»Was für ein herrlicher Sonnenuntergang, findest du nicht auch?«, sagte Felicita. »Früher habe ich den Sommer nicht gemocht. Jetzt aber schon! Und dieser Himmel! Was für ein schönes Magentarot. Und die Bäume, schau dir die Bäume an. Dieses Smaragdgrün!«
Sisternes fiel ihr ins Wort. »Ich mag keine Sonnenuntergänge. Die gehören zu den Dingen, die einem unbedingt gefallen müssen. Ich akzeptiere ja die Dinge, die einem notgedrungen gefallen sollten, aber …«
»Also akzeptierst du unsere Hochzeit, aber …«
»Was hat denn jetzt unsere Hochzeit damit zu tun?«
»Na ja, ein bisschen notgedrungen ist sie ja auch.«
»Ich habe schließlich selbst beschlossen, dass wir heiraten. Du hast mich nicht darum gebeten.«
»Tust du es aus einem Gefühl der Ehrenhaftigkeit heraus?«
»Was ist an Ehrenhaftigkeit schlimm?«
»Davor warst du aber zufriedener.«
»Ich mache mir Sorgen. Große Sorgen.«
»Und wenn ich nicht ich wäre und du es dir anders überlegen würdest?«
»Hör endlich mit diesen vielen Wenn-Fragen auf!«
»Und was machen wir, nachdem wir geheiratet haben?«
»Eine Reise.«
»Darf ich dir etwas gestehen?«
»Nur zu.«
»Und du versprichst mir, dich nicht aufzuregen?«
»Ich rege mich nicht auf, versprochen.«
»Mir tun Paare, die eine Hochzeitsreise machen, leid. Wirklich, sie tun mir richtig leid.«
»Warum das denn?«
»Gerade du müsstest das doch eigentlich verstehen. Vorhin hast du gesagt, dass du keine Sonnenuntergänge magst, weil von einem erwartet wird, dass sie einem gefallen. Und so geht es mir mit Hochzeitsreisen.«
»Lass bitte diesen Unsinn.«
»Glaubst du denn, dir wird die Reise gefallen? Auch wenn ich ihr nichts abgewinnen kann, würde ich, wenn ich wüsste, dass du Spaß daran hast, bestimmt auch Spaß haben. Wird sie dir Spaß machen?«
»Woher soll ich das wissen?«
»Und wenn ich nicht ich wäre und mich anders entscheiden würde?«, fragte Felicita erneut.
»Du musst tun, was du für richtig hältst.«
»Ich könnte das Kind auch bekommen, ohne dass wir heiraten.«
»Dazu müsste ich wiederum ein anderer Mann sein.«
»Und wenn ich gar nicht tue, was ich für richtig halte? Wenn ich eigentlich das will, was du wolltest, bevor du dich auf diese Hochzeit und alles Weitere versteift hast? Du tust mir so leid. Wir beide tun mir leid. Aber wenigstens bin ich in dich verliebt.«
»Ich habe dir nie verschwiegen, dass ich es nicht bin.«
»Und du verstehst wirklich nicht, warum du mich nicht liebst?«
»Nein, ich verstehe es nicht.«
»Wegen meines Äußeren? Bin ich dir zu dick?«
»Wenn du mir körperlich nicht gefallen würdest, befänden wir uns nicht in der Situation, in der wir jetzt sind.«
»Bin ich dir nicht besonders sympathisch oder nicht intelligent genug?«
»Lass das. Du bist sehr sympathisch und sehr intelligent.«
»Und das Kind? Obwohl das jetzt sowieso keine Rolle mehr spielt, weil ich bereits beschlossen habe, nicht zu tun, was ich für richtig halte, und stattdessen in eine Klinik nach Cagliari zu gehen. Wie auch immer, es wird also kein Kind geben. Dann musst du dich nicht länger verpflichtet fühlen, mich zu heiraten, und die Hochzeit wird abgeblasen. Aber wenn das Kind geboren worden wäre, hättest du es dann geliebt? Oder hättest du auch das Kind nicht geliebt, ohne zu begreifen, warum? Siehst du, jetzt ist der Himmel auch nicht mehr magentarot, jetzt ist er hyazinthenblau.«