Lee Callahan ließ den Blick kreisen. Noch war keiner der Halunken aufgetaucht.
Sie schienen inzwischen gehörigen Respekt vor ihm zu haben.
er konnte schießen und war schnell, das hatte er ihnen bewiesen. Sie wussten, dass es nicht so leicht war, ihn unter die Erde zu bringen.
Dann sah Lee das Fenster.
Vielleicht ließ es sich hochschieben.
Er fühlte den Schmerz an seiner Seite und es war ihm klar, dass er so nicht weitermachen konnte. Ein Doc musste da ran und ihn verbinden. Vielleicht auch die Kugel rausholen, sofern sie noch in ihm steckte. Er konnte das nicht beurteilen, aber er spürte, wie seine Kräfte zu schwinden drohten.
Mit einiger Mühe richtete er sich auf und wankte zum Fenster. Er blickte sich mehrmals um, dabei hielt er den Revolver stets schussbereit in der Rechten.
Das Fenster war einfach konstruiert. Es steckte in einer Schiene und ließ sich mit deren Hilfe hochschieben und besaß keinerlei Sicherungen.
Lee drückte gegen den Rahmen.
Das Fenster gab nach.
Als der Spalt groß genug war, schlüpfte er hindurch und drückte es wieder nach unten.
Noch gerade rechtzeitig!, durchfuhr es ihn, als er dann die Stimmen seiner Verfolger hörte.
"Wo ist der Hund?"
"Keine Ahnung, er muss hier irgendwo sein!"
"Ich meine sogar, dass ich ihn erwischt habe!"
"Bist du sicher, Roy?"
"Nein, sicher nicht..."
"Hier ist Blut! Roy hat ihn wirklich erwischt!"
Lee Callahan schielte hinaus auf die nächtliche Straße.
Dort sah er sie alle: Shorter, Mulligan, Grant und die anderen, die die O'Kensey-Ranch überfallen hatten.
Sie schienen ziemlich ratlos zu sein.
"Ach, verdammt, was soll denn diese Jagd auf Lukes Jungen!", meinte Matt Grant. "Es gibt verdammt nochmal Wichtigeres für uns!"
"Wie kannst du so etwas sagen!", meinte Roy Mulligan. "Er hat einige von uns auf dem Gewissen. Pete liegt dahinten im Staub - mit einer Kugel von diesem verfluchten Halbblut!"
"Ja", brummte eine andere Stimme, die Lee nicht kannte.
"Dieser Kerl wird uns ewig im Nacken sitzen!"
"Im Moment wird er nicht allzu viel tun können", gab Grant zu bedenken. "Er muss einiges an Blut verloren haben! Aber morgen kommt der Zug mit den Lohngeldern und der ist doch wohl wichtiger, als irgendwelche Rachegefühle!" Grant machte eine ärgerliche Geste. "So eine Gelegenheit kommt nicht wieder, sag ich euch! Und wir brauchten eigentlich jeden Mann!"
Shorter verzog zynisch den Mund.
"Je weniger wir sind, desto mehr bleibt am Ende für den Einzelnen!", meinte er kalt und kratzte sich dabei an der Narbe über der Stirn. Er zuckte mit den Schultern. "Geben wir die Jagd nach Halbblut erst einmal auf. Wir erwischen ihn ein anderes Mal, da bin ich sicher."
Shorter steckte seine Waffe zurück ins Holster, zuvor drehte er sie allerdings noch einmal kunstvoll um den Zeigefinger der rechten Hand.
"Reiten wir..."
"Wohin? Zur alten Silbermine?"
"Ja, die anderen Jungs müssten eigentlich schon da sein, wenn sie sich an die Abmachungen gehalten haben!"
Grant lachte hässlich.
"Sie werden es kaum wagen, uns draufzusetzen!"