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PAX

Als wir schließlich nach unserem Shoppingausflug auf dem Weg nach Hause zu Abend gegessen hatten, rieb ich mir über meinen prall gefüllten Bauch. Ich traute meinen Augen kaum, als ich den Berg an Klamotten sah, der sich im hinteren Teil des Wagens befand. Sogar die Rückbank war voll mit Taschen.

Trotz meiner Entscheidung, bei Zeke zu bleiben, ärgerte ich mich immer noch über seine hartnäckige Auffassung, er wisse, was das Beste für mich sei. Möglicherweise bestand ich auf den Shoppingtrip, um einen Streit zu provozieren, um Zeke bezahlen zu lassen – und um zu sehen, wo seine Grenzen liegen.

Allerdings machte Zeke keine Anstalten, mir meine materiellen Wünsche abzuschlagen. Aus Angst, dass ich einen Rückzieher machen würde, hatte ich kein einziges Preisschild angeschaut, mit Ausnahme des knappsten Paars Tangas, das ich mir ausgesucht hatte. Das allein kostete schon weit über hundert Dollar. Zeke hatte einfach auf den Gesamtbetrag geschaut und ohne ein Wort zu sagen seine Kreditkarte der Kassiererin gegeben – und das in jedem Geschäft.

Obwohl das Völlegefühl in meinem Bauch die Schuldgefühle etwas gedämpft hatte, nagten sie dennoch an mir. Ich versuchte so gut es ging, das schlechte Gewissen zu verdrängen. Auf dieser Welt bekam man nur, was man sich nahm. Warum hätte ich dagegen protestieren sollen, wenn Zeke es mir ohne Gegenleistung einfach gegeben hatte?

Womöglich war Zeke ein Fan von finanzieller Dominanz. Es gab einige Omega-Doms, die in dieser Branche tätig waren – sogar welche, die ich selbst kannte – aber noch nie hatte ich eines der Zahlschweine getroffen. Was für ein sonderbarer Name. Wer wohl auf diesen Begriff gekommen war? Wann wurde aus einem Schwein jemand, dem es gefiel, sich von jemand anderem sagen zu lassen, wie er sein Geld ausgeben sollte?

Wie dem auch sei. Später würde ich es nachlesen, falls ich daran dachte. Hoffentlich war Zeke keiner von diesen Typen. Aber ich dachte ohnehin nicht, dass er so jemand war.

Ich war zwar keinem Kink vollkommen abgeneigt, aber Findom war einfach nicht mein Ding – egal von wem es ausging. Für mich zählte nur die Arbeit am PC und meine Ruhe.

Dennoch konnte ich nicht umhin, mich zu fragen, wie es wohl wäre, eine dieser perfekten Fernsehfamilien zu haben. Wie die anderen Jungs aus seinem Team sie zu haben schienen. Gab es das überhaupt in der Realität? Zumindest war es keine Realität, die ich je erlebt hatte. Ich stellte mir vor, wie es wäre, das mit Zeke zu haben, aber mein Gehirn konnte das einfach nicht erfassen. Ich konnte mir vorstellen, wie ich von ihm hochgehoben und herumgetragen wurde, wie Papa P vom Bossman, aber ich konnte mir den sanften Ausdruck in seinen Augen nicht vorstellen. Oder die Freude in Davids und Boomers Augen, als ihr kleiner Junge sich von Vater zu Vater hangelte – wild entschlossen, jedem von ihnen die gleiche Anzahl an Küssen zu geben.

Selbst wenn es vor meinen Augen geschehen würde, würde es für mich nicht real sein. So etwas gehörte einfach nicht zu meinem Glück im Leben.

„Da sind wir“, verkündete Zeke und blieb vor der Einfahrt zu einem schönen Wohnkomplex stehen. Nachdem er seine Karte an das Lesegerät gehalten hatte, schwang das Tor automatisch auf. Das Haus war nur das zweite auf der rechten Seite, sodass wir im Nu ausgestiegen waren und die Taschen schleppten.

Na ja, er schleppte sie. Ich hatte insistiert, zumindest eine Tüte zu tragen, hatte aber keine Einwände dagegen, dass er den Rest übernahm.

Kaum hatte Zeke alle Taschen auf dem Boden der Wohnung abgelegt, schnappte ich mir wahllos drei davon. Dieser Tarnanzug musste sofort weg. Ich wollte mich wieder wie ich selbst fühlen.

„Ich zeige dir, wo –“

„Schon gut.“ Mit meinen Taschen in der Hand eilte ich an ihm vorbei.

Eine Führung durch seine vier Wände wäre zwar praktisch, aber der Grundriss war nicht besonders kompliziert und diese Klamotten mussten schnellstmöglich runter. Ich wollte wieder wie Pax aussehen und nicht wie ein spindeldürrer Soldat.

Ich folgte dem Flur und entdeckte hinter der ersten Tür auf der rechten Seite das Badezimmer. Ich zog die Tür hinter mir zu und wühlte in den Taschen, bis ich den sündhaft teuren Tanga fand, dessen Spitze seitlich und vorne aus schwarz-weiß gestreiftem Satin bestand.

In dem Moment, als ich ihn anhatte, fühlte ich mich sofort wie ich selbst. Der Tanga saß hinten fest zwischen meinen Pobacken, und ich stieß einen erleichterten Seufzer aus.

Es gab Personen, die dieses Gefühl hassten und es als derart unbequem empfanden, dass sie nie wieder Tangas anziehen konnten. Doch für mich war das Tragen von Boxershorts, in denen alles locker herumbaumelte, weitaus unkomfortabler. Mir gefiel das Gefühl, wenn mein Schwanz geschützt und eng an meinen Körper gepresst war. Außerdem mochte ich das Tragegefühl von Spitze und Satin. Falls jemand ein Problem damit hatte? Na ja, dann konnte derjenige es mit …

Hmm. Er könnte es mit mir ausmachen, aber ich hatte ja jetzt Zeke – ob ich ihn wollte oder nicht. Also warum ihn nicht einsetzen?

Alle, die etwas an meiner Wäsche auszusetzen hatten, konnten das mit Zeke klären.

Das war erstaunlich befriedigend, obwohl ich mir dabei nur eine nicht existierende, unliebsame Person vorstellte.

Schon fühlte ich mich wieder ganz wie ich selbst, als ich anfing, die Taschen zu durchsuchen, und eine Skinny Jeans herauszog. Wunderbar. Ich zog mein Bein an, um mir die Hose anzuziehen, aber als mein Oberschenkel gegen meinen Bauch drückte, verspürte ich ein plötzliches Unwohlsein. Ich ließ die Hose wieder zu Boden gleiten.

Dieses Gefühl war mir fremd – lag es an meiner Unsicherheit wegen der ganzen Sache mit Zeke? Wegen meiner Anwesenheit in seinem Haus?

Ich verdrängte diese Gedanken. Hier würde ich die Kontrolle behalten und das würde auch so bleiben. Aber mein Instinkt, der diffuse Bereich meines Echsenhirns, der mir immer wieder den Arsch gerettet hatte, befahl mir, mich zu bewegen. Ohne darüber nachzudenken, machte ich einen Schritt in Richtung Zeke. Meine Hand kam auf dem Türknauf zum Liegen. Ich fing an, ihn zu drehen.

Auf einmal verstärkte sich das ungute Gefühl in meinem Magen, das sich wie ein Erdbeben durch meinen Körper zog. Ich taumelte rückwärts und stürzte auf die Toilette zu, um mich zu übergeben, aber verfehlte.

Gott, wie erbärmlich. Wenn ich genügend Kraft oder Konzentration besessen hätte, hätte ich Zeke, das Lokal und alle anderen verflucht, denen ich dafür die Schuld geben konnte. Doch die Wellen kamen immer wieder, selbst als nichts mehr in meinem Magen übrig war.

Die Tür flog auf, aber ich brachte es nicht einmal fertig, den Kopf zu drehen. Mein Körper lehnte schlaff über der Toilette und meine Wange lag auf dem kühlen Kunststoff des Toilettensitzes.

Das war alles andere als hygienisch.

„Geht es dir gut, kleiner Vogel?“ Zeke kniete sich neben mich und strich mir sanft den Pony aus dem Gesicht.

Als Antwort darauf beugte ich mich erneut über die Schüssel und würgte. Seine Hände lösten sich von mir, doch nur, um kurz darauf mit einem kühlen Lappen den Schweiß von meiner Haut zu wischen. Mir kamen die Tränen. Ich hasste das. Ich hasste es, verwundbar zu sein. Doch es gab nichts, was ich hätte dagegen tun können.

Schlagartig wurde mir bewusst, dass ich halb nackt und nur mit einem G-String bekleidet auf dem flauschigen Badezimmerteppich saß. Zeke hatte jedoch nichts weiter gesagt. Auch sein Blick wanderte nicht über meine nackte Haut. Seine Augen waren nur auf mich und mein Gesicht fixiert, wobei Besorgnis und Nervosität jede andere Emotion überwogen.

Ich kniff die Augen zu, um die Tränen zu unterdrücken. Verflucht, ich wollte nicht vor diesem Mann weinen.

Aber wenn ich schon weinen musste … dann konnte ich mir nur vorstellen, es vor Zeke zu tun.