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In den nächsten Stunden trafen die LIBERTY unter ihrem neuen Kommandanten Damian Duvalier sowie eine Flottille unter dem Qriid-Kommandanten Gor-Gan ein.

Sunfrost kehrte zusammen mit Van Doren auf die STERNENKRIEGER zurück.

Da Kommando überließ sie Ukasi. Für Van Doren gab es jetzt zahlreiche Kontrollaufgaben. Er musste dafür Sorge tragen, dass alles reibungslos ablief, wenn die STERNENKRIEGER ins Gefecht zog. Und das konnte allenfalls noch einen Erdtag dauern.

Sunfrost zog sich in ihren Raum zurück. Das Büro des Captains der STERNENKRIEGER war winzig. Nur der Umstand, dass der Konferenzraum für die Offiziere direkt daran angrenzte, machte ihn einigermaßen erträglich. Sunfrost rief Nirat-Son, den qriidischen Austauschoffizier, der an Bord der STERNENKRIEGER Dienst tat, zu sich.

Wenig später meldete er sich vom Besprechungszimmer.

„Captain, Sie haben mich rufen lassen.“

„Die Flottille von Gor-Gan wurde zu unserer Unterstützung hier her beordert. Mehrere Schiffe treten gerade aus dem Sandström-Raum“, eröffnete Sunfrost. „Was können Sie mir über Gor-Gan sagen? Mir war dieser Name bisher unbekannt.“

„Das ist kein Wunder“, erklärte Nirat-Son mit krächzender Stimme. Er schabte mit den Schnabelhälften dabei gegeneinander. Es schien ihm unangenehm zu sein, darüber befragt zu werden, aber Sunfrost war entschlossen darauf keine Rücksicht zu nehmen.

„Was meinen Sie damit?“, hakte Sunfrost nach, als von ihrem Gesprächspartner keine Antwort mehr kam.

„Gor-Gan ist ein Ra-Prasa Tanjaj“, erklärte Nirat-Son. „Das bedeutet, er hat außer der Ausbildung zum Gotteskrieger auch einen priesterlichen Lehrgang hinter sich gebracht. Vor der Wende durch den Prediger Ron-Nertas hatten die Ra-Prasa keine Chance, wirklich nach oben zu kommen. Sie galten zwar als willensstark, intelligent und besonders fanatisch. Aber so lange die Tanjaj und die Priesterschaft miteinander konkurrieren, bekam er keine Chance!“ 

„Aber nach dem Ende des Krieges hat sich das geändert?“

„Es gibt Leute, die sehen in ihm den kommenden Tanjaj-Mar. Aber um seine langfristigen Chancen auf den Posten des Oberbefehlshabers der Glaubenskrieger einschätzen zu können, bin ich ehrlich gesagt schon zu lange unter Menschen und habe zu wenig von der qriidischen Innenpolitik der vergangenen Monate mitbekommen.“

„Ich danke Ihnen trotzdem für Ihre Auskunft, Nirat-Son.“

Nirat-Son wandte sich zunächst zum gehen, doch dann blieb er kurz vor der Tür stehen.

Mit einer für ihn typischen, ruckartigen Bewegung drehte er sich wieder um. Seine nach hinten geknickten Beine waren jetzt vollkommen durchgedrückt und gerade.

Rena Sunfrost fiel das auf. Möglicherweise ist das seine Art, militärische Haltung und Respekt zu zeigen, dachte sie.

„Darf ich Ihnen eine Frage stellen, Captain?“

„Natürlich, Nirat-Son!“

„Ist die Tatsache, dass Sie sich nach der Person Gor-Gans erkundigt haben, auf ein besonderes Maß an Misstrauen gegenüber uns Qriid im Allgemeinen zurückzuführen oder was hat Sie sonst dazu veranlasst?“

„Ich weiß immer ganz gerne, mit wem, ich es zu tun habe – vor allem wenn ich in ein Gefecht ziehe. Das hat nichts damit zu tun, dass Gor-Gan Kommandant der qriidischen Flottille ist, die zu uns abkommandiert wurde.“

„Für die Person des Fulirr-Kommandanten haben Sie sich anscheinend weniger interessiert – und das, obwohl die Zeit der Konfrontation zwischen Menschen und Fulirr doch erst vor kurzem beendet wurde.“

„Die Namen an der Spitze der Fulirr-Flotte wechseln sehr schnell wie Sie wissen.“

„Ja, das ist dem unseligen Konzept der Direktdemokratie auf allen Ebenen geschuldet.“

„Also werde ich warten, bis ich sicher weiß, mit wem ich es bei den Fulirr zu tun habe“, erwiderte Sunfrost. „Davon abgesehen wären Sie wohl auch kaum der richtige Gesprächspartner, um mir etwas darüber sagen zu können.“

Der Qriid verschob die Schnabelhälften gegeneinander. Ein knirschendes Geräusch entstand dabei. Es gibt Dinge, an die ich mich bei aller Toleranz einfach nur schwer gewöhnen kann, dachte Sunfrost. Laut sagte Sie: „Ich habe das Gefühl,  dass meine Antworten nicht zur Klärung Ihrer Fragen beigetragen haben.“

„Das ist in der Tat so“, bestätigte Nirat-Son. „Es erscheint mir geradezu unnatürlich, dass Sie meinem Volk gegenüber kein allgemeines Misstrauen empfinden wollen.“

„Mein Misstrauen gilt in erster Linie einzelnen Individuen – niemals einer gesamten Spezies.“

„Ich gebe offen zu, dass dies bei mir anders ist.“

„So?“

„Ich misstraue allen, die nicht dieselbe Verwurzelung im Glauben kennen wie ich. Und eigentlich erwarte ich umgekehrt von Ihrer Seite auch nichts anders. Das wäre mir zumindest verständlich. In Ihrer Kultur gibt es Werte wie Toleranz und Freiheit von Vorurteilen. Ich hielt diese Werte zuerst für schwach.“

„Jetzt nicht mehr?“

„Vielleicht sind sie so stark, dass manche Menschen bereit sind, sich selbst zu belügen, um ihnen zu genügen.“

„Sie meinen, ich gestehe mir selbst nur nicht zu, den Qriid zu misstrauen oder sie insgeheim sogar zu hassen?“

„Ist das undenkbar?“

Sunfrost schüttelte den Kopf. „Nein. Aber vielleicht verhält es sich auch ganz anders und Sie suchen einen Grund, Ihre eigenen Vorurteile gegen Menschen weiter zu pflegen, was Ihnen natürlich viel leichter fällt, wenn Sie davon ausgehen können, dass wir Ihnen ebenfalls nur mit Misstrauen begegnen.“

„Sie sollten eins nie vergessen, Captain Sunfrost: Die Idee des Heiligen Krieges ist ein integraler Bestandteil unserer Religion. Ein Element, das im Moment vielleicht durch die Lehren des Predigers Ron-Nertas in den Hintergrund gedrängt wurde. Aber irgendwann wird dieses Element wieder an die Oberfläche kommen, da bin ich mir ganz sicher. Wenn ich ein Gottloser wäre wie Sie – dann würde ich keinem Qriid trauen.“