»Wir sind die Guten, das musst du mir glauben«, sagte Fallner zu Jorgos Stathakos.
»Ich muss mal sterben, sonst nichts.«
Der Grieche freute sich nicht über ihren überraschenden Besuch. Was keine Überraschung war, weil ihre Hände nicht friedlich leer waren, sondern Schusswaffen hielten. Weil sie ihre Interessen ohne viel Diskussion klarstellen wollten, unmissverständlich und schnell. Fallner gab ihm nur einen knappen Überblick, wer sie waren und warum sie hier waren.
»Habe ich mir von Anfang an gedacht, dass du nicht ganz koscher bist«, sagte Jorgos zu Fallner. »Wie alle Bullen und Ex-Bullen. Irgendwas ist immer, werden nie wieder ganz sauber.«
»Wenn du kein Jude bist, solltest du jüdische Wörter nicht missbrauchen, mein Freund«, sagte Landmann.
»Fick dich und fickt euch alle, ihr habt mein Vertrauen missbraucht, und es ist mir egal, an welche bescheuerten Götter ihr glauben wollt.«
Sie hätten sein Vertrauen nicht wirklich missbraucht, erklärte ihm Fallner. Nur im Interesse einer guten Sache konnten sie ihm nicht alles sagen. Zu seiner eigenen Sicherheit, und der seiner Familie. Sie wollten einen fanatischen Fundamentalisten einkassieren, auf dessen Todesliste Antifaschisten wie er ganz oben standen; der für die Planung von mindestens zwei Anschlägen verantwortlich war, auf vollkommen unschuldige Menschen, keine Militärs oder Politiker. Er sollte ihnen besser helfen. In seinem eigenen Interesse. Und im Interesse aller Menschen, die das Recht hatten, an nichts zu glauben.
»Klappe«, sagte Stathakos.
Er glaubte ihnen nichts mehr, und sie telefonierten mit ihren Verbündeten. Sie konnten hier nicht eine weitere Konfliktzone aufbauen. Wenn er nicht kooperativ war, musste er verlegt werden. Das beste Gesundheitsprogramm für alle.
»Du bekommst eine gute Entschädigung, und in höchstens zwei bis drei Tagen hast du deinen Laden wieder«, sagte Fallner. Und er sollte sich jetzt bei ihrem gemeinsamen Freund Armin informieren, dass sie in Ordnung waren. Oder vertraute er nicht mal mehr dem Punk? Dann sollte er besser einen Psychodoktor aufsuchen.
»Wofür hältst du uns, Mann, für Nazis, die auf einen guten Jungen losgehn?«
»Für Leute, die keine Recht haben, meine Laden zu okkupieren. Den Rest kann ich nicht beurteilen.«
Er öffnete eine Flasche Wein und setzte sich mit einem Glas in den Sessel neben dem Plattenspieler. Es war 07:35 Uhr und er hatte plötzlich einen freien Tag. Er legte eine Platte auf. Sein Kommentar zur Lage, griechische Songs, die nach Widerstand gegen deutsche Besatzer klangen.
Fallner setzte sich zu ihm. »Es geht auch um die Zukunft unserer Kinder. Wir müssen sie vor solchen Leuten beschützen.«
»Soll das Witz sein? Auf diesen Scheiß falle ich nicht rein.«
»Über das Thema wirst du von mir keinen Witz hören, das ist meine ehrliche Meinung.« Er sagte ihm nicht, dass es dabei auch um viel Geld ging, das würde es zu kompliziert machen und sein Misstrauen nur bestätigen. »Ich kann dir die Unterlagen zeigen, die wir über ihn haben. Du wirst feststellen, dass wir nicht leichtfertig handeln. Es ist kein Schuss ins Blaue und es ist kein Spaß.«
»Was ist Schuss ins Blaue?«
»Du ziehst was durch, obwohl du keine Ahnung hast, wo du genau hinwillst und was am Ende dabei rauskommen könnte.«
»Und ich kann euch so oder so nicht daran hindern.«
»Aber mir wär’s lieber, wenn du auf unserer Seite bist. Oder nicht gegen uns.«
»Was hat der alte Punk damit zu tun?«
»Nichts. Wir sind alte Freunde, Armin weiß, dass ich sauber bin. Wir sind nicht der Staatsschutz oder was du dir alles vorstellst. Wir sind keine korrupten Bullen.«
»Das hat niemand behauptet.«
»Aber ich kann dein Misstrauen verstehen, deswegen biete ich dir an, dir die Unterlagen anzusehen. Du kannst es überprüfen.«
»Dann werde ich eben überprüfen. Ich bin lang genug in Deutschland, ich weiß, immer alles überprüfen, alles immer korrekt. Wenn du mich ablinkst, werde ich überprüfen.«
»Niemand von uns linkt dich ab, du hast mein Wort«, sagte Fallner und reichte ihm die Hand. Und hoffte, dass das stimmte. Und dass die Faktoren, die sie nicht einschätzen konnten, nicht das Kommando übernahmen und ihn und sie alle ablinkten.
»Du siehst übrigens Scheiße aus«, sagte Jorgos und nahm das Angebot an. Schüttelte ihm die Hand.
»Ihr alle. Ich werde uns Kaffee machen. Ein Grieche kocht Kaffee für deutsche Ex-Bullen, die man rausgeschmissen haben, weil sie nicht ganz koscher sind. Meine Kinder und Enkelkinder werden mich eine Tage überprüfen und verachten.«
Er drehte die Schallplatte um und hievte sich stöhnend aus dem Sessel. Ging los Richtung Kaffeemaschine, blieb stehen und sah Fallner in die Augen.
»Private Firma für Sicherheit, also private eyes und so, richtig?«
»Das ist richtig, es ist so, wie ich’s dir gesagt habe. Kannst du auch überprüfen.«
»In meiner Firma verschwindet eine Million und ihr müsst finden den Dieb, weil ich keine Polizei möchte, richtig?«
»Genau das tun wir.«
»Wie hoch ist Belohnung?«
»Im Moment nur drei Kaffee. Ich schwöre, Mann, beim Grab meines Vaters. Weiß der Teufel, was unsere Belohnung sein wird.«