Ich bin kein Typ für ausgiebige Fazits, aber das Ende des ersten eigenen Buchs stellt doch wirklich mal einen angemessenen Anlass dar. Und spannenderweise entsteht dieses Fazit, während ich es schreibe. Der resümierende Prozess in mir fand bis dato noch nicht ausgiebig genug statt, um jetzt einfach etwas aus dem Ärmel schütteln zu können.
Der Dachgedanke dieses Fazits liegt aber gewiss darin, denke ich, dass Vanlife die beste Entscheidung war, die ich in meinem Leben getroffen habe. Das bedeutet nicht, dass jeder Moment purer Sonnenschein war und dass es keine Probleme gab, sondern vielmehr, dass es jeder Moment, ob gut oder schlecht, zu 100 Prozent wert war. Ich war während der letzten fünf Jahre mehr und länger glücklich als jemals zuvor im Leben – aber manchmal auch traurig, einsam, viel zu nachdenklich oder sogar pleite. Das passiert einem nämlich, wenn man in Norwegen mit der Kreditkarte auf dicke Hose macht, sein Arbeitspensum generell zugunsten des Vanlifes reduziert, Steuern nachzahlen muss und sich obendrein noch lange Weihnachtsferien gönnt. Kurze Zeit später, im Februar 2020 in Peniche, merkte ich plötzlich beim Tanken, dass die Zapf- und Zahlsäule meine Girokarte unverdauter Dinge wieder hochwürgte und ich erst mal wieder auf die Kreditkarte zurückgreifen musste. Genau in solchen Momenten ist es schön, wenn man Kunden und Auftraggeber hat, die auch Freunde sind und die einem einen Vorschuss schicken, den man abarbeiten kann. An dieser Stelle liebe Grüße an die digitale Kreativagentur Baker Street GmbH aus der Schweiz, ohne die ich den Schritt ins Vanlife ohnehin nicht so leicht hätte gehen können – und ohne die ich als Freelancer auch weniger Awards gewonnen hätte. Sie waren und sind meine treusten Auftraggeber seit 2016. Mit einem der Gründer, Jeremie, war ich in der JvM Academy, die sich ebenfalls als besonders wichtiger Meilenstein in meiner zweiten Karriere erwiesen hat – und es weiterhin tut.
Ist man nur echter Vanlifer, wenn man seinem Van keine einzige Nacht fremdgeht? Nein. Ich – beziehungsweise wir – schlafen nicht jede Nacht im Van. Oft besuchen wir Familien oder Freunde und kommen ganz klassisch häuslich unter. Wir haben uns auch schon mal eine kleine Wohnung am Meer in der off-season gemietet. Das tat mal ganz gut für einen Monat. Tolle Location, tolle Wohnung und tolle Vermieter. Wir hatten die Klippen von Zambujeira direkt vor der Nase und Salzluft im Wohnzimmer. Im Winter 2020 verbrachten wir ein paar Tage im Gästehaus von Björn und Katja auf Gotland, das Björn selbst gebaut hat. Steffis Familie hat eine kleine Einzimmerwohnung in Hamburg, in der wir manchmal übernachten. Aber trotz all dem haben wir keinen festen Wohnsitz, und der Van ist unser Lebensmittelpunkt. Ohne ihn wären wir nicht nur obdachlos, sondern auch komplett aufgeschmissen. Er gehört mittlerweile zu meiner Identität. Ich vermisse ihn, wenn ich ihm zu lange fern bin. In ihm zu wohnen ist nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Die gelegentlichen Hausnächte sind die Ausnahme. Bei diesem Thema muss ich zugeben, dass ich es hasse, mal für ein paar Tage aus dem Van in eine temporäre Behausung zu ziehen. Was für ein Aufwand! Alles rein, alles raus, alles hin, alles her. Ich bin wirklich am glücklichsten, wenn ich nur im Van, nur unterwegs bin und nur den überschaubaren Platz sowie alle wenigen Dinge darin verwalten muss. Natürlich ist dafür ein gewisser Flow nötig, eine gewisse Routine, aber wenn man diese mal im System verankert hat, flutscht Vanlife wie von selbst.
Okay, das Waschen und Trocknen von viel Wäsche im Waschsalon kann gut und gern mal zwölf Euro kosten, sogar in Portugal, aber dafür ist man von der Last befreit, eine eigene Maschine besitzen zu müssen. Von Lochfraß-Angst und Kalkschäden brauche ich gar nicht erst anzufangen. Gleiches gilt für Stromrechnungen: Man hat sie einfach nicht. Die Sonne scheint, der Computer lädt. Fertig. In der Reduktion liegt Befreiung. Und auch in Umständen, die erst mal wie Arbeit wirken, etwa Wasser auffüllen, die Toilette entleeren etc.
Wenn der Weg das Ziel ist, liegt einem am Wegesrand alles zu Füßen. Wenn der Weg das Ziel ist, hat man morgens nach dem Aufstehen im Van schon mehr erreicht, als man es zu Hause jemals könnte. Der Van ist mein Zuhause. Und er ist es mehr als jede Wohnung, in der ich als Erwachsener jemals gelebt habe – obwohl echt schöne dabei waren. Ich hatte noch nie so viel Platz auf so engem Raum und war noch nie so angekommen, ohne überwiegend nicht zu wissen, wo ich morgen sein würde. Und seit vier Jahren bin ich zu dritt im Van. Wer hätte das gedacht? Sogar mit Hund! Viele ängstliche Menschen üben ja erst mal mit einem Baby, wir haben uns direkt einen Hund zugelegt. Läuft gut.
Ja, mein inoffizieller Slogan stimmt: Vanlife saved my life! Und in manchen Bereichen hat mein life nach dem Start überhaupt erst angefangen. Jetzt höre ich auf zu schreiben, bevor meine Tastatur einen Wasser- und Salzschaden erleidet. Schließlich schreibe ich den Laptop noch mindestens für ein Jahr von der Steuer ab.
Man sieht sich.
Irgendwo.
Bussis. Beijinhos. Buss-buss.
Wortspielerei steckt in der DNA des Buchs. »EinZimmer, Küche, Bart« war die allererste Titelidee, die mir 2022 einfiel. Ehrlich gesagt, kam mir der Titel am Steuer in den Kopf und danach erst die Idee, ein Buch daraus zu machen. Ich pitchte beides sofort Steffi, nachdem ich sie auf dem Beifahrersitz wachgerüttelt hatte. Ihr sofortiger Zuspruch motivierte mich. Wir fuhren gerade irgendwo durch Spanien.
Meine zweitliebste Titelidee war diese: »Van interessiert’s?«
So wollte ich 2019 schon meinen Van-Blog nennen, den ich leider nie startete. Ein Titel ohne Wortspiel stand (für mich) nie ernsthaft zur Debatte. Wortspiele Sinn mein Leben.