»Ich trage mein Abschlussball-Kleid«, sagte Reggie düster. »Warum hasst sie mich so? Ich bin das Baby der Familie. Ich sollte etwas Besonderes sein.«
Um Denas Mundwinkel zuckte es, als bemühe sie sich, nicht zu lächeln. »Wenn es hilft: Das Kleid steht dir gut. Es ist ein wenig 2000 er, aber ansonsten sehr hübsch.«
»Ich komme mir vor wie eine Idiotin.«
Sie befanden sich im Brautzimmer des Resorts. Ihre Mom war draußen, um Fotos in ihrem wunderschönen Kleid zu machen. Dena sah in ihrem ärmellosen Kleid mit dem V-Ausschnitt fabelhaft aus. Wobei ihr Strahlen auch von ihrem neu gefundenen Glück mit Micah kommen konnte. Dena hatte verkündet, dass sie fest zusammen waren, wusste aber nicht, dass Micah bereits bei ihrem Vater um die Hand seiner Tochter angehalten hatte.
Reggie hingegen vermisste einen Mann, der nicht mit ihr kommunizierte. Beinahe genauso unbequem wie dieser Gedanke war, dass sie ein trägerloses, mit – Achtung! – falschen Federn besticktes Kleid trug, das abgesehen vom Unterkleid komplett aus Tüll bestand.
»Was habe ich mir nur gedacht, als ich das damals gekauft habe?«
»Du hast Mom angefleht, dir das Kleid zu kaufen. Du meintest, wenn sie es täte, würdest du dir nie wieder etwas wünschen.«
Reggie verzog das Gesicht. »Ich habe mich so was von geirrt.«
»Wenigstens passt es noch.«
»Es hat Federn! Wenn ich gewusst hätte, dass ich es tragen muss, hätte ich die abgemacht, aber so viel Zeit hatte ich nicht. Ich bin zutiefst gedemütigt. Die Hunde sehen besser aus als ich.«
Reggie zeigte auf Belle und Burt. Belle trug das hübsche Kleid, das Reggie für sie genäht hatte, während Burt ein Hunde-T-Shirt trug, das wie ein Smoking aussah. Seinem Rücken ging es besser, und die beiden Hunde hatten ihre neue, seltsame Beziehung aufrechterhalten.
»Es wird Fotos geben«, jammerte Reggie. »Ich werde mich für immer in diesem Kleid ansehen müssen.«
»Ich versuche, Mitgefühl zu haben.« Dena tätschelte Reggies nackte Schulter. »Es ist eine Hochzeit. Da ziehen die Leute sich komisch an.«
»Aber normalerweise tragen sie nicht ihre alten Abschlussball-Kleider.« Reggie seufzte. »Okay. Ich höre auf, mich zu beschweren. Nach der Zeremonie bringe ich die Hunde nach Hause. Mom meinte, dann könnte ich das Cocktailkleid anziehen, das ich eingeplant hatte. Also ist es nur für … eine Stunde? Das überlebe ich.«
Im Vergleich damit, wie sehr sie Toby vermisste, und der Sorge, dass es zwischen ihnen wieder einmal vorbei war, war das Kleid keine allzu große Sache. Warum hatte der Mann sie nicht angerufen? Oder ihr eine Nachricht geschickt? Oder war vorbeigekommen? Sie lebten in einer ziemlich kleinen Stadt – er konnte vom Büro aus zu Fuß zu ihr gehen.
Der komplette Mangel an Kommunikation ließ sie fürchten, dass Schweigen die Antwort war. Vielleicht hatte er alles gehört, was sie gesagt hatte, und war zu dem Schluss gekommen, dass er nicht auf diese Weise an ihr interessiert war. Vielleicht hatte er sich nicht einmal fragen müssen, ob er noch was für sie empfand, weil alles zwischen ihnen nur in ihrem Kopf stattgefunden hatte. Wow, das war mal ein deprimierender Gedanke, der die Federn in die richtige Perspektive rückte.
Paisley betrat das Brautzimmer. »Wir fangen gleich an.« Sie hielt inne und starrte Reggie an. »Oh. Das war kein Scherz von dir. Es ist wirklich dein Abschlussball-Kleid. Ich erinnere mich, weil ich so neidisch war, dass du es tragen durftest. Du warst so schön und cool.«
Dena grinste. »Sag was zu den Federn. Das gefällt ihr.«
»Nicht, ich flehe dich an!«
Leigh kam ins Zimmer und sah glücklich und wunderschön aus. »Das ist so ein Spaß! Und euer Vater sieht in seinem Smoking unglaublich gut aus. Ich genieße jede Sekunde des Tages.«
Sie ergriff die Hände ihrer Töchter. »Meine wundervollen Mädchen. Danke, dass ihr mir den Gefallen tut und meine Brautjungfern seid.«
»Wir lieben dich, Mom«, sagte Reggie. »Wir wollen für dich da sein.«
»Und tragen, was immer du möchtest«, warf Dena lachend ein.
»Ihr seht beide bezaubernd aus. Reggie, ich weiß nicht, warum du dir Sorgen um das Kleid gemacht hast. Es ist sehr hübsch.«
»Danke.« Reggie bemühte sich, so zu klingen, als meinte sie das ernst.
Paisley bat sie, sich aufzustellen. Sie waren übereingekommen, dass Dena und Reggie mit je einem Hund an der Seite den Gang hinunterschreiten würden. Dann würde Leigh folgen. Paisley gab das Signal für die Musik, und die Prozession startete.
Dena und Burt gingen zuerst. Der stolze kleine Hund brachte die Gäste zum Lachen, doch das war nichts gegen die Reaktion, als Belle ihr Debüt gab. Sie stolzierte, den Korb mit den Blütenblättern im Maul, den Gang hinunter und ließ ihre lange Rute im Takt der Musik hin und her schwingen.
Reggie hielt ihre Aufmerksamkeit auf ihre Hündin gerichtet und versuchte, nicht zu den Gästen zu sehen. Sie war nicht sicher, ob Toby überhaupt kommen würde. Vielleicht hatte er entschieden, dass es die Mühe nicht wert war.
Am Ende des Ganges brachte sie Belle in Position und stellte sich neben Dena. Unwillkürlich schaute sie zu den Gästen und erblickte Toby sofort. Er saß neben seiner Großmutter und sah in seinem dunklen Anzug umwerfend aus. Ihre Blicke trafen sich, und Reggie versuchte verzweifelt zu erkennen, was er dachte. Er war hier! Das musste doch etwas bedeuten – oder?
Die Zeremonie war wunderschön. Reggie weinte mehr, als sie vorgehabt hatte, ihre Eltern waren offensichtlich immer noch verliebt, und die Hunde benahmen sich vorbildlich. Als alle sich in Richtung des Saals aufmachten, in dem die Feier stattfinden würde, führte Reggie die Hunde ins Brautzimmer zurück, wo sie sich schnell Jeans und Sweatshirt anzog, bevor sie sich ihren Mantel schnappte und zu ihrem Wagen ging.
Der Weg nach Hause dauerte nur wenige Minuten. Sobald sie die Hunde von ihren Kostümen erlöst hatte, lief sie in ihr Zimmer hinauf und zog sich ein etwas moderneres Cocktailkleid an. Auf halbem Weg die Treppe hinunter hörte sie es an der Tür klingeln.
»Wer um alles in der Welt kann das sein?«
Sie öffnete und sah Toby auf der Veranda stehen.
»Was machst du denn hier?«, fragte sie und trat zurück, um ihn hereinzulassen. »Bleibst du nicht für die Feier? Dann verpasst du ein unglaubliches Essen. Ich muss es wissen, ich habe die Menükarten gesehen.«
Es würde auch ziemlich teuer werden für ihre Eltern, aber warum sollte sie das erwähnen? Vermutlich wäre es sowieso besser, das Reden komplett einzustellen, denn sie neigte zum Brabbeln, wenn sie nervös war, und diese Situation machte sie eindeutig nervös. Schließlich hatte sie Toby bei ihrem letzten Zusammentreffen gesagt, dass er noch in sie verliebt sei. Es fiel ihr schwer, bei dieser Erinnerung nicht zusammenzuzucken.
»Du hast dich umgezogen.«
»Ich musste. Das andere Kleid hatte Federn.«
»Ich habe sehr schöne Erinnerungen an das Kleid. An dich darin. Und daran, es dir auszuziehen.«
Sie zwang sich, nicht zu erröten. »Tja, Sex nach dem Abschlussball zu haben ist irgendwie Tradition.«
»Das war eine gute Nacht.«
»Stimmt.«
Er kam ein wenig näher. »Ich habe über das nachgedacht, was du gesagt hast.«
Ach ja? »Dass das Essen gut ist?«
»Nein. Was du darüber gesagt hast, dass ich in dich verliebt bin.«
Oh! Okay, das hier würde sie nicht überleben. Sie war stark, und obwohl sie sich im Moment nicht so fühlte, konnte sie es zumindest vortäuschen. Was sie ihm gesagt hatte, bedauerte sie nicht. Es war die Wahrheit gewesen, auch wenn sie die vielleicht ein wenig anders hätte ausdrücken können. Wenn er zu dumm war, zu sehen, dass er …
»Du hast recht.«
Die leisen Worte drangen beinahe nicht zu ihr durch. Doch als sie es taten, entwich Reggies Lungen alle Luft.
»Ich … Was?«
»Ich bin in dich verliebt. Vermutlich habe ich nie aufgehört, dich zu lieben, was erklären würde, warum ich mich, seitdem wir uns getrennt haben, in keine andere Frau verliebt habe.«
»Hast du nicht?«
»Nicht in eine einzige.« Er lächelte. »Du bist so verdammt mutig. Woher kommt das? Wieso hast du den Mut, alles einfach auf den Tisch zu legen? Du hast mich immer beeindruckt, Reggie. Ich mache mir Sorgen, dass ich da nicht mithalten kann, aber ich hoffe, dass du mir hilfst, mehr wie du zu sein.«
In ihrem Kopf drehte sich alles. Er sagte die wundervollsten Dinge. Er redete, als würden sie zusammen sein.«
»Du willst also mit mir ausgehen?«
»Nein. Ich will nicht mit dir ausgehen. Ich will dich heiraten.«
Totale Stille senkte sich über den Raum. Das einzige Geräusch war das Ticken der alten Standuhr im Esszimmer. Reggie spürte ein Kribbeln am ganzen Körper. Keine Gänsehaut, aber definitiv eine Reaktion ihres Nervensystems. Oder irgendeines anderen Systems. Es war der Schock des Moments – oder ihre Kopfverletzung, die sich wieder meldete.
»Ich liebe dich«, wiederholte er, und soweit es sie betraf, könnte er das noch eine Million Mal sagen und sie würde nicht müde, es zu hören. »Ich liebe dich und möchte, dass wir zusammen sind.« Er hielt inne. »Ich nehme an, dass du damit einverstanden bist. Oh, und mich gibt es im Paket.«
»Harrison und Judy. Ich weiß.«
Sein Lächeln kehrte zurück. »Hast du irgendwelche Gedanken dazu?«
»Ja.«
Sie warf sich ihm an den Hals und schlang die Arme um seinen Nacken, bevor sie ihn küsste. Glück, Freude und so viel Liebe erfüllten sie, dass sie wusste, ihr Herz könnte nicht voller sein.
»Ich liebe dich«, murmelte sie an seinen weichen, sexy Lippen. »Sehr sogar. Und ich habe Belle. Und ich kann meine Arbeit hierherverlegen, aber ich muss alle paar Wochen nach Seattle fahren.«
»Das passt gut, denn ich muss das auch. Wir können eine Fahrgemeinschaft bilden.«
Sie lachte. »Das wäre sehr umweltfreundlich.«
»Stimmt. Außerdem habe ich Platz in dem Gebäude, in dem mein Laden ist. Da könntest du dein Büro einrichten. Oh, und überleg dir, das Haus in Seattle zu behalten. Du kannst es vermieten. Das wäre eine gute Investition. Und wir alle lieben Belle.«
»Sie wird sich unbändig freuen. Endlich bekommt sie ihren Jungen. Oh.« Sie trat einen Schritt zurück. »Was ist mit Harrison? Ist es für ihn okay, wenn wir zusammen sind?«
»Verheiratet«, sagte er bestimmt. »Nicht zusammen.«
Verheiratet! Sie hatte leichte Probleme, das Wort zu denken. Nicht, weil sie es nicht wollte, sondern weil sie nie zu träumen gewagt hätte, dass sie Toby heiraten würde. Sie hatte geglaubt, ihre Chance mit ihm verpasst zu haben, doch das hatte sie nicht.
»Er steht voll dahinter. Wir haben uns gestern Abend von Mann zu Mann unterhalten, und er glaubt, dass du eine großartige Mom und gut für uns sein wirst.«
Zum zweiten Mal an diesem Tag musste sie gegen die Tränen ankämpfen. »Das ist so süß.«
»Das ist es.« Erneut zog er sie in die Arme. »Was ich jetzt wirklich tun will, ist, mit dir nach oben zu gehen und dich die nächsten Stunden über zu lieben. Aber wir sollten besser zur Feier deiner Eltern zurückkehren.«
Sie seufzte. »Ich mag es, dass du meine Familie respektierst. Danke. Aber nach der Feier fahren meine Eltern für ein paar Tage nach Whistlers. Wenn du also hier übernachten willst, kannst du das gerne tun.«
Sein lässiges, sexy Lächeln ließ ihr die Knie weich werden. »Das würde mir sehr gut gefallen.«
»Mir auch.«
Er legte einen Arm um sie. »Erzähl mir von dem leckeren Essen.«
»Also, du hast die Wahl zwischen Rinderfilet, Lamm und Lachs.« Sie grinste. »Außer du willst die vegetarische Option.«
»Nein danke. Was noch?«
»Zum Nachtisch gibt es ein Trio aus Schokoladen-Pot-de-Crème, Schokoladen-Cheescake-Lollipop und einem Schuss Baileys Irish Cream in einem Schokoladentässchen. Die Kinder bekommen stattdessen einen Schokoladendrink.«
Er führte sie zur Tür, wo sie ihre Mäntel anzogen.
»Klingt köstlich.«
»Das ist es auch«, sagte sie.
»Aber ich wäre lieber allein mit dir.«
Sie lachte. »Das hoffe ich doch. Ich hasse die Vorstellung, dass Essen für dich wichtiger sein könnte als Sex.«
Er zog sie an sich. »Reggie, du bist wichtiger als alles andere. Ich werde dich treu lieben, bis ich meinen letzten Atemzug nehme.«
»Du machst mich ganz schwach.«
»Und zwar für den Rest deines Lebens.«
Zu ihrem Glück würde sich das als ein Versprechen herausstellen, das er einhielt.