Morgendämmerung.
Das, was in der Sklavenhalle an Bord der LASHGRA geschah, war nichts anderes als eine grausame Parodie auf diesen Begriff. Urplötzlich wurden grelle Scheinwerfer am Deckengewölbe der Halle eingeschaltet. Gleichzeitig ertönte eine durchdringende Sirene.
Sunfrost war sofort wach.
Sie blinzelte gegen das grelle Licht und vermochte im ersten Augenblick nichts zu sehen. Die gleißende Helligkeit machte es unmöglich. Erst allmählich gewöhnte sie sich daran.
Sunfrost ging zum Wasserspender. Ein paar Frauen waren vor ihr dort. Sie wartete geduldig, bis sie fertig waren. Schließlich wollte sie keinen unnötigen Streit provozieren.
Die K'aradan-Frauen musterten sie abschätzig und redeten dann in gedämpftem Tonfall. Wahrscheinlich über mich, dachte Rena. Es ist vielleicht gar nicht so schlecht, dass ich nicht verstehe, was sie sagen.
Schließlich war sie an der Reihe und trank. Das Wasser hatte einen metallischen Beigeschmack. Aber Renas Kehle war völlig ausgedörrt, als nahm sie so viel davon, wie sie herunterbekam.
Ein K'aradan schubste sie zur Seite, um selber zu trinken.
„Noch stehst du ganz unten in der Rangfolge“, erinnerte Bran Larson sie. „Aber bei deiner Zähigkeit könnte es durchaus sein, dass sich das in nicht allzu ferner Zukunft ändert.“ Er grinste. „Vielleicht in einem halben Jahr...“
„Ich habe nicht vor so lange hier zu bleiben.“
„Du scheinst ein Morgen-Typ zu sein, sonst würdest du nicht bereits zu dieser frühen Stunde Witze machen“, erwiderte Bran, der daraufhin auf sein Chronometer blickte. Bis er die dort angezeigten Angaben in auf der Erde übliche Werte umgerechnet hatte, verging immer eine Weile.
„Wie läuft es jetzt weiter?“, fragte Sunfrost.
„Wir werden gruppenweise zur Arbeit abkommandiert“, gab Larson Auskunft. „Das sind ganz unterschiedliche Aufgaben. Manchmal müssen die Röhren in den Energieerzeugungsaggregaten gereinigt werden, ein anders Mal wird das Leitungssystem erneuert oder ausgebessert. Manche von uns bedienen die Maschinen, mit denen die Nahrungsmittel für die Sklaven hergestellt werden und wir andere bekommen die Aufgabe, nach Fehlern im internen Rechnersystem von Modulen zu suchen.“
„Scheint wohl auch daran zu liegen, was sie einem jeweils zutrauen“, meinte Sunfrost.
„Könnte man so sagen. Aber sie differenzieren da nicht groß. Was ein Mensch ist, wissen die Morrhm nicht. Sie halten uns für K'aradan - und bei K'aradan gehen sie grundsätzlich davon aus, dass sie mit komplexen technischen Systemen umgehen können.“
„Auch, wenn die Menüs gar nicht in ihrer Sprache abgefasst sind?“
„Dann lernt man die entsprechenden Schriftzeichen besser recht schnell!“
Es ertönte bereits ein akustisches Signal. Diesmal ähnelte es eher einer akzentuiert gespielten Fanfare als einer Sirene.
Unter den K'aradan sorgte dieses Signal für Aufregung.
Sie redeten wild durcheinander.
Xygor’an wandte sich an Bran Larson und wechselte ein paar Worte mit dem ehemaligen Geschäftsträger der Firma DIT im Außenbereich des Reiches von Aradan.
„Was bedeutet dieses Signal?“, fragte Sunfrost an Larson gewandt.
„Ein Sonderarbeitseinsatz. Wahrscheinlich auf der Oberfläche eines geplünderten Planeten. Meistens müssen wir dann irgendwelche wertvollen Dinge aus den Gebäuden holen. In der Regel sind das High Tech Geräte, von denen sich die Schiffsführung irgendeinen Nutzen verspricht. Oder wir müssen mal wieder Datenbanken knacken...“
„Bevor es soweit ist, würde ich gerne etwas Frühstücken“, erwiderte Sunfrost.
Larson hob die Augenbrauen.
„Kannst du haben. Komm mit!“