere Kinderzahl im Hinblick auf ihre Nachkommenschaft weiterhin erkennbar im Hintertreffen gegenüber sanfteren, traditionelleren Frauentypen. In den meisten westlichen Gesellschaften haben weibliche Führungskräfte deutlich weniger Kinder als andere Frauen, oder sie sind kinderlos, können also ihre Merkmale nicht vererben.139 Das bedeutet ganz banal, dass der Anteil an Frauen mit dominanten, durchsetzungsorientierten Eigenschaften an der Gesamtbevölkerung durch die ungleiche Geburtenverteilung zwischen Frauen verschiedenen Typs eher kleiner statt größer wird, denn Persönlichkeitsmerkmale sind tatsächlich zu einem erheblichen Anteil biologisch vererbt.
Auch sanfte Frauen können sehr mutig sein, Berge besteigen oder einen Nobelpreis in Biophysik gewinnen. Das heißt aber nicht, dass es ihnen leichtfällt oder Freude macht, sich in einem wettbewerbsorientierten Umfeld gegen dominante Personen durchzusetzen – wir haben das schon an der unterschiedlichen Reaktion von Mädchen und Jungen auf Wettbewerbselemente im Schulunterricht diskutiert; aber genau von dieser Bereitschaft zu konkurrieren hängt es heute ab, ob sie Top-Führungskräfte werden können. Soll das Begabungspotenzial von Frauen insgesamt ausgeschöpft werden, auch für Führungspositionen, so braucht es Entwicklungspfade, die nicht primär von Dominanz abhängen. Wir werden noch erörtern, welche Modelle sich dafür eignen, und ob Wirtschaft überhaupt mit neuen, anderen Führungsphilosophien erfolgreich funktionieren kann. Auffällig ist jedenfalls, dass es gerade in den Unternehmen (noch) die besonders testosteronbetonten Eigenschaften sind, die für den Aufstieg in die Spitzenpositionen sorgen.
Im Führungskräftebereich von öffentlichen Verwaltungen und der Politik zeichnen sich hingegen Veränderungen ab.140 Das hat nicht zuletzt damit zu tun, dass hier politische Prozesse wie Wahlen über die Auswahl bestimmen, also die reine Dominanzhierarchie durch Anerkennungsverfahren gemildert wird. In der modernen politischen Demokratie wird Hierarchie auf Abruf installiert und einmal zugebilligte Positionen können von den Untergebenen zurückgenommen werden. In diesem Sinn entwickeln sich politische Strukturen zunehmend so, dass sie mehr zu den spontanen Grundmustern von Frauen passen. Es ist daher sicher nicht völlig zufällig, dass Frauen, wenn auch noch mit erheblichen Einschränkungen, sich inzwischen in politischen Organisationen etwas leichter durchzusetzen vermögen als an der Spitze von Großunternehmen – auch wenn die Kommunikationsmuster der Politik vielen Frauen sehr fremd sind.
Die Big Five
Es gibt viele Verfahren zur Erfassung von Persönlichkeitsmerkmalen, sie werden von Personalabteilungen oder -beratungen auch gern, neben fachlichen Eignungstests und Bewerbungsgesprächen, als Baustein von Auswahlverfahren eingesetzt; aber auch bei Coachings, als Grundlage für Beförderungen, als Selbsterkenntnisinstrument für die Berufswahl, sogar für die Partnerwahl im Internet werden sie genutzt. Unternehmen wie queendom.com in Kanada bieten gegen eine geringe Gebühr eine riesige Palette von Tests für die Selbstanalyse an, von Intelligenz bis Persönlichkeit.
Es sei hier nicht darüber geurteilt, ob diese Verfahren immer sinnvoll und fair sind, und ganz gewiss bergen sie, wie viele Testverfahren, spezielle Risiken für die Chancengleichheit der Geschlechter.141 Bei Multiple-Choice-Verfahren beispielsweise, bei denen mehrere Lösungsmöglichkeiten angekreuzt werden können, schneiden Männer in der Regel besser ab. Mit ihrer höheren Risikobereitschaft und ihrem Selbstvertrauen raten sie einfach öfter und entscheiden sich schneller, während Frauen länger überlegen und aufgrund ihrer größeren Sorgfalt gern eine »richtige« Antwort geben möchten.142 Aber ohne Zweifel lassen sich mit Persönlichkeitstests bestimmte Eigenschaften ziemlich gut abbilden.
Eine der gebräuchlichsten Skalen setzt sich, in vielen verschiedenen Varianten, aus den sogenannten »Big Five« zusammen, fünf Persönlichkeitsdimensionen, die aus der Analyse von jeweils mehr als 10 000 verschiedenen Adjektiven zur Beschreibung von menschlichen Eigenschaften in vielen unterschiedlichen Sprachen und Kulturen herausgefiltert wurden:143
– Extraversion/Extrovertiertheit – dazu gehören beispielsweise Begeisterungsfähigkeit, Geselligkeit, Gesprächigkeit, aber auch Durchsetzungsorientierung oder Dominanz (Assertiveness), Eigenschaften, die für Führungsaufgaben oft als besonders wichtig eingeschätzt werden;
– Verträglichkeit/Umgänglichkeit – zu dieser Gruppe zählen Vertrauen, Hilfsbereitschaft, Altruismus, Freundlichkeit und andere positive soziale Eigenschaften;
– Gewissenhaftigkeit/Sorgfalt, manchmal auch »Rigidität« genannt – hierzu werden Zielorientierung, Sorgfalt, Impulskontrolle, sorgfältige Überlegung, Detailgenauigkeit gerechnet, Fähigkeiten, die statistisch eng mit guter beruflicher Leistung und Effizienz verknüpft und dennoch paradoxerweise für den Aufstieg extrem hinderlich sind, wie wir noch sehen werden;
– Neurotizismus oder emotionale Stabilität/Instabilität – dazu zählen Ängstlichkeit, Stimmungsschwankungen, die Neigung zu Wutausbrüchen, Traurigkeit, eine Tabuzone mit negativen Konnotationen für den Erfolg;
– Offenheit – Fantasie, Interessenvielfalt, Aufgeschlossenheit für neue Ideen und Innovationen.
Die Geschlechter unterscheiden sich im Allgemeinen bei diesen Big Five nicht sehr stark, eher geht es um individuelle Schwankungen. Sofern aber Unterschiede bestehen, weisen sie in die nach unseren bisherigen Ausführungen vermutete Richtung: mehr Personenorientierung und Gefühle bei Frauen, mehr Gefühlskontrolle und Risikobereitschaft bei Männern.
Besonders deutlich ist der Geschlechterunterschied zwischen den eher traditionellen Ländern und den westlichen Nationen im Hinblick auf den sogenannten »Neurotizismus« – ein negativer Begriff, der mit Ängstlichkeit, Unausgeglichenheit, Verlegenheit Eigenschaften umfasst, die in unseren Ländern insgesamt viel deutlicher bei Frauen anzutreffen sind; der Begriff wurde deswegen in den Skalen moderner Personalberatungsfirmen inzwischen durch den neutraleren Terminus »emotionale Stabilität« ersetzt, was allerdings letztlich auch nichts anderes als »emotionale Instabilität« meint.
Dass Frauen in modernen Gesellschaften sich hierin deutlich von Männern unterscheiden, liegt nicht daran, dass sie mit der Moderne wankelmütiger oder emotionaler werden, sondern daran, dass Männer in den entwickelten individualistischen Kulturen Amerikas, Europas und auch Lateinamerikas ihre Gefühlswelt und ihre Gefühlsäußerungen viel stärker eingrenzen, zähmen und kontrollieren als Männer in traditionellen Gesellschaften. Dort zeigen auch Männer Stimmungsschwankungen oder Traurigkeit ähnlich intensiv wie Frauen, ohne dass ihnen deshalb ihre Autorität abgesprochen wird – sie ist ja ohnehin in der Regel viel größer.
Im Vergleich zu manchen eher traditionellen Gesellschaften sind westliche Männer aber auch weniger freundlich, weniger sozial, weniger umgänglich, wohl aber dominanter und aggressiver in ihrer Selbstwahrnehmung als Männer in Asien und Afrika. Sie sind auch weniger sorgfältig und weniger gewissenhaft. Das Männlichkeitsbild ist in seiner modernen Ausprägung und Radikalität also ein Produkt der Moderne – und es findet sich bei uns am stärksten in wirtschaftlichen Großorganisationen. Es ist nicht nur die offene Dominanz von Männern, die Frauen hier ausbremst, es ist vor allem auch die Zurückdrängung von Gefühlen und Gefühlsäußerungen, das Tabu in einer von Männern bestimmten Organisation, Freude oder Trauer zu zeigen, von Stimmungsschwankungen ganz zu schweigen. Meetings, in denen die Teilnehmer mit ausdruckslosen Gesichtern nebeneinander sitzen, ihre Meinung vortragen, ohne auf die anderen einzugehen, sich nicht durch Kopfnicken, Nachfragen, kritische oder positive Signale auf das einlassen, was gerade gesagt wird, hemmen und blockieren viele Frauen geradezu, ungewollt hindern sie sie daran, ihre besten Gedanken zu finden und zu äußern. Das Persönliche ist für Frauen gewissermaßen der Humus, in dem die Arbeitsinhalte besser gedeihen. Wo diese Dimension tabuisiert ist und als Hindernis für beruflichen Erfolg und berufliche Eignung gewertet wird, bleiben Frauen vielfach außen vor, in einer Mischung von Ausgrenzung und Selbstausschluss. Eine Umgebung, die ihnen für sie zentrale Wesensäußerungen verbietet, ist für viele Frauen einfach nicht attraktiv.
Top-Führungskräfte: supernormale Männer, »unnormale« Frauen
Personalberatungen erhalten von ihren Auftraggebern heute oft Suchanfragen nach Frauen für Spitzenfunktionen. Sie sind also täglich mit den Hürden konfrontiert, die sich für Frauen in Unternehmen stellen. Die internationale Beratungsfirma Hudson Consulting hat sich dieser Frage gründlich angenommen. Sie hat, mithilfe eines Fragebogens, der auf den oben erwähnten »Big Five« beruht und diese noch etwas ergänzt, Persönlichkeitsprofile von über 63 000 Arbeitskräften aller Hierarchiestufen in Europa, den USA und Australien erstellt. Mit dem gleichen Instrument wurden sodann mehrere Hundert Männer und Frauen in hohen Positionen der Wirtschaft untersucht, Personen auf dem C-Level, also der dritten Führungsebene.144 Für die »Normalangestellten« aller Ebenen zeigte sich bei dieser Studie: Frauen und Männer unterscheiden sich, wie auch sonst bei Persönlichkeitsstudien, insgesamt nicht sehr stark. Aber die feststellbaren Unterschiede weisen wiederum in die erwartete Richtung: Frauen sind mehr auf Menschen bezogen, aber auch sorgfältiger und gewissenhafter; Männer dagegen sind stärker in ihren Gefühlen kontrolliert und dominanter. Dies ist wenig überraschend.
Ein Blick auf die Eigenschaften der Top-Führungskader bringt dagegen Neues ans Licht. Wenn Männer auf dieser Ebene angekommen sind, betonen sie viel stärker als andere Männer die männlich-dominanten Aspekte der Ergebnisorientierung, des strategischen Denkens und autonomen Handelns. Männliche Führungskräfte entwickeln also für ihren Aufstieg bestimmte Eigenschaften noch stärker, über die sie bereits ohnehin verfügen; oder aber es werden nur solche Männer nach oben befördert, die diese Eigenschaften bereits in sehr starkem Maß ausgebildet haben. In jedem Fall aber entspricht die Top-Führungsfunktion, durch welche Verfahren auch immer sie in großen westlichen Unternehmen ausgeübt und besetzt wird, in hohem Umfang einem Persönlichkeitsmuster, mit dem grundsätzlich alle Männer vertraut sind und in dem sie sich bereits ein Leben lang wohlfühlen.
Führungsfrauen, die in amerikanischen, europäischen und australischen Unternehmen erfolgreich sind, befinden sich dagegen in einer dramatisch anderen Situation. Ihr Profil ähnelt in vieler Hinsicht dem der männlichen Führungskräfte und ist sogar auf der Ebene der Extraversion, Dominanz, Durchsetzungsorientierung noch stärker ausgeprägt als bei Männern derselben Ebene – dies entspricht denn auch dem verbreiteten negativen Klischee von der »allzu männlichen« Führungsfrau. Es gibt dabei aber interessante Nuancen: »Verglichen mit Männern auf der C-Ebene konzentrieren sich die Frauen nicht so stark auf kurzfristige Ergebnisse, sie behalten das größere Bild im Auge, beziehen selbstständigere Positionen. Sie lassen sich nicht von den Details des Alltags irritieren, denken konzeptioneller und aufgeschlossener als ihre männlichen Kollegen. Sie achten mehr auf offene Kommunikation in der Organisation, pflegen einen etwas »menschlicheren« Ansatz mit mehr Kooperation und wechselseitiger Unterstützung.«145
Im Gegensatz zu den kritischen Vorstellungen, die allgemein über Führungsfrauen herrschen, sind sie also weiterhin deutlich kooperativer und altruistischer als Führungsmänner. Und sie sind sogar, abweichend vom generellen Frauentrend, erheblich offener für Ideen und Veränderungen als männliche Top-Führungskräfte. Das ist ein für die Zukunft von Unternehmen bemerkenswertes Ergebnis.
Mit den Top-Männern teilen weibliche Führungskräfte dagegen eine massive Verachtung für Details, sie halten sich selbst für wenig sorgfältig. Ja, dieses Fehlen von Genauigkeit scheint in ihren Augen geradezu eine Voraussetzung für die Eignung zur Führungskraft – zumindest in der Beurteilung durch andere – zu sein. Und genau an dieser Stelle zeigt sich das Drama: So relativ gering sich Führungsfrauen in ihrer Persönlichkeit von Führungsmännern unterscheiden und sie im Bereich Dominanz sogar noch übertreffen, so krass sind ihre Unterschiede zu den »Normalfrauen« in den Unternehmen. Führungsmänner müssen, wie bereits gesagt, um aufzusteigen, »nur« einige Eigenschaften stärker ausbilden, mit denen sie als Männer bereits vertraut sind und die sie im Ansatz auch schon besitzen; Führungsfrauen aber müssen, um in heutigen westlichen Unternehmen in hohe Positionen zu gelangen, wichtige Anteile ihrer Persönlichkeit tatsächlich verleugnen, umklappen, verstecken – zumindest wenn sie über das »Normalprofil« einer Frau verfügen. Wie die Psychologie weiß, ist das aber gar nicht wirklich möglich oder nur mit hohen Kosten, die emotionale Blockaden und Verzerrungen in der Person selbst hervorrufen können. Die andere Variante ist: Es können überhaupt nur solche Frauen aufsteigen, die in diesen wichtigen Persönlichkeitsmerkmalen sehr, sehr anders sind als die durchschnittliche Frau – was wiederum bedeutet, dass Frauen insgesamt äußerst benachteiligt sind in ihren Karrierechancen, denn Frauen mit einem so stark von anderen Frauen abweichenden Profil sind selten.
Noch einmal: Männer können sich aus ihrer Normalität heraus nach oben entwickeln, sie dürfen – oder müssen – gewissermaßen »supernormal« werden, um Erfolg zu haben. Frauen dagegen müssen sich für den Erfolg in heutigen Wirtschaftsunternehmen tatsächlich teilweise aus ihrer Haut, ihrem Wesen herausschälen oder sich verkleiden, also »unnormal« gegenüber der weiblichen Durchschnittspersönlichkeit sein oder gegen sich selbst werden – eine sehr problematische Ausgangsposition, die auch deswegen emotional äußerst unattraktiv ist, weil wir ja wissen, dass Frauen sich schon seit ihrer Kindheit in der Regel besonders ungern von anderen abheben und entfernen.
Betrachten wir die Felder genauer, in denen dieser »Umklapp-Effekt« von Frauen verlangt und vorausgesetzt wird: Dabei handelt es sich vor allem um den Bereich der Extraversion, der Führungsbereitschaft, der Durchsetzungsorientierung. Hier liegen »normale« Arbeitnehmerinnen systematisch deutlich unterhalb eines bestimmten Schwellenwertes, Männer generell darüber. Top-Frauen dagegen haben ganz besonders ausgeprägte Dominanzprofile entwickelt, die sogar noch die von männlichen Führungskräften übertreffen. Im Alltag bedeutet das, dass Frauen, die sich nicht so sichtbar dominant und durchsetzungsorientiert verhalten wollen oder können, wie dies die heutige westliche Norm für die Auswahl von Führungskräften verlangt, in großen westlichen Unternehmen kaum Chancen auf Führungsrollen haben.
Interessant sind auch Nuancen der sozialen Orientierung im Verlauf der Biografie: Jüngere weibliche Führungskräfte unter vierzig Jahren sehen sich (noch) als sehr personenbezogen. Ältere Frauen auf der dritten Führungsebene sind dagegen merklich abgekühlt: Sie bleiben distanzierter und sind weniger naiv in ihren Beziehungen. Sie entwickeln im Verlauf ihrer Karriere also eine Attitüde, die mehr der männlichen Führungsrolle entspricht: weniger freundschaftlich-nah gegenüber Kolleginnen und Kollegen. Allgemein wird dies so interpretiert, dass Führungsfrauen endlich gelernt hätten, sich professionell zu verhalten; sie seien auf einer höheren und angemesseneren Verhaltensstufe angekommen und hätten ein Defizit behoben.146
Zu viel Nähe und zu wenig Distanz können in der Tat extreme Verwirrung und Komplikationen in Organisationen stiften. In einem Frauenbetrieb wie unserem Familienservice ist dies täglich zu besichtigen. Andererseits brauchen die meisten Frauen ein gewisses Klima von Wärme, Nähe und Emotionen, um beruflich gut zu gedeihen und ihre vorhandenen Möglichkeiten überhaupt auszuprobieren. Allgemein lässt sich sagen, dass positive Emotionen für das Leistungsvermögen von Menschen eine viel größere Rolle spielen als dies im offiziellen Managementdenken bisher anerkannt wird.147
Der Business Attitudes Questionnaire (BAQ) von Hudson enthält neben den Big Five noch eine Dimension »Professionalismus«, die untersucht, wie ehrgeizig, wie sehr am Ergebnis orientiert und strategisch eine Person sich selbst einschätzt. Führungsfrauen zeigen sich hier deutlich ehrgeiziger als ihre Mitschwestern und wiederum etwas ehrgeiziger als ihre männlichen Kollegen.
Der zweite Bereich, in dem Führungsfrauen sich besonders heftig von »Normalfrauen« in Unternehmen abheben, ist die gesamte Dimension der Sorgfalt, Detailgenauigkeit, Gewissenhaftigkeit, Ordnungsliebe. Dies sind Fähigkeiten und Vorlieben, die viele Frauen schon als Kind eingeübt haben und gern beibehalten und im Übrigen Eigenschaften, die in Unternehmen äußerst notwendig und gefragt sind – Buchhaltung, Rechnungswesen, Zahlenwerte aller Art, Vertragsklauseln sind das Rückgrat für wirtschaftliche Seriosität und Erfolg. Offensichtlich hat sich jedoch eine Arbeitsteilung und Werteorientierung durchgesetzt, bei der diese Fähigkeiten und Eigenschaften gewissermaßen den »Arbeitsbienen« zugewiesen werden, die damit jedoch zugleich aus dem Aufstiegspotenzial ausgesondert werden. Das ist dasselbe Wahrnehmungsmuster nachdem Mädchen in der Schule tendenziell trotz guter Noten letztlich negativ beurteilt werden. Das Bekenntnis zu Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit führt in die Karrieresackgasse. Es ist zu einer Art Rassemerkmal einer tüchtigen, aber minderwertigen Spezies von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern geworden, ähnlich trennscharf wie die falsche Hautfarbe oder Kaste es andernorts sein mag. Für das »große Denken« jedenfalls, wie es Wirtschaftsführern und Beratern zukommt, gilt die Liebe zum Detail als unerheblich bis schädlich. Soll dieser unbewusste aber wirkmächtige negative Selektionsmechanismus überwunden werden, so gilt es, Auswahlkriterien zu finden, die nicht von vornherein Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausschließen, die sich zur Detailorientierung und Sorgfalt bekennen, es sind schließlich viel zu viele kluge und begabte Köpfe darunter. Die fatale Einordnung in die Kategorie der Arbeitsbienen muss übrigens meist nicht erst durch einen Fragebogen oder Test bestätigt werden. Männliche und weibliche Vorgesetzte haben, da sie davon profitieren, ein untrügliches Sensorium für die kompetente, begabte, gut ausgebildete Mitarbeiterin, die sich dankenswerterweise nicht um den Aufstieg bemüht, sondern geduldig und sorgfältig zeitraubende und notwendige, auch anspruchsvolle Arbeiten erledigt.
In weiblich geprägten Arbeitskontexten lässt sich oft die Kehrseite der Medaille beobachten: Hier werden Männer generell kritisch beurteilt. Die Kolleginnen bewerten sie als nicht wirklich »fleißig«, sondern zu sehr auf das Delegieren und Managen orientiert, was dazu führe, dass sie die »eigentliche Arbeit« nicht erledigten. Für Frauen als potenzielle Führungskräfte geht es zunächst darum, die beiden Dimensionen der »wirklichen« Arbeit und des Führens, Entscheidens und Managens richtig zu verbinden, statt die »Realarbeit« von vornherein völlig auszuklammern. Von diesen beiden Barrieren: »mangelnde klare Durchsetzungsorientierung« und »zu große Detailsorgfalt« werden also weibliche Karrieren für eine Mehrheit von Frauen schon blockiert, bevor sie überhaupt angefangen haben.
Die männlichen Codes
Der Jeanshersteller Levi`s stellte vor einiger Zeit148 eine Studie vor, aus der deutlich wurde: Mehr als 50 Prozent aller Frauen probieren im Durchschnitt zehn Jeans an, bevor sie eine kaufen. Und auch dann sind 87 Prozent von ihnen weiter unzufrieden mit der Ergebnis, schreiben das aber vor allem ihrer Figur zu, die eben nicht die richtige sei. Frauen gehen also davon aus, sie selbst müssten sich ändern und nicht die Jeans. Männer hingegen legen eine Jeans, die ihnen nicht passt, einfach zur Seite und urteilen: »Diese Jeans ist eben nicht für mich gemacht.« Das Unternehmen Levi’s hat jetzt die richtigen Konsequenzen gezogen und verändert die Jeans entsprechend neuen Vermessungen an 67 000 Frauen, um neue Formen zu entwickeln, die zu den real existierenden Frauenkörpern passen. Im Kern haben wir es in der Arbeitswelt mit dem gleichen Grundthema zu tun. Müssen sich die Frauen eher den dort üblichen Codes oder die Codes den Frauen anpassen?
Im modernen Deutschland von heute, unter jungen Leuten, herrscht verbreitet die Auffassung, Frauen im Männerumfeld müssten die männlichen Spielregeln verstehen lernen und sich zu eigen machen, sonst hätten sie keine wirkliche Karrierechance. »Sprache, Stimme, Gesichtsausdruck und Körperhaltung – als Ausdruck einer etwas weniger gefestigten Überzeugung von sich selbst«, so der Unternehmensberater Peter Modler, werden Frauen »zum Verhängnis in gemischten Teams«. Sie beherrschten nicht »Das Arroganz-Prinzip«149, sondern pflegten ein »horizontales Sprachverhalten«, Männer hingegen ein »vertikales« Kommunikationsmuster. »Frauen und Männer bewegen sich in unterschiedlichen Sprachsystemen. Das fängt schon in der Kindheit an. Mädchen achten darauf, dass alle in der Gruppe gleichberechtigt sind. Tritt ein Mädchen als Chefin auf, wird es von anderen Mädchen eher nicht gemocht. In der Soziolinguistik nennt man das horizontales Sprachverhalten. Frauen argumentieren früher auf einer sachlichen Ebene. Es fällt ihnen schwer zu unterbrechen, unhöflich zu sein.« Bei Männern hingegen – in Unternehmen ebenso wie in akademischen Kreisen – stehe am Anfang die Frage nach der Territorialhoheit. Erst wenn sie ihre Statusüberlegenheit, ihre Rangordnung geklärt hätten, könnten sie sich Sachfragen zuwenden.
Legen Frauen hingegen ein ähnliches Verhalten an den Tag, nehmen sie das Ruder in die Hand, weisen sie ausdrücklich auf ihre Verdienste hin, versuchen sie, sich nachdrücklich Gehör zu verschaffen oder ausführlich das Wort zu ergreifen, verscherzen sie es sich mit der Geduld und den Gefühlen der anderen. Eine Frau, die ihre Stimme hebt, die klar, laut oder gar scharf spricht, gilt nicht unbedingt in positivem Sinn als Person mit einer festen Meinung, oft wird sie sogar spontan als besonders unsympathisch eingestuft. Mit einer leisen und warmen Stimme wiederum ist es nicht so leicht, sich Gehör zu verschaffen. Die Sozialwissenschaftlerin Alice Eagly hat die trügerischen Doppelbotschaften in Hinsicht auf forsches Auftreten und Zurückhaltung der Frauen in der Wirtschaft ausführlich erörtert. Eine klare Lösung für dieses Dilemma bietet sie nicht an.150
Es ist für Frauen sehr schwer, vor einem größeren Kreis an Zuhörern oder vor öffentlichem Publikum überzeugende Reden zu halten. Gestik, Mimik und Rhetorik geraten oft künstlich, die Stimme wird hart, die Argumentation zu plakativ. Rhetorikkurse helfen da nur begrenzt, denn sie durchbrechen nicht das Format, sondern versuchen, wie auch sonst das Coaching, aus Frauen unter erschwerten Bedingungen »das Beste zu machen«. Aber die Formen, in denen Frauen sich so ausdrücken können, dass sie sich wohlfühlen und das Publikum ihnen emotional folgt, sind noch im Werden. Das große Podium, auf denen meist ohne Bezug der Teilnehmer aufeinander nur einzelne Statements abgelassen werden, gehört jedenfalls – bis heute – nicht dazu.
Das frauenfreie Podium
Bis hinein in die 1970er-Jahre waren Podiumsgespräche zu politischen Themen oder Vorträge meist reine Männersache – die Kanzel in der Kirche, das Katheder in der Universität, das geschmückte Podest im Saal einer Akademie für den sonntäglichen Festvortrag über »Wilhelm von Humboldt und das deutsche Bildungsideal« vor bürgerlichem Publikum, untermalt mit einem Satz aus Mozarts Violinkonzert durch das örtliche Kammerorchester – damals noch ohne hübsche Geigerinnen im knappen Top. Es war eine Zeit, in der die erste weibliche Tagesschau-Sprecherin der ARD, Dagmar Berghoff, noch eine Sensation war. Öffentlichkeit war männlich. Punkt.
Vor einer großen Menschenmenge zu reden war vor hundert Jahren eine große Kraftanstrengung der Stimme, die ohne technische Verstärker auskommen musste und deshalb Männern mit einem lauten Organ vorbehalten war.151 Die große Rede ist ein Format, das unter Frauen keine Tradition hat, von wenigen herausragenden politischen Persönlichkeiten abgesehen, wie der polnischen Sozialistin Emma Goldmann, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Vortragssäle in der amerikanischen Provinz bereiste, um heftig Kritik an den miserablen Bedingungen der polnisch-russischen Textilarbeiterinnen in den sweat shops von New York zu üben.152 Hundert Jahre später war Hillary Clinton eine leidenschaftliche Wahlkämpferin, fiel allerdings dem üblichen Killerurteil für Frauen zum Opfer: zu schrill, zu hart, zu männlich, zu altmodisch feministisch, während das Pathos von Barack Obama als Pluspunkt verbucht wurde.
Die spontane Autorität, die dem öffentlichen Mann unbewusst zugebilligt wird, genießt eine Frau viel weniger, sie stößt bei dieser Darbietungsform rasch auf Skepsis und emotionale Irritation, bei Männern wie Frauen. Ich habe das selbst oft genug erfahren.
Hart und unfair
Wenn es auf Kongressen oder in Akademien um Themen wie Demografie, Jugendkriminalität, Migration, politische Partizipation, Arbeitsmarkt geht, äußern sich meist Männer auf den einschlägigen Podiumsdiskussionen, gern zum darin erkennbaren Verfall von »Gemeinschaft« und »Kultur«, von Werten und Normen – wobei sich als Kern ihrer Argumentation häufig die aus ihrer Sicht negative Veränderung der Familienstrukturen herausschält. Frauen nehmen an solchen Diskussionen nur selten teil. Sie erwarten dort weder Gehör, noch für sich einen Gewinn. Für sie, besonders für die erfolgreichen und hochgebildeten Frauen, geht es in der Regel darum, sich durch eine geringere Kinderzahl und weniger Fürsorgearbeit einen aussichtsreicheren Platz im Unternehmen oder der Gesellschaft zu erobern. Das schafft einen ganz anderen Blickwinkel und Zugang zu den Themen.
Ich habe entgegen dem allgemeinen Trend an vielen solchen Veranstaltungen teilgenommen und kann nur bestätigen: Auch ich habe mich oft fehl am Platz gefühlt. Meist ist Frau allein unter mehreren Männern, mindestens im Minderheitenstatus, in Stimme, Klang und Autorität vielen Männern überdies unterlegen. Und schon die Themenstellungen solcher Veranstaltungen bildet fast nie das eigene Problembewusstsein ab. Wenn ich ein längeres Statement abgab, fand ich dafür im Publikum häufig offene Ohren, wurde dann aber vom Moderator gern mit der benevolenten Formel entlassen: »Vielen Dank, liebe Frau Erler, für diesen engagierten Beitrag« – was nichts anderes hieß als: Gehen wir doch jetzt zum Eigentlichen über. Und was Männer und Frauen darunter verstehen, unterscheidet sich fast immer kategorial.
Während Männer aller politischen Richtungen gern eine normative Diskussion über Demokratie, Politikverständnis, Freiheit, Parteien, Markt oder Staat etc. führen, debattieren Frauen lieber über politische Antworten und Lösungen, die nicht unbedingt einem normativen Gerüst zuzuordnen sind. Sie bevorzugen das Gespräch über policy statt des Gesprächs über Politik. Männer mögen solche Konkretionen nicht – sie fühlen sich dadurch gelangweilt oder gedanklich unterfordert. Frauen, selbst scharfsinnige, theoretisch versierte Akademikerinnen meiden den rein normativen Systemdiskurs, zumindest Frauen im nordeuropäischen und angelsächsischen Raum. In Frankreich und Italien hingegen akzeptieren sie die Rigorosität des abstrakten Diskurses eher, viele Plätze auf den Führungsetagen von Wirtschaft und Politik hat ihnen das allerdings auch nicht eingetragen.
Erschwerend kommt hinzu, dass Frauen, entsprechend ihren Persönlichkeitsprofilen, eher den dialogischen und verbundenen Diskussionsstil mögen, Männer hingegen schätzen die offene kontroverse Debatte. Der Erfolg der TV-Sendung Hart aber Fair ist ein Sieg der scharfen Auseinandersetzung anstelle des ruhigen Gesprächs, des polarisierenden Stils, der Zuspitzung gegenüber dem suchenden Erörtern. Nur wenige Frauen setzen sich gern solchen Debatten aus, auch deswegen sind politische Talkshows seltener mit Frauen besetzt. Außerdem führt der normative Stil vieler Talkshows schnell in jene Grundsatzdebatten, an deren Ende als Ursache des allgemeinen »Werteverfalls« wiederum nur der Verlust des traditionellen Familienlebens steht, für das die moderne berufstätige Frau verantwortlich zeichnet.
Ich selbst war vor vielen Jahren einmal Teil einer Talkshow des Nachtcafés, zu der mich der Südwestdeutsche Rundfunk als erwerbstätige Mutter eingeladen hatte, die damals von ihren Kindern getrennt lebte und die Hausaufgaben teilweise aus der Ferne mit dem Faxgerät zu unterstützen versuchte, es gab noch keine E-Mail. Mir gegenüber stand eine sehr junge Frau, Tochter aus einer Familie mit neun Kindern, die sich als glühende Anhängerin des Hausfrauenmodells erwies. Man kann sich vorstellen, dass die Herzen der Zuschauer natürlich dieser jungen Frau zuflogen und ich als Rabenmutter dastand. Der Mut, mich zu meiner Lage zu bekennen, war trotzdem nicht umsonst gewesen – ich bekam danach ergreifende Hilferufe von anderen Eltern, etwa Vätern, die ihre Kinder nicht mehr sehen durften und sich von mir Unterstützung erhofften. Aber meine Rolle in dieser Show war persönlich unangenehm, die Konfrontation zu plakativ und deshalb höchst unproduktiv.
Viel schlimmer erging es der damals frischgebackenen Familienministerin Ursula von der Leyen, als sie, kurz nach ihrer Amtsübernahme, in der Fernsehsendung Hart aber Fair die ganze Wucht der ätzenden Ablehnung gegenüber ihrem Familienmodell zu spüren bekam. Sieben Kinder und keine Mutter daheim – unzumutbar! Sieben Kinder und dennoch berufstätig – wie soll das denn funktionieren? Von allen Seiten brandete ihr Kritik entgegen, sowohl vonseiten der Hausfrauen, wie auch vonseiten der »normalen« berufstätigen Frauen. Am Schluss der Sendung war sie diejenige, in deren Familie kein anderer Diskutant aufgenommen werden wollte – eine gnadenlose Vorführung. Frau von der Leyen hat sich danach gehütet, ihr Privatleben zur Debatte zu stellen, auch wenn sie an politischen Debatten in Talkshows weiterhin versiert und kontrovers teilnimmt und zu den wenigen Frauen in Deutschland zählt, die dieses Genre souverän beherrschen.
Von Meisterdenkern und Geschlechtermoral
Aber es ist nicht nur die Männern bei öffentlichen und medialen Auftritten zugerechnete größere Autorität, die es Frauen schwer macht, hierin mit ihnen auf Augenhöhe zu konkurrieren. Es ist vor allem auch das Diskursverfahren selbst, die Art der Fragestellung, der Debatte und der versuchten Problemlösungen, die sehr viele Frauen bremsen und demotivieren oder zumindest nicht als glanzvoll erscheinen lassen. Vereinfacht gesagt, tendieren von Männern bestimmte Gremien dazu, Normen, Strukturen, Planvorgaben und feste Ziele zu definieren; konkrete Probleme werden nur im festen Rahmen solcher Grundsatzerörterungen und Prinzipien behandelt, gleich ob es um politische Programme oder Managemententscheidungen geht.
Frauen hingegen tendieren dazu, offene Fragen pragmatisch und eher empirisch anzugehen, mit Erfahrungen zu verknüpfen, realitätsbezogen zu diskutieren, dabei aber genau zu bleiben und insgesamt weniger intellektuellen Aufwand für die Systematisierung von Problemlösungen zu betreiben. Methodisch würde man ihr Vorgehen eher »induktiv« als »deduktiv« nennen, das bevorzugt in der Pädagogik eingesetzt wird, weil es »vom bekannten Einzelfall oder von mehreren Einzelfällen auf das Allgemeine bzw. ein generelles Gesetz« schließt. »Besonders bei Kindern und Jugendlichen ist das induktive Verfahren (…) vorzuziehen, da es von Erfahrung und dem jeweiligen Einzelfall ausgeht (…).« Im Gegensatz dazu geht die Deduktion »von einer bereits bewiesenen Gesetzmäßigkeit oder Regel aus und erklärt mit ihr Einzelphänomene der Alltagserfahrung, sie schließt vom Allgemeinen auf das Besondere.153
Ich habe diese Lehrbuchstelle zitiert, weil sie deutlich macht, dass das stärker erfahrungsgeleitete Vorgehen in der Lehre intellektuell gewissermaßen abgewertet wird, bestenfalls als für Kinder und Jugendliche geeignete Methode gilt, während der Deduktion, dem Vorgehen vom Allgemeinen zum Besonderen, eine höhere intellektuelle Weihe zugesprochen wird. Den philosophischen Ritterschlag erhielt diese Position durch die Stufentheorie der moralischen Entwicklung des amerikanischen Psychologen und Professors für Erziehungswissenschaften in Harvard, Lawrence Kohlberg.
Nach Kohlberg gibt es fünf aufeinander aufbauende Stufen der Moralentwicklung, die der Mensch durchläuft, aber nur wenige Personen, eigentlich nur Männer, erreichen die letzte und höchste Stufe der »absoluten Moral«.154 Männer agieren nach Kohlberg überwiegend nach den Normen und Werten einer »Gerechtigkeitsmoral«, die Grundsätze wie Vernunft, Universalismus und Abstraktheit umfasst.
Kohlbergs Thesen stießen in der feministischen Wissenschaft der 80er-Jahre in den USA auf heftige Kritik, vor allem bei Carol Gilligan mit ihrem Buch Die andere Stimme 155. Die höchste Stufe der moralischen Entwicklung ist bei ihr – im Gegensatz zu Kohlbergs Nichteinmischungsprinzip – gerade dadurch gekennzeichnet, dass jemand Verantwortung für sich selbst und andere zu übernehmen fähig ist; dazu gehört auch, zu intervenieren, um Schaden von anderen abzuwenden.
Bei Kohlberg, so Gilligans Kritik, bleibe weibliche Erfahrung nicht nur ausgeklammert, sondern seine Theorie widerspreche auch dem weiblichen Lebenszusammenhang. Die Rücksichtnahme auf Gefühle, der kooperative Interaktionsstil, Empathie und Sensibilität werden bei ihm als weibliche Schwäche, als Nichtautonomie von Frauen gedeutet. Nach dem, was wir heute wissen, ist es aber einfach ein anderer Zugang zur Welt, mit anderen Akzenten und Schwerpunkten, der tief in der Persönlichkeit der meisten Frauen verankert und nicht wertemäßig unterlegen oder überlegen ist.156
Es sei hier nicht noch einmal diskutiert, ob Frauen grundsätzlich weniger Abstraktionsfähigkeit besitzen. Oft genug wurde schon darauf hingewiesen, dass sie, anders als Männer, keine großen geschlossenen philosophischen Systeme entwerfen, wohl aber lebenspraktisch orientiert sind. Dieser Gegensatz zieht sich durch Jahrhunderte Philosophiegeschichte: Während sich die mittelalterliche Scholastik eines Thomas von Aquin der Widerlegung von unlogischen oder unklaren oder mit evidenten oder bereits bewiesenen Tatsachen unvereinbaren Behauptungen widmet, war die Mystik einer Hildegard von Bingen untrennbar mit ihrer praktischen Heilkunde verknüpft. Oder denken wir an das Liebespaar Martin Heidegger und Hannah Arendt – er durch sein unübertroffen unverständliches, aber viel bewundertes Hauptwerk Sein und Zeit (1927) ein geachteter bewunderter »Meisterdenker«, der die gesamte bisherige Philosophiegeschichte in einem großen gedanklichen Bogen als »Metaphysik« verwarf und persönlich doch anfällig für den Nationalsozialismus war. Die Jüdin Hannah Arendt, die sich – trotz seiner unloyalen Haltung ihr gegenüber – ein Leben lang nicht völlig von ihm lossagte, setzte sich aktiv mit dem Totalitarismus ihres Zeitalters auseinander und plädierte für die Notwendigkeit von »Pluralität« im politischen Raum, die die Perspektive des jeweils anderen einzunehmen ermögliche.157
Für die Unternehmenswelt ist der unterschiedliche Zugang zu Moral und Philosophie seitens der Geschlechter durchaus nicht folgenlos, auch wenn sie noch so oft die Abstraktionsfähigkeit gegen die »Küchenmoral« von Frauen auszuspielen versucht. Zwar ist die Liste von moralischen Verfehlungen auch bei Frauen in Führungspositionen in Politik oder Wirtschaft inzwischen durchaus lang; nicht selten handelt es sich dabei aber um Begünstigung von Partnern und Lebensgefährten. Gigantische Betrugsskandale in Milliardenhöhe, wie bei Enron in den USA, sind aber bei Frauen bisher nicht belegt, auch nicht Skandale mit Sexkomponente vom Zuschnitt der VW-Betriebsratskorruption. Für Frauen sind Sinn und Moral ihrer Tätigkeit in der Regel äußerst wichtige Motivationselemente. Sie sind auch eher sogenannte »whistle-blowers«, die Alarm bei Staatsanwaltschaft, Polizei oder im Internet schlagen, wenn in einem Unternehmen Unregelmäßigkeiten überhand nehmen. Studien zeigen deutlich, dass ihnen die Ethik ihres Unternehmens und ihres konkreten Arbeitsplatzes mehr am Herzen liegt und dass sie auch auf ihren Karrierepfaden mehr von moralischen Überlegungen geleitet werden als viele Männer.158 Der oft konstatierten höheren abstrakten Moralfähigkeit von Männern steht also eine in der Tendenz größere praktisch gelebte Moral von Frauen in Unternehmen gegenüber. Dies hängt auch damit zusammen, dass Geld für Frauen zwar durchaus eine Rolle spielt, aber sie selbst in Top-Positionen weniger ausschließlich fasziniert als die meisten Männer.159 In den USA verdiente 2010 der bestverdienende Manager 350 Millionen US-Dollar, die bestverdienende Top-Managerin 38,6 Millionen US-Dollar.160
Der männliche Diskurs in Unternehmen
Meine Erfahrungen aus meiner langjährigen Forschungspraxis am Deutschen Jugendinstitut, aus Konferenzen mit Unternehmern oder auch aus zahllosen Gesprächsrunden in politischen Akademien haben mir immer wieder gezeigt, dass die eher induktive Methode (die sich übrigens sehr wohl mit Verallgemeinerungen und langfristigen strategischen Schlussfolgerungen verträgt) im männlich geprägten Umfeld Unbehagen erzeugt, ähnlich wie die persönlich geprägten Äußerungen von Frauen im Rahmen einer Strategiedebatte. Das ist insofern verwunderlich, als doch gerade in der Politik, aber auch in der Marktforschung großer Wert auf Empirie gelegt wird, auf endlose Befragungen von Bürgern zu ihren gerade akuten politischen Meinungen, oft ohne jeden Bezug zu längerfristigen theoretischen Positionen.
Dennoch gibt es im von Männern bestimmten Diskurs gerade auch in der Wirtschaft feste Vorstellungen, wie etwas präsentiert und diskutiert, kategorisiert, systematisiert und stilisiert werden sollte. Eine ganze Beratungsindustrie versteht sich darauf, eher triviale Erkenntnisse und relativ schlichte Aussagen in komplex erscheinende Schemata auf PowerPoint-Folien zu verwandeln und theoretisch aufzuwerten. Dadurch wird eine Bedeutsamkeit erzeugt, die genauer Betrachtung oft nicht standhält. Solche Ergebnisse hätten nicht selten aus den eigenen Daten und den konkreten Erfahrungen der Mitarbeiterinnen im Unternehmen oder im Ministerium selbst erstellt werden können, mit höherem Lern- und Gebrauchswert und größerer Zielgenauigkeit. Aber die flotte, optisch gekonnte Mischung von einer Prise Erfahrung, die mit eindrucksvollen Theoriefragmenten aufgeblasen wird – man nennt das »hochgecharted« – und eher blendet als Durchblick erzeugt, ist in der Unternehmenswelt weitverbreitet. Schwierige Entscheidungen, wie beispielsweise der Personalabbau, wirken – mit einem solchen Überbau versehen – begründeter, legitimierter. Das entlastet von Verantwortung.
Frauen fällt es schwer, diese Denkweise und diesen Schlagwort-Talk mitzumachen. Der Kostenaufwand rechtfertigt in ihren Augen oft nicht den Ertrag. Sie sind vorsichtiger mit Verallgemeinerungen und Zuordnungen zu großen Konzepten, sie suchen auch seltener Halt in vermeintlichen festen Denkstrukturen. Andererseits aber lassen sie sich von den Produkten der Beratungsindustrie auch beeindrucken und einschüchtern, denn sie selbst würden ihre Analysen und Vorbehalte in »einfacheren« Worten und Beispielen ausdrücken.
Männern erscheint die weibliche Debattenkultur teilweise als Ausdruck eines beschränkteren wirtschaftlichen Sachverstands und als Beratungsresistenz – praktisch ist diese Vorgehensweise jedoch oft höchst effizient, schützt vor Modetorheiten von Managementkonzepten und vor voreiligen Radikalkuren. Denn stark ausgeprägtes Systemdenken kann auch die differenzierte Wahrnehmung neuer Realitäten und die Flexibilität des Denkens behindern.
In vielen Unternehmen werden heute aufwendige Wirtschaftspläne und detaillierte Soll-Budgets erstellt, um damit Planungssicherheit zu gewinnen – eine Sicherheit, die am Markt im Übrigen niemals erreicht werden kann, denn die künftigen Umsätze, Erträge und der Markterfolg von Produkten sind letztlich nicht planbar. »Planungssicherheit« stützt sich stets auf Annahmen, die auch nicht besser als »Bauchentscheidungen« sind. In erfolgreichen Zeiten werden gute Zahlen einfach fortgeschrieben, in schlechten Zeiten erfolgen dann angeblich unvorhersehbare Einbrüche und strafen die Pläne Lügen.
Ein halbes Jahrhundert lang wurden Großunternehmen von immer neuen Managementkonzepten und wissenschaftlich begründeten Methoden beherrscht, mit teilweise raschem Wechsel der Grundannahmen. Im Taylorismus wurde die Arbeit zerlegt und optimiert; später suchte man mit immer neuen Methoden nach besseren Steuerungsinstrumenten, die vor allem zu einem irrwitzigen Überbau, zu übergroßen Bürokratien und sich selbst lähmenden Strukturen führten. Die Kritik an diesen Praktiken und ihren ungeheuren Kosten durch die dezentrale Verlagerung von Entscheidungen nach oben statt dorthin, wo die Märkte dem Unternehmen wirklich als Kunden begegnen, hat niemand so überzeugend formuliert wie Nils Pfläging, Präsident der Beratung MetaManagement Group in São Paulo, mit seinem »no budgeting«-Ansatz. Er vertritt die Philosophie eines international agierenden Netzwerks von Unternehmen, die weitgehend auf fiktive Planzahlen verzichten und ihre Budgets mit viel geringerem Aufwand konsequent an gemachten Erfahrungen orientieren. Solche Unternehmen sind besonders erfolgreich, weil sie sich schnell an sich verändernde Märkte anpassen können. In Deutschland zählen dazu unter anderem IKEA, die Drogeriekette dm und Toyota; sie zeichnen sich in ihrem internen Management durch besondere Effizienz und Mitarbeiterfreundlichkeit aus. Nicht alle sind ausdrücklich frauenfreundlich, aber vieles deutet darauf hin, dass sie zumindest bessere Voraussetzung für die Integration von Frauen in Unternehmensführungen bieten.161
Frauen im Management sind nicht weniger zukunftsorientiert und strategisch nicht weniger kompetent als Männer; sie beherrschen die Rhetorik der Managementkonzepte, sie können die Indikatoren einer »balanced scorecard« herunterbeten wie andere magische Formeln und auch die üblichen Zahlenwerke lesen und interpretieren. Aber im Kern planen, diskutieren und entscheiden sie bevorzugt möglichst nah am realen Erfahrungshorizont – und sind damit keineswegs erfolglos: Weibliche Unternehmen sind zwar im Durchschnitt kleiner, setzen ein geringeres Kapital ein und agieren in Branchen, die weniger gewinnträchtig sind, ihre Kapitalerträge können dem Vergleich mit männlich geführten Unternehmen der gleichen Branchen aber durchaus standhalten. Es ist unstrittig, dass Unternehmen wirtschaftlich von Frauen in Führungspositionen profitieren – vorausgesetzt, sie schaffen es, sie dorthin aufsteigen zu lassen.
Die Unternehmensberatungsfirma McKinsey hat in vier großen Studien Women Matter (2007 bis 2010) das Thema »Frauen und Führung« aufgegriffen und kommt zu dem Schluss, dass letztlich das Geschäftsmodell der Unternehmen und Gesellschaften neu erfunden werden müsse, um Frauen wirklich Zugang zu Entscheidungspositionen zu verschaffen. McKinsey hat berechnet, dass bei unveränderten kulturellen Mustern in der Unternehmensleitung zum Beispiel in Spanien im Jahr 2035 erst 8 Prozent der Top-Positionen von Frauen besetzt sein werden, in Deutschland 17 Prozent, in Frankreich 11 Prozent und selbst in Schweden erst 25 Prozent! Das wäre ein Fortschritt mit der Schneckenpost. »Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die berüchtigte »Glasdecke« fest an ihrem Platz bleiben und die Teilhabe von Frauen an der Unternehmensführung niedrig bleiben wird, sofern wir nicht die Wurzeln des Problems angehen.«162
Dass die demografische Entwicklung Unternehmen und Organisationen schon dazu zwingen wird, hoch qualifizierten Frauen mehr Karriereaussichten auf Spitzenpositionen zu verschaffen und überhaupt stärker darauf zu achten, was Frauen zu bieten haben – diese Hoffnung ist heute sehr verbreitet. Sicher ist das keineswegs: Zwar wird die Zahl gut gebildeter Frauen aller Voraussicht nach noch weiter zunehmen. Aber wenn sich an der Dominanz von Männern in den Top-Positionen von Unternehmen und an der gesellschaftlichen Machtverteilung nichts ändert, dann dürfte die Wirtschaft auf längere Sicht immer stärker dem »vatikanischen« Modell folgen: Die Hauptarbeit wird – wie in der katholischen Kirche, wo eine kleine Minderheit kirchlicher Würdenträger eine große Zahl von Frauen führt, die eigentlich die Institution am Leben hält – von Frauen geleistet, die in unserer wissensbasierten Ökonomie aufgrund ihrer zunehmenden Bildungsüberlegenheit zentrale Funktionen und Dienstleistungen in Gang halten; Männer sind immer öfter ganz am unteren Rand der Gesellschaft angesiedelt und leisten die verbliebene körperliche und unqualifizierte Arbeit, leben verstärkt von Transferleistungen oder, je nach Kultur, von nebulösen Geschäften und Kleinkriminalität. Eine eher kleine Elite von Männern mit bestimmten kulturellen Insignien und Weihen aber kontrolliert das wirtschaftliche Gesamtgeschehen. Wir sind heute aufgrund verfestigter männlicher Elitestrukturen gar nicht so weit von dieser Realität entfernt.
Das geschlechtsgemischte Team
Das Heranwachsen von Jungen und Mädchen spielt sich, wie wir gesehen haben, de facto weitgehend in unsichtbaren Parallelwelten ab, mit unterschiedlichen Vorlieben, Spielzeugen, Fantasiewelten – selbst dann, wenn die Kinder die gleichen Räume bevölkern. Das gilt für die Kinderkrippe spätestens ab dem dritten Lebensjahr, für die Schule und weitgehend für alle Bildungseinrichtungen.
In Schulen und Universitäten hängt der Bildungserfolg jedes Einzelnen nicht in erster Linie davon ab, ob und wie Kinder und junge Menschen in Teams arbeiten und kooperieren; Lernen spielt sich letztlich im einzelnen Gehirn ab, vermittelt über Lernmethoden, Arbeitsformen und Beziehungen zu den Lehrkräften. »Irgendwie« sind Jungen dabei heute auf der gesamten Bildungskette auf der Strecke geblieben, bis in die Universität hinein – nur Professoren werden immer noch überwiegend von dem männlichen Geschlecht gestellt.
Die weibliche Bildungsüberlegenheit endet ziemlich dramatisch und völlig unerwartet in der Berufswelt, vor allem in der Privatwirtschaft. An dieser Schwelle wendet sich das Blatt: Die erfolgsverwöhnten Mädchen und jungen Frauen stoßen hier an Grenzen und Barrieren, auf die niemand sie vorbereitet hat und an die sie selbst gar nicht glauben. Eine Studie der London Business School über Nachwuchskräfte internationaler Konzerne stellt fest: »Es ist kaum überraschend, dass diese Generation die Unterschiede zwischen Männern und Frauen herunterspielt. Viele sind in Familien und Schulen groß geworden, wo Diversity und Gleichberechtigung als die Norm galten – und jetzt nehmen sie in ihrer Umgebung einen Mangel an Gleichstellung wahr. Sie sehen wenige Frauen an der Spitze, sie wissen, dass viele Frauen das Unternehmen möglicherweise verlassen werden, wenn sie Kinder bekommen, und sie nehmen den Druck wahr, unter dem ihre männlichen und weiblichen Vorgesetzten stehen. Das macht ihnen Sorgen, und es verwirrt sie.«163
Junge Männer hingegen, sofern sie einen erfolgreichen Bildungsabschluss mitbringen, finden sich mit dem Beruf nun plötzlich in einer Welt wieder, die ihnen mehr entspricht und entgegenkommt als die Bildungseinrichtungen, die sie bisher durchlaufen haben. Nun geht es nicht mehr so stark um ihre stille und effektive Einzelarbeit und die präzise Erfüllung von Erwartungen, sondern immer auch um die Positionierung in Teams und Gruppen. Ihre fachliche Kompetenz ist zwar gefragt, aber eben nicht ausschließlich und nicht einmal hauptsächlich. Je höher sie aufsteigen, desto weniger ausschlaggebend ist sie. Beruflicher Erfolg und Aufstieg sind vielmehr vor allem eine Frage der relativen Positionierung von Menschen in Teams und Gruppen. In den Unternehmen erleben wir nun – und zwar in PR-Agenturen wie in Lebensmittelkonzernen, in der Kommunikationsberatung wie erst recht in Entwicklungsabteilungen von Automobilkonzernen oder in der Hierarchie von Krankenhäusern –, dass talentierte junge Männer kometenhaft aufsteigen, talentierte junge Frauen aber entgegen ihren Erwartungen oder Hoffnungen eher stagnieren. Dieses unerwartete Verkümmern trifft Frauen mit Kindern besonders stark, wobei die wenigen Frauen, die auf der Karriereleiter relativ weit nach oben gelangen, bekanntlich nur zur Hälfte oder noch seltener Kinder haben. Aber: Auch die allermeisten tüchtigen Frauen ohne Kinder bleiben irgendwo in den Aufstiegskanälen stecken. Es gibt Firmen wie Procter & Gamble, die sich schon vor Jahren zum Ziel gesetzt haben, den Aderlass an weiblichem Talent einzudämmen und ihre 50 Prozent neu rekrutierten Frauen auch zu 100 Prozent über die Karrieresprossen nach oben mitzunehmen, bislang allerdings ohne durchschlagenden Erfolg. Frauen, die in den letzten Jahren ganz nach oben gekommen sind, verdankten dies – sofern sie keine Erbinnen oder Gattinnen sind – oft der Tatsache, dass ihre Unternehmen vorher durch Krisen und Skandale erschüttert wurden und sie gewissermaßen als Lückenbüßerinnen oder aus Imagegründen auf den Posten ihrer männlichen Vorgänger rückten.
Der entscheidende Ort, an dem diese unterschiedliche Dynamik in den Wegen von Berufsanfängern beiderlei Geschlechts Fahrt aufnimmt, ist das sogenannte Team. »Teamfähigkeit« wird von neu einzustellenden Personen vorrangig verlangt, worunter, ziemlich diffus Verträglichkeit, die Bereitschaft zum Austausch von Wissen und Kompetenzen, zu Abstimmung und Kompromissen verstanden wird.
Der Begriff des Teams klingt geschlechtsneutral. Doch trifft das wirklich zu? Wie gestaltet sich eigentlich die Kooperation von Männern und Frauen in Arbeitsgruppen tatsächlich, nachdem sie vorher kaum jemals wirklich inhaltlich an Aufgaben zusammengearbeitet haben, sondern eher nebeneinander her? Gibt es Konstellationen, die besonders erfolgreich und produktiv sind?
Geschlechtercocktails und Produktivität
Wir kennen inzwischen erfolgreiche berufliche Mann-Frau-Duos, insbesondere aus Polizeifilmen, oft mit einer Chefin, im Einsatz mit einem melancholischen Untergebenen, beim Erstürmen einer verdächtigen Wohnung mit der Waffe in der Hand. Diese Teamkonstellation ist zumindest in ihrer Botschaft nicht rein fiktiv: Es ist eine 50–50-Konstellation zweier Einzelpersonen, eine Frau, ein Mann, bei der die Kooperation von Frauen und Männern unter Umständen tatsächlich gut gelingt.
Wissenschaftlich fundierte Einblicke in die Geschlechterdynamik und die damit verbundene Produktivität von Teams sind allerdings selten – und sie sind ganz überwiegend im angelsächsischen Raum erarbeitet worden. Allgemein wird heute angenommen, dass ein höherer Frauenanteil an der Unternehmensspitze und in Teams den wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen befördert, vor allem durch die erweiterten Perspektiven, die Frauen ganz generell in bisher homogene Männerwelten einbringen. Dieser Tenor liegt auch den viel beachteten Studien zugrunde, die McKinsey unter dem Titel Women Matter erstellen ließ und zur Grundlage seiner Beratungsstrategien machte. Sie argumentierten für eine dramatische und schnelle Erhöhung des Frauenanteils in den Führungsspitzen von Unternehmen, andernfalls fehlten denen überlebensnotwendige Kompetenzen. Erst ab einem Frauenanteil von 30 Prozent, so McKinsey, werde die Schwelle erreicht, an der Frauen wirklich gehört würden und den Erfolg des Unternehmens subjektiv und objektiv beeinflussen könnten. Die Studien basierten vor allem auf den Einschätzungen von Top-Managern großer Unternehmen. Das Modell ist linear: je höher der Frauenanteil, desto besser, und je schneller sich dies umsetzen lässt, desto größer die Erfolgsaussicht für das Unternehmen.
Eine Studie, die 2007 vom Lehman Brothers Centre for Women in Business durchgeführt wurde, argumentierte ähnlich: Sie untersuchte über hundert Teams aus verschiedenen global tätigen Branchen, von Technologie- und Biotech-Firmen bis hin zu Finanzdienstleistern. Die Teams waren unterschiedlich zusammengesetzt, Frauen oder Männer jeweils paritätisch oder in der Minderheit. Das wohl wichtigste Ergebnis: Gruppen, in denen Frauen und Männer jeweils zur Hälfte vertreten waren, arbeiteten am effektivsten. Solche ausgewogenen Gruppen schafften ein Klima, in dem die Voraussetzungen zu kreativem Input für beide Geschlechter gleichermaßen gegeben waren. Die Beteiligten, so die Studie, fühlten sich psychologisch sicher und aufgehoben, sie wagten es, auch ungesicherte Gedanken zu äußern, und sie hatten keine Angst, lächerlich gemacht, nicht ernst genommen oder nicht gehört zu werden. Ganz entscheidend aber war auch: Erst ab einem Prozentsatz von 60 Prozent Frauen, also bei einer leichten quantitativen Überlegenheit der Frauen, war das Selbstbewusstsein beider Geschlechter tatsächlich ausbalanciert – das heißt, das Selbstbewusstsein der Männer war (noch) nicht geschwächt, das der Frauen aber gut ausgeprägt. Das entspricht unserem Vorwissen von einem insgesamt höheren Selbstbewusstsein der Jungen schon im Kindesalter. So können Frauen und Männer sich wechselseitig inspirieren – für die größte Produktivitätssteigerung spricht dieses Mischungsverhältnis allerdings noch nicht.
Wenig bekannt, aber für die Zukunft durchaus wichtig, war ein weiteres Ergebnis der Lehman-Brothers-Studie: Wenn Frauen in gemischten Teams in der deutlichen Überzahl sind, also erheblich mehr als 60 Prozent stellen, leiden Männer unter ihrem Minderheitenstatus – mit Ausnahme männlicher Führungskräfte. Nur wenn ihr hierarchischer Status als »Leitwolf« eindeutig geklärt ist, fühlen sich Männer in quantitativ von Frauen dominierten Umgebungen oft sogar besonders wohl. Dies gilt in indischen High-techbetrieben ebenso wie auch in der katholischen Kirche.
Die kulturelle Erfahrung als Minderheit ist für Männer, wenn sie nicht in einer Führungsrolle sind, viel ungewohnter als für Frauen; sie verlangt von ihnen die Anpassung an Spielregeln und Kommunikationsweisen – zumindest müssen sie sie ertragen –, die ihnen oft fast körperliches Unbehagen bereiten. Männer in vorwiegend weiblichen Teams sind, so die Ergebnisse der LehmanBrothers-Studie, insgesamt mit ihrem Leben unzufriedener, schlechter gelaunt und identifizieren sich weniger mit ihrem Unternehmen als ihre Kolleginnen oder als andere Männer und geben insgesamt ein ziemlich unglückliches Bild ab. Sie neigen zu Apathie und Resignation, nehmen seltener Kontakt nach außen auf und bringen dadurch auch weniger Informationen von außerhalb in ihr Team ein als Frauen in einer ähnlichen Situation. Frauen haben sich an einen Minderheitenstatus besser angepasst. Aber auch bei ihnen hat das Grenzen: Wenn Teams sehr ungleich zusammengesetzt sind und ein Geschlecht – gleich ob Männer oder Frauen – nur 20 Prozent der Gruppe ausmacht, ist nicht nur die persönliche Kreativität und Produktivität der einzelnen Minderheitenpersonen, sondern tendenziell die Innovationsfähigkeit des ganzen Teams gebremst.
Das sind schwerwiegende Aussagen. Sie bedeuten, dass viele Frauen und auch immer öfter Männer, sofern sie in einer deutlichen Minderheitenposition sind, ihr Potenzial nicht ausleben und nicht sichtbar machen können. Unternehmen müssten also bei der Personalentwicklung viel stärker als bisher nicht nur auf individuelle Förderung, sondern insgesamt auf eine ausgewogenere Zusammensetzung von Teams achten. Einzelne Vertreter eines Geschlechts isoliert in gegengeschlechtliche Gruppen einzupflanzen, wäre wenig produktiv.
In der Regel wird heute angenommen, eine ansteigende Kurve von Frauen, bis hin zu entweder 50 Prozent oder zumindest entsprechend ihrem Anteil an den entsprechend qualifizierten Beschäftigten, sei letztlich problemlos umsetzbar – vorausgesetzt, die Unternehmen beseitigten die äußeren Hürden und schafften es, die inneren Vorbehalte von Frauen durch entsprechende Maßnahmen zu verringern. Die meisten Managementtheorien gehen davon aus, dass dann die Talente der Geschlechter von selbst in einen produktiven Dialog treten – sachlich, effektiv und geschlechtsneutral.
Wichtige Erkenntnisse aus der sozialpsychologischen Forschung stehen dazu allerdings in einem gewissen Widerspruch. Bisher wird der zögerliche Umgang der Unternehmen mit Frauenkarrieren trotz aller offensichtlichen Notwendigkeiten als wirtschaftliche Inkompetenz oder Blindheit interpretiert. Neuere sozialpsychologische Studien aus den letzten Jahren werfen ein etwas anderes Licht auf dieses Thema. Sie haben untersucht, welche Rolle unterschiedliche subjektive Gruppen- und Identitätszugehörigkeiten – seien diese religiös definiert, nach Nationalitäten, nach Alter oder auch nach politischen Strömungen innerhalb einer Partei – für die Leistung eines Teams spielen und wieweit die Zugehörigkeit zu verschiedenen Untergruppen die Funktionen eines Gesamtteams tatsächlich nicht nur verbessern, sondern auch beeinträchtigen können.
Für unser Thema ist entscheidend, wie sich das bewusste Gefühl der Zugehörigkeit der Einzelnen zu einem Geschlecht auf die Teamleistung als Ganzes auswirkt. Unter dieser sozialpsychologischen Fragestellung, einer ganzen Forschungsrichtung, treten nun unerwartete Ergebnisse zutage. In einer frühen Studie verschiedener Teams (aus dem Jahr 1996) hatte sich noch gezeigt, dass bereits eine einzige Frau in einem männlichen Team nachweislich die größte Produktivitätssteigerung von allen möglichen Varianten erzeugte; waren aber mehr Frauen anwesend, so sank das Ausmaß der Leistungssteigerung – bis zu dem Punkt, wo das Ergebnis sich sogar ins Negative verkehrte und die Teams weniger leisteten als ohne Frauen.164 Eine ganze Mathematik von möglichen Geschlechtercocktails ist inzwischen aus diesem Forschungszweig erwachsen: Mal waren es 5 Prozent vs. 95 Prozent, dann 20 Prozent vs. 80 Prozent, und nun, auf dem neusten Stand der Forschung, in der, methodisch verfeinert, vor allem die Betriebsergebnisse der Unternehmen und Branchen großflächig verglichen wurden, lautet das Resultat im Jahre 2011: Die höchsten Produktivitätssteigerungen durch die Anwesenheit von Frauen werden bei einem Anteil von 25 bis 28 Prozent erzielt, und zwar aufgrund insgesamt verbesserter Problemlösungsstrategien, stärkerer Kreativität, einem besseren Marktverständnis usw. Steigt der Frauenanteil darüber, so identifizieren sich die Teammitglieder stärker über ihr jeweiliges Geschlecht, kommt es eher zu Konflikten, zu sozialpsychologischen Abgrenzungen untereinander, zu verminderter Kommunikation, und die Produktivitätssteigerung verkehrt sich in ihr Gegenteil. Die Autoren dieser hier referierten australischen Studie befürworten unmissverständlich eine intensive Frauenförderung, sie zeigen auch auf, dass die Unternehmen damit – im Vergleich – erfolgreicher werden; sie weisen aber auch auf bisher ungelöste Probleme hin. Neue Geschlechtermischungen benötigen Zeit, bis sie tatsächlich Wirkungen im Unternehmensergebnis zeigen – mindestens fünf Jahre. Dies ist wichtig für Unternehmensleitungen, die stets unter dem Druck rascher Ergebnisse stehen.
Möglicherweise stellen sich diese Relationen in Kulturen, die wie die skandinavischen deutlich femininer sind und weniger streng abgegrenzte Geschlechterbilder haben, ganz anders dar. Für Deutschland indessen steht zu vermuten, dass die Schwelle, an der sich negative Wirkungen von Geschlechtermischungen zeigen könnten, vielleicht sogar noch niedriger liegt, da wir im internationalen Vergleich eine extrem männlich geprägte Unternehmenskultur haben.165 In einem Unternehmen, das überwiegend von Frauen geprägt ist, dürften sich die Fragen der Eingliederung von Männern in die Abläufe, Teams und die Unternehmensspitze spiegelbildlich stellen.
Wichtig ist es in jedem Fall zu verstehen, dass es komplizierte Wechselwirkungen bei Gruppenidentitäten in Teams gibt. Wir befinden uns noch mitten in einem Lernprozess. Wird er zu langsam angegangen, so sind keine Effekte wahrnehmbar, und die Akteure resignieren. Wird er zu schnell angepackt, so kann dies ebenfalls zu Enttäuschungen und Desillusionierung führen. Die These jedenfalls, dass es für die Produktivität keinen Unterschied macht, ob und wie und in welchen Anteilen Männer und Frauen zusammenarbeiten, ist inzwischen umfassend widerlegt. Frauen bringen Mehrwert, vor allem in der Dienstleistungsbranche. Ob und wie höhere Männeranteile sich entsprechend positiv in Frauenberufen auswirken, ist bisher noch nicht erforscht worden.
Der weibliche Unterordnungsmodus
Dass Frauen, auch äußerst kompetente Frauen, in gemischten Teams oft eher unsichtbar und ungehört bleiben, liegt nicht nur an der Zahl oder an der unbewussten Dominanz von Männern. Der Mechanismus greift tiefer. Wir haben bereits gesehen, dass auch kleine dominante Mädchen sich in gemischten Gruppen den Jungen meist spontan unterordnen, ihnen gegenüber zurücktreten oder sie meiden. Eine Rolle, die sie von früh an üben, ist die fürsorgliche Rolle, das Bemuttern, Anteilnehmen, Hinhören, Unterstützen, was durchaus, zumindest im Privaten, auch als Macht erfahren werden kann. Feministisch geprägte Kommunikationsforschung von Deborah Tannen166 zeigte zu Beginn der 1990er-Jahre in aller Deutlichkeit auf, wie Frauen durch Blickkontakt das männliche Gegenüber bei seinen Äußerungen stützen und durch Mimik und Gestik bestätigen, seine Sätze vollenden, Anteil nehmende Gurrlaute einfügen und »Ja« sagen. Männer dagegen, auch dies ist bekannt, folgen diesem Muster viel seltener. Sie reden, um etwas zu sagen, sie reden weniger dialogisch, ihnen geht es weniger darum, jemand anders zu ermuntern, sich auszudrücken. Bücher wie John Grays Männer sind vom Mars, Frauen von der Venus167 haben solche Erkenntnisse popularisiert und lagen als Nachttischlektüre an den Betten vieler enttäuschter Ehefrauen, die sich von ihren Männern nicht verstanden fühlten. Heute sind sie teilweise bereits wieder vergessen, manche ihrer Themen gelten als altmodisch und verstaubt, so als stammten sie von vor hundert Jahren, als noch um das Frauenstimmrecht gestritten wurde, dabei sind sie erst vor zwanzig Jahren erschienen. Diese Texte waren Ausdruck einer Zeit, in der sich Frauen gern als Opfer fühlten und darstellten, und so wollen weder Frauen noch Männer heute miteinander oder übereinander reden. Das ist verständlich und richtig, setzt aber nicht den extrem unterschiedlichen Kommunikationsstil von Frauen und Männern außer Kraft, auch wenn dieser beiden Geschlechtern vielleicht gar nicht bewusst ist.
In Arbeitsteams entsteht genau an dieser Stelle ein fatales Knäuel von Ursachen und Wirkungen: Viele Frauen, selbst solche, die in einer weiblichen Gruppe artikuliert und selbstbewusst auftreten, halten sich jetzt verbal zurück – aus Sorge, gar nicht erst gehört oder nicht anerkannt zu werden, und Frauen fürchten, wie wir wissen, den Misserfolg. Gefördert wird ihr Zurücktreten ins zweite Glied durch die in unseren Gesellschaften gängige höhere Anerkennung männlicher Autorität – vielleicht eine anthropologische Disposition168, die weit in unser evolutionäres Erbe zurückreicht. Männer mit Statusattributen ziehen mehr spontane und unwillkürliche Aufmerksamkeit auf sich als Frauen mit Statusattributen – das haben Tests gezeigt, in denen Studentinnen und Studenten Filmsequenzen vorgeführt wurden, bei denen man ihre unbewussten Augenbewegungen verfolgt und ihre Erinnerungen ausgewertet hat. Selbst Männer mit einem bösen und grimmigen Gesichtsausdruck werden oft positiv wahrgenommen und respektiert. Bei Frauen hingegen erfassten und würdigten die Testpersonen, ganz dem Klischee entsprechend, die physische Attraktivität und Jugendlichkeit – ein großes Auto oder ein teurer Pelzmantel verschafften ihnen kein automatisches Ansehen bzw. »Gesehen-Werden«.
Intuitiv kennen die meisten Menschen solche Mechanismen. Wohl deshalb streben Frauen in führenden Positionen viel seltener nach den klassischen Statussymbolen – dem teuren Dienstwagen, dem großen Büro. Solche Accessoires sind ihnen in der Regel weniger wichtig als Männern, nicht nur, weil sie einfach bescheidener sind oder noch nicht gelernt haben, so hart zu verhandeln wie Männer, sondern auch, weil sie wissen, dass sie dafür von ihrer Umwelt, von Männern wie Frauen, viel weniger belohnt werden. Die echten Karriereanreize für Frauen sind ganz anderer Art – wir kommen darauf zurück.169
Jedenfalls treten Frauen in Teams – ähnlich wie die Mädchen in den naturwissenschaftlichen Unterrichtsfächern der Schule – oft spontan und gar nicht ungern hinter Männer zurück. Sie stolpern jetzt über Eigenschaften, die sich früh abgezeichnet haben: Während kleine Jungen ihre eigenen Leistungen positiver bewerten als sie eigentlich sind, gilt für Mädchen ebenso wie für Frauen oft das Umgekehrte. Berufsanfängerinnen schreiben selbst nach vielen Jahren Erfolg im Bildungssystem ihre Meriten weniger sich selbst zu und haben ein weniger gefestigtes Selbstbewusstsein als junge Männer. In Teamsitzungen und Projektgruppen führen ihre größere Zurückhaltung, ihr geringeres Selbstwertgefühl und ihre bereitwillige Unterordnung gegenüber Männern oft zu einem gnadenlosen Niedermachen, das niemand so beabsichtigt hat und das niemand auch nur wahrnimmt.
Bis zum Überdruss bekannt ist, dass Männer oftmals aufgreifen, was Frauen vor ihnen gesagt haben, und dieses gern als ihre eigene intellektuelle Leistung ausgeben. Das ist keine bewusste Enteignung, sondern nur die Fortsetzung eines zwischen den Geschlechtern üblichen Kommunikationsverhaltens: Die Männer machen eben Gebrauch von der üblichen Unterstützungsrolle der Frauen. Und: Selbst artikulierte, relativ selbstbewusste und kompetente Frauen tendieren dazu, gern einem Mann in der Gruppe die Verantwortung zu übertragen, selbst wenn er fachlich nicht erkennbar überlegen ist. Dieser automatische Subordinationsmodus, den Frauen in gemischten Kontexten anschalten, ist relativ weitverbreitet. Er wird von Männern gar nicht unbedingt eingefordert oder durchgesetzt, auch wenn sie ihn in der Regel gern hinnehmen; oft wird er von ihnen nicht einmal bemerkt. Dank ernten Frauen dafür jedenfalls nicht, dafür ist die Unterstützung kulturell zu selbstverständlich; Unterstützung durch Männer für Frauen wird viel mehr gewürdigt, eben weil sie seltener ist.
Das Problem ist vertrackt; denn wenn Frauen lautstark auf ihre Verdienste hinweisen, sich Gehör zu verschaffen versuchen, wenn sie ausführlich oder nachdrücklich reden, verscherzen sie es sich mit der Geduld und den Gefühlen der anderen. Selbst ihre Geschlechtsgenossinnen neigen dazu, die Aussagen einer Frau geringer zu schätzen als die eines Mannes. Dies gilt auch dann, wie ich oft feststellen kann, wenn sie sich untereinander kritisch, ironisch-liebevoll oder manchmal auch abfällig über Männer im Allgemeinen oder im Besonderen verständigen. Das setzt das tiefer sitzende Unbewusste noch lange nicht außer Kraft. Ich erlebe diesen Bruch sehr häufig, wenn ich an Expertengremien teilnehme und meine Kolleginnen teilweise sichtbar ungeduldig und unwirsch auf die Beiträge von Frauen reagieren, während sie im Pausengespräch dann das Verhalten der männlichen Kollegen kritisieren.
Die Abgründe des Verwirrspiels in Teams gehen noch weiter: Eine Frau, die lächelt, gibt damit ein Stück Autorität auf, denn Lächeln ist evolutionär ein Unterwerfungsgestus, der dem anderen friedliche Absichten signalisiert. Die feministische Literatur hat nun ausführlich über diese Frage debattiert und Frauen aufgefordert, weniger zu lächeln und weniger entgegenkommend zu sein. Dieses Programm ist auch Teil des Coaching-Curriculums für viele Frauen: Selbstbehauptung durch weniger Freundlichkeit!! Nützen wird das nicht: Die strenge Frau flößt – anders als der strenge oder zornige Mann – weder Respekt, noch Furcht ein. Sie erfährt vielmehr Ablehnung und Sympathieverlust. Das wird besonders bei Führungsaufgaben zum Problem.
An solchen trivial scheinenden Fragen liegen die Sollbruchstellen vieler weiblicher Karrieren. Denn mitnichten haben sich in modernen Teams und Unternehmen solche normativen Wahrnehmungen seit den Zeiten feministischen Aufstands ins Nichts verflüchtigt; eher ist es so, dass Gleichheit, Gleichberechtigung und Partnerschaft hinter den vor zwanzig Jahren bereits erreichten Stand von Erkenntnissen zurückgefallen sind.
Noch einmal zusammengefasst: Das Team am Arbeitsplatz wird allzu häufig der Ort, an dem sich die Niederlage der Frau – von allen unbeabsichtigt – zusammenbraut. Sie wird als weniger strategisch wahrgenommen, sie argumentiert zu konkret, zu harmonisch, zu zögerlich; sie lässt Männern den Vortritt, sie irritiert, wenn sie viel redet, sie nervt, wenn sie laut redet, sie ist neidisch, wenn sie darauf hinweist, dass sie das Gleiche bereits vor einer Stunde gesagt oder vor drei Monaten geschrieben hat. Sie argumentiert sachlich, auch wenn es in Wirklichkeit um die Etablierung von Hierarchien geht.
Es sei aber noch einmal ausdrücklich darauf verwiesen, dass Männer in einer Minderheitenposition in einem Frauenteam ein ähnlich grausames Schicksal ereilt – ich kann dies in unserem Frauenunternehmen Familienservice oft genug beobachten: Frauen rollen die Augen, weil sie die Argumentation der Kollegen umständlich finden; sie werfen sich Blicke zu: Ach nein, bitte nicht schon wieder! Sie können nicht fassen, wie begriffsstutzig ihnen Männer oft erscheinen. Sie stöhnen über Vorgehensweisen, die sie als bürokratisch und überflüssig erachten und nur von der »richtigen« Arbeit abhalten. Sie machen sich selbst jedoch nicht klar, dass sie dieses Verhalten eher gegenüber Männern in der Minderheit und bei statusmäßiger Unterlegenheit des jeweiligen Mannes an den Tag legen, während sie Männern in gehobener Position mit Toleranz und befremdlicher Devotheit begegnen. Männer ohne Erfolgsinsignien haben im Beruf bei Frauen oft keinen leichten Stand und genießen wenig Geduld, wenn sie in der Minderheit sind.
Das geschlechtsgemischte Team ist also in Wirklichkeit ein kompliziertes Gebilde mit vielen Untiefen und Fallstricken für die Produktivität. Es steht am Beginn einer neuen Epoche unserer Evolution, in der wir erst lernen, über die Geschlechtergrenzen hinweg zu kooperieren.
131 Schmitt, David P.; Voracek, Martin; Realo, Anu u.a.: »Why Can’t a Man Be more like a Woman? Sex Differences in Big Five Personality Traits Across 55 Cultures«, in: Journal of Personality and Social Psychology, Vol. 94, No. 1 (2008), S. 168–182
132 Schmitt, David P.: »Measuring Sociosexuality across People and Nations: Revisiting the Strengths and Weaknesses of cross-culture Sex Research«, in: Behavioral and Brain Sciences, Vol. 28 (2005), S. 297–311
133 Guégan, Jean-François; Teriokhin, Anatoly T.; Thomas, Frédéric: »Human Fertility Variation, size-related obstetrical Performance and the Evolution of sexual Stature Dimorphism«, in: Proceedings of the Royal Society of London, Series B: Biological Sciences, Vol. 267 (2000), S. 2529–2535
134 Die neuen Amazonen, die in ihrem attraktiven Sportdress heute so telegen den Bildschirm bevölkern, etwa im Hochsprung oder beim Marathonlauf, zeigen hervorragende Leistungen, besonders in Disziplinen, in denen sie früher undenkbar waren – Leistungen, die sich aber nur in einem eigenen weiblichen Bezugs- und Messsystem würdigen lassen. Deaner, Robert O.: »More Males Run fast: Stable Sex Differences in Competitiveness in U.S. Distance Runners«, in: Evolution and Human Behavior, Vol. 27 (2006), S. 63–84
135 »Lebenserwartungen im internationalen Vergleich, im Zeitvergleich sowie im regionalen Vergleich«, in: Gender Datenreport, www.bmfsfj.de/Publikationen/genderreport/8-Gesundheitsstatus-und-gesundheitsrisi ken-von-frauen-und-maennern/8-2-lebenserwartung-im-internationa len-vergleich-im-zeitvergleich-sowie-im-regionalen-vergleich.html (Zugriff: 20. Juli 2011)
136 Hille, Stephan: »Russland bald ohne Russen?«, in: Deutsche Welle.de (Stand: 15. März 2006), www.dw-world.de/dw/article/0,,1935101,00.html (Zugriff: 20. Juli 2011)
137 Harrell, Eben: »Taller Women are more Career-driven – that’s the long and the short of it«, in: News Scotsman (Stand: 05. Oktober 2005), http://news.scotsman.com/scotland/Taller-women-are-more-careerdriven.2666916.jp (Zugriff: 22. Juli 2011)
138 Einzmann, Simone: »Warum deutsche Frauen Softies bevorzugen«, in: Psychologie heute (September 2010)
139 In den neuen Bundesländern ist dieser Trend deutlich weniger ausgeprägt; Bauer, Uta; Dähner, Susanne: Das volle Leben! Frauenkarrieren in Ostdeutschland. Studie im Rahmen des Kongresses »Frauen machen Neue Länder – Frauenkarrieren in Ostdeutschland« 2010, Berlin 2010, was auf eine bessere Infrastruktur aber auch eine generell partnerschaftliche Orientierung unter den Geschlechter zurückzuführen ist.
140 Van Keer, Etienne; Bogaert, Jeroen: Decoding the DNA of Public and Private Sector Leaders, Washington, D.C. 2009
141 In Österreich wurde vor einiger Zeit der Eingangstest für das Medizinstudium verändert – mit dem Resultat, dass die Zahl der jungen Frauen, die diesen Test bestehen, drastisch gesunken ist und damit der sich abzeichnende Trend zur Verweiblichung der Medizin ausbremst wurde (Fisch, Sabine: »EMS-Test. Bedarf an Reflexion«, in: Österreichische Ärztezeitung, Nr. 6 (25. März 2009)). Die starke Konzentration auf die Naturwissenschaften, die den Test jetzt kennzeichnet, hat Kritiker auf den Plan gerufen, denn ob diese Gewichtung für den Medizinberuf wirklich unerlässlich ist, darf bezweifelt werden. De facto jedenfalls stellt diese Veränderung eine – vielleicht ungewollte, aber dennoch wirksame – Begünstigung von Männern für einen angesehenen Beruf dar.
142 Fisch, Sabine: »EMS-Test«, a. a. O.
143 Borkenau, Peter; Ostendorf, Fritz: NEO-Fünf-Faktoren-Inventar (NEO-FFI) nach Costa und McCrae, Göttingen 1993
144 Van Keer, Etienne; Bogaert, Jeroen; Trbovic, Nikola: Could the right Man for the Job Be a Woman? How Women Differ from Men as Leaders, Washington, D.C. 2008
145 Ebenda
146 Ebenda
147 Siehe dazu auch Lenz, Ilse (Hg.): Die Neue Frauenbewegung in Deutschland. Abschied vom kleinen Unterschied. Eine Quellensammlung, 2. aktual. Auflage, Wiesbaden 2010
148 Siehe dazu Kaiser, Alfons: »Jeans-Studie: Unzufrieden in der zweiten Haut«, in: F.A.Z.net (Stand: 09. August 2010). www.faz.net/artikel/C30994/jeans-studie-unzufrieden-in-der-zweiten-haut-30296561. html (Zugriff: 25. Juli 2011)
149 So der Titel seines erschienenen Buches, auf dessen Basis der Unternehmensberater Arroganzseminare für Frauen anbietet; siehe zu seinen Thesen auch das Interview mit Modler in Spiegel Online vom 24. März 2010: Hartig, Marion: »Männer klären zunächst, wer der Bestimmer ist«, in: Spiegel Online (24. März 2010), www.spiegel.de/ unispiegel/jobundberuf/0,1518,685288,00.html (Zugriff: 25. März 2011)
150 Eagly, Alice.H; Carli, Linda L.: Through the Labyrinth – The Truth about how Women become Leaders, Boston 2007
151 Zwar bot schon das griechische Amphitheater mit seiner ausgeklügelten Akustik den Schauspielern die Möglichkeit, sich sogar im Flüsterton Gehör zu verschaffen – eine architektonische Meisterleistung, die die Griechen bis nach Lykien in der heutigen Türkei getragen hatten –, die später aber, zusammen mit vielen Errungenschaften der Antike, im Dunkel des europäischen Mittelalters wieder verloren ging.
152 Emma Goldmanns wunderbare und eindrucksvolle Autobiografie wurde 2010 in Deutschland wieder aufgelegt: Goldmann, Emma: Gelebtes Leben, Hamburg 2010
153 Köck, Peter; Ott, Hanns: Wörterbuch für Erziehung und Unterricht, 5. Auflage, Donauwörth 1994, S. 126
154 Kohlberg, Lawrence: Die Psychologie der Moralentwicklung, Frankfurt a. Main 1996
155 Gilligan, Carol: Die andere Stimme. Lebenskonflikte und Moral der Frau, München 1996
156 Siehe dazu auch Gilligan, Carol: »Verantwortung für die anderen und für sich selbst – das moralische Bewusstsein von Frauen«, in: Schreiner, Günter (Hg.): Moralische Entwicklung und Erziehung, Braunschweig 1983
157 Arendt, Hannah: The Origins of Totalitarism, New York 1951 (deutsch: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft, 1955)
158 Eagly, Alice H.; Carli, Linda L.: Through the Labyrinth. The Truth about how Women become Leaders, a. a. O., S. 314
159 Vgl. dazu das Kapitel »Die Energiewende in der Personalwirtschaft«, besonders den Abschnitt »Bitte keine Boni mehr!«
160 »Top 25 Highest Paid Men and Top 25 Highest Paid Women«, in: Electronic Recruiting News (Stand: 30. August 2010), www.interbiznet.com/ern/archives/100830.html (Zugriff: 19. Juli 2011)
161 Siehe dazu das Kapitel »Die Energiewende in der Personalwirtschaft«, besonders den Abschnitt »Flach, flacher, IKEA«
162 McKinsey 2007, »Women Matter 1«; Avivah Wittenberg-Cox und die britische Financial-Times-Kolumnistin und Publizistin Alison Maitland vertreten die gleiche Auffassung in ihrem Buch Why Women Mean Business: Understanding the Emergence of our next Economic Revolution, London 2008
163 Gratton, Lynda; Kelan, Elisabeth; Voigt, Andreas u.a.: Innovative Potential: Men and Women in Teams. Executive Summary, London 2007, S. 14
164 Siehe dazu Rogelberg, Steven G.; Rumery, Steven M.: »Gender Diversity, Team Decision Quality, Time on Task, and Interpersonal Cohesion«, in: Small Group Research, Vol. 27, Nr. 1 (1996), S. 79–90
165 Siehe dazu das Kapitel »Die Energiewende in der Personalwirtschaft«, besonders den Abschnitt »Die maskuline deutsche Unternehmenskultur«
166 Deborah Tannens Buch Du kannst mich einfach nicht verstehen. Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden, Gütersloh 1991, war auch in Deutschland ein großer Bestseller.
167 Gray, John: Männer sind anders. Frauen auch (englisch: Men Are from Mars. Women Are from Venus, 1992), München 1998
168 Seit der Primatenzeit gilt das graue Haar als positives Statusmerkmal dominanter Männer und hat sich tief in die Psyche eingegraben, während graues Haar bei Frauen kein unbewusstes Autoritätsattribut ist. Es wäre zu prüfen, ob das heute noch als Statuszuschreibung für Männer in derselben Weise trägt wie vor fünfzig Jahren oder ob sich die Attribute verändern, mit denen Männer sich Anerkennung verschaffen.
169 Vgl. dazu das Kapitel »Die Energiewende in der Personalwirtschaft«, besonders den Teil »Modell Zukunft: kooperativer Wettbewerb«