Carter
Ich beobachtete sie, schaffte es kaum den Blick von ihrer tanzenden Gestalt abzuwenden.
Die Frau wirkte, als befände sie sich in diesem Moment in einer anderen Dimension. Und um ehrlich zu sein, sah sie so auch aus. Und um ehrlich zu sein, sah in ihrem Outfit so absurd fehl am Platz aus, dass ich nicht anders konnte, als sie für ihren Mut zu bewundern. Es wäre ein leichtes für die Rothaarige gewesen, sich ebenfalls in eines dieser winzigen Kleider zu quetschen, die die Frauen um sie herum trugen. Sie hatte definitiv den Körper dazu. Das verbarg selbst der unförmige Hoodie, in den sie sich gehüllt hatte, nicht. Er ging ihr bis zur Mitte der Oberschenkel. Ihre schlanken Beine steckten in grobmaschigen Netzstrumpfhosen. Die roten Locken schwangen im Takt ihres Tanzes mit, den sie in ihren Converse Chucks vollführte. Mein Mund wurde trocken. Sie war so anders. Sie fiel auf. Und obwohl sie eigentlich vollkommen unpassend gekleidet war, für einen Club wie diesen hier, starrte ich sie weiter an.
Ich hatte keine Ahnung, worüber mein Freund neben mir gerade genau quatschte, denn meine gesamte Konzentration lag auf dieser Frau. Bradens Stimme drang nur noch wie durch Watte an meine Ohren und ich drehte mich kurz zu ihm um. Wahrscheinlich erzählte er immer noch von seiner neuen Freundin, deren Vater ein reicher Whisky-Produzent war. Das Gelaber hing mir ohnehin schon zu den Ohren raus. Es interessierte mich wenig, dass er die Olle wahrscheinlich heiraten würde, um ausgesorgt zu haben. Ich sorgte lieber selbst dafür, dass ich genug verdiente, ohne mich von einer solchen Liaison abhängig zu machen. Dafür war mein Job zwar verdammt gefährlich und meine Eltern würden auf der Stelle einen Herzinfarkt bekommen, wenn sie die Wahrheit jemals erfahren würden, doch bisher kam ich gut klar. Ich schluckte den Gedanken mit dem Rest meines Drinks hinunter.
»Carter?«, hörte ich Braden, ich winkte mit einer Handbewegung ab. Ich war nicht der Einzige, dem die rothaarige Schönheit aufgefallen war. Sie wirke wie eine Exotin zwischen den gestylten Frauen und hatte mehr Charisma als die anderen Weiber alle zusammen. Bevor jemand anderes es tat, wollte ich sie ansprechen.
Ich schlängelte mich durch die tanzende Menge, vorbei an all den künstlich aufgesetzten Lächeln und den gierigen Blicken der Frauen. Mehr als einmal spürte ich eine Hand an meinem Arm, doch ich ging weiter. Ich mochte es nicht, wenn wildfremde Frauen so aufdringlich waren. Und vor allem: Mein Jagdinstinkt mochte es nicht, wenn die Frau nach einem wohlwollenden Wort schon nackt und mit gespreizten Beinen vor mir lag. Viel mehr genoss ich es, mir zu holen was ich wollte. Abrupt öffnete sich die Menschenmenge vor mir und ließ zu, dass ich die letzten Schritte auf die Rothaarige zugehen konnte. Sie tanzte weiterhin zum Takt der Musik und hielt die Augen dabei geschlossen. Die Bässe der Beats vibrierten in meinen Knochen und machten mich noch ungeduldiger, als ich ohnehin schon war. Geduld gehörte nicht zu meinen Vorzügen. Alles in mir drängte danach, sie einfach zu packen und gegen die nächste Wand zu drücken, um meine Lippen auf ihre zu pressen. Doch ich riss mich zusammen. Schließlich sollte sie sehen, wer vor ihr stand.
Das Lied neigte sich seinem Ende zu und ihre Bewegungen wurden schwerfälliger. Schweiß glitzerte fein auf ihrem Gesicht und endlich schlug sie die Augen auf. Wahrscheinlich wirkte ich auf sie wie ein Irrer, wie ich in der tanzenden Menge stand und sie einfach nur anstarrte. Über ihren dunkel geschminkten Augen zog sie die Augenbrauen irritiert zusammen. Für einen Moment erwiderte sie meinen Blick, dann drehte sie sich ohne ein Wort zu sagen um. Okay. Ich folgte ihr mit etwas Abstand, hoffentlich genug davon, um nicht noch unheimlicher zu wirken. Ihr Weg führte sie an die Bar. Sie hob gerade die Hand, um den Barkeeper auf sich aufmerksam zu machen, als ich neben sie trat.
»Hi. Ich bin Carter. Darf ich dir einen Drink ausgeben?« Ihr Kopf fuhr zu mir herum. Unter ihrem weiten Hoodie hob und senkte sich ihr Brustkorb unregelmäßig nach der Tanzeinlage. Sofort kam mir der Gedanke in den Sinn, wie sie so angestrengt atmen würde, nachdem wir andere Sachen getan hätten. Ich musste den Gedankengang unterbrechen, weil mein Schwanz bereits bei der Vorstellung begann zu zucken.
»Kommt drauf an«, antwortete sie mit leicht rauer Stimme. Ich nahm auf dem Barhocker neben ihrem Platz. »Worauf denn?« Eigentlich verhandelte ich nicht. Aber vielleicht würde ich eine Ausnahme machen. Jetzt wo ich neben ihr saß, erkannte ich die feinen Sommersprossen auf ihrer Nase und den Wangen.
»Ob du mich dann weiter wie ein Psychopath anstarrst, oder dich wie ein normaler Typ benimmst?«
Ein normaler Typ? Beinahe wäre ich beleidigt gewesen. Warum sollte ich das bitte tun?
»Okay, ich soll also jetzt viel mehr Bier trinken, als ich vertrage, dann deinen Arsch begrabschen und dir lallend irgendwelche Lügen ins Ohr säuseln?«
Sie legte für einen Moment den Kopf schief, dann zuckte sie mit den Schultern. »Stimmt. Punkt für dich.« Der Barkeeper trat vor uns. »Was darf ich euch bringen?«
Ich sah abwartend zu der unbekannten Schönheit, die mir ihren Namen noch nicht verraten hatte. »Einen Gin Tonic. Bitte«, fügte sie hinzu und sah mich unter ihren dichten Wimpern hindurch an.
»Für die Dame einen Gin Tonic und für mich einen Whisky.« Der Barkeeper nickte und machte sich an die Zubereitung meiner Bestellung.
Ich widmete meine Aufmerksamkeit wieder der Dame neben mir. Ich genoss es einfach nur, sie anzusehen. Ihr unangepasstes Outfit gefiel mir und ich war neugierig, was sich darunter verbarg. Und damit meinte ich ausnahmsweise nicht ihre Unterwäsche. Und dieser Gedanke war es, der mich selbst überraschte. Mehr war es eigentlich nicht, was mich an einer Frau interessierte. Ich verdrängte den verwirrenden Gedanken und schenkte ihr ein Lächeln.
»Meinen Namen kennst du ja bereits. Wie heißt du, Gin-Tonic Lady?«
»Kannst du ihn nochmal wiederholen? Ich habe nicht zugehört.« Ihre Augenlider flatterten gespielt, das erkannte ich sofort. Meine Handflächen begannen zu prickeln. Provozierte sie mich da gerade absichtlich?
»Carter. Du solltest ihn dir besser merken. Hast du deinen Namen auch vergessen?«
Sie lächelte und in diesem Moment war ich mir sicher, dass sie mich tatsächlich auf die Probe stellte. Ich hatte also ein kleines, provokantes Biest vor mir. Gut zu wissen.
»Ich bin Holly«, bequemte sie sich dann endlich dazu, mir ihren Namen zu verraten. »Hallo Holly«, sagte ich und in diesem Moment stellte der Barkeeper unsere Drinks vor uns ab. Ich bedankte mich, reichte ihm meine Kreditkarte und schob Holly ihren Gin Tonic zu.
»Danke«, sagte sie und ergriff das Glas. Für einen kurzen Moment berührten sich unsere Fingerspitzen und ein Kribbeln lief durch meine Finger. Fuck. Ich wollte diese Frau anfassen. Ich zwang meine Hande jedoch dazu, sich um das Whisky Glas zu legen. Früher oder später würde sie sowieso unter mir liegen und meinen Namen stöhnen. Wenn sie ihn sich diesmal gemerkt hatte.
Nach ihrem Drink rutschte sie geschmeidig vom Leder des Barhockers hinunter. »Vielen Dank für den Drink, fremder Stalker.« Für einen Moment machte mich ihre unverhohlene Frechheit so perplex, dass ich ihr nur hinterhersah. Dann erhob ich mich ebenfalls. Wenn sie spielen wollte, würde sie ihr Spiel bekommen. Jedoch musste sie dann auch mit den Konsequenzen leben, wenn sie verlor.
Ich folgte ihr durch die Menge und sah, wie sie immer wieder über ihre Schulter nach hinten sah. Die Jagd gefiel ihr. Doch für mich war es kein Spiel mehr. Ich würde sie jagen, bis sie mir gehörte. Und an dem verflucht frechen Grinsen in ihrem Gesicht, der provokanten Art, wie sie sich durch die Menge bewegte, wusste ich, dass sie es kaum abwarten konnte.
Sie rannte los, sobald sie den Gang erreichte, der zu den Toiletten und den geschäftlichen Räumen des Clubs führte. Ich blickte kurz über meine Schulter. Ich hatte keine Lust darauf, dass irgendjemand die Cops rief, weil sie mich für einen Irren hielten. Ganz so falsch würden sie damit wohl nicht liegen, aber dennoch
Ich lief los, vor mir bog Holly um die Ecke. Ich beschleunigte meine Schritte und schlitterte um die Kurve. Ein halbdunkler Korridor erstreckte sich vor mir. So wie es hier aussah, kamen hier keine Clubbesucher vorbei. An den Seiten stapelten sich verschiedene Möbel und einen Haufen Kartons. Vorsichtig lief ich den Gang entlang. Mit jedem Schritt wurde es etwas dunkler um mich herum. Ich rüttelte an einer der drei Türen, die zu meiner Rechten abgingen. Verschlossen. Langsam schritt ich weiter, umrundete einen der Kartonstapel, der wirkte, als würde er bei der geringsten Berührung einstürzen. Meine Sinne schärften sich und unregelmäßiger Atem drang an mein Ohr. Süß. Dachte sie etwa, ein Versteck würde ihr jetzt noch helfen können?
»Holly«, säuselte ich. »Ich wusste, dass du ein ungezogenes Mädchen bist. Vom ersten Blick an.« Ich hörte, wie sie tief Luft einsog. Vermutlich war sie sich in diesem Moment hundertprozentig sicher, dass ich ein Psychopath war. Plötzlich begann einer der Kartonstapel zu wackeln. Einzig meine Reflexe brachten mich dazu, rechtzeitig zwei Schritte zur Seite zu treten, ehe der Stapel nach vorne fiel. Bevor Holly an mir vorbeischlüpfen konnte, packte ich ihren Arm. In einer geschmeidigen Bewegung drehte ich mich mit ihr und presste sie an die Wand. Ich konnte ihren Gesichtsausdruck bei der kaum vorhandenen Beleuchtung nur erahnen, doch ihr schneller werdender Atem verriet mir alles, was ich wissen musste. Mein Körper pinnte sie fest und ich spürte, wie ihr Widerstand versiegte.
»Was soll das, Carter?«, raunte sie mit brüchiger Stimme. Wollte sie etwa einen Rückzieher machen?
Mein Finger fuhr unter ihr Kinn und ich hob ihren Kopf an. Bevor sie erneut etwas sagen konnte, raubte ich mir einen Kuss. Ich konnte diesen verheißungsvollen Lippen einfach nicht mehr widerstehen. Egal was passieren würde, diesen einen Kuss musste ich kosten. Fast erwartete ich, dass sie mich wegstieß. Stattdessen brachte der unnachgiebige Druck meiner Lippen sie dazu, ihren Mund für mich zu öffnen. Ein leises Geräusch entrang sich ihr, als meine Zunge begann ihre zu umspielen. Die Intensität des Kusses nahm zu und die Anspannung wich aus ihren Schultern. Es dauerte nicht lange, da drückte sie sich mir entgegen, wollte mehr von unserem gierigen Zungenspiel. Ich grinste in mich hinein. Am liebsten hätte ich sie jetzt direkt gevögelt. Ich hatte allerdings so viel mit ihr vor, dass mir diese dunkle Ecke im Club nicht genügte. Ich wollte sie sehen, den Ausdruck auf ihrem Gesicht, wenn ich ihr weh tun würde, den Blick aus ihren tiefen Augen, wenn ich sie zum Kommen brachte.
Ich löste den Kuss und erfreute mich daran, dass ihr Atem kurz stockte, weil sie mehr wollte.
»Du kannst jetzt zurück in den Club gehen und weiter tanzen, bis einer der normalen Kerle auf dich zukommt. Oder du kommst mit in mein Motelzimmer, wo ich dich hart ficken werde.« Ich tat wenigstens so, als ob sie eine Wahl hätte.
»Hart ficken? Versprochen?« Ich sah es nicht, doch ich konnte mir gut vorstellen, wie sie mich gerade unter ihren dichten Wimpern ansah.
»Vielleicht auch eine Drohung«, antwortete ich an ihrem Ohr und genoss den Schauder, der durch ihren Körper lief.