A uf dem Weg zum Black Swan, um Cecilia zu treffen, vermisse ich unweigerlich das ausschweifende Nachtleben in einer größeren Stadt. Damals in den Peaks war ich nur eine Taxifahrt oder eine kurze Zugfahrt von Leeds, York oder Sheffield entfernt. In Penry gibt es viele nette Kneipen, Familienkneipen mit Außenplätzen und ein paar Nachtclubs für Junggesellenabschiede, aber keine florierenden Cocktailbars. Ich kann nicht anders als mir vorzustellen, wie ich in einem aufreizenden Kleid mit einem Martini an der Bar sitze.. Ich lernte Simon in einer Bar kennen, als ich frisch von der Universität kam. Damals hatte ich kürzere Haare, aber als wir zusammen waren, bat er mich, sie länger wachsen zu lassen. Dummerweise habe ich das getan. Meine Hand wandert zu meinen Haaren, und ich lasse meine Finger durch die dunklen Strähnen kämmen. Ich habe es nie wieder kurz geschnitten. Vielleicht sollte ich es tun.
Simon wollte mich schlank und hübsch, in einem Kleid, geschminkt und mit schulterlangem Haar. Justin wollte mich so, wie auch immer ich aussah. Aber er ermutigte mich auch, gesund zu sein. Nicht auf eine boshafte, kontrollierende Art wie Simon. Er bemerkte, wie ich mich vor der Welt versteckt hatte, und ermutigte mich, wieder nach draußen zu gehen. Also fing ich an zu laufen, und das half mir sehr. Ich war nie wieder vom Laufen besessen, wie ich es bei Simon war. Stattdessen fand ich einen guten Mittelweg.
Wenn ich jemanden in meinem Leben habe, der bereit ist, mich zu akzeptieren und zu unterstützen, kann ich einen Teil des Stresses abbauen, der meine Essanfälle überhaupt erst verursacht hat. Ich bin immer noch ein Stressesser. Ich leide immer noch unter starken situativen Ängsten. Diese Dinge werden wahrscheinlich nie verschwinden, aber ich habe einen Weg gefunden, damit umzugehen.
Die Nerven kribbeln in meinem Magen, als ich am Fenster Platz nehme. Mit Schrecken stelle ich fest, dass ich nicht mehr mit einer Freundin aus war, seit ich Parvati das letzte Mal zum Abendessen getroffen habe. Es war hier, im Black Swan, und wir saßen drei Tische weiter und teilten uns eine Flasche Rosé. Ich vermisse sie, und das erfüllt mich mit dem schwarzen Teer wahrer Traurigkeit, nicht nur wegen Parvati und ihrer ermordeten Tochter, sondern auch aufgrund der Erkenntnis, dass ich diese Freundschaft mit ihr wahrscheinlich nie wieder haben werde.
Ich nippe an meiner Weißweinschorle und versuche, mich stattdessen auf die Gegenwart zu konzentrieren.
Cecilia kommt zehn Minuten zu spät und trägt eine Plastiktüte bei sich. Sie stellt sie auf den Tisch, zusammen mit ihrer Handtasche, die, wie ich feststelle, von YSL zu sein scheint. Sie trägt einen cremefarbenen Bleistiftrock und eine weiße Seidenbluse. Ich dagegen bin schwarz gekleidet, für den Fall, dass ich meine Schorle verschütte.
"Oh, Scheiße", platze ich plötzlich heraus. "Ich habe mir einen Drink bestellt und dabei völlig vergessen, dass ..." Ich breche ab, und mein Herz sinkt, weil ich so gedankenlos sein konnte. Natürlich ist Cecilia abstinent. Aber sie winkt bloß lässig mit der Hand.
"Trink, was du willst, Schatz. Du brauchst es. Du hast es dir in den letzten Wochen verdient." Sie lässt sich auf den Stuhl plumpsen und schiebt mir die Plastiktüte zu. "Na los. Mach’s auf."
Sie ist unglaublich hübsch, wenn sie lächelt. Es bringt ihre braunen Augen zum Leuchten.
Zögernd öffne ich die Tüte. "Ich wusste nicht, dass wir uns heute Geschenke machen! Ich hätte dir etwas mitgebracht." Meine Hand stößt auf ein schwammiges braunes Papierpaket. Ich nehme es heraus, falte die Tüte schnell zusammen und packe das Geschenk aus. Darin befindet sich eine ähnliche Tasche wie die von Cecilia, gesteppt, cremefarben und luxuriös. An der Seite ist ein YSL-Logo zu sehen. "Cecilia... aber... das ist zu viel!"
Sie hebt eine Handfläche. "Bevor du in Panik gerätst, solltest du wissen, dass es eine Fälschung ist." Sie hebt ihre eigene Tasche und senkt ihre Stimme. "Ich habe einen Kerl gefunden, der sie in der Nähe der Strandpromenade verkauft. Normalerweise würde ich das nicht tun, aber ich spüre es einfach. Diese Fälschung ist unglaublich gut. Man würde nie drauf kommen!"
Ich finde ihren Enthusiasmus berauschend. Bald kichern wir beide wie Schulmädchen, die Sport schwänzen. Dann öffne ich den Verschluss und schaue in die Tasche. An dem fadenscheinigen Futter und dem fragwürdigen Reißverschluss erkenne ich sofort, dass es eine Fälschung ist. Aber aus der Ferne... Ich lächle vor mich hin. Ich könnte es mir tatsächlich leisten, mir eine YSL-Tasche zu kaufen, wenn ich wollte. Designerstücke waren allerdings noch nie mein Ding. Aber das hier macht Spaß. Es hat etwas Köstliches, diese Kameradschaft mit einer anderen Frau, weil man sich gemeinsam über ein Schnäppchen freut.
"Ich liebe es. Danke! Was schulde ich dir?"
"Absolut nichts." Sie zieht die Augenbrauen hoch. "Es ist ein Geschenk."
Während Cecilia zur Bar geht, um eine Cola zu bestellen, stelle ich die Tasche auf den Boden neben meine eigene, eher schlichte braune Ledertasche, die ich im Urlaub in Italien gekauft habe.
"Ich habe dir ‘ne zweite Runde mitgebracht", sagt Cecilia und stellt ein Weinglas neben mein halbleeres. "Als Entschuldigung für die Verspätung."
"Oh, sei nicht albern, aber danke." Ich gieße die Reste meines ersten Drinks in den zweiten.
"Bevor ich raus bin, habe ich einen Anruf von meinem Ex erhalten."
"Dein Ex-Mann?"
"Genau der", sagt sie. "Er wurde aus dem Gefängnis entlassen, und... um ehrlich zu sein, ich habe Angst vor ihm. Er ist..." Sie nippt an ihrer Cola. "Du hast doch die Halloween-Filme gesehen, oder?"
Ich erschaudere. "So schlimm?"
Sie verlagert ihr Gewicht in ihrem Sitz. "So ungefähr, aber ohne die Maske. Ich habe eine einstweilige Verfügung gegen ihn, aber das hat ihn noch nie abgehalten."
Ihre Haut ist blass. Ich habe es nicht bemerkt, als sie hereinkam, aber jetzt sehe ich es ganz deutlich, und ihre Fingernägel haben eine bläulich-weiße Färbung, dort, wo sie ihr Glas festhält.
"Das tut mir so leid, wie schrecklich", sage ich. "Was hat er am Telefon gesagt?"
"Nichts. Er hat nichts gesagt, aber ich weiß, dass er es war. Wer sonst würde anrufen und wie ein verdammter Psychopath durch die Leitung hauchen?" Sie schüttelt den Kopf. "Was ich nicht verstehe, ist, wie er mich gefunden hat. Ich bin quer durchs Land gezogen, um von ihm wegzukommen. Ich dachte, ich hätte alles getan, was ich konnte, um anonym zu bleiben. Aber er hat mich trotzdem gefunden." Sie schlingt die Arme um ihren Körper und betrachtet mein Glas Wein ein paar Sekunden zu lange. "Es ist zu stoppen. Man kann sich nicht aussuchen, in wen man sich verliebt. Und wenn sich die Person sich als Psychopath entpuppt, kommst du nicht mehr von ihr los. Niemals. Du läufst und läufst, weil du weißt, dass sie dich irgendwann einholen werden, und du fragst dich, ob heute dein letzter Tag sein könnte, weil sie beschlossen haben, dass es so sein wird."
Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich krame in meiner Tasche und hole ein Taschentuch hervor, als ihre Augen tränen. "Gott, Cecilia. Es tut mir so leid. Wenn du etwas brauchst. Wenn du eine sichere Unterkunft brauchst, ich wohne in einem Haus mit einem Sicherheitssystem. Wir haben ein Gästezimmer. Wir können dich für ein paar Tage unterbringen, oder eine Woche."
"Gott, nein, das könnte ich nicht!" Sie tupft sich die Tränen weg. "Sei nicht albern. Aber ich danke dir ." Sie drückt meine Hand.
"Ist deine Tochter sicher, wenn er aus dem Gefängnis ist?"
"Gary ist ein Mistkerl, aber er würde Lily nie ein Haar krümmen. Das ist eine Sache, die ich sicher weiß. In den zwölf Jahren, die wir zusammen waren, hat er sie nie angerührt. Aber sie hat viel mehr gesehen, als sie hätte sehen sollen."
"Es tut mir so leid. Das muss furchtbar gewesen sein."
Sie nickt. "Weißt du, ich glaube, die Lügen und die Manipulation waren schlimmer als die körperlichen Dinge. Ein Bluterguss heilt doch, nicht wahr? Man sieht sogar, wie die Haut heilt. Manche Wunden hinterlassen Narben. Eine verblassende Erinnerung, schätze ich. Es wird mit der Zeit verschwommener. Aber wenn du darauf programmiert bist zu denken, dass dieser Mann dich liebt, dass du seine ganze Welt bist und dein Wert von seiner Liebe kommt... dann dauert es länger zu heilen. Verstehst du?"
"Ja."
Dann sagt sie zögernd: "Du kennst es? Hast du sowas selbst erlebt?"
"Nein, also, ich ... ähm ...", stottere ich. "Mein Ex hat mich nicht wirklich missbraucht, er war bloß nur selbstverliebt und kontrollierend. Ein Arschloch, im Grunde."
"Ich wette, du bist froh, jetzt Justin zu haben."
"Das bin ich. Er ist einer der Guten."
"Wie ist das so?", fragt sie und lacht.
Ich öffne den Mund, um ihr zu antworten, aber dann halte ich inne, und es zieht sich hin, und die Atmosphäre verändert sich. Unausgesprochene Worte hängen zwischen uns.
"Ist alles in Ordnung? Zwischen dir und Justin?"
Ich schüttele den Kopf. "Ich glaube, wir machen grad eine schwere Zeit durch. Er ist in letzter Zeit so anders."
"Inwiefern?"
"Gestresst." Ich lache. "Ich schätze, das ist zu erwarten. Ich habe ihn noch nie gestresst erlebt."
"Wie lange seid ihr schon zusammen?"
"Etwas mehr als zehn Jahre."
"Wow", sagt sie. "Und er war noch nie gestresst."
Ich zucke mit den Schultern. "Ich bin die mit den Sorgen. Er ist der Fels in der Brandung. Bis vor kurzem." Was ich ihr nicht erzähle, ist, dass diese neue Seite an Justin sich manchmal wie ein völlig Fremder anfühlt, aber manchmal auch erschreckend vertraut. Stattdessen sage ich: "Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, um wen ich mir im Moment mehr Sorgen mache - um Maddie oder Justin."
Sie beugt sich vor. "Spuck's aus. Red' dir alles von der Seele."
Bis zu diesem Moment war mir nicht klar, wie sehr ich das Bedürfnis habe, zu reden. Ich erzähle ihr alles.
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* * *
Wir bleiben lange und plaudern über alles und nichts. Ich erzähle ihr sogar von Peter McKenna, was ich sonst nie tue. Es ist schön. Ich entspanne mich und lade alles ab. Sie ist geduldig und eine gute Zuhörerin.
Auf der Taxifahrt nach Hause denke ich wieder an Mama. Ich überlege sogar, sie anzurufen, um mich zu melden. Aber es ist schon nach Mitternacht, und sie würde sich nicht gerade freuen.
Der Umzug nach Penry war keine Entscheidung, die ich leichtfertig getroffen habe. Leider verschlechterte sich meine Beziehung zu ihr so sehr, dass ich beschloss, dass es besser wäre, einfach wegzugehen. Gelegentlich bringe ich Gabe zu ihr, oder ich besuche Papa und treffe sie dort, aber abgesehen davon haben wir uns entfremdet.
Im Flur streife ich mir die roten Pumps von den tauben Füßen und taumle ins Wohnzimmer, wo Justin noch wach ist. Er hebt ein mit bernsteinfarbener Flüssigkeit gefülltes Kristallglas und zwinkert mir zu. Meine Muskeln verkrampfen sich, und ich weiß nicht, warum.
"Du bist spät auf." Meine Stimme klingt verkrampft. Ich räuspere mich und versuche, wieder normal zu klingen. "Hast du auf mich gewartet?"
Er steht auf und kommt näher. "Hey, Baby." Er zieht mich in eine Umarmung und drückt mir einen Kuss auf die Lippen. Sein Atem riecht säuerlich, und ich ziehe mich zurück. "Bist du okay?"
"Ja, mir geht's gut."
"Wie war deine Nacht?", fragt er.
"Es war großartig."
"Hast du eine neue Tasche?" Er deutet auf die gefälschte YSL in meiner Hand.
"Cecilia hat sie für mich gekauft. Sie hat einen Typen gefunden, der gefälschte Designersachen verkauft." Ich hebe sie hoch und grinse, immer noch erfreut über die Tatsache, dass eine Freundin mir eine gefälschte Tasche geschenkt hat.
Justin runzelt die Stirn. "Ist aber nicht wirklich dein Stil, oder?"
"Was meinst du?"
"Gefälschte Designerware?" Er verzog das Gesicht, als ob er sich davor ekeln würde.
"Ist ja nur ein Spaß."
Sein Gesichtsausdruck hellt sich auf. "Oh, ja, natürlich. Ich bin es nur nicht gewohnt, dich mit so etwas zu sehen, schätze ich. Außerdem bist du stinkreich. Du könntest dir eine echte kaufen."
Ich schüttle den Kopf. Er versteht nicht, worum es geht. Vielleicht ist es zu sehr eine Frauensache, um es zu erklären. Wir gehen ins Wohnzimmer, und ich lasse mich auf das Sofa sinken. "Geht es den Kindern gut?"
"Ja. Maddie ist zu einer Übernachtung gegangen."
"Was?" Ich richte mich auf. "Eine Übernachtung? Bei wem?"
"Ein Mädchen namens Annabel."
"Wer zum Teufel ist Annabel? Hast du das überprüft? Hast du ihre Eltern angerufen?" Seit Riya verschwunden ist, war Maddie nicht mehr bei einem anderen Mädchen zu Hause. Gestorben , erinnere ich mich. Riya ist tot .
"Herrgott, beruhige dich, ja?", schnauzt er.
Ich sträube mich. Ich lehne mich von ihm weg und beobachte, wie er einen saloppen Schluck Whisky trinkt, wobei ein Tropfen aus seinem Mundwinkel austritt. Ein roter Fleck auf der Haut schlängelt sich seinen Hals hinauf. Er ist betrunken. Plötzlich verspüre ich den Drang, in Gabes Zimmer zu rennen, ihn in die Arme zu nehmen und die Tür zu verschließen, und ich bin mir nicht sicher, ob das mein vergangenes Trauma ist, das da spricht, oder etwas Neues.
"Was zum Teufel ist in dich gefahren?", flüstere ich. "Warum bist du so?"
Zu meiner Überraschung bricht er zusammen. Er stellt den Whisky auf dem Couchtisch ab und stützt den Kopf in die Hände. "Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich die ganze Zeit wütend und verängstigt bin." Er hebt den Kopf, ergreift meine Hand und legt sie an seine Brust. "Spürst du, wie mein Herz klopft? Das tut es die ganze Zeit."
"Wie lange fühlst du dich schon so?"
"Wochen", gibt er zu und lässt meine Hand los. "Ich glaube, das kommt von der ganzen Sorge um Maddie."
Ich weiche zurück und rücke näher an ihn heran. Es macht Sinn, dass die Ereignisse der letzten Wochen ihn verunsichert haben. Ich bin auch verunsichert. "Du hättest etwas sagen sollen. Es tut mir so leid. Ich war derart mit allem beschäftigt, dass ich gar nicht daran gedacht habe, dich zu fragen, wie es dir mit allem geht."
"Ist schon in Ordnung", sagt er. "Ich wusste, worauf ich mich einlasse. Ich muss einfach besser damit umgehen."
"Was soll das heißen, du wusstest, worauf du dich einlässt?"
Er nimmt noch einen Schluck Whisky und wischt sich dann mit dem Handrücken den Mund ab. "Ich wusste, dass so etwas irgendwann passieren würde. Maddie ist offensichtlich ein Soziopath."
Ich bin erstmal zu schockiert, um etwas zu erwidern. "Ich kann nicht fassen, dass du das gerade so gesagt hast."
"Ich weiß, dass du das Gleiche denkst."
Ich stehe vom Sofa auf und beginne auf und ab zu gehen. "Das ist nicht... Ich... Hör zu, ich bin kein Psychologe. Ich habe nicht das Recht, sie zu diagnostizieren. Solche Stempel helfen ja auch nicht weiter, oder?"
"Zoe, zum ersten Mal seit Gott weiß wie langer Zeit sind wir zusammen allein, und sie ist nicht im Haus. Gib es einfach zu. Gib zu, dass Maddie eine Soziopathin ohne Gewissen ist."
Ich schüttele den Kopf. "So einfach ist das nicht. Es gibt ein Spektrum..."
"Glaubst du, sie hat Riya Shah ermordet?"
"Nein!"
"Was ist mit Phoebe Thompson?"
Ich kratze mich am Arm und wende mein Gesicht ab. "Nein."
"Doch, das tust du."
Ich schüttle den Kopf. "Ich kann nicht glauben, dass du sie aus dem Haus gelassen hast."
"Sie ist fast siebzehn. Was hätte ich denn tun sollen?"
"Sie nicht gehen lassen!", rufe ich.
"Damit sie mich auch ermordet?" Er zieht die Augenbrauen hoch. "Du musst aufwachen, Zoe. Du beschützt sie, egal was passiert, und das ist krank. Ihr seid beide krank. Ihr seid beide nicht ganz richtig im Kopf." Er zeigt mit einem Finger auf mich. "Du leidest unter deinem Überlebensschuld-Syndrom und hast all deine Gefühle in die Tochter eines Serienmörders investiert. Du bist geblendet von der Tatsache, dass sie dein Leben gerettet hat. Es ist nicht so, dass du es nicht sehen kannst - du willst es nicht."
"Nein, ich sehe es sehr wohl", sage ich. "Aber es ist mir egal. In einem Punkt hast du recht. Ich verdanke ihr mein Leben, und ich werde immer für sie kämpfen."
Justin hebt seine Arme und lässt sie auf die Seite fallen. "Es ist sinnlos. Ich gehe ins Bett."
Er stürmt hinaus und lässt mich in der Mitte des Raumes stehen. Ich höre das leise Schlurfen von kleinen Füßen und sehe Gabe in der Tür stehen, der sich die Augen reibt. Ich eile zu ihm hinüber und streichle sein Haar.
"Wird Maddie uns umbringen?", fragt er.
"Gabe, warum sagst du sowas?"
"Du hast Angst vor ihr." Er klingt so sachlich, als sei es normal, Angst vor jemandem zu haben, mit dem man zusammenlebt.
"Sie würde uns nie etwas antun." Ich ziehe ihn in meine Arme und halte ihn fest. "Nie und nimmer."