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Die Freude am Herrn

„Die Freude am Herrn ist eure Stärke“, sagte der Prophet Nehemia (Nehemia 8,10).

Kein Wunder, dass Jesus so viel daran lag, dass seine Jünger verstehen würden, weshalb er gekommen war: nicht nur, um durch sein Opfer am Kreuz ihr Heil zu erwerben, sondern auch, um ihnen die tragende Kraft seiner Freude zu vermitteln.

„Bisher habt ihr nichts unter Berufung auf mich erbeten“, sagte er zu ihnen. „Bittet, und er wird euch beschenken, damit eure Freude vollkommen wird“ (Johannes 16,24). Die Freude am Herrn ist für uns da, wir brauchen nur darum zu bitten.

Vor seiner Gefangennahme betete Jesus so: „… damit meine ganze Freude sie erfüllt“ (Johannes 17,13).

Jeder wiedergeborene Christ weiß, dass seine Erlösung ein Geschenk ist. Er wurde durch den Heiligen Geist wiedergeboren, als er Jesus Christus als seinen Heiland annahm – im Glauben. Viele Christen haben inzwischen entdeckt, dass Gottes Geschenk noch mehr beinhaltet als nur die Wiedergeburt. Auch die Taufe im Heiligen Geist dürfen wir beanspruchen – im Glauben. Doch nur wenige scheinen erkannt zu haben, dass Jesus uns diese Freude bereits erworben hat; wir brauchen sie nur zusammen mit den anderen Segnungen im Glauben in Anspruch zu nehmen.

Wenn die Freude am Herrn unsere Stärke sein soll, dann ist sie bestimmt nicht etwas, was wir als Allerletztes in einer langen Reihe von Segnungen erhalten, ungefähr so wie die Schlagsahne auf dem Kuchen. Diese Freude ist vielmehr etwas, was wir von Anfang an brauchen, etwas, was uns trägt und stärkt in unserer Aufgabe, die Gute Nachricht auf der ganzen Welt zu verbreiten.

Paulus schrieb an die Korinther: „Ich will damit nicht sagen, dass ich mich als Richter über euren Glauben betrachte. Meine Aufgabe ist es, zu eurer Freude beizutragen“ (2. Korinther 1,24).

Paulus meinte damit nicht, dass er sie glücklich machen wolle, indem er ihnen vielleicht nette Geschenke mitbringen oder für angenehme Verhältnisse sorgen werde. Er wollte sie an die Freude erinnern, die sie bereits empfangen hatten. Die Korinther sollten sich in der Freude, die der Heilige Geist in sie hineingepflanzt hatte, üben und sie pflegen.

Paulus wusste nur zu gut, dass die äußeren Verhältnisse eines aktiven Bekenners des christlichen Glaubens immer auch Anfechtungen und Leiden umfassen würden. Die Quelle seiner Freude lag im ständigen Bleiben in Christus.

„Nur dass der Heilige Geist in allen Städten mir bezeugt und spricht, Gefängnis und Trübsale warten mein. Aber ich achte für mich selbst mein Leben keiner Rede wert, wenn ich nur vollende meinen Lauf und das Amt, das ich empfangen habe von dem Herrn Jesus, zu bezeugen das Evangelium von der Gnade Gottes“ (Apostelgeschichte 20,23–24).

Wenn uns aber Jesus diese Freude bereits geschenkt hat, warum ist dann das Leben der meisten Christen so völlig freudlos?

Jesus betete darum, dass seine Freude in uns vollkommen würde. Er meinte damit, dass wir uns selbst diese Freude nicht geben können, so wenig wie wir uns selbst erretten oder Friede und Liebe geben können. Wir können nur eines tun, nämlich das akzeptieren und glauben, was Jesus bereits für uns getan hat, und damit ihm die Möglichkeit geben, seine Freude in uns vollkommen zu machen.

In der Praxis bedeutet das, das wir uns bewusst vornehmen, die Freude zu akzeptieren, ohne Rücksicht darauf, wie uns zumute ist, und glauben, dass Gott nun unsere Traurigkeit in echte Freude verwandelt, so wie er es verheißen hat.

Liebe, Freude und Friede sind alle ein Teil der Frucht des Heiligen Geistes in uns. Jesus gab seinen Jüngern Anweisung, welche Pflege anzuwenden ist, wenn man diese Frucht erhalten will.

„Ich liebe euch so, wie der Vater mich liebt. Bleibt in dieser Liebe! Wenn ihr mir gehorcht, dann bleibt ihr in meiner Liebe, so wie ich meinem Vater gehorcht habe und mich nicht von seiner Liebe löse. Ich habe euch dies gesagt, damit euch meine Freude erfüllt“ (Johannes 15,9–11).

Die Quelle dieser Freude liegt nicht in günstigen Verhältnissen, sondern darin, dass man Jesu Gebote kennt, ihnen gehorcht und in ihm bleibt.

Jeremia sagte: „Deine Worte waren vorhanden, und ich habe sie gegessen, und deine Worte waren mir zur Wonne und zur Freude meines Herzens“ (Jeremia 15,16).

Gewiss ist Freude etwas, was man auch mit den Gefühlen erleben kann. Sie ist eine froh machende, übersprudelnde Erfahrung. Doch abhängig von den Gefühlen ist die Freude nicht.

Wir sollen uns nicht freuen, weil wir freudige Gefühle haben; vielmehr sind die freudigen Gefühle ein Resultat dessen, dass wir uns freuen.

David kannte das Geheimnis des Sichfreuens, denn er schrieb in Psalm 2,11: „Freuet euch mit Zittern.“ Und in Psalm 27,6 lesen wir: „Und nun wird mein Haupt erhöht sein über meine Feinde rings um mich her; und Opfer des Jubelschalls will ich opfern in seinem Zelte, ich will singen und Psalmen singen Jehova“ (Psalm 27,6).

Lange Zeit hatte ich angenommen, Freude sei etwas, was ich erleben würde, wenn ich selbst und alles um mich her glücklich und zufrieden wären. Heute weiß ich, dass Freude nicht in den Gefühlen entsteht, sondern durch meinen Willen ausgelöst wird und Teil des Lebens ist, das im Lobpreis Gottes gelebt wird.

„Freuet euch des Herrn, ihr Gerechten, die Frommen sollen ihn recht preisen“, schrieb David in Psalm 33,1.

Freude, Danksagung und Lobpreis gehören zusammen, und unser Abkommen mit Gott, ihn in allen Dingen zu loben und zu preisen, wird nicht vollständig sein, bevor wir uns nicht damit einverstanden erklären, uns auch in jeder Lage zu freuen.

Eine ältere Frau, die mit dem Heiligen Geist erfüllt worden war und seit Jahren aktiv in der christlichen Arbeit stand, wurde von schwerer Arthritis befallen. Jahrelange Schmerzen hatten ihr jegliche Freude am Leben geraubt. Schon die geringste Hausarbeit wurde ihr zur Qual, und so kam sie mit der Zeit immer mehr in einen depressiven Zustand hinein.

Sie glaubte an göttliche Heilung und hatte manchen Heilungsgottesdienst besucht, doch nirgends fand sie Hilfe; im Gegenteil, ihr Zustand verschlechterte sich noch ständig. Eines Tages hörte sie von der Kraft, die darin liegt, dass man Gott für alles dankbar ist, und sie entschloss sich, auch diesen Weg einmal auszuprobieren. Es war nicht einfach für sie; denn sie litt Tag und Nacht an starken Schmerzen. Doch sie war willig, für jeden Teil ihres Lebens, einschließlich der Schmerzen, aufrichtig dankbar zu sein.

Eines Tages ging sie mit einem Tablett Küchengeschirr ganz langsam durch ihre Küche. Plötzlich fiel ihr das Tablett aus der Hand, und das ganze Geschirr lag verstreut am Boden. Mit ihrem schmerzenden Rücken und den steifen Fingern war es ihr unmöglich, sich zu bücken und die Sachen aufzulesen. Wenn ihr bisher etwas aus der Hand gefallen war, hatte sie darauf stets mit Tränen des Selbstmitleids reagiert. Doch diesmal dachte sie an ihr Versprechen, Gott in allen Dingen zu danken.

„Ich danke dir, Herr“, betete sie, „dass du mich hast alles fallen lassen. Ich glaube, auch das muss mir zum Besten dienen.“

Blitzartig wurde ihr bewusst, dass außer ihr noch andere Wesen in der Küche anwesend sein mussten. Sie war allein, und doch spürte sie, dass sie nicht mehr allein war. Voll Verwunderung erkannte sie, dass sie von Engeln umgeben war. Die Engel lachten und jubelten, und sie wusste, dass diese Freude ihr galt. Auf einmal begriff sie.

Jesus sprach zu seinen Jüngern: „Genauso freuen sich die Engel Gottes über einen einzigen Sünder, der ein neues Leben anfängt“ (Lukas 15,10).

Ganz gewiss war auch sie eine Sünderin, deren Herz in wunderbarer Weise verwandelt worden war. Jahrelang hatte sie im Selbstmitleid gelebt und Anklage gegen Gott erhoben, dass er sie so leiden ließ. Sie hatte ihn um Heilung angefleht und innerlich das Empfinden genährt, er habe sie im Stick gelassen. Endlich hatte sie dann erkannt, dass ihr Murren im Unglauben wurzelte, und nun war Freude bei den Engeln, als sie Gott so sehr vertraute, dass sie ihm für das Unglück mit dem Tablett danken konnte.

Da stand sie nun mitten in ihrer Küche und ließ sich von dieser Freude durch und durch erfüllen. Mit frohem Herzen konnte sie Gott aufrichtig dafür danken, dass er das Leiden zugelassen und ihr dadurch solche Freude geschenkt hatte.

Kurze Zeit später besuchte sie einen Gottesdienst, bei dem für die Kranken gebetet wurde. Voll Vertrauen ging sie nach vorne. Bisher hatte das Vorhandensein der Schmerzen ihren Glauben immer sehr geschwächt. Doch jetzt gründete sich ihr Glaube nicht mehr auf die Gefühle. Sie war nun frei und konnte glauben – egal wie groß ihre Schmerzen auch waren. An jenem Abend wurde sie vollständig geheilt. Alle Schmerzen verschwanden, und die gekrümmten Gelenke wurden gerade und normal.

Wir Menschen sind Gewohnheitstiere. So lange haben wir uns von unseren Sinnen unsere Reaktionen vorschreiben lassen. Doch Christus ist gekommen, um in uns Wohnung zu machen, damit seine Freude völlig in uns sei.

Die Initiative zur Freude kommt weder aus den Gefühlen noch aus dem Gemüt noch aus den Sinnen, sondern aus dem Teil in uns, der Geist ist – geboren aus dem Heiligen Geist. Da ist der Sitz unseres Willens, und je mehr wir unserem Willen die Initiative für unsere Handlungen überlassen, anstatt auf unsere Sinne zu achten, desto mehr werden wir entdecken, dass wir immer mehr Kraft bekommen, um auf jede Lebenslage mit Lobpreis, mit Freude und mit Danksagung zu reagieren. Unsere frühere Gefühlsabhängigkeit nimmt ab, und wenn wir beharrlich daran festhalten, dann werden wir bald feststellen, dass die Freude, die ihren Ursprung in unserem Geist und in unserem Willen hat, auch unsere Sinne erfasst.

Was mit einem Willensakt gegenüber Gottes Wort begann, wird uns schließlich in einen Zustand versetzen, in dem wir mit unseren Gefühlen, Sinnen und Gedanken ein überfließendes Maß an Lobpreis, Danksagung und Freude erleben, das alles bisher Gekannte weit übertrifft.

Wenn wir uns Gottes Willen vollkommen unterwerfen, sodass alle Hindernisse hinweggeschwemmt und wir in vollkommene Gefäße umgestaltet werden, dann werden wir auch merken, dass die Freude am Herrn in uns völlig ist.

Fast zwanzig Jahre lang litt ich an Magenbeschwerden. Viele Speisen konnte ich überhaupt nicht vertragen. Ich hatte die verschiedensten Ärzte aufgesucht und alle möglichen Medikamente ausprobiert, aber nichts wollte helfen.

Ich betete und versuchte zu glauben, dass Gott mich heilen würde, jedoch ohne sichtbare Resultate. Auch andere beteten mit mir – Glaubensmänner, deren Dienst in der Krankenheilung weithin bekannt war, Gebetskreise und Freunde –, aber die Beschwerden wurden nicht besser.

Ich nahm die Verheißung in Anspruch, die Jesus in Markus 16 gab, dass mir nicht einmal Gift schaden könnte, und aß jetzt häufiger, was mir vorgesetzt wurde. Doch die Beschwerden traten immer und immer wieder auf, mir wurde schrecklich übel, ich konnte nicht schlafen und hatte großes Selbstmitleid.

Schließlich entschloss ich mich, im Glauben die Tatsache zu akzeptieren, dass ich durch Christi Tod für mich geheilt war, und zu glauben, dass die Symptome in dem Augenblick verschwinden würden, den er bestimmt. Mehrere Jahre lang stützte ich mich auf diese Zusage und dankte Gott, dass er auf diese Weise in meinem Leben alles zum Besten führen würde.

Bevor ich bei der Armee pensioniert wurde, entschlossen sich die Ärzte zu einer Magenoperation. Sie fanden jedoch nichts Besonderes, woraus sich meine jahrelangen Schmerzen erklärt hätten, und konnten folglich auch nichts tun, um die Schmerzen zu beheben.

Als ich nach der Operation wieder in meinem Krankenhausbett lag, nahmen die Schmerzen an Heftigkeit derart zu, dass ich sie kaum aushalten konnte. Schmerzstillende Mittel blieben völlig wirkungslos. Schlaflos lag ich im Bett, während die Stunden dahinschlichen und ich das Gefühl hatte, als wolle mich die Finsternis erdrücken. Die finsteren Mächte schienen greifbar nahe, und ich kämpfte gegen die Versuchung an, der Angst nachzugeben. Ich wollte ja nicht sterben, aber vor einem Weiterleben unter diesen Qualen graute mir auch.

In dem Augenblick, als die Finsternis am dichtesten schien, rief ich aus: „Herr, es ist mir egal, was geschieht und wie elend ich bin, ich danke dir für dieses ganze Erlebnis, du wirst es zum Besten dienen lassen.“

Auf der Stelle wich die Finsternis in dem Krankenzimmer einem strahlenden weißen Licht, heller als die Sonne. Es war so hell wie das Licht, das ich Jahre zuvor in einer Vision gesehen hatte. Damals hatte der Heilige Geist mir die Vision erklärt. Eine dunkle Wolke hing über einer sonnigen Wiese, und über dieser Wolke war ein strahlendes weißes Licht. Über der Wolke war Freude und Segen, die Christus uns schon erworben hatte. Aber um dorthin zu gelangen, mussten wir auf einer Leiter direkt durch die dunkle Wolke der Verworrenheit und des Schmerzes steigen. Innerhalb der Wolke war es unmöglich, sich aufgrund der üblichen Sinneswahrnehmungen – Gesicht, Gehör, Gefühl – zu orientieren. Die Leiter konnte nur im Glauben bestiegen werden und indem man Gott auf jeder Sprosse lobte und pries. Durch das Durchqueren der dunklen Wolke wurde man von aller Abhängigkeit von den natürlichen Sinnen befreit und lernte es, Gottes Wort zu vertrauen. Die Leiter des Lobens und Dankens brachte uns direkt in die himmlische Behausung hinein, wo wir mit Jesus Christus unseren Platz einnahmen.

Als ich dort im Krankenhaus in meinem Bett lag, wurde mein ganzer Körper von diesem wunderbaren hellen Licht durchflutet, und ich erkannte plötzlich, dass die Vision von damals nun Wirklichkeit war.

Die Jahre, die ich in dem Glauben gewandelt war, dass Gott meine Schmerzen zum Besten dienen lassen werde, waren Jahre, in denen ich durch die Wolke der Finsternis und Ungewissheit gestiegen war. Ohne die Wolke hätte ich nie gelernt, meine Abhängigkeit von den Sinnen und Gefühlen hinter mir zu lassen. Jetzt konnte ich Gott von ganzem Herzen danken für jeden Umstand in meinem Leben, der zu dieser dunklen Wolke beigetragen hatte. Woher hätte ich sonst auch lernen können, ihm völlig zu vertrauen? Auf welche andere Weise hätte ich wohl diese herrliche Durchflutung mit Licht und Freude erleben können?

Nach meiner Entlassung aus dem Krankenhaus stellte ich fest, dass Gott auch mein Magenleiden weggenommen hatte.

Die Speisen, die mir früher stundenlang Schmerzen verursacht hatten, machten mir jetzt in keiner Weise mehr zu schaffen. Ich genoss meine neue Freiheit und aß nach Herzenslust Erdbeeren, Äpfel, Bananen, Eiskrem – lauter Dinge, die ich jahrelang hatte meiden müssen.

Im Laufe der Jahre wurden andere Menschen oft auf der Stelle geheilt, wenn ich mit ihnen betete; doch bei mir wollte Gott den Glauben stärken, indem er mich seinem Wort vertrauen lehrte.

Loben und Danken lässt die Heilungskraft Gottes zwar frei werden, doch die Heilung selbst ist von sekundärer Bedeutung. Solange es uns in erster Linie um unser eigenes Wohlbefinden, um unser Verlangen nach Gesundheit und um Befreiung von physischen Schmerzen geht, solange lenken wir unsere Aufmerksamkeit in die falsche Richtung. In Wirklichkeit läuft unsere Besorgnis auf ein Infragestellen des Planes Gottes für unser Leben hinaus.

Jahrelang lebte ich in der Angst, einmal alle meine Zähne zu verlieren. Eines Tages sagte mir mein Zahnarzt, dass ich Zahnfleischentzündung und Kieferknochenschwund hätte. Eine Röntgenaufnahme brachte die traurige Tatsache ans Licht: Bald würde ich ohne Zähne sein

Niedergeschlagen verließ ich die Praxis des Zahnarztes. Natürlich wusste ich, dass ich Gott für meinen Zustand danken sollte, doch war ich ganz und gar nicht glücklich darüber.

„Ich danke dir, Herr“, sagte ich. „Ich bin dankbar dafür, dass du meine Zähne in einen solch schlechten Zustand hast kommen lassen. Ich bin überzeugt, dass du besser weißt, was für mich gut ist. Deshalb preise ich dich dafür, Herr.“

Schon während des Gebets empfand ich eine größere Dankbarkeit, und als dann eine Bekannte bei mir vorbeikam, erzählte ich ihr, dass ich wieder eine Gelegenheit hätte, den Herrn zu preisen.

„Hast du schon um Heilung gebetet?“, fragte sie mich.

„Nein“, erwiderte ich. „Ich habe soeben eingesehen, dass ich über den bevorstehenden Verlust meiner Zähne nicht schimpfen darf, da dieser ja nicht ohne Gottes Zulassung eintreten kann.“

„Ich glaube, Gott möchte dir ein tadelloses Gebiss geben“, sagte meine Bekannte und legte mir leicht die Hand auf die Schulter. „Lieber Gott“, betete sie, „ich danke dir, dass du Merlins Zähne in einen solch schlechten Zustand hast kommen lassen. Wir preisen dich und bitten dich, dass du dich dadurch verherrlichst. Rühre Merlin gerade jetzt an und heile ihn vollständig.“

Nach drei Tagen ging ich wieder zum Zahnarzt. Ich beobachtete ihn, wie er mit verwirrten Blicken sorgfältig die neue Röntgenaufnahme prüfte, sie dann aus der Hand legte und noch einmal in meinen Mund sah. Er schüttelte den Kopf und murmelte etwas vor sich hin, während ich dachte: Vielleicht sind meine Zähne noch schlechter, als er es erwartet hatte.

Schließlich trat der Zahnarzt einen Schritt zurück, musterte mich von Kopf bis Fuß und fragte dann: „Was haben Sie bloß mit Ihren Zähnen gemacht?“

„Gar nichts, Herr Doktor!“

„Dann komme ich nicht mehr mit.“ Er schaute die alte Röntgenaufnahme an, verglich sie mit der neuen und sagte dann: „Ihre Kieferknochen sind vollkommen in Ordnung, Ihr Zahnfleisch ist weder entzündet noch geschwollen – Ihr ganzer Mund ist wieder gesund!“

Ich lachte still in mich hinein. Wie wunderbar war es zu wissen, dass Gott mich geheilt hatte! Aber was noch viel schöner war: Die Heilung war mir nicht mehr das Wichtigste. Die nagende Furcht, die ich wegen des künstlichen Gebisses immer mit mir herumgetragen hatte, war wie weggeblasen. Es war mir jetzt völlig egal, ob ich eigene oder künstliche Zähne hatte; ich hatte herrliche Gemeinschaft mit Christus und vertraute Gottes liebender Fürsorge, dass er sich um all die Dinge in meinem Leben kümmern würde, auf die es wirklich ankam.

Kürzlich erhielt ich einmal einen Brief von einer lieben Frau in New Hampshire. Sie lebt allein mit ihrem jungen Sohn. Als sie mir schrieb, hatte sie zwei schwere Operationen hinter sich, wurde ständig von Schmerzen geplagt und musste im Bett liegen. Sie schrieb mir Folgendes:

„Preis sei Gott für seine große Treue! Nach meiner letzten Operation war ich sehr entmutigt, doch da gab mir jemand das Buch ‚Ich suchte stets das Abenteuer’. Ich entschloss mich, Gott für meine Krankheit zu danken und den Blick ständig auf Jesus zu richten. Die Schmerzen vergingen nicht, doch durfte ich meinen Heiland in viel innigerer Weise kennenlernen, und der Heilige Geist richtete mich wunderbar auf.

Manche meiner Bekannten sagten zu mir, mein Leiden sei eine Strafe Gottes. Doch ich weiß, dass das nicht stimmt. Jesus hat mich nie beschuldigt, stattdessen durfte ich viel über seine Liebe erfahren. In diesen vergangenen Monaten hat er mir durch sein Wort Dinge in meinem Herzen und Leben gezeigt, die nicht dahingehören, Gefühle und Gedanken, die nichts mit der Gesinnung Christi zu tun haben. Gott hat mir in seiner wunderbaren Liebe vergeben und hat alle alten Wunden in meinem Leben geheilt.

Ich habe es gelernt, Jesus auch für die schweren Sünden und selbst für die Schmerzen zu danken. Ich liebe Jesus von ganzem Herzen. Ich verstehe nicht, warum er mich so führt, aber wenn ich auf diesem Weg mit Gott glücklich sein kann, guten Mutes in Schwachheit (2. Korinther 12,10), dann will ich ihn ganz gewiss dafür preisen.

Ich muss wahrscheinlich noch einmal ins Krankenhaus zu einer dritten Operation. Ich danke Gott dafür in dem Bewusstsein, dass er es zum Besten dienen lassen wird. Ich weiß, er kann mich heilen, und danke ihm für das, was seine Liebe für mich ausersehen hat.“

Ihre Zeilen quollen über vor echter Freude und Dankbarkeit. Ihr Körper lag immer noch in Schmerzen, doch innerlich hatte sie eine Heilung ihres Gemüts erfahren und war in Christus in ein wunderbares Verhältnis zu Gott gekommen. Alles andere – auch ihre Heilung – war an zweite Stelle gerückt.

Das Einssein mit Gott in Christus war das Ziel, nach dem sich auch Paulus ausstreckte. Jesus wusste, dass durch sein Kommen auf diese Erde die Sündenbarriere zwischen Gott und Mensch aus dem Weg geräumt werden sollte, damit der Schöpfer und seine Schöpfung wieder eins würden, so wie er es am Anfang geplant hatte.

Vor seiner Kreuzigung betete Jesus für uns:

„Ich bete nicht nur für sie, sondern für alle, die durch ihr Wort von mir hören und mir vertrauen. Ich bete darum, dass sie alle eins seien. So wie du in mir bist und ich in dir, Vater, so sollen auch sie durch uns eins werden! Dann wird die Welt glauben, dass du mich gesandt hast. Ich habe ihnen die gleiche Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast, damit sie so untrennbar eins sind wie du und ich. Ich wirkte in ihnen, und du wirkst in mir: so werden sie zu einer vollkommenen Einheit. Dann erkennt die Welt, dass du mich gesandt hast und dass du sie ebenso liebst wie mich. Vater! Du hast sie mir gegeben, und ich will, dass sie dort sind, wo ich bin, damit sie meine Herrlichkeit sehen können. Diese Herrlichkeit hast du mir gegeben, weil du mich liebtest, bevor die Welt geschaffen wurde. Vater, du hältst dein Versprechen. Die Welt kennt dich nicht; aber ich kenne dich, und diese hier wissen, dass du mich gesandt hast. Ich habe ihnen gezeigt, wer du bist, und werde es weiter tun. Die Liebe, die du zu mir hast, soll auch sie erfüllen, und ich will in ihnen wirken“ (Johannes 17,20–26).

Jesus betete, und wir wissen ganz gewiss, dass sein Gebet Erhörung fand. Paulus versicherte uns, dass wir mit Christus in das himmlische Wesen versetzt sind. Christus wohnt in uns. Wir sind eins mit dem Vater.

Wenn wir einmal anfangen, die volle Bedeutung dieser vollbrachten Tatsachen zu begreifen, werden wir alles andere in unserem Leben in der richtigen Perspektive sehen. Die äußeren Umstände, die bisher in keinem Verhältnis zu unserer Beziehung zu Christus standen und fast unsere ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nahmen, passen jetzt wunderbar in den Plan hinein, den Gott in unserem Leben zur Ausführung bringen will. Wir sehen diesen Plan zwar noch nicht, doch wir sehen Jesus Christus als Herrn und Meister und wissen, dass Gott einen Plan hat und dass dieser wunderbar ist.

Seit der Veröffentlichung meines Buches „Ich suchte stets das Abenteuer“ habe ich zahlreiche Zuschriften aus Gefängnissen und Strafanstalten im ganzen Land erhalten.

Ein Todeskandidat schrieb mir Folgendes:

„Ich bin zum Tod durch den elektrischen Stuhl verurteilt. Ich weiß, ich muss sterben, und lange Zeit hatte ich keinerlei Hoffnung auf ein Leben nach dem Tode. Mein ganzes Denken stand unter der Kontrolle schrecklicher Furcht, und ich fühlte mich von Gott und den Menschen verlassen. Aber dann las ich ‚Ich suchte stets das Abenteuer’. Es war, als würde ich innerlich wieder ganz lebendig. Ich wagte zu glauben, dass Gott real ist und dass er jeden Menschen dahin bringen will, seinen Sohn als Herrn und Heiland anzunehmen.

Ich schaute auf mein eigenes schmutziges Leben zurück und erkannte, dass alles mit Gottes Zulassung geschehen war, damit ich an den Punkt komme, wo ich nach ihm greifen würde. Und ich griff nach ihm. In einem einzigen Augenblick wusste ich, dass Gott alle Dinge zu unserem Besten und zu seiner Ehre hinausführt. Zum ersten Mal wusste ich, dass mein ganzes Leben von Gott gesegnet war und dass ich durch den Glauben an seinen Sohn nun ihm gehörte. Ich bin jetzt in Wahrheit frei und erfüllt von seinem Frieden und seiner Freude.“

Ein anderer Gefangener schrieb:

„Ich war an einem Punkt angelangt, wo ich alle und alles hasste. So sehr ich mich auch anstrengte, ich konnte keinen Grund zur Freude am Leben finden. Jemand gab mir das Buch ‚Ich suchte stets das Abenteuer’, und als ich es zum ersten Mal las, hielt ich es für einen Haufen Unsinn. Je länger ich jedoch darüber nachdachte, desto mehr verspürte ich ein Verlangen, Gott für mein verpfuschtes Leben zu danken. Ich hatte ja sowieso den tiefsten Punkt erreicht, was konnte ich schon dabei verlieren?

Ich fing an, die Ereignisse in meinem Leben einzeln zu überdenken, so wie sie mir wieder in Erinnerung kamen. Ich dankte Gott, dass jeder einzelne Vorfall ein Teil seines Planes für mich war. Das ganze Vorgehen erschien mir ziemlich dumm, doch ich zwang mich zum Weitermachen. Als ich so fortfuhr, geschah in meinem Innern etwas. Allmählich war mir so, als sei Gott ganz persönlich an meinem verpfuschten Leben beteiligt. Könnte es wirklich stimmen, dass er sich für mich interessierte? Längst vergessene Ereignisse fielen mir plötzlich wieder ein. Bisher hatte ich sie als tragisch empfunden, doch jetzt sah ich sie allmählich als Teil von Gottes gnädigem Wirken, um mich zu der Überzeugung zu bringen, dass ich ihn brauchte.

Ich pries ihn für jede Einzelheit in meinem Leben. Ich dankte ihm für die Menschen, die mich gehasst, schlecht behandelt, über mich gelogen und mich betrogen hatten, und ich dankte ihm auch für die, die ich gehasst, schlecht behandelt, über die ich gelogen und die ich betrogen hatte.

Ein herrlicher Friede floss in mich hinein. Gott heilte alle die bitteren Erinnerungen. Es war, als wären die Gefängnismauern auf einmal verschwunden, und ich war von einem wunderbaren Frieden umgeben. Trotz Mauern und Gittern bin ich nun kein Gefangener mehr. Ich bin frei in Christus, Preis sei Gott!“

Ein weiterer Brief erreichte mich aus einem Zuchthaus mit strengsten Sicherheitsvorkehrungen, das im Westen der Vereinigten Staaten liegt.

„Preis sei Gott! Die Besucherzahl der Gottesdienste und der Bibelabende nimmt beträchtlich zu. Letzte Woche nahmen drei Männer Christus als ihren Heiland an. Stellen Sie sich vor, was es bedeuten würde, wenn innerhalb dieser Mauern jede Woche drei Seelen zu Jesus fänden! (In einem späteren Brief berichtete er, dass im darauffolgenden Monat zwölf Männer Christus annahmen und vier die Taufe im Heiligen Geist empfingen.) Wir wissen die Gebete der Brüder in Fort Benning sehr zu schätzen. Der Herr offenbart seine Gegenwart in dieser Anstalt wie nie zuvor … Gott erhört unsere Gebete, und eines Tages werden wir feststellen, dass unter diesen Gefangenen hier viele Seelen Jesus gehören. Wie sehr wurde mir doch Ihr Buch ‚Ich suchte stets das Abenteuer’ zum Segen! Wir freuen uns sehr über die Möglichkeit der Evangeliumsverkündigung per Tonband in diesem Gefängnis, damit wir auch einmal unsere Brüder in Christus von ‚draußen’ hören können.

Gott ist so herrlich! Vor acht Jahren kam ich durch diese Gefängnistore, wegen bewaffneten Raubüberfalls soeben zu einer Zuchthausstrafe von 10 bis 80 Jahren verurteilt. Ich dachte, meine Zukunft könne nur noch eine Polizeikugel oder der Alkohol sein. Ich machte sämtliche Rehabilitationsprogramme mit, doch als ich auf Bewährung aus der Haft entlassen wurde, griff ich wieder zum Alkohol und war für volle drei Monate und fünfundzwanzig Tage betrunken, bis ich dann wieder ins Gefängnis gesteckt wurde. Ehrlich und aufrichtig hatte ich versucht, mein Leben zu ändern, doch es war alles zwecklos gewesen.

Vor sechs Monaten hat Jesus Christus in einem Moment diese Veränderung in mir vorgenommen. Ich wurde verwandelt, so wie es die Bibel sagt. ‚Darum, ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, es ist alles neu geworden!’ (2. Korinther 5,17). Seit diesem Zeitpunkt ist Jesus dabei, mein Leben zu reinigen, indem er sein Licht in jede finstere, verschmutzte Ecke meines Herzens hineinleuchten lässt. Preis sei Gott! Kein einziges irdisches Rehabilitationsprogramm kann auch nur annähernd mit dem verglichen werden, das Jesus Christus anbietet. Der Mensch kann den inneren Menschen nicht verwandeln, das kann nur Christus tun!

Preis sei dem wunderbaren Herrn Jesus. Er goss das Licht von Gottes Liebe über mich aus. Die Freude, mit Jesus zu leben, nimmt täglich zu.

Ich danke Ihnen, dass Sie mit uns für eine anhaltende Erweckung unter den Gefangenen beten sowie auch für die Glaubensstärkung der Neubekehrten … Herzliche Grüße von den Brüdern in Jesus.“

Dieser Bruder in Christus lobt und preist Gott in Verhältnissen, die die meisten von uns als düster und schwierig bezeichnen würden. Doch für ihn hat sich die Perspektive vollkommen gewandelt. Er kennt jetzt die Freude des Bleibens in Jesus Christus, und alles andere im Leben ist an zweite Stelle getreten. Er hat es gelernt: „Seid fröhlich allezeit, betet ohne Unterlass, seid dankbar in allen Dingen; denn das ist der Wille Gottes in Christus Jesus an euch“ (1. Thessalonicher 5,16–18).

John Wesley schrieb in seinem Kommentar zu dieser Schriftstelle: „Seid fröhlich allezeit – bleibt in ununterbrochener Freude in Gott. Betet ohne Unterlass – dies ist die Frucht des ständigen Sichfreuens im Herrn. Seid dankbar in allen Dingen – dies ist die Frucht der beiden vorangegangenen Gebote. Dies ist christliche Vollkommenheit. Weiter können wir nicht gehen; wir brauchen darin keinen Mangel zu leiden. Unser Herr hat uns Freude sowie auch Gerechtigkeit erkauft. Dies ist gerade der Zweck des Evangeliums, dass wir, errettet von unsrer Schuld, immer in der Liebe Christi glücklich sind. Danksagung ist von wahrhaftem Gebet nicht zu trennen, sie ist nahezu essenziell damit verbunden. Wer allezeit betet, der wird auch allezeit Lobpreis darbringen, ob in Freude oder Schmerz, ob in Reichtum oder größter Armut. Er lobt Gott für alle Dinge, betrachtet sie als von Gott kommend und nimmt sie nur um des Herrn willen an. Er wird weder auswählen noch ablehnen, wird weder das eine bevorzugen noch das andere abweisen, sondern nur immer das erwählen, was im Einklang mit Gottes vollkommenem Willen steht“ (aus „Anmerkungen zum Neuen Testament“).

In ununterbrochener Freude in Gott zu leben, jede Lebenslage als von Gott kommend anzunehmen und ihm dafür dankbar zu sein – das ist christliche Vollkommenheit.

Gottes Plan für unser Leben ist nie vom Zufall bestimmt. Nichts, rein gar nichts – mag es uns auch noch so seltsam, widersprüchlich oder schädlich erscheinen – geschieht ohne Gottes ausdrückliche Zustimmung.

Ein gutes Beispiel hierfür ist die recht beachtliche Lebensgeschichte einer Frau, die sie mir in einem Brief mitteilte.

Sie war mit nur einer Hand auf die Welt gekommen. Von der Zeit an, da sie alt genug war, um zu merken, dass sie anders war als andere Kinder, trug sie stets ein Tuch oder eine Stola über dem Armstumpf und verbarg so ihr Handicap vor den Blicken Neugieriger. Ihr missratener Körper war ihr stets schmerzlich im Bewusstsein, und als sie dann zu einer jungen Frau herangewachsen war, begann sie zu trinken, um ihren inneren Schmerz zu betäuben.

Als sie mir den folgenden Brief schrieb, war sie bereits 65 Jahre alt.

„Vor sechs Monaten besuchte ich meine Schwester, und dort hörte ich eine Tonbandaufnahme von Ihnen, auf der Sie darüber sprachen, dass man Gott für jedes Problem und für jedes tragische Ereignis im Leben preisen solle. Während ich dieser Predigt zuhörte, war es mir, als würde mir jemand einen Schlag in die Magengegend versetzen. Mir wurde übel. Nach all den Jahren, in denen ich Gott für mein Missgeschick verantwortlich gemacht hatte, war ich immer noch nicht bereit, ihm für dieses Los zu danken. Ich sagte: ‚Herr, verlange bloß das nicht von mir. Ich habe dir gedankt, dass du mich vom Alkohol freigemacht hast, aber für das andere kann ich dir beim besten Willen nicht dankbar sein.’

Doch wie sehr ich mich auch anstrengte, ich konnte den Gedanken nicht loswerden, dass ich Gott für meine Lage danken sollte. Er verfolgte mich Tag und Nacht. Schließlich sagte ich: ‚Herr, warum lässt du mich nicht in Ruhe? Ich tue doch alles, was du von mir haben willst, aber das kannst du nicht von mir verlangen. Ich kann es einfach nicht.’ Doch ich konnte keine Ruhe finden. Schließlich hörte ich mir das Tonband noch einmal an. Diesmal fiel mir etwas auf, was ich beim ersten Mal überhört hatte. Sie sagten, als der junge Soldat und seine Frau es einfach nicht fertiggebracht hätten, Gott für das Schreckliche zu danken, das ihnen drohte, hätten sie schließlich doch eingewilligt, es einmal zu versuchen. Dann sei es auf einmal leicht gegangen. Zu diesem Zeitpunkt war ich dann so weit, dass ich willig war, alles zu versuchen, nur um meine innere Ruhe wiederzubekommen. Ich sagte deshalb zu Gott, dass ich willig sei, es zu versuchen, selbst wenn ich meinte, es nicht fertigzubringen. Sobald ich das gesagt hatte, war mir, als würde mir die Last vieler Jahre von den Schultern genommen. Ich fing an, den Herrn zu preisen, und die Tränen flossen reichlich. Es war buchstäblich so, wie es im Liede heißt: ‚Der Himmel zog ein und Freude füllte mein Herz.’ Mitten in dieser großen Freude sprach der Herr zu mir und sagte: ‚Einen Augenblick, ich bin noch nicht fertig mit dir.’ Ich richtete mich auf. Was konnte er denn jetzt wohl noch von mir fordern? Ich hatte doch soeben das größte Opfer meines Lebens gebracht und Gott für meine Missgestaltung, die ich mein Leben lang gehasst hatte, gedankt. Doch ganz klar formten sich in meinen Gedanken die Worte: ‚Du sollst von jetzt ab kein Tuch und keine Stola mehr über dem Stumpf deiner Hand tragen!’

In mir krampfte sich alles zusammen. ‚Nein, Herr’, murmelte ich. ‚Das geht zu weit. Verlange bloß das nicht von mir.’

,Solange du deinen Geburtsfehler verbergen willst, bist du nicht richtig dankbar dafür. Du schämst dich noch darüber’, kam der sanfte Tadel. Unter Tränen gab ich nach.

,Ich bin willig, es zu versuchen’, versprach ich. ‚Aber du musst mir dazu die Kraft geben.’

Als ich das nächste Mal das Haus verließ, um einen Termin wahrzunehmen, griff ich beim Ankleiden automatisch nach meiner Stola. Sofort kam die warnende Stimme: ‚Nein, nein!’

Ich sagte: ‚Gut, Herr, ich gehe ohne das Tuch aus dem Haus, aber ich kann nicht versprechen, dass ich nicht zurückkomme und es noch hole.’

Zum ersten Mal in meinem Leben trat ich ohne die schützende Hülle aus dem Haus. Als ich die Tür hinter mir geschlossen hatte, waren mit einem Mal alle Verlegenheit, alle Scham und jedes Schuldgefühl wie weggeblasen! Zum ersten Mal in meinem Leben wusste ich, was es heißt, ganz frei zu sein. Ich wusste jetzt, dass Gott mich so liebte, wie ich war. Preis sei dem Herrn!“

Gott lässt jedes Ereignis in unserem Leben aus einem triftigen Grund zu. Durch dieses bestimmte Ereignis will er uns nämlich in seinen vollkommenen, liebevollen Plan für unser Leben hineinbringen. Gott ließ es zu, dass diese Frau ohne Hand zur Welt kam, weil er sie liebt. Gott erlaubte Satan, Hiob zu belästigen, weil er Hiob liebte. Gott ließ es zu, dass sein Sohn ans Kreuz genagelt wurde, weil er seinen Sohn liebte, und weil er auch uns liebte. Gott ließ es zu, dass die finsteren, bösen Mächte in dieser Welt einen scheinbaren Sieg davontrugen; doch in all dem führte Gott seinen vollkommenen Plan zur Errettung der Welt hinaus.

Keiner wusste dies besser als Jesus selbst. Mancher Leser hat mir schon geschrieben, Jesus habe am Kreuz geklagt, als er ausrief: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“

Doch das stünde im krassen Gegensatz zu allem anderen, was Jesus über seine Kreuzigung sagte und wie er im Zusammenhang mit seinem Kreuzestod handelte.

Kein anderer kannte alle Einzelheiten von Gottes Plan zur Errettung der Welt besser als Jesus. Er hatte seine Jünger oft auf die bevorstehende Kreuzigung und die Auferstehung hingewiesen und hatte Schriftstellen aus den Psalmen und den Propheten zitiert, die seinen Opfertod am Kreuz voraussagten. Jesus gebot seinen Jüngern sogar, sich über dieses Ereignis zu freuen.

„Ihr habt gehört, wie ich zu euch sagte“, sprach er, „ich verlasse euch und werde wieder zu euch kommen. Wenn ihr mich liebtet, würdet ihr euch freuen, dass ich zum Vater gehe; denn er ist mächtiger als ich“ (Johannes 14,28).

Er sagte ihnen ferner, dass ihm ohne Gottes Zustimmung niemand das Leben nehmen könne.

„Der Vater liebt mich, weil ich bereit bin, mein Leben zu opfern, um es aufs Neue zu erhalten. Niemand kann mir das Leben nehmen. Ich gebe es aus freiem Entschluss. Ich habe das Recht dazu und auch das Recht, es wieder an mich zu nehmen. So handle ich im Auftrag meines Vaters“ (Johannes 10,17–18).

Die Jünger wussten zwar die Wahrheit, doch als dann die Anfechtungen kamen, reagierten sie auf den scheinbaren Sieg des Bösen, indem sie Jesus zu Hilfe eilten und ihn gegen die Soldaten verteidigten, die ihn gefangen nehmen wollten.

Jesus hielt sie zurück. „Steck dein Schwert ein“, sprach er. „Weißt du nicht, dass ich nur meinen Vater um Hilfe zu bitten brauche, und er wird mir sofort mehr als zwölf Engelheere schicken? Aber wie soll sich dann erfüllen, was in den heiligen Schriften vorausgesagt ist? Es muss doch so kommen!“ (Matthäus 26,52–54).

Jesus wusste, dass sich Gottes Wort, dass sich die Schrift erfüllen musste. Nicht ein einziges Ereignis oder ein Handeln unsererseits kann letztlich die Erfüllung von Gottes Wort aufhalten. Jesus selbst war dem Wort untertan, obwohl er selbst das fleischgewordene Wort war.

Die Juden, die dort an seinem Kreuz standen, kannten die alttestamentlichen Schriftstellen, die die Kreuzigung ihres kommenden Messias voraussagten, sehr wohl.

Der Ruf Jesu: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“, waren ja die einleitenden Worte des bekannten Psalms 22.

Jesu Leiden am Kreuz war sehr real. Die Nägel, die seine Hände durchbohrten, verursachten ihm die gleichen Schmerzen, die sie uns verursachen würden, wenn wir dort hängen müssten. Doch Jesus wusste, dass sein Leiden nicht ein Sieg Satans und der Mächte der Finsternis war, sondern in Gottes Plan hineingehörte. Jesus pries Gott für das Leiden, weil er wusste, dass dadurch der endgültige Sieg über das Böse in der Welt errungen würde.

„Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“, rief Jesus aus, und dann fährt der Psalmist fort: „Ich schreie, aber meine Hilfe ist ferne … Du aber bist heilig, der du thronst über den Lobgesängen Israels. Unsere Väter hofften auf dich, und da sie hofften …, wurden sie errettet … Ich aber bin … ein Spott der Leute und verachtet vom Volke. Alle, die mich sehen, verspotten mich, sperren das Maul auf und schütteln den Kopf: ‚Er klage es dem Herrn, der helfe ihm heraus und rette ihn, hat er Gefallen an ihm.’ … Gewaltige Stiere haben mich umgeben, mächtige Büffel haben mich umringt. Ihren Rachen sperren sie gegen mich auf wie ein brüllender und reißender Löwe. Ich bin ausgeschüttet wie Wasser, alle meine Knochen haben sich voneinander gelöst; mein Herz ist in meinem Leibe wie zerschmolzenes Wachs. Meine Kräfte sind vertrocknet wie eine Scherbe, und meine Zunge klebt mir am Gaumen, und du legst mich in des Todes Staub. Denn Hunde haben mich umgeben, und der Bösen Rotte hat mich umringt; sie haben meine Hände und Füße durchgraben. Ich kann alle meine Knochen zählen; sie aber schauen zu und sehen auf mich herab. Sie teilen meine Kleider unter sich und werfen das Los um mein Gewand. Aber du, Herr, sei nicht ferne; meine Stärke, eile, mir zu helfen! … Ich will deinen Namen kundtun meinen Brüdern, ich will dich in der Gemeinde rühmen. Rühmet den Herrn, die ihr ihn fürchtet; ehret ihn, ihr alle vom Hause Jakob, und vor ihm scheuet euch, ihr alle vom Hause Israel. Denn er hat nicht verachtet noch verschmäht das Elend des Armen und sein Antlitz vor ihm nicht verborgen, und als er zu ihm schrie, hörte er’s. Dich will ich preisen in der großen Gemeinde, ich will meine Gelübde erfüllen vor denen, die ihn fürchten.

Die Elenden sollen essen, dass sie satt werden; und die nach dem Herrn fragen, werden ihn preisen; euer Herz soll ewiglich leben. Es werden gedenken und sich zum Herrn bekehren aller Welt Enden und vor ihm anbeten alle Geschlechter der Heiden. Denn des Herrn ist das Reich, und er herrscht unter den Heiden. Ihn allein werden anbeten alle, die in der Erde schlafen; vor ihm werden die Knie beugen alle, die zum Staub hinabfuhren und ihr Leben nicht konnten erhalten. Er wird Nachkommen haben, die ihm dienen; vom Herrn wird man verkündigen Kind und Kindeskind. Sie werden kommen und seine Gerechtigkeit predigen dem Volk, das geboren wird. Denn er hat’s getan.“

In der Schlachter-Übersetzung heißt dieser letzte Satz: „… dass er es vollbracht hat“ – ein Hinweis auf die letzten Worte Jesu am Kreuz, ehe er seinen Geist aufgab und verschied (Johannes 19,30).

Jesus nahm oft Bezug auf den Propheten Jesaja, der mit erstaunlicher Genauigkeit sein Leben, seinen Tod und seine künftige Herrschaft vorausgesagt hatte.

„Aber er ist um unsrer Missetat willen verwundet und um unserer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt. Wir gingen alle in die Irre wie Schafe, ein jeder sah auf seinen Weg. Aber der Herr warf unser aller Sünde auf ihn. Als er gemartert war, litt er doch willig und tat seinen Mund nicht auf wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird; und wie ein Schaf, das verstummt vor seinem Scherer, tat er seinen Mund nicht auf. Er ist aus Angst und Gericht hinweggenommen. Wer aber kann sein Geschick ermessen? Denn er ist aus dem Lande der Lebendigen weggerissen, da er für die Missetat meines Volks geplagt war. Und man gab ihm sein Grab bei Gottlosen und bei Übeltätern, als er gestorben war, wiewohl er niemand Unrecht getan hat und kein Betrug in seinem Munde gewesen ist.

So wollte ihn der Herr zerschlagen mit Krankheit. Wenn er sein Leben zum Schuldopfer gegeben hat, wird er Nachkommen haben und in die Länge leben, und des Herrn Plan wird durch seine Hand gelingen. Weil seine Seele sich abgemüht hat, wird er das Licht schauen und die Fülle haben. Und durch seine Erkenntnisse wird er, mein Knecht, der Gerechte, den Vielen Gerechtigkeit schaffen; denn er trägt ihre Sünden. Darum will ich ihm die Vielen zur Beute geben, und er soll die Starken zum Raube haben, dafür, dass er sein Leben in den Tod gegeben hat und den Übeltätern gleichgerechnet ist und er die Sünde der Vielen getragen hat und für die Übeltäter gebeten“ (Jesaja 53,5–12).

Jesus wusste, dass durch seinen Kreuzestod Gottes Plan nicht durchkreuzt wurde, sondern vielmehr erst seine Erfüllung fand. Die Jünger verstanden dies jedoch nicht. Für sie war die Kreuzigung Jesu das Ende all ihrer Hoffnungen und Zukunftsträume. Sie dachten nicht mehr an die Worte Jesu, die er ihnen gesagt hatte: „Jetzt seid ihr traurig. Aber ich werde euch wiedersehen. Dann wird euer Herz voll Freude sein, und diese Freude kann euch niemand nehmen“ (Johannes 16,22).

Sie rechneten nicht damit, dass sie Jesus wiedersehen würden, und als man ihnen sagte, dass er nicht mehr im Grab liege, dachten sie, sein Leichnam sei gestohlen worden.

Später an jenem Tag zogen zwei seiner Jünger auf der Straße, die von Jerusalem nach Emmaus führte, ihres Weges. Sie unterhielten sich über den Tod Jesu, als plötzlich Jesus selbst kam und sich zu ihnen gesellte. Doch sie erkannten ihn nicht.

Er blickte in ihre traurigen Gesichter und fragte: „Worüber redet ihr denn so eifrig unterwegs?“

„Du bist wohl der Einzige in Jerusalem, der nicht weiß, was dort in den letzten Tagen geschehen ist“, erwiderte einer von ihnen mit Namen Kleopas.

Jesus hörte ihnen zu, während sie ihm mit traurigem Blick von dem wunderbaren Jesus von Nazareth erzählten, der so große Wunder vollbracht habe, der ganz sicher der Messias und dazu gekommen sei, um Israel zu befreien, aber den die religiösen Führer der römischen Regierung zur Kreuzigung übergeben hätten.

In ihren Worten brachten die Männer zum Ausdruck, dass sie soeben Zeugen der größten Tragödie, die die Welt je erlebt habe, geworden seien. Zu alledem, so sagten sie, sei jetzt auch noch der Leichnam Jesu aus dem Grab verschwunden, und einige Frauen hätten erzählt, es seien ihnen Engel erschienen, die ihnen gesagt hätten, dass Jesus lebe. Die Männer schienen aber der festen Überzeugung, dass diese letztere Nachricht völlig aus der Luft gegriffen sei.

„Da sagte Jesus zu ihnen: ‚Was seid ihr doch blind! Wie schwer tut ihr euch zu glauben, was die Propheten vorausgesagt haben! Der versprochene Retter musste doch erst dies alles erleiden, um zu seiner Herrlichkeit zu gelangen!’

Und Jesus erklärte ihnen die Worte, die sich auf ihn bezogen, von den Büchern des Mose und der Propheten an durch alle heiligen Schriften“ (Lukas 24,25–27).

Inzwischen waren sie in Emmaus angekommen, und da es schon Abend wurde, baten die beiden Männer den Fremden, die Nacht in ihrem Haus zu verbringen. Erkannt hatten sie ihn immer noch nicht!

Jesus „folgte ihrer Einladung und blieb bei ihnen. Während des Abendessens nahm er das Brot und dankte Gott dafür, dann brach er es in Stücke und gab es ihnen. Da gingen ihnen die Augen auf, und sie erkannten Jesus“ (Lukas 24,29–31).

Endlich glaubten sie nun. Doch lange Zeit hatten sie nur die äußeren Umstände gesehen und waren in keiner Weise in der Lage gewesen, in all den Ereignissen Gottes Plan zu erkennen.

Die Jünger hatten es miterlebt, wie ihr Herr und Meister gekreuzigt worden war, was sie für einen offensichtlichen Sieg des Bösen über das Gute hielten; für sie war dies der Beweis, dass Gott nicht mehr mit ihnen war. Doch hätten sie dem Wort Gottes, das durch die Propheten geredet war, Glauben geschenkt, dann wären die gleichen Umstände für sie der Beweis gewesen, dass Gott doch mit ihnen war und seinen Plan zur Ausführung brachte.

Auch wir gleichen den Jüngern Jesu. Begegnen uns Kämpfe und Anfechtungen im Leben, dann ist unsere erste Reaktion: „O Gott, warum hast du mich verlassen?“

Doch Jesus sagte: „In der Welt habt ihr Trübsal; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden!“ (Johannes 16,33).

Wenn wir in Wahrheit den Worten Jesu glauben würden, sähen wir unsere Verhältnisse als Beweis für die Gegenwart Gottes in unserem Leben und wir würden ihn dafür loben und preisen, anstatt darüber zu klagen und zu murren.

Wenn wir die Zustände in dieser Welt ansehen, dann schütteln wir den Kopf und sagen: „Da haben wir ja genügend Beweis dafür, dass Gott in unseren Tagen nicht viel unternimmt.“

Doch Jesus sagte seinen Nachfolgern genau, was sie zu erwarten hatten: Kriege, Erdbeben, Hungersnöte, Unruhen, Epidemien, Umweltverschmutzung, sexuelle Revolution und noch vieles andere mehr – ein vollkommenes Bild von der Welt, in der wir leben, und die Zusicherung, dass es noch schlimmer werden wird.

Jesus sagte: „Wenn ihr die ersten Anzeichen von alledem bemerkt, dann steht auf und fasst neuen Mut: Bald werdet ihr gerettet!“ (Lukas 21,28).

Wenn die Zustände in dieser Welt immer schlimmer werden, dann ist das kein Beweis dafür, dass Gott ferne ist oder sich nicht darum kümmert. Ganz im Gegenteil. Alle diese Zeichen sind der Beweis dafür, dass Gott sehr nahe ist und dass jeder Teil seines Plans und seiner Absichten genauso in Erfüllung geht, wie er es in seinem Wort verheißen hat.

Jesus hatte seine Jünger aufgefordert, sich mit ihm über seine Kreuzigung zu freuen. Hätten sie seinem Wort vertrauen können, dann hätten sie Freude anstatt Trauer erlebt. Gottes Wort fordert auch uns auf, in unseren Anfechtungen zu frohlocken.

Petrus schrieb: „… und nun glaubt ihr an ihn … und freut euch mit unaussprechlicher und herrlicher Freude“ (1. Petrus 1,8).

Was wirst nun du glauben? Wirst du deine Straße ziehen wie jene beiden Männer nach Emmaus – traurig und nur mit den äußeren Umständen beschäftigt, überzeugt, dass Gott weit weg ist? Oder wirst du dir die Augen öffnen und ein dankbares Herz schenken lassen?

Ergreife das Brot, das Wort, das Leben, den Frieden, die Freude, die Jesus dir bietet. Erkenne, dass Jesus mit dir ist und dass Gott durch jeden einzelnen Umstand in deinem Leben wirkt, um dir in all deinen Nöten zu helfen.

Gerade das, was dir als schmerzlicher Beweis dafür erscheint, dass Gott nicht in deinem Leben ist, ist in der Tat das Werk seiner Liebe, die dich zu sich ziehen will, damit deine Freude völlig werde.

Schau auf zu ihm und preise ihn! Er liebt dich und thront über den Lobgesängen seines Volks!