Besuch Heines bei Goethe 1824. Goethes Frage: »Womit beschäftigen Sie sich jetzt?« Heines Antwort: »Mit einem Faust.« Die Befremdlichkeit dieser Antwort: die Relativierung des Faust. Für Heine nicht voll zu ermessen: Es gab zwar schon den »Faust«, aber noch nicht »das Faustische« als Epitheton des Deutschen schlechthin. Faust I war 1808 zuerst erschienen. Faust II sollte erst 1832 im Druck erscheinen. Erst der zweite Teil aber beanspruchte für die Faustgestalt kosmische Geltung. Faust II ist der bewußte Wurf ins Unüberbietbare.
Heine sah die Möglichkeit der Weltgeltung der Faustgestalt gar nicht; er wollte sie zum Symbol der Persönlichkeitsgestaltung machen. »Ich denke auch einen zu schreiben, nicht um mit Goethe zu rivalisieren, nein, nein, jeder Mensch sollte einen Faust schreiben.«
Nicht Relativierung, sondern Bedeutungswandlung: in der Faustgestalt nicht das Allgemeine, sondern das Persönliche und Eigenste erkennen.
Führt geradenwegs auf den Titel »Mon Faust«, den Paul Valéry seinem Fragment gegeben hat.
Dieser Titel ist uns aus dem Munde des jungen Goethe überliefert: In einem Brief an Abraham Hayward vom 31. 12. 1832 berichtet August Wilhelm Schlegel eine Mitteilung, die ihm Johann Georg Zimmermann von einem Besuch in Goethes Elternhaus im Jahre 1775 gemacht hatte: »Goethe apporta un sac rempli de petits chiffons de papier. Il le vida sur la table et dit: voilà mon Faust!«
Aber gerade von dieser Eigentumsbindung an die schaffende Person des Dichters und ihr Schicksal sollte der zweite Teil die Dichtung lösen: Dem persönlich großen Schicksal sollte Weltgültigkeit, der titanischen Monade kosmischer Sinn hinzugewonnen werden. Der zweite Teil des Faust schließt aus, daß es immer wieder »einen« Faust geben kann.
Aber dieser Anspruch ist nicht erfüllt worden: auch unsere Zeit hat ihren Faust. Überdruß an der nur konservierend-kritischen Arbeit der Goethephilologie, wie sie schon 1862 Friedrich Theodor Vischer in sei148ner Faustparodie: »Faust. Der Tragödie dritter Teil. Von Deutobold Symbolizetti Allegoriowitsch Mystifizinsky« zum Ausdruck gebracht hatte. Faustisches Selbstbewußtsein und unfaustische Pedanterie bestimmen unser Verhältnis zum Faust ein Jahrhundert lang.
Das Fortleben des Faust bei Paul Valéry. 1871 geb. südfranz. Vater, italien. Mutter. Als Erbe Mallarmés der Vollender der »poésie pure«, die auf die Voraussetzung der Möglichkeit des »reinen Geistes« gegründet ist. Die klassische Überlieferung Frankreichs seit Descartes. Sublimierung der Wirklichkeit zur Idee. Was bedeutet ihm Faust?
»Die Gestalt des Faust und die seines maliziösen Genossen haben einen Anspruch auf immer neue Re-inkarnationen.
Zwar scheint die geniale Tat, die diese beiden aus der Sphäre der Puppenspiellegende und Jahrmarktsbelustigung herausriß und sie, gleichsam mit der Kraft ihres eigenen Naturells, in die poetische Existenz erhöhte, es für immer jedem anderen Erdichter zu verbieten, sie nochmals bei ihren Namen zu nennen und sie wiederum in Bewegung zu versetzen, um sich in neuen Handlungs- und Wortgefügen darzustellen.
Aber nichts erweist so unbestreitbar die Macht eines schöpferischen Geistes wie die treulose Verselbständigung seiner Geschöpfe. Je lebendiger er sie gemacht hat, um so freier werden sie sein. Gerade ihre Rebellion deutet auf die Größe ihres Urhebers – davon weiß Gott …
Nun, der Schöpfer dieser beiden, Faustens und des Anderen, hat sie so ins Große entworfen, daß sie, seinen Händen entgleitend, zu Instrumenten des Weltgeistes wurden: sie sprengten die Grenzen dieses einen Werkes, in dem sie aufgetreten waren, ohne ihre Rolle vollends auszuspielen. Und da sie einmal dazu ausersehen worden waren, ein Äußerstes des Menschlichen und des Unmenschlichen zu verkörpern, sind bloß zufällige Abenteuer nicht ihre Sache. Ich habe es daher gewagt, sie erneut zu bemühen.
Denn so viele Dinge haben sich seit hundert Jahren in dieser Welt gewandelt, daß man auf den Gedanken kommen mußte, sie beide in unseren Bereich herüberzuziehen, der so verschieden ist von dem des beginnenden 19. Jahrhunderts …«
149»Mein Faust« heißt für Valéry nicht, über Goethe hinaussein, in der Weise eines Fortschrittes, sondern mit der Bedrängnis fertigzuwerden, die uns die Größe seiner Gestalten in einer so gründlich veränderten Welt bereitet. Daß »Goethe Homer näher zu stehen scheint als uns« (Jaspers), bedeutet nicht seine Überwindung, sondern die Not, die er uns bereitet.
»Mon Faust« besteht aus »Entwürfen« (ébauches), und nicht nur zufällig ist die Form des endgültigen Werkes nicht erreicht: der Mensch, der sich in dieser Gestalt aussagt, glaubt, selbst stets »im Entwurf« zu stecken.
»Mon Faust« steht der Komödie weithin näher als der Tragödie. Beim ersten Aufgehen des Vorhangs wird gelacht.
Das erste der beiden Stücke heißt »Lust, das Mädchen von Kristall«. 1. Akt. Arbeitszimmer Faustens. Faust und die lachende Lust. »Das Lachen ist eine Verwahrung gegen das Denken.«
Faust diktiert Lust seine Memoiren. Nicht die seiner ersten und eigentlichen, tragisch-schicksalhaften Existenz, sondern die seines Fortlebens, seiner literarisch-musikalischen Reflexe und Spiegelungen. Die Memoiren des Faustischen.
Die Unmittelbarkeit Goethes, die alles »wie zum ersten Male« erlebt, läßt sich nicht wiederholen. Unsere Not ist die, daß wir mehr Geschichte als Gegenwart haben. Auch Valérys Faust ist nur noch der seine Vergangenheit wiederholende.
Das bewußte Bewußtsein. Das kultivierte Bewußtsein.
Valéry selbst ist der Exponent des bewußten Bewußtseins. Durch »systematische Bewußtseinsdisziplin« sucht er sich selbst zum »reinen Ich« zu sublimieren: dies nennt er das »avancement en soi-même«. In seinem 21. Lebensjahr erlebt er eine Krise: »Ich stürzte mich mit Leidenschaft in die Theorie.« Verzicht auf literarische Produktion zugunsten einer »stolzen Kultivierung des Ich«.
Der memoirenschreibende Faust. »Man hat so viel über mich geschrieben, daß ich nicht mehr weiß, wer ich selbst bin.« Die Geschichte, die Theorie als Gefahr des Selbstverlustes: die Entscheidungen liegen alle schon in der Vergangenheit, immer anderswo als in der Gegenwart. 150Die Geschichte bedroht den Ernst, mit dem der Mensch zu sich selbst jederzeit steht.
Faust fragt nach seiner wirklichen Gegenwart gegenüber der Vergangenheit:
»Die Vergangenheit ist nur eine Art von Glauben. Und ein Glaube ist ein Verzicht unserer Geisteskraft, die nicht gewillt ist, sich alle nur denkbaren Möglichkeiten des Nicht-Gegenwärtigen vorzustellen und sie alle gleichermaßen in der Schwebe zu lassen. Aber ich habe noch nicht darauf verzichtet, an dem zu bilden und zu formen, was meine Geschichte sein soll; und deshalb habe ich im eigentlichen Sinne keine Vergangenheit. Was ich getan habe, was ich tun wollte, was ich hätte tun können, das alles steht gleicherweise als Idee lebendig vor mir, und ich fühle mich zu all den Abenteuern, die mir entweder meine Erinnerung vorhält oder die mir meine Biographen so großzügig beilegen, noch in gleichem Maße bereit und fähig.«
Die Kunst ist die Zurückgewinnung aller Möglichkeiten aus ihrer historischen Festlegung. Der memoirenschreibende Faust ein Dichter; er regeneriert seine Vergangenheit im Kunstwerk. Für Valéry ist die Freiheit des mit Geschichte überlasteten Menschen nicht mehr die moralische, sondern die ästhetische Freiheit. Das zeigt sich sogleich an Faustens Beziehungen zum Teufel.
Lust, als Sekretärin neu angestellt, erkundigt sich schüchtern nach der Wahrheit des Gerüchtes, Faust habe Verkehr mit dem Teufel.
»Aber natürlich. Wie alle Welt. Kennen Sie denn irgendeinen, der nicht seine speziellen Beziehungen zu ihm gehabt hätte? Das ist ausgeschlossen. Wie sollte man das überhaupt anstellen? Man muß gar nicht ausdrücklich daran denken, davon träumen oder eine Empfindung davon haben … Er ist immer so, wie man ihn will … Alles, was man will – mag es sein was auch immer –, kann stets er sein. Er versteckt sich in vielerlei Dingen, und es bedarf guter Augen, um ihn darin zu entdecken.«
151Mephistopheles tritt auf. Gespräch Faust – Mephisto.
Faust: Ich kann dir nicht verhehlen, daß du in der Welt nicht mehr die hervorragende Stellung hast, die du vorzeiten einnahmst.
Mephisto: Meinst du wirklich?
Faust: Ich versichere es dir. Ich spreche nicht von der Zahl der Affären, die mit dir in Zusammenhang stehen, nicht vom Reingewinn. Nein, von deinem Kredit, deinem Ansehen, von den Honneurs, die man dir machte …
Mephisto: … möglich, möglich …
Faust: Du hast keine Furcht, gewiß nicht. Die Hölle kommt erst im letzten Akt zum Zuge. Du läßt dich mit den Menschen im Augenblick nicht viel ein. Es gibt höchstens noch gewisse kleine Gruppen von Amateuren und zurückgebliebenen Völkerschaften … Kurz, deine Methoden sind überaltert, deine Physik ist geradezu lächerlich …
Mephisto: Und du – hast du dir vielleicht in den Kopf gesetzt, mich wieder auffrischen zu wollen?
Faust: Warum nicht. Jedem das, was er braucht.
Mephisto: Versucher … du wagst zu behaupten, daß ich dich nötig haben könnte?
Faust: Ich weiß, was ich sage. Du lebst in der Ewigkeit, mein Teufel, und bist nichts weiter als ein Geist. Du kennst nicht das Denken, den Zweifel, das Suchen. Im Grunde bist du unendlich einfältig … Du denkst, es könne auf der Welt keine andere Sache von Wichtigkeit geben als Gut und Böse … Und deshalb sage ich dir, du müßtest jemand haben, der für dich denkt und reflektiert. Der reine Geist – selbst wenn er unrein ist – ist dem nicht gewachsen … (Wie gesagt), ich darf dir nicht verhehlen, daß du mir ziemlich aus der Mode gekommen zu sein scheinst. Solltest du das bestürzend Neue der gegenwärtigen Epoche des Menschen überhaupt nicht begriffen haben?
Mephisto: Der Mensch bleibt sich immer gleich, und ich ebenso. Daran halte ich fest.
Faust: Dann hältst du an einem historischen Irrtum fest. Bis jetzt freilich waren die Mittel des menschlichen Geistes zu schwach, um mehr ausrichten zu können, als eben die Oberfläche der Dinge zu streifen; sie stießen nicht bis zur Substanz des Lebens durch. Auch der mächtigste Herrscher konnte nur dies: töten und bauen. Alle Vorstellungen, die 152diese begrenzte Macht des Menschen überstiegen, wurden selbstverständlich einer übernatürlichen Ordnung zugerechnet. Von dieser Voraussetzung lebte die Magie. Davon weißt du einiges, erlauchter Mephistopheles … Aber von Tag zu Tag macht sich der Mensch mehr und mehr frei von der Wesensart, wie du sie seit den Tagen des unglücklichen Adam traktiert hast. Du hast dir geschworen, alles daran zu setzen, um von Generation zu Generation diesen alten Typus der Schöpfung in die Irre zu führen und zu verderben, und dieses Handwerk praktizierst du noch … Aber, während du im Bewußtsein deiner Ewigkeit und deiner bisherigen Erfolge seit dem Jahre I erschlafft dich ausruhst, hat der Geist des Menschen, von dir selbst gewitzigt, aufgehört, sich an der Schöpfung zu reiben … Stelle dir vor, sie haben im Innersten der Körper, gleichsam diesseits ihrer Realität, das alte Chaos wieder entdeckt …
Das Komödienhafte und zugleich so Signifikative: die Umkehrung des alten Verhältnisses Faust – Mephisto. Faust ist der Versucher.
Diese geniale Umkehrung sagt mehr über unsere Epoche als weitschweifige Analysen. Die Herrschaft Mephistos beruht auf der moralischen Freiheit des Menschen, auf der Unterscheidung von Gut und Böse, auf der Sorge um sein Heil.
Der neue Mensch ist der der ästhetischen Freiheit, der Unterscheidung von Interessant und Langweilig, der Angst vor Er-weiß-nicht-was. Dieser Mensch bietet dem Teufel keine Chance. Er hält ihn für tot, weil er Gott für tot hält. Der Versucher ist zur Komödienfigur heruntergekommen.
Faust studiert die Verwirrung, die ein Besuch bei dieser neuen Zeit in dem infernalischen Geist auslösen muß.
Faust: Denke daran, Satan, daß diese außergewöhnliche Wandlung dich angeht, und zwar, was die Furchtbarkeit deiner Person betrifft … Das Schicksal des Bösen selbst steht auf dem Spiel … Weißt du, daß dies das Ende der Seele sein kann? Jener Seele, die jedermann das mächtige Bewußtsein seines unvergleichlichen und unzerstörbaren Wertes verleiht, unerschöpfliche Sehnsucht, Fähigkeit zur Freude und zum Schmerz, zum unverlierbaren Selbstsein – das alles büßt seine Bedeu153tung ein. Die Individualität erstirbt … Der Tod ist nur noch eine der statistischen Eigenschaften der ungeheueren Masse des Lebendigen. Er verliert seine Würde, seine klassischen Kennzeichen. Denn mit der Unsterblichkeit der Seele ist die Bedeutung des Todes unlösbar verknüpft; sie gibt ihm seinen Sinn und bestimmt seinen unendlichen Preis … Das ganze System, in dem du ein wesentlicher Bestandteil gewesen bist, befindet sich in Auflösung und verfällt in Trümmer …
Mephisto: Nach all dem … glaube ich bald wirklich, daß ich zu nichts mehr nütze bin. Vielleicht beruht alles auf einer falschen Vorstellung …?
Faust: Auf welcher?
Mephisto: Auf der Vorstellung, daß die Menschen selbst nicht bösartig genug sind, um sich ganz allein zugrunde zu richten, mit ihren eigenen Mitteln …
Hier hängt die Vision der Überflüssigkeit des Teufels mit dem innersten Kern der technischen Welt zusammen, die die Mittel der Selbstvernichtung bereitstellt. Mephisto sinkt ins Bedeutungslose ab.
Was aber wird aus Faust?
2. Akt. Faust und der Schüler.
»Ich bin alles dessen müde, was mich daran hindert zu sein.« Was aber heißt: zu sein? Unmittelbarkeit zu allem Wirklichen, es nicht als das schon tausendmal Erlebte, durch Erlebnis Geprägte zu sehen. Freiheit zu allem Möglichen. Gibt es noch Mögliches, Unverwirklichtes? Ist nicht alles schon einmal dagewesen? Faust ist die Symbolgestalt einer späten Geschichte, die vom Bewußtsein der Wiederholung verfolgt wird, ohne daß ihr das Wiederholte schon als gültig gewiß wäre.
Faust (zum Schüler): Ich habe gelebt – und noch mehr als das. Aber wie soll ich Ihnen das deutlich machen? Ich kann Ihnen nur ein Bild geben für die Einzigartigkeit meines Schicksals … Stellen Sie sich vor, daß das Leben eine Art von Bewegung ist, deren Bahn von dem Ort und Tag der Geburt zum Ort und Tag des Todes reicht. Die Sonne eines Lebens geht an einem Punkt des Horizontes auf, sie entsteigt den Nebeln und dem milden Umriß der Kindheit. Der große Tag der Empfindun154gen, der Wünsche, des Erkennens, der Leidenschaften und Gedanken bricht an. Das Licht wird schärfer und härter. Das Gestirn erreicht den Zenith seines Laufes, die Fülle der Kraft und der Gewißheit, und sinkt wieder und versinkt … Der Mensch ist eine Art Eintagsfliege, er lebt diesen einzigen Tag, der sein ganzes Leben ist, nicht noch einmal. Die Sonne seiner Gegenwart leuchtet ihm nicht zum zweiten Mal … Aber ich, mein junger Freund, ich habe – durch den Eingriff geheimnisvoller Mächte – den Tag meines Lebens bis unter den schicksalhaften Horizont erblickt. Das andere Gesicht der Natur, die Antipoden der Schöpfung, wurden mir sichtbar. Ich habe den vollen Weg um die Welt gemacht. Und dann, fortgerissen von diesem Schicksal, bin ich in die Zeit zurückgekehrt, um nochmals zu leben. So lebe ich ein zweites Mal. Ich lebe, schaue, erkenne, wenn das überhaupt leben, schauen, erkennen ist, ein zweites Mal zu leben, zu schauen, zu erkennen … Auch der seltenste und kühnste Gedanke, der mir kommt, gibt mir nicht mehr das Bewußtsein der Neuheit (und Einzigkeit). Er erscheint mir, sobald er aufsteigt, als sei er schon einmal gedacht und jetzt nur wiederum gedacht … Was kann mir daher der Ruhm bedeuten, da ich doch weiß, daß er nur zu solchen Wesen gehört, die ihren einen und einzigen Tag leben?
Worauf beruht die Unerträglichkeit der Geschichte? Auf dem Grundgedanken, daß es Sache des Menschen sei, die Dinge zum ersten Male zu sehen, die Gedanken zum ersten Mal zu denken. Für eine Zeit, die einen Gott über sich glaubt, ist es selbstverständlich und fraglos, daß der Mensch die Dinge wesentlich zum zweiten Male sieht, die Gedanken zum zweiten Male denkt, und es ist sein Glück, dies tun zu können. Dem Faust Valérys ist der Prolog im Himmel nicht mehr hinzuzudenken. Gottes Tod macht die Last der Geschichte unerträglich.
Faust und Lust im Garten. Gelingt Faust der Durchbruch zu einer Unmittelbarkeit, zu einem Leben wie zum ersten Male? Lust mißversteht sogleich, als Faust mitten im Diktat seiner Memoiren sagt:
»Herrlich, dieser Abend …«
und Lust aus ihrem Stenogramm repetiert:
»Herrlich, dieser Abend …«155
Faust: Aber nein … ich diktiere nicht, ich existiere … Ich sage dir, daß ich an gar nichts denke … Hier muß sich irgend etwas entscheiden, ich weiß das ganz genau, und zwar deshalb, weil ich an gar nichts denke … Jetzt erst, jetzt bin ich, was ich bin … Mein Sein geht ganz auf in meiner Gegenwart … ohne Rest. Nichts außerdem. Das Unendliche ist endlich. Ich bin, was ich bin.
Dies scheint die Lösung des Problems: nur selbst sein, nichts anderes voraussetzen, nichts anderes denken. Das Nichts voraussetzen. Aber –:
Faust (zu sich selbst): Ich bin, was ich bin. Ich bin auf dem Gipfel meiner Kunst, auf der klassischen Höhe der Kunst: zu leben. Das ist mein Werk: leben. Aber ist das schon alles? Man muß es auch wissen … Es kann nicht nur darum gehen, auf dieser Hochebene des Daseins sich einfach zu befinden, ohne wissende Bewußtheit. Was für Abenteuer, Überlegungen, Träume, Irrungen hat es gekostet, diese Freiheit zu erlangen: zu sein, was man ist, nichts weiter und nichts anderes als das, was man ist! Was könnte sonst Vollendung sein, wenn nicht die Überwindung alles Entbehrens? Das, was wir entbehren, ist schon immer überflüssig … Es ist ein höchster Zustand, wo alles in Leben aufgeht und mit einem Lächeln sich alle Fragen und alle Antworten erledigen … Leben … Ich fühle, ich atme mein größtes Werk. Ich werde in jedem Augenblick geboren für diesen Augenblick. Leben … ich atme es … Ich öffne jedes Mal und doch immer zum ersten Mal tief in mir diese inneren Schwingen …, die den, der ist, von dem, der war, zu dem, der sein wird, tragen … Ich bin – ist das nicht etwas ganz Wundersames? Sich über dem Tode zu halten, als wenn ein Stein sich mitten im Raume hielte? Das ist unglaublich … Ich atme, und nichts weiter, weil es nichts weiter gibt. Atme und schaue … Schauen genügt, und zu wissen, daß man schaut … Das ist eine ganze Wissenschaft … Die Seele ist eine Bettlerin. Wenn ich die Augen schließe und mich dann scharf in den inneren Blick fasse, mich hier, mich zwischen dem Geist und der Seele … Welche Armut! Wo sind die scharf umrissenen Gestalten, die Nuancen, die Perspektive, die sich schon in der geringsten Bewegung wandelt? Welchen erschöpfenden Preis muß ich so, bei geschlossenen Augenlidern, zahlen, um den Dingen, die ich mir vorzustellen suche, Dauer, Klarheit und Glanz zu verleihen? Welche Kraft des Glaubens, welche furchtbaren Ka156steiungen, welche Macht des Gebetes könnte sich eine Sonne wie diese dort erschaffen, die leuchtet und so verschwenderisch ihr purpurnes Licht verströmt, für alle Welt? Ich atme und ich schaue … Aber, gibt es nicht vielleicht noch Gegenwärtigeres in der Gegenwart – das, was ich berühre? Da finde und schaffe ich das Wirkliche zugleich … Meine Hand fühlt sich berührt, so wie sie selbst berührt. Wirklich sein besagt nichts anderes als dies …
Faust wird von seinem Hunger nach Unmittelbarkeit ad absurdum geführt: vom Willen, nur er selbst zu sein, ist er unversehens zum Anderen zurückgekehrt, zu dem Mädchen Lust, die er berührt und küßt. Zum zweiten Male Gretchen? Faust ist dem Historischen seiner Existenz nicht entkommen. Barsch fährt er im Diktat der Memoiren fort.
Der 3. Akt bringt die burleske Kraftprobe Mephistos an der Verführung des Schülers.
Mephisto (zum Schüler): »Was ich im Leben treibe? O, ein wenig von allem, denn ich tue, was man von mir will. Verstehen Sie? Alles, was man will; ja, ich tue sogar, was man wollen könnte. Ich bin Professor der Existenz …«
Mephisto, le Serviteur des Serviteurs d'Eux-Mêmes, scheitert sogar an dem subalternen Schüler. Da es die Macht Gottes nicht mehr gibt, kann es auch die des Teufels nicht mehr geben. Der Tod Gottes, von dem doch nirgends hier die Rede ist, ist das eigentliche Thema des neuen »Faust«: er reflektiert sich an der Nichtigkeit seiner Widersacher, des Teufels, des freien Menschen.
Das Fragment endet mit dem dritten Akt. Faust und Mephisto sind gescheitert.
Angehängt ist eine »feérie dramatique«: »Der Einsiedler oder die Verwünschungen des Alls«.
Die Sphäre Mephistos wird verlassen; Faust steigt weiter hinauf in die nihilistische Dimension. Konsequenz aus dem ersten Teil: schon dort war der Nihilismus verborgen gegenwärtig.
Mephisto behagt die Höhe nicht, er steigt in die Tiefe zurück und ruft Faust zu:
Wir werden uns wiedersehen. Ich warte auf dich weiter unten.
157Faust (allein): Der Schwindel ist mir unbekannt. Nicht gestattet, vielleicht? Ich kann in die Tiefe eines Abgrundes blicken, nur erfüllt von Neugier. Ja, meist von Gleichgültigkeit. Aber hier, auf dem Dache der Welt, fühle ich einen Schatten von Unbehagen … Nicht die Höhe, nicht dieses Ansaugen der steilen Tiefe und ihrer Leere verwirren mich. Nein, eine ganz andere Leere, die auf einen ganz anderen Sinn wirkt … Diese wesenhafte Einsamkeit, dieses letzte Versinken alles Seienden. Niemand hier, auf den ersten Blick; und dann – noch weniger als niemand. Nicht ein Grashalm, nicht ein Moos. Tiefer unten schon, am Ende ihrer Kraft, macht die Erdennatur halt. Nichts ist hier als Felsen, Schnee, ein wenig Luft, die Seele und die Sterne. Vier oder fünf Worte genügen, um über diesen erhabenen Ort alles zu sagen. Daß mit so wenigem doch alles gesagt sein kann, das ist ein wahres Zeichen des Universums. So ungeheuer mächtig ist das Nichts im Ganzen … Das übrige? Eine Fingerspitze verstreuten Staubes … Und das Leben? Eine unsichtbare Spur auf einem Körnchen dieses Staubes. Aber noch diese Spur ist ein Übermaß im Verhältnis zu dem, was sie an Geist enthält. Weshalb bin ich bis zu diesem kritischen Punkt emporgestiegen? Weiß ich es? Es war wohl der Gedanke, an einen Ort unserer Welt zu gelangen, wo man gerade die Nasenspitze herausstecken kann aus dem, was ist …
Faustens Wandlung: er betrachtet das Leben, den Geist nicht mehr von innen, von sich selbst, sondern vom Universum her, von außen. Sein und Nichts sind vertauscht: was vorher alles war, ist nun ein Nichts. Was aber, wenn auch das, was nun alles zu sein scheint, das Universum, ein Nichts ist? Dann geht der Trick der Vertauschung nicht ein zweites Mal.
Der Einsiedler, auf dem Bauche liegend, beim Kult des Nichts.
Faustens Gespräch mit dem Einsiedler:
Einsiedler: Du gefällst mir nicht …
Faust: Was habe ich euch getan?
Einsiedler: Du bist!
Faust: O ja, ich glaube wohl …
Einsiedler: Dann geh hinweg. Du bist. Dann bist du unrein. Geh!
Faust: Aber Ihr, seid Ihr denn nicht?
Einsiedler: Nein. Da es nur mich gibt, gibt es niemand. Geh oder ich 158stürze dich in die Tiefe. Hinweg oder in den Abgrund … Du siehst doch, daß hier nicht Platz für zwei ist. Wo zwei sind, da gibt es keine Einsamkeit mehr … Was willst du hier? Hier gibt es weder Gold noch Brot noch Weiber. Hier ist nichts. Das Nichts paßt nur zu dem Einsamen, einzig zu dem Einzigen. Sie sind füreinander gemacht … Es gibt nicht mehrere. Es gibt nur den Einen und den Einen und den Einen – und sie kommen nicht zueinander …
Im tiefsten Grunde der Dinge begegnet Faust hier sich selbst, dem Entwurf seiner Existenz, den er sich in der Gartenszene des ersten Teils, in dem großen Monolog, gemacht hatte. Der Einsiedler ist konsequenter als Faust: er widerspricht sich nicht selbst im Kusse des Mädchens, im Berührenwollen. Er übt die unbedingte Askese von allem Seienden, um nur er selbst, nur dieser Einzige zu sein. Faust ist sein Feind: er ist der Ketzer, der Abtrünnige dieses Willens zur absoluten Existenz. Er hat sie mit einem Kusse verraten.
Aber der Einsiedler, der Prophet der Existenz – nicht ihr Professor, wie Mephisto – was ist mit ihm? Er hat das Du um sich vernichtet, das Gespräch, die Sprache.
Einsiedler: Alles, was sich sagen läßt, ist nichtig. Du weißt, was die Menschen aus allem machen, was sich irgend in Worte fassen läßt. Du weißt es. Sie machen daraus ein schlechtes Wechselgeld, ein Instrument ihrer Irrtümer, ein Mittel der Verführung, der Unterdrückung, der Ausbeutung. Aber nichts Reines, nichts Wesentliches, nichts Kostbares und Wirkliches läßt sich mitteilen. Die Wirklichkeit entzieht sich absolut aller Übertragbarkeit. Sie ist unvergleichlich, so daß nichts sie darstellen oder erklären kann; sie ist nicht Zeichen, sie hat keine Dauer und hat keinen Raum in einer Welt oder irgendeiner Ordnung – denn Dauer und Ordnung kommen einer Sache von außen, von anderen ihr fremden Dingen zu …
Was aber bleibt dem Menschen, wenn ihm die Sprache zu nichts entwertet ist? Das Schauen, müßte Faust hier sagen. Und das Wissen darum.
Einsiedler: Das hat nicht die geringste Bedeutung für mich. Mit einem Blick erfaßt du die Masse der Dinge, die wirklich werden können, im voraus. Mit einem Blick mißt du ab, welcher Sprung dich über den Gra159ben trägt, welche Bewegung deines Armes dein Glas zum Munde führt. Von diesen Wundern macht alles Lebendige Gebrauch. Nur dadurch besteht es. Das Leben ist selbst beständiges Vorauswissen. Aber welches Gewicht hat das? Gibt es etwas Banaleres als diese Art von Wunder? Siehst du nicht, wie die Natur mit ihnen um sich wirft, sie vergeudet? Sie kosten sie so wenig, daß ihr ganzer Wert einzig auf dem Erstaunen beruht, das Ihr ihnen entgegenbringt. Und der Geist ereifert sich auch noch an solchen Wunderbarkeiten für einen Sou – und eben das ist es, was mich von seiner Schwäche überzeugt hat. Ich sagte: Wunderbarkeiten für einen Sou – ich übertreibe. Überlege einmal, wieviel Ameisen es auf der Welt gibt, und du wirst sehen, daß du noch übervorteilt wärest, wenn du auch nur einen Sou dafür geben würdest, für diese Wunderbarkeiten … Ja, eure Geister sind noch kindisch, und sie werden es bleiben, so lange sie für diese Effekte des Wunderbaren empfänglich sind, so lange das extrem Große oder das winzig Kleine, die Maschinerie des Lebendigen, sie noch betroffen machen; so lange die Manie des Erklärens, der Durst nach Geheimnissen in ihnen ist, verbunden mit dem Verlangen nach Genuß, nach Besitz, nach Verführung, nach Macht und Sicherheit.
Hier ist das Drama an den Wurzeln des abendländischen Geistes angelangt: das Staunen, das verwunderte Fragen selbst sind das Urübel. Die Wissenschaft hat das Erstaunliche in das Verstandene, das Verstandene in das Selbstverständliche verwandelt. Das Selbstverständliche ist der Boden des Überdrusses, der Langeweile. Das exakte Vorauswissen macht alles Wirkliche banal. So entsteht der Ekel am Sein, der Urtrieb des Nihilismus. Bei dem Einsiedler ist er ins Kultische gesteigert. Faust, der sich verborgen hat, wird Zeuge einer grauenhaft-gewaltigen Verwünschung des Alls und Beschwörung des Nichts:
Einsiedler:
Zu mir, Strahlen des Reinen, zu mir, ihr Erhabenen,
Ihr Mächte des Augenblicks, heilige Geschiedenheit!
Kommt! Ihr hohen Kräfte, Lächeln ohne Antlitz,
Tönt, Stimmen ohne Wort und Worte ohne Laut,
Lacht, Gelächter des Nichts, über deren Lachen nichts geht,
Lacht, denn nicht ist der Tag, nicht die Nacht, nur ihr!
160Schar ohne Zahl – und doch nicht unzählige,
Aufschwung des Rausches, unfleischliche Lüste,
Gestaltlose Kräfte, Mächte noch jenseits des Wunderbaren,
Die ihr Geheimnis, Rätsel und Wunder verbannt,
Die ihr mich heiltet von der Faszination der Sonnen,
Von der Betäubung der Dunkelheiten,
Von dem Staunen über die Bienen,
Von der Blendung der Fata Morgana des Unendlichen …
Meine großen Freunde ohne Leiber und Seelen,
Größer als Seraphim, schöner als jede Geliebte,
Die ihr mich bewahrt vor meinem Körper, vor meiner Seele,
Vor der Zeit, dem Geschlecht und dem Schlaf,
Vor dem Leben und der Sehnsucht und dem Schmerz,
Vor allem, was wirklich ist oder sein kann,
Vor dem Erkennen und dem Gefühl,
Vor mir selbst also, den ich hasse wie einen Gatten,
Und vor dem Tod, der nicht einer der Euren sein kann.
O stürmt in mich ein, gewaltige Stürme,
Legt in mir nieder die Gräser,
Das Gesträuch des Wissens reißt aus,
Zerdrückt die Blumen der Gedanken,
Zerbrecht die Rosen meines Herzens
Und alles, was nicht würdig ist, nicht zu sein.
Ich will mich in eurem eisigen Hauche baden
Von einer Schuld, begangen, als noch das Nichts nicht war.
Eilt euch, jagt mich voran.
Es ist die Stunde,
Es ist die Zeit,
Daß ich mich wandle zum Wolf. (Schrei)
Faust (zu sich): Wahrhaftig, dieser ist ärger als der Teufel. Er gehört einer ganz anderen Sphäre an.
Der Einsiedler bemerkt Faust und stürzt sich auf ihn und wirft ihn in den Abgrund: »Zum Wolf, zum Wolf!«
Mephistos endgültige Niederlage: er ist nicht einmal mehr für eine Verwünschung zu gebrauchen.
Die Feerie. Faust erwacht, aber er weist das Angebot der »Gnade des 161jungen Seins« zurück. Er will sich nicht durch einen Zauber erschleichen, was er durch sein Sein verwirkt hat.
Faust (zur Fee): Was du auch von mir wissen magst, ist Fabel.
Das wahrhaft Wahre bleibt doch unsagbar.
Was man mitteilen kann, gilt wenig!
Der Spieler birgt im Innern das Geheimnis seines Spiels,
Gewinn ist ihm vergeblich wie Verlust.
Er kennt nichts als das Feuer, das ihm durch die Adern rinnt,
Die Heftigkeit des Lebens ist das einzige, was er sucht.
Was auch er antrifft – er wirft's blindlings in die Glut.
Du gabst den Atem mir zurück und glaubst,
Daß ich mich jetzt nach Schätzen, Herzen, Herrschaft sehne
Und in der Welt mir höchstes Glück erhoffe …
Jedoch mein Geist hat alle Wünsche abgetan.
Wenn das Gewesene nur absurder Aufwand war,
Dann kann die Zukunft mir nur wenig noch bedeuten.
Glaubst du etwa, mein Hochmut könnt als Ausgleich
Der Menschen Zeugenschaft noch wünschen,
Auf ihrer Bühne noch einmal zu leben,
Vor ihren Augen – ich, der stets verachtete, was sie berauschte?
Ich, den Hölle nicht noch Himmel an sich binden konnten,
Den nicht die Süße schöner Leiber ganz zerschmelzen ließ?
Ich hasse nicht die ungeheure Bitterkeit in mir
Darüber, daß ich doch jenes Feuer nicht gefunden,
Das mich verzehren konnte,
Daß ich von aller Hoffnung mich entblößt nun finde,
Wie vom Vergangenen, das ich vergaß.
Verfehlung, Leidenschaft, erstickte Kräfte,
Triumph des Fleisches, all die nichtigen Siege,
Wie sie die Welt mir lassen mußte …
Nein, nein, vergeudet eure Liebe nicht, ihr Feen …
Wie groß auch immer die Mächte sein mögen,
Die man mich noch erfahren lassen könnte –
Sie werden den Geschmack am Universum mir nicht wieder wecken
Und nicht den Sinn auf neue Abenteuer locken,
Da ich nun um den Sieg des Engels, den Verrat des Dämons weiß,
162Ja zuviel weiß, um noch einmal das Lieben,
Zu viel, um noch einmal den Haß mir zu erlernen.
Und zu ermattet bin, um weiter ein Geschöpf zu sein.
Feen: Du weißt nur zu verneinen. Dein erstes Wort war Nein,
Und es wird auch dein letztes sein.
Mit Faustens Nein zu seiner Weiterexistenz klingen die Faust-Entwürfe Valérys aus. Was bedeutet dieses Nein?
Valéry hält die Reichweite der Faustgestalt für ausgeschöpft. Faust ist nicht die Symbolgestalt, die über den Nihilismus hinwegtragen könnte. Er resigniert gegenüber der Furchtbarkeit seiner eigenen Konsequenzen.
Mit Faust begann die Neuzeit: der Magier Faust gegen die mittelalterliche Scholastik und ihr Weltbild. Der verdammte Teufelsbündler.
Goethe hat eine einzigartige Synthese gewagt: er hat mit dem Teufelsbündler dennoch die göttliche Gnade zusammengeführt. Aber Gott muß leben, damit er begnadigen kann.
Für Valéry ist Gott tot. Das letzte Angebot ist nicht Gnade, sondern Feenzauber. Faust weist ihn als illegitime Ausflucht aus seinem Desastre zurück.
Die Faustgestalt beginnt mit dem Anspruch des Besitzes von Wissen und Macht. Sie soll symbolisieren, was der Mensch sein kann. Bei Goethe erreicht schon die Sorge Faust; nicht er selbst sich, nur die Gnade vermag ihn zu retten.
Valérys Faust symbolisiert nur noch, was der Mensch nicht sein kann. Er ist keine Gestalt der Seinsfülle, sondern der Seinsentbehrung. Aber ist es ein Geringes, tiefer sehen zu lernen, was der Mensch entbehrt?163