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Mit Beginn der Helligkeitsphase begann in den Nachbarpferchen das Geschrei unter den K'aradan.
„Was ist da los?“, wandte sich Rena Sunfrost an Bran Larson, der an diesem ‚Morgen’ ziemlich große Schwierigkeiten hatte, richtig wach zu werden.
Offenbar machten sich bei ihm inzwischen bereits die Folgen der Strahlung immer deutlicher bemerkbar. Rena versuchte den Gedanken daran zu verdrängen, dass die Physis der K'aradan insgesamt weitaus robuster war, da sie die meisten lebenswichtigen Organe zweifach besaßen und von daher ein Organversagen sehr viel leichter wegstecken konnten. Aber was ihre eigene Zukunft anging, musste sie sich an Menschen wie Larson orientieren, nicht an K'aradan wie Herkon Lakiv oder Mila D’aerte, die offenbar schon länger an Bord der GRAKASH waren und sich einen entsprechenden Status erkämpft hatten. Diese Zeit werde ich nicht haben, dachte sie. Und Larson schon gar nicht.
Larson hörte die Schreie und lauten Rufe.
Rena sah ihn angestrengt an und hoffte, dass Bran etwas davon verstand. Der Translator, den sie während des Außeneinsatzes getragen hatte, war längst wieder im Besitz von Milan D’aerte, der einen Teil seiner Macht offenbar darauf stützte, dass er technische Geräte aller Art verlieh.
Ein anderer K'aradan kam vom Korridor herein und berichtete in aufgeregten Worten von dem, was er gehört hatte. Rena verstand mehrfach das Wort ‚Xabo’. Die K'aradan hatten offensichtlich für diese Rasse auch keinen anderen Namen und benutzen daher jenen Begriff, mit dem die Geflügelten sich selbst bezeichneten.
Larson fragte den K'aradan etwas und bekam eine Antwort, die auf Rena sehr aufgeregt wirkte.
„Nun sag schon, was ist los?“, drängte sie, nachdem der K'aradan weitergegangen war und nun von einer Gruppe Männer und Frauen umringt wurde, die ebenso neugierig waren.
„Aus einer benachbarten Gruppe wurde ein Mann während der Dunkelphase getötet.“
„Und man nimmt jetzt an, dass es wieder der Xabo war.“
„Ja...“
Er verschweigt mir etwas. Das war noch nicht alles...
Inzwischen meldete sich der Etnord-Pshagir zu Wort. Er stieß einen brüllenden Laut aus, der dafür sorgte, dass sich die gesamte Gruppe von Herkon Lakiv kurzzeitig zu ihm umdrehte.
Aber dieser Ruf galt nur Bran Larson.
Offenbar erwartete Xygor’an jetzt von diesem ebenfalls Auskunft.
Bran Larson wechselte ein paar Worte in seiner Sprache mit ihm. Dann wandte er sich wieder an Rena. „Wer immer dafür verantwortlich ist, er hat den Körper des Mannes zurückgelassen und nur den Kopf mitgenommen.“
„Also scheidet der Fleischhunger der Xabo aus.“
„Das würde ich auch sagen.“
„Ich verstehe nicht, dass das einfach hingenommen wird!“
„Die Angst regiert hier, Rena. Das solltest du inzwischen begriffen haben. In diesem Moment sind wahrscheinlich ein paar Männer unterwegs, die den Geköpften in den Müllkonverter bringen. Allein das ist schon eine lebensgefährliche Aufgabe.“
Rena atmete tief durch. Die Gedanken rasten nur so in ihrem Kopf. Etwas mehr als ein Hinweis auf den Unheimlichen hätte ich schon gerne!
„Wann beginnt unser Arbeitseinsatz?“, fragte Rena. „Du hast doch ein Chronometer und kannst das beurteilen.“
„Ein bisschen Zeit ist noch. Heute steht ja kein Sondereinsatz an, sondern nur der ganz normale Trott.“
„Was heißt das?“
Bran hob die Schultern und verschränkte die Arme vor der Brust. „Wahrscheinlich Module testen und aussortieren. Oder Abfälle in den Müllkonverter bringen. Die meisten Tätigkeiten sind ziemlich stumpfsinnig.“
„Vor der Arbeit möchte ich mich mal drüben umsehen. Dort, wo der Mann geköpft wurde. Das sind doch die Leute von Milan D’aerte, oder?“
Bran war erstaunt. „Woher weißt du das?“
„Habe ich so gehört.“
„Du solltest besser etwas Frühstücken.“
„Mir ist der Appetit vergangen.“