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Lyndon Kovac starrte auf die gewaltige Lichtsäule mit den Bildern und Zeichen, die unablässig über ihre Oberfläche flimmerten. Admiral Brown war auf Grund des Angriffs der alliierten Wirtskörper, wie die Etnord ihre Feinde offiziell nannten, auf sein Schiff zurückgekehrt, um die Abwehr zu koordinieren. Mit einem Schlag gegen Nabman hatte niemand gerechnet.

Gleichzeitig hatten die Nachrichten aus dem Samtran-System für Panik unter den Etnord gesorgt. Allein die Existenz jenes Virus, der für den Verlust des Systems verantwortlich war, hing wie ein Damoklesschwert über der Etnord-Herrschaft im Ex-Nalhsara.

Und dabei wäre es so wichtig, gerade diesen Raumsektor halten zu können, dachte Kovac. Zumindest noch eine Weile, denn hier ist das Marad’Zsan der Erhabenen...

Generationen von Etnord hatten danach gesucht.

Und ihm war es vergönnt gewesen, es zu finden.

Das Marad’Zsan und der Kubus. Sofern das, was uns von den Überlieferungen der Erhabenen erhalten geblieben ist, stimmt, werden wir schier unbesiegbar sein, wenn wir beides besitzen, ging es dem Etnord im Körper von Lyndon Brown schaudernd durch den Kopf. Er blickte kurz auf das Ortungsgerät. Es war speziell auf den Empfang von 5-D-Impulsen ausgerichtet. Daten erschienen auf dem Display. Daten aus dem Signal, das bis dahin nicht zu entschlüsseln gewesen war.

Wir haben es geschafft, durchfuhr es ihn.

„Professor, ich glaube, wir haben den Eingang zum Marad’Zsan gefunden“, meldete sich eine Stimme über seinen Kommunikator. Es war die Stimme des Translatorsystems. Auf dem Display erschien das Gesicht eines Fulirr.

„Ich bin gleich bei Ihnen, Shorrr!“, kündigte er an. Shorrr, einer von Kovacs Assistenten, war ein etnordisierter hoher Beamter der Dombehörde. Er hatte rudimentäres Wissen seines Wirtes übernommen und daher als einer der Ersten Hinweise darauf geliefert, dass sich unter dem Dom ein ungeahntes Geheimnis der Erhabenen offenbarte.

Leider hatten nach der Eroberung des Nalhsaras zunächst die etnordischen Militärs das Sagen gehabt. Lyndon Kovac bedauerte es zutiefst, dass man die wenigen Mitglieder der Dombehörde, denen nicht die Flucht gelungen war, wahllos mit Etnord-Implantaten versehen hatte, anstatt zunächst Informationen über den Dom aus ihnen herauszuquetschen. Auch nach der Implantierung konnte ein Etnord noch Grundwissen aus dem Bewusstsein des Wirtes herauszapfen. Aber dazu hätten die Implantate wissen müssen, wonach sie suchen sollen, ging es Kovac bitter durch den Kopf. Denn das Zeitfenster war eng. Das Bewusstsein des Wirtes löste sich rasch auf und mit ihm auch alle Erinnerungen und jedes Wissen...

So vieles ist verloren und versäumt worden, dachte Kovac.

Er aktivierte sein aufgeschnalltes Antigravaggregat und flog über die endlosen Reihen der erstarrten Hologramme hinweg durch die gewaltige Kuppel, in der er wie ein schwirrendes Insekt wirkte.

Erneut summte sein Kommunikator.

„Hier spricht Admiral Brown. Ich ordne die sofortige Evakuierung Nabmans an. Die alliierten Wirtskörper haben es geschafft, ihre Biowaffe einzusetzen. Innerhalb eines Nabman-Tages wird der Virus überall auf dem Planeten wirksam sein.“

Kovac war fassungslos.

„Admiral, wir stehen vor einer großen Entdeckung. Es ist uns gelungen, den Zugang zum Marad’Zsan zu öffnen!“

„Lassen Sie alles stehen und liegen.“

„Aber...“

„Es ist wichtiger, dass Ihr Wissen erhalten bleibt, Kovac. Wenn Sie nicht innerhalb einer halben Stunde die Schleuse eines Raumschiffs passiert haben, werden wir Sie zurücklassen müssen, weil das Risiko sonst zu hoch ist, dass Sie oder Ihr Schiff Träger des Virus sind.“

„Dann sollen wir den Wirtskörpern den Zugang zum Marad’Zsan überlassen?“, rief Lyndon Kovac außer sich vor Wut. „Ich möchte wissen, was der Herr zu Ihrem Befehl sagt!“

„Der Befehl stammt vom Herrn“, entgegnete Brown kühl. „Ich hatte erwartet, dass Sie schwer zu überzeugen sein würden, aber ich würde ungern einen guten Wissenschaftler verlieren.“

„Wir könnten Schutzanzüge tragen!“

„Luftdichter Abschluss reicht nicht, das haben die Ereignisse im Samtran-System gezeigt. Der Virus durchdringt viele Materialien und solange wir da keine gesicherten Erkenntnisse haben, gibt es keine Alternative.“

Lyndon Kovac atmete tief durch. Das Ziel seines Lebens - es war so nah gewesen. So leicht erreichbar. Die Datenspeicher der Erhabenen und der Zugang zum Marad’Zsan, das waren die Traumziele jedes Etnord-Wissenschaftlers.

Und nun schien ihm alles in einem Augenblick zu zerrinnen, aufgefressen von einem winzigen Etwas, das nicht einmal zweifelsfrei in die Kategorie Leben gehörte.

Ein sich selbst reproduzierender biochemischer Mechanismus ohne Zellkern, Hirn und Bewusstsein, hatte die Etnord besiegt, die immerhin einst Diener der Erhabenen gewesen waren. 

ENDE