Kapitel 20
Nick
»Also, du wurdest angegriffen, verbrachtest das Wochenende im Krankenhaus und nicht in der Hütte, weil du nicht nur eine, sondern sogar zwei Kopfverletzungen hast. Du bist für ein paar Tage krankgeschrieben. Aber statt sich zu Hause auszuruhen, während dein Ehegespons in der Kaserne ist, rufst du mich an, um shoppen zu gehen?«
Addie ratterte die lange Liste herunter. »Weißt du, ich liebe dich, Nick Ferguson, aber im Moment glaube ich, dass du ein bisschen verrückt bist. Vielleicht nimmt dich die Gehirnerschütterung etwas mehr mit, als du denkst. Wie fühlst du dich?«
Addie griff nach meiner Stirn, als würde sie Fieber messen.
»Es geht mir gut, Addie. Ich bin einfach nur aufgeregt und wollte, dass du mir bei diesem Einkauf hilfst.«
Ich stieg in ihr Auto, wohl wissend, dass ich so schnell nicht wieder selbst fahren sollte, nachdem ich das Krankenhaus verlassen hatte.
Ich hatte das Wochenende überwiegend damit verbracht, beobachtet zu werden, aber gestern wurde ich entlassen. Brody wollte bei mir zu Hause bleiben, aber ich überzeugte ihn davon, dass ich mich entweder ausruhen oder versuchen würde, für die Hochschule zu arbeiten, wenn mein Kopf nicht zu wehtat. Ich wollte dort nicht zu weit zurückfallen.
Der Gedanke war mir früh am Morgen gekommen, als Brody mich zum Abschied küsste. Ich beobachtete ihn mit seinen Stiefeln und der üblichen Arbeitsuniform und mein Verstand wiederholte die schläfrig-nebligen Worte, die wir in der ersten Nacht im Krankenhaus gesprochen hatten.
Ich war fast zu hundert Prozent sicher, dass ich ihm gesagt hatte, dass ich ihn liebte. Und ich war mir zu ungefähr neunzig Prozent sicher, dass er geantwortet hatte, dass er mich auch liebte.
Als ich also in unserem Bett aufwachte und schläfrig lächelte, während er sich auf die Arbeit vorbereitete, traf mich die Idee so brutal wie die Kopfschmerzen in meinem Gehirn.
»Wozu ist denn diese Einkaufstour? Gibt es einen Grund?«
Addie fuhr zur nächstgelegenen Mall.
»Ähm, ja, es gibt ein Grund.«
Addie warf mir einen ungeduldigen Blick zu: »Und? Was ist es?«
»Ein Ehering?«
Ihr Kopf schwang so rasch zu mir herum, dass ich um ihre Sicherheit fürchtete, Addies ungläubiger Blick und ein »Was?!« brachten mich nicht aus der Fassung. Zumindest nicht sonderlich.
»Brody hat mir gesagt, dass er mich liebt. Ich möchte ihn mit einem Ring überraschen, nachdem wir die ja für unsere Hochzeit nicht geholt hatten.«
Addie nahm mit quietschenden Reifen die Kurve viel zu schnell und zielte in einen Parkplatz vor einem Café. Ich sah ihr zu, wie sie aus dem Auto sprang und auf den Eingang zumarschierte. Vor dem Auto wartete sie, die Hände in die Hüften gestemmt und sah mich ungeduldig an.
Vermutlich hielten wir für einen Kaffee.
Ich stieg aus dem Auto und blieb erst mal stehen, um sicherzustellen, dass der Schwindel nicht schneller war als ich. Ich fühlte mich wirklich gut, wollte mich aber auch nicht zu sehr darauf verlassen.
Wortlos folgte ich Addie in das Café. Wir bestellten beide, ohne ein Wort gewechselt zu haben, und setzten uns dann mit unseren dampfenden Getränken. Ich sah Addie besorgt an und wartete darauf, dass sie etwas sagte.
Nach einem zögerlichen Schluck von ihrem hochgradig koffeinhaltigen Getränk seufzte Addie. »Ahhh, Gott sei Dank für die Pause im heutigen Unterricht. Nun, du kannst mir so was nicht einfach so sagen und erwarten, dass ich das alles ohne Koffein und Fragen hinnehme.« Addie nippte noch ein paarmal und nagelte mich dann mit einem Blick fest.
»Lass mich das noch mal klarstellen. Brody sagte, dass er dich liebt?«
»Ja. Ich meine, er hat mir so geantwortet. Oder zumindest glaube ich, dass er es getan hat.«
Sie zog eine Augenbraue hoch. Verdammt, dieser Lehrerblick ließ mich mich winden. »Erklärung, bitte.«
»Nun, die Nacht des Unfalls …«
»Das war kein Unfall, es war ein geplanter Angriff. Aber mach weiter.«
»Nun, in dieser Nacht im Krankenhaus bin ich mir ziemlich sicher, dass ich ihm gesagt habe, dass ich ihn liebe. Ich war ziemlich fertig und bin eingeschlafen, aber ich bin recht sicher, dass er mir auch so geantwortet hat.«
Addie starrte mich volle dreißig Sekunden an. Das hört sich nach einer kurzen Zeit an, aber wenn du wie ein Käfer unter einer Lupe gebraten wirst, denkst du plötzlich anders.
»Und?«
»Und was?«
»Ihr habt seitdem darüber gesprochen, richtig?«
Ich spürte, wie meine Wangen heiß wurden. »Ähm, nein.«
»Du machst Witze, richtig?« Addie leerte ihre Tasse fast ganz so, als bräuchte sie eine Stärkung, um weiterzumachen. »Du kannst doch nicht hier sitzen und mir sagen, dass ihr Dummköpfe einander eure Liebe gestanden habt oder auch nicht, aber ihr habt es nicht mehr erwähnt?«
»Nun, es ist irgendwie schwierig. Ich meine, ich denke , ich habe es gesagt und ich denke , er hat es erwidert. Wie bekomme ich das nur hin? ›Also, ich frage mich, ob ich dir neulich in diesem Krankenhausbett meine Liebe zu dir gestanden habe? Oh, und nebenbei, hast du es auch erwidert oder war das nur mein Wunschdenken?‹ Jaha, ich glaube nicht, dass das komisch wäre.«
Ich wehrte mich gegen den Drang, meine Augen zu verdrehen, aber ich fühlte mich in der Defensive.
»Aber jetzt willst du ihm einen Ehering kaufen?«
»Nun, ich hatte nicht vor, ihn ihm unbedingt heute zu geben, aber ich dachte, es wäre eine gute Idee. Zumindest schien es mir eine gute Idee zu sein, als ich heute Morgen vernebelt vom Aufwachen war.« Ich nippte an meinem Getränk und checkte die Idee erneut in meinem Kopf. »Ich denke immer noch, dass es eine gute Idee ist. Wir haben darüber gesprochen, dass wir sie vielleicht später holen könnten. Ich werde ihm jetzt einen besorgen und ihn bis zum richtigen Zeitpunkt aufheben.«
»Wird der richtige Zeitpunkt, bevor oder nachdem eure Ehe das Ende eurer vereinbarten Zeit erreicht hat, sein?«
Addies Frage traf mich.
»Vielleicht müssen wir sie ja auch nicht beenden.«
Ich wollte das mehr als alles andere.
»Aber du fühlst dich nicht wohl dabei, mit ihm über drei einfache Wörter zu reden?« Addie schüttelte den Kopf und atmete tief durch, als würde das ihre Frustration verringern. »Okay, gut. Lass uns einkaufen gehen. Ich befürworte diese Idee nicht, aber ich weiß, dass du jemanden brauchst, der mit dir geht. Und Gott weiß, dass ich dabei sein will, wenn Brodys Ring ausgesucht wird. Aber ich will es hier und jetzt gesagt haben: Ich denke, Ihr zwei solltet mehr reden und herausfinden, was in ein paar Monaten geschehen wird.«
Addie stand auf und warf ihren Becher in den Mülleimer.
»Aber jetzt wollen wir mal etwas Bling-Bling kaufen gehen.«
Addie zwinkerte und nahm meine Hand.
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Nachdem ich mich nach dem heißen Kaffee besser fühlte, versuchte ich meine Unruhe zu besänftigen, als wir in den Juwelierladen gingen, mit dem ich anfangen wollte.
Ich wusste genau, was für einen Ring ich für mich wollte, und hatte eine ziemlich gute Vorstellung davon, was Brody gefallen würde. Addie und ich ließen einige Lacher los beim Durchsehen der Ringe, sie fand immer die auffälligsten im Angebot.
»Wenn ich mich jemals auf einen Mann einlassen würde, will ich den größten Ring, den ich bekommen kann. Er wird dich blenden!« Sie lachte. »Ich mache nur Spaß, ich mag eigentlich gar nicht so viel Schmuck.«
Der Verkäufer hielt sich eine scheinbar vorgegebene Zeit lang im Hintergrund, bevor er sich einmischte und seine Hilfe anbot.
»Herzlich willkommen. Mein Name ist George. Ihr zwei seid zusammen absolut bezaubernd. Ich habe das Gefühl, ich weiß, wonach ihr sucht, aber ich will nicht anmaßend sein. Wie kann ich euch heute helfen?«
Addie und ich sahen uns an.
»Nun, nicht wir sind zusammen. Sie ist mitgekommen, um mir zu helfen, einen Ring für meinen Mann auszusuchen. Wir haben vor einigen Monaten geheiratet, aber damals hatten wir keine Ringe. Ich möchte ihn jetzt mit einem Ring überraschen.«
Der Mann sah zwischen uns beiden hin und her, als wollte er entscheiden, ob er veräppelt wurde. Er war viel älter als wir, wahrscheinlich in seinen Sechzigern. Als Verkäufer vom Scheitel bis zur Sohle, so schien es jedenfalls, nickte er sofort und versuchte seinen anfänglichen Fauxpas zu vertuschen.
»Natürlich, natürlich. Erzählen Sie mir was über diesen Ehemann, damit wir den perfekten Ring für ihn finden.« Der Mann wies mit dem Arm in den hinteren Teil des Ladens.
Wir landeten bei den Herrenringen. Ich sah sofort das Paar, das ich von uns getragen sehen wollte. Aber ich hatte nicht das Gefühl, dass es richtig wäre, beide Ringe zu kaufen. Außerdem hatte ich auch nicht das Geld für beide. Aber Addie würde den Ring kennen, wenn sich Brody jemals für einen Ring für mich entscheiden würde.
»Den hier.« Ich zeigte auf den Ring.
»Ah, eine gute Wahl, mein Herr. Möchten Sie ihn mit anderen Ringen vergleichen? Vielleicht zusammen mit passendem Schmuck?« George zog den Ring aus dem Etui.
Ich schüttelte den Kopf, wusste ja, dass ich mir in diesem Moment nur das eine Stück leisten konnte. Ich schob den Ring an meinem Finger. Es rutschte leicht ab, aber ich wusste, Brodys Finger waren etwas dicker als meine.
»Können wir ihn zur Größenänderung zurückbringen, wenn nötig?«
»Natürlich kümmern wir uns um den Ring auf Lebenszeit ohne Aufpreis. Lassen sie mich ihn in eine Schatulle tun und ein Beutelchen. Möchten Sie ihn als Geschenk verpackt?«
George begann mit seiner Routine, zweifellos von einem so einfachen und schnellen Verkauf begeistert.
Ich lehnte die Geschenkverpackung ab. Ich dachte, die unverpackte Schachtel in dem kleinen Samtbeutel wäre leichter zu verstecken. Ich zahlte für den Ring, zuckte nur leicht zusammen, als ich die Hälfte mit hart verdientem Geld und die Hälfte mit meiner Kreditkarte bezahlte und spürte, wie die Aufregung in meinen Bauch Achterbahn fuhr.
Als wir nach Hause fuhren, erwischte ich Addie, wie sie mich wortlos mit einem besorgten, aber verständnisvollen Lächeln im Gesicht beobachtete. Daheim ließ ich Gus raus, damit er eine Weile in der Sonne faulenzte, bevor ich mich für eine dringend notwendige Pause auf die Couch fallen ließ.
Jetzt musste ich nur auf den richtigen Zeitpunkt warten, um Brody den Ring zu geben.