DEAD MAN TALKING
Vaurien Scapegrace war tot und Billy-Ray Sanguin hatte ihn umgebracht.
Jedenfalls war Scapegrace ziemlich sicher, dass es so gewesen war. Er konnte sich nicht mehr an alles genau erinnern.
Er erinnerte sich noch, dass Sanguin ihn beiseitegenommen und ihm erzählt hatte, er hätte ein paar Anrufe getätigt und ein paar Leute gefragt und niemand könnte sich dafür verbürgen, dass Scapegrace ein gnadenloser Killer mit beispiellosen Fähigkeiten sei, wie er von sich behauptet hatte. Scapegrace hatte daraufhin zu erklären versucht, dass er, schön und gut, bisher tatsächlich noch niemanden getötet habe, dass es aber nur eine Frage der Zeit sei und er sich, wenn Sanguin und Skarabäus ihm nur eine Chance geben könnten, als würdig erweisen würde, in ihre Pläne eingeschlossen zu werden.
Das hatte er jedenfalls sagen wollen. Er erinnerte sich dunkel, dass er bis zu „schön und gut“ gekommen war, und dann … nichts mehr.
Sanguin hatte ihn umgebracht.
Als er die Augen wieder öffnete, befand er sich in einem dunklen, feuchten Verlies. Er sah auf und blickte ins Gesicht seines Meisters.
„Endlich“, sagte Skarab und es war das großartigste Wort, das Vaurien je gehört hatte. Endlich. Hier ist mein treuer Kamerad, der nie von meiner Seite weicht. Scapegrace lag da und lächelte.
„Hör auf zu grinsen“, befahl Skarab. „Du siehst entstellt aus.“
„Sorry, Meister“, entschuldigte sich Scapegrace und setzte sich auf. Warum nannte er Skarabäus eigentlich Meister? Er wusste es nicht, aber es erschien ihm angemessen, deshalb machte er einfach weiter: „Meister, was ist mit mir passiert?“
„Du bist tot“, sagte Meister Skarabäus. „Du hast uns belogen, Scapegrace. Du bist kein Killer. Ich habe es vom ersten Augenblick an gewusst, als ich dich gesehen habe.“
„War es, weil ich vom Stuhl gefallen bin?“
„Der Grund spielt keine Rolle. Aber weil du uns belogen hast, unsere Zeit verschwendet und uns gezwungen hast, unsere Pläne teilweise zu ändern, haben wir beschlossen, uns deinen Tod zunutze zu machen. Wir haben dich umgebracht und zurückgeholt. Weißt du, was du bist?“
„Ein Glückspilz?“
„Du bist ein Zombie.“
Scapegrace lachte. „Nein, Meister, ich doch nicht.“
Skarab zog ein Messer aus der Tasche und stach Scapegrace damit in den Arm. Scapegrace machte große Augen.
„Du spürst keinen Schmerz“, fuhr Skarab fort.
„Oh.“
„Dein Leichnam wird durch Magie erhalten.“
„Ich bin ein … ich bin ein Zombie.“
„Ja.“
„Bin ich … bin ich so etwas wie dieser Weiße Sensenträger?“
„Ich war zweihundert Jahre lang im Gefängnis. Ich habe keine Ahnung, wovon du redest. Du bist, offen gesagt, ein ziemlich einfach gestrickter Zombie. Du bist keiner dieser voll reanimierten Zombies mit Selbstheilungskräften. Du gehörst eher der unteren Kategorie an. Mehr ging nicht bei meinem Wissensstand.“
„Oh, ich bin dir trotzdem so dankbar, Meister.“
„Halt die Klappe. Weißt du überhaupt irgendetwas über Zombies?“
„Nicht wirklich …“
„Du besitzt keinerlei magischen Kräfte mehr. Die Kräfte, die du hattest, reichen gerade, damit dein Körper sich bewegen und dein Gehirn denken kann – wobei ich mir nicht vorstellen kann, dass es für Letzteres viel braucht.“
„Nein, Sir, bestimmt nicht.“
„Der Vorteil eines solchen einfach gestrickten Zombies besteht jedoch darin, dass du andere lediglich durch einen Biss zu deinesgleichen machen kannst. Ich will, dass du rausgehst und rekrutierst.“
„Rekrutierst?“
„Ein Biss genügt. Die Leute, die du rekrutierst, müssen keine Zauberer sein – es wäre sogar besser, sie wären keine. Es ist nämlich so, dass du der Einzige bist, der beißen kann. Hast du mich verstanden? Keiner von den anderen, und ich meine wirklich kein einziger, darf Menschenfleisch auch nur schmecken.“
„Und warum nicht?“
„Weil ich es dir sage. Du bist der Einzige, der immun ist gegen die Wirkung von Menschenfleisch. Die anderen Zombies werden durch minimale magische Kräfte am Leben erhalten, zersetzen sich aber schneller als du. Die Sache ist allerdings die, dass sie Menschenfleisch wollen. Sie brauchen Menschenfleisch. Und du musst dafür sorgen, dass sie es nicht bekommen.“
„Du kannst auf mich zählen, Meister!“
Skarab seufzte und sah ihn an. „Du wirst Leute umbringen, Mr Scapegrace. Du wirst endlich der Killer sein, der du in deinen Träumen immer warst. Sieh zu, dass du das jetzt nicht vermasselst.“