Es gibt eine ganz spezielle Spezies Sommermagie, hinter der ich jedes Jahr aufs Neue wieder her bin. Die Vertreter dieser Spezies sind klein, stürmisch und von nachdrücklicher Schönheit, und die beste Chance, sie zu sehen, habe ich an heißen Juni- und Juliabenden. Heute Abend suche ich sie in einem aufgelassenen Kalksteinbruch am Rand meiner Universitätsstadt, einer gespenstischen Mondlandschaft voller turmhoher weißer Abhänge und Flecken nackten Bodens, die an Schneefelder mit darauf verstreuten Knochen erinnern. Es ist ein Naturschutzgebiet — einer von nur drei Orten in ganz Großbritannien, an denen Heilwurz wächst — und wimmelt geradezu von Leben. Langhornmotten der Art Adela reaumurella, auch als Grüne Langfühler bekannt, in der Farbe von fleckigem goldenem Samt zieren blasse Skabiosen; Kaninchen grasen zwischen Dreiblatt, Echtem Wundklee und Thymian. In der Abendluft schwirren riesige holzfarbene Käfer mit Fühlern wie Lenkstangen, hakenförmigen Füßen und absolut erratischen Flugmustern: Maikäfer. Ich spüre ein kleines, beharrliches Ziehen, als sie sich in meinen Haaren verfangen, und kämme sie mir mit den Fingern ungeduldig wieder heraus. Denn ich bin nicht wegen ihnen hier; ich warte auf etwas anderes, und es muss bald so weit sein. Ein kleiner Schauer der Vorfreude läuft mir über den Rücken, als ich sehe, dass es nun rasch dunkel wird. Gegen zehn ist der letzte Schneeglanz von den Abhängen verschwunden und durch dünnes Sternenlicht und weiche, mottige Schwärze ersetzt. Und dann beginnt der Zauber.
In sechs Meter Entfernung blinkt ein Punkt intensiven Lichts ins Dasein. Dort drüben — noch einer. Und noch einer: winzige Stäubchen kalten Feuers, die ein spärliches Sternenfeld auf den Boden zeichnen. Ich gehe zu einem der Sterne, knie mich hin und spähe vorsichtig zu dem außerweltlichen Leuchten hinüber. Es stammt vom Schwanzende eines kleinen, lang gestreckten, flügellosen Käfers, der sich an einen Grashalm klammert und seinen Hinterleib in der Luft schwenkt. Er und die Lichter um mich herum sind Leuchtkäfer, Lampyris noctiluca, Große Glühwürmchen, halb göttliche, halb lächerliche Wesen: einerseits Ahnungen einer abgelegenen Sternenferne und andererseits wackelnde Käferhintern.
Nur weibliche Leuchtkäfer leuchten so. Sie können nicht fressen, trinken oder fliegen, sondern verbringen den Tag tief zwischen Pflanzenstängeln oder unter Steinen verborgen. Nach der Dämmerung, wenn die Lichtstärke auf etwa null Komma eins Lux sinkt, klettern sie an den Stängeln empor und beginnen zu leuchten, um die kleineren, geflügelten Männchen anzulocken. Nach der Paarung löschen die Weibchen ihr Licht, legen fünfzig bis einhundertfünfzig winzige, runde, ihrerseits schwach leuchtende Eier und sterben. Das Leben der adulten Tiere ist kurz und von Licht bestimmt; in ihrem zweijährigen Larvendasein aber sind sie Kreaturen der makabren Dunkelheit: Mithilfe ihrer Rüssel injizieren sie Schnecken lähmende, gewebeauflösende Nervengifte und saugen sie anschließend auf wie Suppe.
Als ich neben dem Glühwürmchen knie, fasziniert von seinem Licht, fühlt sich unsere Begegnung in der Sommernacht mehr wie Zauberwerk als wie Chemie an, obwohl ich weiß, dass das Licht das Ergebnis einer chemischen Reaktion ist, bei der das Enzym Luciferase in Anwesenheit von Sauerstoff, ATP und Magnesium auf einen Stoff namens Luciferin einwirkt. Der genaue Mechanismus der kalten Lumineszenz der Glühwürmchen hat Naturphilosophen lange Zeit Rätsel aufgegeben. Im siebzehnten Jahrhundert fand Robert Boyle heraus, dass das Leuchten erstarb, wenn sich die Käfer in einem Vakuum befanden — und sinnierte, dass das Licht seiner hinter Glas gefangenen Versuchstiere »gewissen Wahrheiten« ähnele, die frei erstrahlen, »Gefängnissen zum Trotz«. Im frühen neunzehnten Jahrhundert führte John Murray mühevolle Experimente mit Glühwürmchen aus Shropshire durch, deren leuchtende Hinterteile er in auf verschiedene Temperaturen erhitztes Wasser, in Säure, Rohbenzin, Öl oder hochprozentigen Alkohol legte. Seine Berichte von diesen doch recht grausamen Experimenten muten fast so magisch an wie seine Forschungsgegenstände. Ein Exemplar leuchtete in Olivenöl eingelegt mehrere Nächte lang. »Aus einer Entfernung von rund drei Metern flimmerte es wie ein Fixstern«, schrieb er, »während das Auge das atemberaubende Phänomen ruhig und konstant beobachtete.« Es ist schwierig, über Glühwürmchen zu schreiben, ohne dabei auf Metaphern von Sternen und Lampen zurückzugreifen; ihr einzigartiges Licht bevölkert unzählige literarische Werke. In Hamlet verblasst ihr »unwirksam Feuer«, als der Morgen naht, in Marvells Mower to the Glow-Worms sind sie »lebend Lampen«, ausgesprochen höfliche Geschöpfe, die Wanderer nach Hause und in die Sicherheit geleiten.
Leuchtkäfer bevorzugen Kalksteinhabitate, man findet sie an alten Bahntrassen und Böschungen, auf Friedhöfen sowie in Hecken und Gärten. Niemand aber weiß, wie viele es von ihnen in Großbritannien gibt; oft bemerkt man sie gar nicht, weil ihr Licht von Scheinwerfern und anderen künstlichen Lichtquellen überstrahlt wird. Sicherlich sind sie von der Verschmutzung ihres Lebensraums und von der fortschreitenden Verstädterung bedroht. Nicht selten fühlen sich die Männchen von Straßenlaternen und hell erleuchteten Fenstern angelockt, und die Kolonie, in deren Mitte ich mich gerade befinde, verdankt ihr Überleben teilweise dem Umstand, dass das Natriumleuchten der umgebenden Stadt von den Wänden des Kalksteinbruchs verdeckt wird. Da die Weibchen flugunfähig sind, weisen die Kolonien häufig ein ehrwürdiges Alter auf und laufen immer Gefahr, ausgerottet zu werden: Sie können nicht leicht den Standort wechseln. Dort allerdings, wo man von ihnen weiß, werden sie meist leidenschaftlich bewacht, und inzwischen haben sich Glühwürmchentouren und -spaziergänge in zahlreichen Teilen des Landes zu einer viel geliebten Sommerabendtradition entwickelt, bei der ortsansässige Fachkundige Besucher zur Lightshow der Natur führen, nicht ohne Drinks und Snacks, versteht sich.
Wir leben in einer Welt ablenkender, ewig leuchtender Bildschirme, und doch besitzen die strahlenden, winzigen Leuchtfeuer noch immer eine Anziehungskraft, die die Menschen scharenweise ins Freie treibt, wo sie dann stehen und staunen. In Zeiten der ökologischen Zerstörung ist es schwer, die Menschen wieder mit einer Natur zu verbinden, die sie aus Fernsehen und Internet besser kennen als aus der leibhaftigen Wirklichkeit. Der größte Zauber der strahlenden Leuchtfeuer, die die Menschen in Scharen ins Freie locken und sie zum Staunen bringen, besteht darin, dass er nicht bedeutungsvoll im Bild eingefangen werden kann. Glühwürmchen sind Teil unserer versteckten ländlichen Gegenden — und wie Marvells »lebend Lampen« können sie noch immer verirrte Wanderer heimführen.