5
Samstag, 18. Januar
»Wo ist denn dein eigenwilliger Bräutigam?«, fragte Claire, als die drei das NoMad Hotel betraten, das sich genau um die Ecke von der Bar befand, in der sie ihre Drinks zu sich genommen hatten. »Wenn man euch abkaufen soll, dass ihr zusammen seid, solltet ihr dann nicht zusammen ankommen?«
»Er kommt schon noch«, antwortete Audrey und legte die Hand auf den Bauch, überrascht, dass angesichts der vor ihr liegenden Nacht nervöse Schmetterlinge darin herumflatterten. Über die Hochzeitsplanung auf Instagram zu berichten war eine Sache. Einen Raum voller Menschen zu betreten, die davon ausgingen, dass eine Hochzeit tatsächlich stattfinden würde, war eine andere. Mindestens die Hälfte beobachteten sie wahrscheinlich mit Adleraugen, um zu checken, ob die Gerüchte über Audreys Pech mit Männern der Wahrheit entsprachen.
»Er musste eine Geschäftsreise nach Miami unternehmen. Oder war es Palm Beach?«, antwortete sie Claire nun zerstreut.
»Eigentlich Orlando.«
Die drei Frauen wandten sich um und entdeckten Clarke hinter sich.
Audreys Schmetterlinge verschwanden sofort. Ja, sie würde diesen Raum voller Menschen betreten und die zukünftige Braut spielen, aber sie würde nicht allein sein.
Verwirrt blickte sie nach unten, als sie bemerkte, dass er einen Koffer hinter sich her zog und einen Kleidersack über der Schulter trug. Natürlich stand Clarke beinahe jeder Look gut zu Gesicht, aber jetzt hatte sie definitiv die legere Variante vor sich. Das Haar war ein wenig zerzaust, er musste sich dringend rasieren, und in dieser Jeans und dem zerknitterten Hemd, das er darüber trug, hätte man eher erwartet, dass er um drei Uhr morgens aus einem Club taumelte, als auf eine feierliche Cocktailparty zu gehen. Veranstaltet von seiner Mutter.
»Ist dieser Bin-gerade-erst-aufgewacht-Look deine neueste Methode, um Linda zu nerven?«, fragte Audrey neugierig.
Er lachte und fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. Zu spät entdeckte sie, wie erschöpft er aussah. Dunkle Ringe unter den Augen, das Lächeln erheblich weniger lässig als sonst.
»Bin erst vor einer Stunde am JFK gelandet«, gab er als Erklärung an. »Und der Verkehr war, du weißt schon, der typische Manhattan-Rummel halt.«
»So schlimm?«, fragte Naomi mitfühlend.
Er lächelte ihr flüchtig zu. Dann erst fiel ihm offenbar auf, dass er ihre Freundinnen noch gar nicht begrüßt hatte und nahm Claire und Naomi in den Arm. »Solche Schönheiten habe ich ja schon ewig nicht mehr gesehen.«
»Es geht das Gerücht, dass du dich ordentlich angestrengt hast und man gratulieren darf?«, fragte Claire neckend.
Jetzt war sein Lächeln aufrichtiger. »Verdammt witziges Spielchen, auf das Dree und ich uns da eingelassen haben, hmm?«
»Definitiv«, stimmte Naomi zu. »Aber wenn ich mal ganz offen sein darf …«
»Bist du das nicht immer?«, fragte er.
»Stimmt. Und deshalb sage ich dir jetzt, du siehst echt mies aus. Kein Mensch wird glauben, dass Audrey einen Typen heiraten will, der auf seiner eigenen Verlobungsparty in solchen Klamotten auftaucht.«
»Versuch das mal dem Familienpatriarchen zu erklären«, murmelte er.
Audrey runzelte die Stirn. »Was hat dein Dad getan?«
»Hat mich zu seiner verdammten Konferenz in Florida geschickt. Hat behauptet, dass sie gestern beendet sein würde. Falsch. Die Keynote-Rede fand heute statt.«
»Hättest du dich nicht höflich entschuldigen können mit der Begründung, dass du bei einer äußerst wichtigen Angelegenheit dabei sein musst?«, fragte Claire und deutete auf Audreys eindeutig brautmäßiges Outfit.
»Diese Rede sollte ich halten«, antwortete Clarke. »Wieder etwas, das mein Dad zu erwähnen vergessen hat. Ich hatte nicht die geringste Chance, die ursprünglich für mich gebuchte Maschine zu erreichen und habe kaum ein Standby-Ticket für meinen Flug bekommen.«
Audrey lachte. »Oh mein Gott. Deine Eltern wollen aber wirklich nicht, dass du mich heiratest, was?«
»Sie wollen nur nicht, dass ich irgendetwas tue, was nicht ihre Idee war. Meine Mutter machte da allerdings einen ziemlich grundlegenden Fehler?«
»Schulterpolster? Bitte sag mir, dass sie nicht zu den Frauen gehört, die Schulterpolster tragen«, bat Naomi.
»Nicht mehr«, versicherte Audrey ihr. »Mittlerweile verfügt sie über eine ganze Wagenladung von Hosenanzügen.«
»Okay, aber was war denn ihr Fehler?«, fragte Claire Clarke nun.
»Na ja, zweifellos hofften sie, dass ich mitgenommen aussehen würde, wenn ich hier ankomme und keine Gelegenheit haben würde, mich frischzumachen. Aber dann hätte sie diese Fete nicht ausgerechnet in einem Hotel schmeißen sollen.« Er schwenkte den Kleidersack, den er über der Schulter getragen hatte.
»Brillant«, antwortete Claire. »Hier kannst du dir ein Zimmer mieten und dich wieder, wie üblich, in James Bond verwandeln.«
»Ich glaube, James Bond würde dafür nicht einmal ein Zimmer benötigen. Ich bin sicher, ihm wäre es gelungen, sich im Uber umzuziehen und zu rasieren …«, warf Audrey ein.
Clarke warf ihr einen Blick zu. »Warum habe ich mich noch mal einverstanden erklärt, dich zu heiraten, sagtest du?«
Sie warf ihm einen spielerischen Luftkuss zu. »Okay, mach du dich erst mal fertig. Wir halten hier die Stellung.«
»Oh-oh«, machte Naomi kopfschüttelnd. »Claire und ich werden hier die Stellung halten. Du gehst mit Clarke. Wenn die Leute euch das hier abkaufen sollen, dann müsst ihr zusammen auf der Party erscheinen.«
»Sie hat recht.« Claire nickte. »Es sähe merkwürdig aus, wenn Audrey in Begleitung ihrer beiden Freundinnen hereinkäme, und Clarke erst später auftauchte.«
»Stimmt schon, Dree, du kommst also mit«, sagte er und machte sich bereits auf den Weg durch die Lobby auf die Rezeption zu, um einzuchecken.
Audrey zögerte. »Hattet ihr nicht gesagt, dass ich mir keine mondäne kleine Verspätung zu meiner eigenen Verlobungsparty erlauben kann?«
»Im Prinzip nicht. Aber eine mondäne Verspätung, weil du und dein Verlobter gerade gemeinsam aus einem Hotelzimmer kommt? Wie köstlich anstößig.«
Audrey zog die Nase kraus. »Igitt. Alle werden denken, dass wir es miteinander getrieben haben.«
»Audrey, du sollst diesen Mann heiraten. Alle sollten denken, dass ihr es miteinander treibt.«
»Gut, gut. Okay. Könnt ihr beiden uns dann höflich entschuldigen?«
»Aber klar«, versicherte Claire ihr. »Außerdem treffen wir da oben gleich Oliver und Scott. Niemand beherrscht charmantes Hautevolee-Geplauder so gut wie Oliver.«
»Dir ist aber schon klar, dass Oliver mein Date ist. Du bist mit Scott verheiratet«, erklärte Naomi nachdenklich.
»Ja, aber wollen wir wirklich, dass Scott derjenige ist, der den Smalltalk macht?«, fragte Claire, der vollkommen klar war, dass ihr Ehemann zwar sündhaft reich und pseudoprominent in der Immobilienwelt Manhattans war, aber nicht viel für charmante Konversation übrighatte.
»Gut, okay. Geh. Und bring deine Frisur ein wenig durcheinander, als hättest du etwas Verbotenes gemacht«, befahl Naomi und schob Audrey sanft auf Clarke zu. »Oliver und Claire kümmern sich um die Plauderei. Scott und ich stampfen herum und funkeln jedermann wütend an, der es wagt, wegen deiner Abwesenheit zu meckern.«
»Du jedenfalls solltest auf keinen Fall meckern«, meinte Audrey. »Immerhin gibt es dort oben Champagner und Kaviar.«
»Oooh. Nun, in diesem Fall sag Clarke, dass er sich beeilen soll«, meinte Claire.
Audrey nickte zustimmend und wanderte zu dem wartenden Clarke hinüber.
»Hey, aber, Audrey?«, rief Naomi ihr hinterher.
Diese wandte sich nochmals zu ihrer Freundin um, die ihr ein schiefes Grinsen zuwarf. »Beeil dich nicht zu sehr. Clarke kommt mir nicht wie der Typ Mann vor, der das eilig hinter sich bringt.«
Audrey verdrehte die Augen und wandte sich ab. Bislang hatte sie an das Sexualleben ihres besten Freundes keinen Gedanken verschwendet, und ganz gewiss würde sie damit jetzt nicht anfangen.
❊ ❊ ❊
»Meinst du wirklich, dass deine Eltern diese Geschichte absichtlich inszeniert haben?«, rief Audrey vom Bett hinüber und ließ die Füße seitlich herabbaumeln. Sie hatte ihre Louboutins von sich geschleudert. Wie erwartet war süß nicht das Gleiche wie bequem.
»Was inszeniert?«, fragte Clarke durch die geöffnete Badezimmertür.
»Dass du ausgerechnet am Tag deiner Verlobungsparty der Hauptredner bist.«
Ehe er noch antworten konnte, klopfte es an der Tür des Hotelzimmers, und Audrey sprang vom Bett. »Ich geh schon.«
Sie öffnete, und vor der Tür stand ein adrett gekleideter Hotelpage, in der Hand ein Tablett mit Champagner in einem Eiskübel und zwei Champagnerflöten. »Champagner für Mr West und Miss Tate, freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Naomi und Claire«, erklärte er.
Audrey verdrehte die Augen, trat aber beiseite, damit er das Tablett in die Suite tragen konnte, die Clarke ihnen für die Nacht reserviert hatte.
»Ist es auf dem Tisch genehm?«
»Klar, super«, antwortete sie, nahm Clarkes Brieftasche von der Kommode und holte ein paar Münzen für das Trinkgeld heraus.
»Darf ich die Flasche für Sie öffnen?«, fragte der Mann.
»Nein, danke, wir kommen klar«, antwortete Audrey.
Er nickte, wünschte ihnen einen schönen Abend und schloss mit einem leisen Klicken die Tür hinter sich.
Clarke steckte den Kopf zum Badezimmer hinaus, wobei seine untere Gesichtshälfte mit Rasierschaum bedeckt war. »Champagner?«
Audrey hob die Flasche aus dem Eiskübel, um das Etikett zu studieren: »Taittinger.«
»Machen wir sie auf.«
Sie blickte zur Uhr auf dem Nachttisch hinüber. »Ist schon fünf nach sechs.«
»Genau. Die Party läuft erst seit fünf Minuten. Die meisten Gäste haben noch nicht mal ihre Penthouses verlassen.«
Damit hatte er wohl den Nagel auf den Kopf getroffen. In ihrer Welt konnten elegante Verlobungspartys die ganze Nacht lang dauern, denn die Leute trudelten tröpfchenweise ein, manche vor, manche nach dem Essen, und immer weiter.
»Außerdem«, rief er und verschwand wieder im Bad, »geht es bei dieser Party eher um meine Mutter als um uns.«
»Wenigstens gibst du es zu«, antwortete sie und entfernte die Folie von dem Flaschenkopf.
»Ich habe es nie bestritten.«
»Na ja, ich dachte, es ginge zumindest auch ein bisschen um Elizabeth«, antwortete sie in bewusst beiläufigem Ton, während sie versuchte, den Korken aus der Flasche zu drehen. Der aber steckte beharrlich fest. Und Clarke blieb beharrlich schweigsam.
Sie versuchte es noch ein paar Mal mit dem Korken, dann beschloss sie, dass größere Hände und stärkere Muskeln hier hilfreich wären. Audrey trug die Flasche ins Bad und blieb wie angewurzelt stehen beim Anblick von Clarkes nacktem Oberkörper. Nach einer schnellen Dusche hatte er seine Anzughose schon übergestreift, wollte sich aber offensichtlich erst fertig rasieren, bevor er ein Hemd anzog.
Sie schluckte, war seltsam verlegen.
Audrey hatte Clarke im Laufe der Jahre schon viele Male ohne Hemd gesehen. Im Whirlpool, im Swimmingpool, am Strand, auf einem Boot. Aber diesmal fühlte es sich eindeutig anders an. Sein Haar war feucht, das ganze Bad war noch beschlagen, nachdem er geduscht hatte, und das leise Kratzen seiner Rasierklinge an seinem Kinn war ein überraschend intimes Geräusch.
Er warf ihr einen fragenden Blick zu, dann entdeckte er die Champagnerflasche in ihrer Hand und deutete mit dem Kinn in die Richtung. Ein letztes Mal ließ er die Klinge über sein Kinn gleiten, dann legte er sie beiseite und spülte sich den Rasierschaum ab.
Anschließend nahm er ein Handtuch vom Waschbeckenrand, trocknete sich mit der einen Hand das Gesicht ab und streckte die andere nach der Champagnerflasche aus. »Wolltest du erst noch einen Blick auf die Ware werfen, bevor du kaufst?«
»Hmm?«
»Schon sehr ehefrauentypisch. Wenn du dich hinter mir ins Bad schleichst.«
Sie verdrehte die Augen. »Ich bin wegen des Champagners hier, nicht wegen deines Sixpacks.«
Denn ein Sixpack war es definitiv.
Sie verengte die Augen und musterte seinen Oberkörper abschätzig. »Entweder bist du verdächtig haarlos, oder du wachst deine Brust.«
»Letzteres«, antwortete er, umfing die Champagnerflasche mit einer Hand und machte sich mit der anderen an dem Korken zu schaffen. »Frauen scheinen ein Faible dafür zu haben.« Mit selbstsicherem Ploppen entfernte er den Korken.
»Außerdem kannst du dann deine Brustmuskeln besser sehen, wenn du sie vor dem Spiegel begutachtest«, merkte sie an.
Er grinste und gab ihr die Flasche. »Stimmt. Wieso, stehst du eher auf behaarte Typen?«
»Nein, wenn du es so formulierst, sicher nicht«, sagte sie schaudernd. »Aber ganz sicher sind mir Männer lieber als hübsche Jungs.«
Er schüttelte mit betrübter Miene den Kopf. »Verdammt. Das ist kein guter Anfang für unsere Ehe.«
»Brusthaar ist unsere erste unüberbrückbare Differenz«, stimmte sie zu, kehrte ins Schlafzimmer zurück und goss zwei Gläser Champagner ein. Eigentlich nur ein halbes für sich selbst. Sie hatte bereits eines getrunken und wollte einen klaren Kopf behalten.
»Also, wie sehen deine weiteren Pläne aus?«, fragte sie und reichte ihm sein Glas, als auch er in den Schlafraum kam.
»Warte«, sagte er. »Erst einen Toast.«
»Worauf?«
Er schüttelte den Kopf und stieß kurzerhand mit ihr an, obwohl sie ihr Glas noch gar nicht hochhielt. »Keine Ahnung. Auf die Freundschaft?«
»Auf die Freundschaft«, stimmte sie zu, trank einen winzigen Schluck und stellte die Sektflöte wieder ab. »Und darauf, dass wir hinterher auch wirklich wieder nur Freunde sind. Wie schnell können wir die Sache nach so einer eleganten Verlobungsfeier wieder lösen, ohne dass es schräg erscheint?«
»Die ganze Sache ist schräg.«
»Wohl wahr«, pflichtete sie ihm bei. »Ich kapiere immer noch nicht, warum wir deinen Eltern nicht schon bei dem Abendessen am Freitag erzählt haben, dass wir es uns anders überlegt haben.«
Der Gedanke hatte sie schon die ganze Woche über beschäftigt, aber da er dienstlich ständig unterwegs gewesen war, hatte sie ihn nicht gesehen, und diese Unterhaltung hatte sie nun wirklich nicht am Telefon oder per Textnachricht führen wollen.
Er setzte sich auf das Bett, die Füße auf dem Boden und sah auf seinen Drink herab. Die Dusche und die Rasur hatten beträchtlich dazu beigetragen, dass er wieder aussah wie er selbst, nur die dunklen Schatten unter seinen Augen hatten sie nicht vertreiben können.
»Keine Ahnung«, bekannte er und trank noch einen Schluck. »Als ich da in ihrem Wohnzimmer stand, kam ich mir einen Augenblick lang wieder wie der siebzehnjährige Junge vor, der sie unbedingt genauso sauer machen wollte, wie sie es mit mir machten. Ich bin nicht stolz darauf.«
»Du weißt schon, dass deine Mom sich nur deshalb immer in deine Angelegenheiten einmischt, weil sie dich liebt, oder?«
Er runzelte die Stirn und blickte rechts und links auf das Bett hinab. »Seltsam. Ich hätte schwören können, dass ich auf einem Bett sitze und nicht auf einer Couch liege.«
Audrey verdrehte die Augen und setzte sich neben ihn. »Ich sag’s ja nur. Vielleicht solltest du mal versuchen, mit ihr zu reden. Dann könntest du ihr sagen, dass du nicht mit Elizabeth zusammen sein willst, und müsstest nicht so tun, als seiest du mit mir verlobt.«
Er trank einen kräftigen Zug von seinem Champagner. »Darf ich dich kurz daran erinnern, Tate, dass das hier nicht meine Idee war.«
»Ich weiß«, versicherte sie hastig. »Aber mittlerweile hat sich das Blatt etwas gewendet. So zu tun, als seien wir verlobt, damit ich die Internet-Trolle loswerde, ist etwas anderes, als die Familie anzulügen.«
»Familien sind nicht immer gleich«, sagte er und klang ein wenig gereizt. »Deine ist eine Upper-Class-Version von Erwachsen Müsste Man Sein. Meine eher eine Ostküstenvariante von Dallas.«
»Du guckst Dallas?«
»Ich bin ein Intellektueller. Das weißt du.«
Sie lächelte und sah auf ihre nackten Füße hinab, wackelte mit den Zehen. »Es hat durchaus Spaß gemacht.«
»Was?«
»Die ganze letzte Woche. Verlobt zu sein.«
»Natürlich! Ich bin ein fantastischer Verlobter.«
»Du bist ein schrecklicher Verlobter«, berichtigte sie ihn. »Ich habe dich seit Tagen nicht gesehen. Aber ich hatte vergessen, wie oft ich mir früher erträumt hatte, eine zukünftige Braut zu sein. Eine Verlobung, sogar eine vorgetäuschte, verleiht einem eine ganz besondere Energie. Aber wahrscheinlich bist du ganz versessen darauf, es wieder hinter dich zu bringen.«
Er sah auf sie herab. »Warum glaubst du das?«
»Na ja, solange ich diesen Klunker am Finger habe, kannst du wohl kaum jedem Rockschoß in der Bar hinterhersteigen, wie du es normalerweise zu tun pflegst.«
»Wenn du mir so auf den Zahn fühlen willst, ob ich meine Verlobte betrogen habe: Nein, definitiv nicht.«
»Na, da gratuliere ich aber«, antwortete sie trocken. »Dann hast du ja eine ganze Woche ohne Sex durchgehalten.«
»Danke, dass du mein Opfer zu würdigen weißt.« Clarke sah auf seine Armbanduhr herab, dann stand er auf und goss ihnen beiden noch etwas Champagner nach, bevor er sein Hemd vom Bügel zog und überstreifte. »Wir sollten wohl los und so tun, als seien wir verliebt, hmm?«
»Du tust so, als seiest du verliebt. Ich bin nur hier, um der Welt meine Schuhe vorzuführen«, sagte sie und griff nach den schmerzhaften, aber wunderschönen Pumps.
»Und du sagst hinterher, dass wir miteinander fertig sind, okay?«, sagte sie, trat zu Clarke hin und stieß seine Hände fort, um ihm die Krawatte zu binden, die er ungeschickt malträtierte. »Deine Mom wird kapieren, dass sie dich mit dieser Elizabeth-Geschichte in Ruhe lassen soll, und ScandalBoy und seine Anhänger kriegen mit, dass ich kein romantischer Paria bin.«
»Woher willst du wissen, dass sie sich nicht umso heftiger auf dich stürzen werden, nachdem wir die Verlobung gelöst haben?«, fragte er und musterte sie. »Dass man hinterher nicht sagt: Schon wieder! Jetzt hat sie wieder einen verloren?«
»Darüber habe ich auch schon nachgedacht«, gab sie zu. »Deshalb ist es auch total wichtig, dass ich hinterher diejenige bin, die dir den Laufpass gibt.« Sie tätschelte ihm freundlich die Brust. »Kannst du gut auf Kommando heulen?«
»Wie viel Zeit habe ich zum Üben?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Du entscheidest, was wir machen. Wir können entweder in den nächsten Tagen unsere freundschaftliche Trennung bekannt geben oder heute Abend eine spektakuläre Show abziehen. Wir könnten uns über etwas Dummes, aber Reales streiten. Wie zum Beispiel, sagen wir, dass ich nicht allzu begeistert von der Tatsache bin, dass du dir während unserer Verlobungsfeier mit einer anderen Frau schreibst?«
Clarke grinste und zog seine Anzugjacke an. »Gute Idee. Mein Ruf als Playboy könnte sowieso mal wieder einen kleinen Boost vertragen. Sollen wir?«, fragte er und reichte ihr den Arm.
Sie lächelte und hakte ihn unter. Doch ihr Lächeln verblasste ein wenig, als sie auf die Aufzüge zugingen, denn sie fragte sich, warum Clarke so versessen darauf war, die Rolle des Bösewichts zu spielen.