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Professor Lyndon Kovac war von seinem Team verlassen worden. Zu groß war die Furcht vor dem Virus. Einzig und allein sein Assistent Shorrr war noch bei ihm. Die Anwesenheit des drontisierten Fulirr war unverzichtbar, denn sein Wirtskörper war ehedem ein Mitglied der mächtigen Dombehörde gewesen und verfügte zumindest über rudimentäres Grundwissen. Darüber hinaus hatte sich Shorrr intensiv mit den Datenspeichern der Dombehörde auseinandergesetzt und sie auf brauchbares Wissen hin durchforstet. Nicht zuletzt Shorrrs Erkenntnisse hatten schließlich dafür gesorgt, dass man nun vor dem Durchbruch stand, wie Kovac glaubte.

Die halbe Stunde, die man Kovac und seinen Leuten gegen hatte, um den Dom zu verlassen, war längst vorbei. Die letzten Schiffe oder Schleppcontainer waren gestartet. Alles, was sich jetzt noch von der Oberfläche erhob, würde von der eigenen Flotte eliminiert werden, damit sich die Seuche nicht weiter verbreiten konnte.

Kovac hatte noch mehrmals mit Admiral Brown Kontakt aufgenommen und geradezu beschwörend auf ihn eingeredet. Der Konsensdom durfte Kovacs Ansicht nach einfach nicht aufgegeben werden.

Brown hatte versichert, dass dies auch nicht geplant sei. Verstärkung war von Wurmloch Beta aus auf dem Weg, um zu verhindern, dass Nabman in die Hand des Feindes geriet.

Schon um der Artefakte willen.

„Und wer soll diese Artefakte dann untersuchen, wenn Nabman wieder in unsere Hand fällt?“, hatte Kovac immer wieder nachgefragt. „Die Gefahr einer Verseuchung ist für alle beteiligten Wissenschaftler doch nach einer Rückkehr noch viel größer als jetzt, da sich der Virus noch gar nicht überall auf dem Planeten ausgebreitet hat.“

„Sie werden nicht auf den Planeten zurückkehren, Kovac.“

„Aber...“

„Ich führe nur die Befehle des Herrn aus. Brown Ende.“

Kovac war hart geblieben. Er und Shorrr trugen jetzt Druckanzüge, wie man sie ansonsten für Ausflüge auf unwirtliche Planeten oder Weltraumspaziergänge benutzte. Die Sauerstoffpatronen mussten natürlich regelmäßig erneuert werden, aber vorerst war genug Nachschub vorhanden. Außerdem gab es in einem der zum Dom gehörenden Hangars ein überlichtschnelles Beiboot, mit dessen Hilfe sein Team die Ausrüstung herbeitransportiert hatte.

Es blieb also die Möglichkeit offen, den Planeten auch noch zu einem späteren Zeitpunkt zu verlassen.

Kovac vertraute – entgegen Browns eindeutigen Aussagen – darauf, dass man einen Spitzenwissenschaftler wie ihn nicht abschießen würde, wenn er den Seuchenherd später verließ, als es der vollkommen willkürlich gesetzten Zeitspanne entsprach.

„Ich messe ein starkes Energiefeld, genau unter uns“, stellte Shorrr mit Blick auf sein Ortungsgerät fest. Seine beiden Zungen zuckten kurz aus dem lippenlosen Echsenmaul heraus. Die Riechzunge blieb etwas länger draußen. Kovac und Shorrr befanden sich in einem der an den Domsaal angrenzenden Korridore. „Genau hier ist es!“, sagte der Sauroide. „Masse und Energie sind letztlich dasselbe und lassen sich ineinander umwandeln...“

„Niemand hat mehr darüber gewusst, als die Erhabenen“, stimmte Kovac zu.

„Sie hatten auch Zeit genug, den Naturgesetzen tatsächlich auf den Grund zu gehen.“ 

Shorrr ging ein paar Schritte zu einer Konsole, die von den Etnord errichtet worden war und zum Forschungsequipment  gehörte. Der ein Meter sechzig große Sauroide schaltete die Größe der Sensorfelder auf eine Größe, die es ihm ermöglichten, das Menü auch mit seinen plumpen Echsenpranken zu bedienen.

Leider schaltete sich das Modul nach einer gewissen Zeit immer wieder in den für Humanoide angemessenen Status zurück, was wohl damit zusammenhing, dass es in den Produktionsstätten des Taralon-Systems hergestellt worden war.

Shorrr nahm ein paar Schaltungen vor.

„Ich habe jetzt Kontakt zum verborgenen Großrechner“, sagte er.

Der Steinfußboden zu ihren Füßen begann sich aufzulösen. Eine quaderförmige Vertiefung kam zum Vorschein. Es war auf den ersten Blick zu sehen, dass es sich um einen Kontrollraum handeln musste. Die Konsolen hatten die Form von Heptaedern, wovon bekannt war, dass es sich um ein typisches Strukturelement von Anlagen der Erhabenen handelte.

Das ist er also – der Schlüssel zu den geheimnisvollen Tiefenregionen, durchfuhr es Kovac.

Er ließ sich von seinem Antigravaggregat dreieinhalb Meter in die Tiefe tragen, bis er den Boden des Kontrollraums erreichte.

Shorrr nahm noch ein paar Messungen vor und folgte ihm dann. 

„Es ist kaum zu glauben, dass in der langen Zeit, da die Fulirr hier herrschten, nie jemand diesen Raum bemerkt hat“, sagte Kovac über Helmfunk.

„Die Erhabenen waren Meister der Tarnung“, gab Shorrr zurück. „Und sie vermochten Energie auf eine Art und Weise Form zu geben, wie es uns wahrscheinlich nicht einmal in hunderttausend Einheitsjahren der Neuen Ordnung gelingen dürfte!“

„Ein Energiefeld, das manche Eigenschaften von Materie aufweist und außerdem noch eine hervorragende Tarnung ist“, murmelte Kovac. „Faszinierend.“

Shorrr ließ das Modul, mit dessen Hilfe man dieses Tor in die Unterwelt des Konsensdoms geöffnet hatte, über ein ferngesteuertes Antigravaggregat herbeischweben.

Sanft und nahezu lautlos setzte das Gerät auf.

„Mal sehen, welche Geheimnisse, diese Anlage noch für uns bereithält.“

Shorrr aktivierte das Modul, um einen Zugang zum Rechner dieses Kontrollraums zu bekommen.

Über ihnen begann scheinbar die Luft zu vibrieren. Innerhalb von wenigen Augenblicken schloss sich die Decke wieder über ihnen.

„Was glauben Sie, Kovac? Werden uns die Anzüge vor dem Virus schützen?“, fragte Shorrr. 

„Hier unten wird es eine ganze Weile dauern, bis uns der Virus erreichen wird“, war Kovac überzeugt.

„Ich weiß, die ersten biochemischen Analysen dieses Erregers lassen auf Eigenschaften schließen, die...“, wandte Shorrr ein.

„Das, was wir hier gefunden haben, ist jedes Risiko wert“, unterbrach Kovac seinen Assistenten.