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ZEKE

Pax heulte und war nicht zum Reden aufgelegt. Nachdem er schließlich auf die Badezimmertür zeigte und um Privatsphäre bat, verließ ich widerwillig den Raum. Ich starrte eine Weile ratlos auf mein Telefon und überlegte, wen ich um Rat fragen könnte.

Papa P und der Bossman lagen bestimmt schon im Bett, Ezra würde nur Mist labern, Ma hatte mich bereits vorher mit weiß Gott wie vielen Fragen über meinen Gefährten bombardiert und bei Pax war ich mir nicht sicher, ob ich Noah oder Levi einbeziehen sollte.

Ja. David. Pax konnte mir nicht übel nehmen, wenn ich meinen eigenen Bruder anrief, denn ich musste dringend mit jemandem sprechen, der mir weiterhelfen konnte.

Schon beim zweiten Klingeln ging David ran. „Was willst du, Schwachkopf? Sag jetzt bloß nicht, dass du deinen sonderbaren kleinen Gefährten schon vergrault hast. Zugegeben, er wirkte auf mich ziemlich unerschrocken. Wahrscheinlich könnte er dir richtig den Arsch vermöbeln, wenn er wollte. Das hat er aber laut Boomer gar nicht nötig, wenn er dich im Handumdrehen entwaffnen kann.“

„Bist du endlich fertig? Verdammt, Davey. Was wäre, wenn Pax dich von diesem Telefon aus angerufen hätte? Fuck, Alter. Bevor du deine Klappe aufreißt, solltest du sicherstellen, dass du weißt, wer am anderen Ende der Leitung sitzt.“

„Klar, weil er ja auch der Typ dafür ist, jemanden übers Telefon zu erreichen. Nein, ich dachte mir schon, dass dein lahmer Arsch hier anruft, um einen Rat zu bekommen. Na los, stell deine Frage. Aber denk daran, dass ich mich immer noch dazu entschließen könnte, dich ein wenig zu verarschen. So wie du dich damals mir und Boomer gegenüber aufgeführt hast, solltest du deine Frage mit Bedacht stellen.“

Ich kniff mir in die Nasenwurzel und atmete tief ein, während ich mir ins Gedächtnis rief, wie sehr ich meinen Bruder liebte und dass ich ihn nicht umbringen konnte. Außerdem rührte Daveys Verhalten nur davon, dass ich es durch mein früheres Fehlverhalten provoziert hatte.

„Hör zu, wir wissen beide, dass du alles Recht der Welt hast, mich aufzuziehen. Aber momentan brauche ich einfach nur meinen Bruder, der mir mit Rat zur Seite steht. Könnten wir also für den Moment mit den Sticheleien Schluss machen?“

Daveys Stimme hörte sich ernster an, als er wieder sprach. „Entschuldige, Zeke. Mir hätte klar sein sollen, dass es wahrscheinlich um etwas Wichtiges geht, wenn du mich in der ersten gemeinsamen Nacht mit Pax anrufst. Ist was passiert?“

„Ja und ich habe keine Ahnung, was ich machen soll. Pax hat sich übergeben und damit meine ich nicht nur ein kleines bisschen. Ich kam mir im Bad vor wie bei einem echten Exorzismus. Jetzt kauert er über der Toilette, heult sich die Augen aus und will nicht, dass ich ihm helfe. Soll ich einen Arzt anrufen? Einen Priester? Was soll ich tun?“

„Setz eine Kanne Tee auf. Im Schrank über deinem Herd müsste noch etwas Minze oder Kamille zu finden sein. Boomer und ich sind in zehn Minuten da.“

Bevor ich noch etwas sagen konnte, war die Leitung bereits tot. Tief durchatmend steckte ich das Handy zurück in meine Hosentasche und ging in die Küche, um eine Kanne mit Wasser aufzusetzen. Anschließend eilte ich zurück in mein Zimmer, um eines von meinen riesigen T-Shirts zu holen, um Pax vor ihrer Ankunft zu bedecken.

Als ich endlich ein Shirt gefunden hatte, das ihm nicht gleich von den Schultern rutschen würde, hämmerten die beiden schon an die Haustür. Seufzend blieb ich an der Badezimmertür stehen, ehe ich sie hereinlassen wollte.

„Entschuldige bitte, aber könntest du dir das hier überziehen, damit du dich nicht genieren musst und mein Wolf nicht angepisst ist, wenn jemand dich in diesem Hauch von Nichts sieht? Mein kleiner Bruder und sein Gefährte stehen vor der Tür.“

Mit roten, verweinten Augen sah Pax zu mir auf, protestierte aber nicht, als er mir das Shirt abnahm. Ich ging zügig aus dem Bad, um die beiden hereinzulassen. Kaum hatte ich die Tür geöffnet, drängte sich David auch schon an mir vorbei.

„Wo ist Pax? Noch immer im Badezimmer?“ Mir fiel sofort die riesige Schachtel mit einem Schwangerschaftstest ins Auge, mit der er herumwedelte.

„Wozu soll das gut sein? Wir brauchen das nicht. Wir haben noch nicht einmal über das Thema Nachwuchs geredet. Zuerst müssen wir klären, was wir sind, bevor wir mit der Familienplanung beginnen.“

Davey verdrehte die Augen und ignorierte meine Einwände. Er steuerte auf das Badezimmer zu, wo Pax mit mordlustigem Blick auf die Schachtel in Davids Hand starrte.

Boomer hielt die Hände hoch und meldete sich unverblümt zu Wort. „Hör zu, ich will nicht um den heißen Brei herumreden. Ihr wart miteinander verknotet, als Pax in Hitze war. Das haben wir alle vorhin an seinem Geruch erkannt, Zeke. Wir waren uns aber alle einig, dass Pax es dir sagen sollte oder dass du es uns sagen müsstest.“

Pax machte einen Schritt nach vorne und streckte seine Hand nach der Schachtel aus. Nachdem David sie ihm hingehalten hatte, schnappte Pax sie sich, drehte sich um und stapfte zurück ins Bad. Als die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, begann Davey zu kichern.

„Oh, Scheiße. Ich ziehe dich nicht weiter auf. Mit dem Kleinen hast du ohnehin schon alle Hände voll zu tun und ich werde jede Sekunde genießen, in der ich dir dabei zuschauen kann. Außerdem möchte ich offiziell bekannt geben, dass er inzwischen einer meiner Lieblingsmenschen auf diesem Planeten ist. Wer dich derart in die Schranken weisen kann, dem gebührt allergrößten Respekt.“

Ich ignorierte meinen Bruder und wandte mich wieder an Boomer. „Was soll das heißen, ihr habt es an seinem Geruch erkannt? Ist das der Grund, warum er zurzeit besonders süß riecht? Das verstehe ich nicht. Bei allen anderen Gefährten habe ich den Unterschied bemerkt, also warum nicht auch bei meinem eigenen?“

Boomer zuckte mit den Schultern. „Das liegt an den Hormonen, mein Freund. Der Verstand setzt aus, wenn der Schwanz an ist, wenn du weißt, was ich meine.“

„Ich werde Pax und mir jetzt eine Tasse Tee machen. Übrigens hilft der Pfefferminztee gegen seine Übelkeit, wenn es ihm das nächste Mal wieder schlecht geht.“ Davey verschwand in der Küche, während ich mich am Hinterkopf kratzte, und versuchte, die Vorstellung, dass mein Gefährte schwanger sein könnte, in meinen Schädel zu bekommen.

So sehr meinem Wolf die Aussicht gefiel, dass unser Gefährte schwanger war, wusste meine menschliche Hälfte, dass dies wohl der schlechteste Zeitpunkt dafür war. Er hatte noch immer keine Entscheidung getroffen, ob er mit mir zusammenbleiben wollte. Und das Letzte, was ich wollte, war, dass er dachte, ich hätte ihn mit einer Schwangerschaft in die Enge treiben wollen. Aber andererseits hatten wir uns gepaart, während er mir mein eigenes Messer an die Kehle hielt, also würde er nicht mir allein die Schuld dafür geben.

Nach zwei Minuten marschierte Pax ins Wohnzimmer und bewarf mich zielsicher mit dem Schwangerschaftstest. Der Test knallte mir direkt gegen die Stirn und landete in meinem Schoß, während Pax in die Küche ging, wo Davey gerade nach ihm gerufen hatte.

Ich hob den Test auf und starrte auf den kleinen Bildschirm, auf dem ein einziges Wort stand: schwanger .

Als David und Boomer endlich wieder nach Hause fuhren, ging ich zu Pax in die Küche, der auf einem Barhocker an der Anrichte saß und traurig in seine leere Teetasse schaute.

„Möchtest du darüber reden?“, fragte ich leise.

Ohne den Kopf zu heben, brummte Pax tief in seiner Kehle, bevor er antwortete. „Ich will allein sein. Ich bin noch nicht bereit zu reden.“

„Okay, wir müssen ja auch nicht reden. Aber ich würde dich trotzdem gerne in den Arm nehmen, wenn du mich lässt.“

Pax drehte sich auf dem Hocker und musterte mich einen langen Moment. In seinen Augen funkelte eine ungewohnte Verletzlichkeit auf. Statt zu antworten, streckte er lediglich einladend seine Arme aus.