Kapitel 1 - Eine neue Familie
»Heute ist der Tag, der Tag, der Taaahaaaag!« Josh tanzte förmlich durch die Wohnung und hatte so gute Laune, dass ihm ganz kribbelig im Bauch war.
Der Samstag war schneller gekommen als erwartet. Joshua stand noch früher auf als sonst, ging joggen, duschte sich danach und putzte sich schwungvoll die Zähne, während er seinen Hintern zur Musik aus seinen Kopfhörern hin und her schwang.
Selbstverständlich konnte Rohan Riedell nach dem letzten Vorkommnis nicht mehr in ihre WG mitbringen, doch in der Uni begegnete ihm Josh natürlich. »Wenn Roi nicht wäre, würde ich dich auf der Stelle anzeigen!«, hatte ihm der Dozent mit dem großen Pflaster über der frisch korrigierten Nase zugegrollt. »Aber ich werde dafür sorgen, dass du keinen
Abschluss an dieser Uni bekommst, da kannst du Gift drauf nehmen!« Joshs Antwort, dass er sich ja einfach mal mit seiner Frau an einen Tisch setzen und die ganze Sache besprechen könne, hatte den großen Mann jedoch verstummen und all seinen Frust zähneknirschend hinunterschlucken lassen. Von diesem Tag an ignorierte er ihn fürstlich.
Die letzten Wochentage waren also sehr stressig gewesen und die beiden Brüder hatten sich meist erst spät abends gesehen, wenn Josh vom Lernen mit Dana zurückgekommen war. Nun riss er Rohan, der nach wie vor selig pennte, überschwänglich aus dem Schlaf. Er hüpfte einfach auf seinen Bauch, zwickte und knuddelte ihn. »Aufstehen, aufstehen, aufsteeeehääään!«, sang er und Rohan wusste nicht, ob er ihn anschnauzen oder lachen sollte. Schließlich tat er beides. Dabei hätte er noch so gerne geschlafen.
Nach dem Frühstück stand auch schon Dana vor der Tür. Sie trug ein hellgrünes Sommerkleid mit kleinen Giraffen drauf und hatte dazu eine beige Leinentasche über der Schulter. Ihre Haare waren zu zwei niedlichen Zöpfen gebunden und sahen einfach nur putzig aus.
»Guten Morgen, Schatzi! Na, können wir los?« Sie küsste Josh auf die Wange, doch der kratzte sich verlegen am Hinterkopf. »Äh ... nein, leider noch nicht. Roi ist noch nicht fertig. Er kommt aber
sicher gleich aus dem Bad.«
Dana sah Josh ein wenig verwundert an. »Ach, der kommt auch mit?«
Ihr Freund rümpfte die Nase. »Ja! Hast du was dagegen?«
»Oh nein, nein!
Ich bin nur ... verwundert
, das ist alles.« Ganz schnell lachte sie wieder.
Nach einer halben Stunde kam Rohan endlich aus dem Badezimmer. Josh lief ihm im Flur zuerst über den Weg, starrte ihn fassungslos an und krümmte sich auf einmal vor Lachen. Rohan konnte sich das Gegacker seines Bruders nicht erklären und wollte beleidigt wissen, was los sei, doch Josh brach unter seinem Lachkrampf förmlich zusammen und kriegte sich kaum noch ein. Sein Gewieher lockte Dana an und nun sah Rohan selbst, warum sein Bruder so lachte. Er und Dana hatten die gleiche Frisur.
Josh, noch immer am Kichern, öffnete Rohan die Zöpfe, holte dann eine Bürste und kämmte sie ihm auf eine Seite über die Schulter. Nicht sichtbar für Dana küsste er ihn dabei kurz auf den Nacken und hauchte ihm zu: »Du bist so süß, Zombie!«
***
Da Joshs Auto gerade in der Werkstatt war, holte Renè die drei wie verabredet vom nahegelegenen Bahnhof ab.
»Hi Dad!«, rief Josh ihm zur Begrüßung entgegen und umarmte ihn ganz selbstverständlich.
»Hey, mein Großer! Schön, dass ihr da seid!«
»Hi.« Rohan grüßte Renè ebenfalls, doch mit allem Weiteren zögerte er, bis ihn der Familienvater, ohne groß zu überlegen, ebenso in den Arm nahm.
»Na Casanova? Freut mich, dass du auch mitgekommen bist!« Seine lockere Art löste bei dem Jüngsten in der Runde regelrechtes Herzklopfen aus, denn Renè und Josh hatten ja nun mal große Ähnlichkeit miteinander und sogar ihr Geruch ähnelte sich.
»Hallo, Herr Winter.« Auch Dana kam nun hinter den beiden Männern hervor. »Freut mich sehr, Sie kennenzulernen!« Sie wirkte leicht verkrampft, war sie doch bemüht, einen möglichst perfekten ersten Eindruck zu machen.
»Die Freude ist ganz meinerseits!« Ihr Gastgeber gab ihr freundlich die Hand. »Josh hat mir gar nicht erzählt, wie hübsch du
bist. Und du studierst auch Medizin?«
»Ja!«, antwortete sie stolz. »Allerdings will ich mich auf klinische Pharmakologie spezialisieren und nicht auf Allgemeinmedizin, so wie Josh.«
»Ach, auch gut! Hauptsache ein solider Job! Meine Frau arbeitet in der zahnärztlichen Chirurgie und glaub mir, es ist schön, wenn man auf einem Niveau ist, sich aber trotzdem in seinem Fachgebiet nicht in die Quere kommt.«
In dieser Familie voller Medizinmänner und -frauen kam sich Rohan gerade unglaublich deplatziert vor. Ja, da passte Dana gut rein. Aber er?
***
Auf der Fahrt zu seinem Haus erkundigte sich Joshs Vater nach Rohans Befinden und wollte wissen, ob es noch Unannehmlichkeiten nach ihrem Zusammentreffen im Restaurant gegeben hatte. Sein Sohn, der vorne saß, sah ihn jedoch eindringlich auf diese ganz spezielle `Bitte nicht darüber reden
`- Weise an, deshalb wechselte er das Thema.
»Meine zwei kleinen Töchter freuen sich sehr auf dich Josh. Sie haben schon den ganzen Vormittag herumgerätselt, wie du aussiehst, aber ich habe natürlich noch nichts von deinem guten Aussehen verraten!« Renè grinste verschmitzt in das verlegene Gesicht seines Sohnes.
»Hast du ihnen auch schon von Roi erzählt?«
Renè begann zu lachen. »Jaaa, ich habe erwähnt, dass du einen
Zombie ohne jegliche Manieren
mitbringst!« Josh und Rohan sahen den glucksenden Renè verschreckt an, doch der lachte daraufhin nur noch lauter. »Nein
, war nur ein Scherz
! Ich habe ihnen gesagt, du bringst deinen Halbbruder mit. Sie sind ganz begeistert! Aber nicht, dass ihr zwei meinen Mädchen noch die Köpfe verdreht!«
Plötzlich räusperte sich Dana auffällig. Rohan hatte sie ja die ganze Zeit über schon ignoriert, aber nun hatten auch Renè und Josh sie vergessen.
»Und sie freuen sich natürlich auch ganz doll auf dich
, Dana!«, log Renè, denn in Wahrheit hatte er tatsächlich verschwitzt, sie zu erwähnen. Nur seine Frau wusste, dass sie mitkommt, und er hoffte, dass diese es den Kindern sagen würde.
***
Endlich kamen sie an dem Grundstück mit dem großen Einfamilienhaus an und Renès Nachwuchs wartete bereits neugierig in der Einfahrt. Paula, die Ältere der beiden, trug ihre braunen Locken in einem Kurzhaarschnitt, ganz wie die Mutter. Sie hatte ein blaues Kleidchen an und lief, so wie ihre kleine Schwester, barfuß umher. Anna, das Nesthäkchen und noch einen ganzen Kopf kleiner, trug einen Latzhosenanzug. Sie war ihrem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten: blonde Haare und ein verschmitztes Lächeln. Die blauen Augen der beiden Kinder strahlten, als Josh ausstieg, und sie stellten sich ihm kindlich aufgeregt, aber sehr höflich vor. Auch Dana stieg aus dem Auto und wurde gemeinsam von Renè und Josh vorgestellt. Nur Rohan machte keine Anstalten auszusteigen. Er wäre am liebsten im Wagen sitzen geblieben, denn er realisierte immer mehr, dass er hier völlig fehl am Platz war. Er mochte nun mal keine Mädchen und Kinder schon gar nicht. Dann aber bemerkte Renè sein Fehlen und öffnete ihm lächelnd die Autotür auf der anderen Seite.
»Na Monsieur? Wartest du immer, bis dir einer die Tür aufhält, oder hast du Angst vor meinen Töchtern?«
»Ganz sicher nicht!« Rohan stieg grummelnd aus. Den Mädchen, die eben noch freudig gestrahlt hatten, verging bei seinem Anblick schlagartig das Lachen. Josh war ja seit Jahren an Rohans Aussehen gewöhnt, doch nun, da er die geschockten Gesichter seiner beiden Halbschwestern sah, fiel es ihm wieder auf. In seiner schwarzen Armeehose, den Springerstiefeln mit Stahlkappen und dem engen, ärmellosen Tanktop, das seine V-Figur und seine Muskeln sehr stark betonte, wirkte er ziemlich bedrohlich. Die Sonnenbrille, die schwarzen Fingernägel und seine langen Haare taten ihr Übriges zu diesem Erscheinungsbild.
Josh versuchte auf seine Art, die Situation ein wenig aufzulockern. Er fasste seinen Bruder bei der Hand und nahm ihm die Sonnenbrille von den leicht mit Kajal betonten Augen ab. »Das ist mein Wachhund!«, verkündete er dann grinsend. »Aber er ist gar nicht so böse, wie er aussieht. Ihr dürft ihn ruhig mal anfassen!«
Paula pikste ihm tatsächlich in die Seite. »Ey, Finger weg!«, knurrte Rohan, doch da bekam er von Josh auch schon einen Klaps
auf den Hinterkopf.
»Pfui! Sei artig!«
Die Mädchen lachten. Die Kleinere wandte sich mit einem süßen Dackelblick an Josh. »Hältst du ihn fest, damit er uns nicht beißt?«
Josh lachte vergnügt, alleine schon deshalb, weil sein Bruder eine derart beleidigte Miene zog, dass jede Leberwurst eifersüchtig geworden wäre. »Jaaa, ich verspreche, dass ich ihn nicht frei herumlaufen lasse!« Dann nahm Josh auch Dana bei der Hand, damit das Händchenhalten mit Rohan nicht zu sehr auffiel, und ging mit dem breitesten Grinsen der Welt seinem belustigten Vater hinterher.
Isabella, die etwa vierzigjährige Hausherrin, saß mit einem Baby im Arm auf der Hollywoodschaukel im Garten. Bella
, wie alle sie nennen durften, war eine ruhige, hübsche Frau, der man allerdings die Strapazen bereits deutlich ansah, die drei Kinder verursachten. Freundlich und ohne jeden Unterton begrüßte sie die beiden Söhne der Exfrau ihres Mannes und fragte gleich, ob sie eine angenehme Fahrt gehabt hätten. Auch Dana grüßte sie herzlich und die zwei schienen sofort einen guten Draht zueinander zu haben.
Nach dem warmherzigen Empfang übergab Bella ihren jüngsten Spross Emil an ihren Ehemann und Dana half ihr sofort bei den Vorbereitungen zum gemeinsamen Kaffeetrinken. Wie den Mädchen versprochen, hielt Josh Rohan die gesamte Zeit bei der Hand. Dieser gab sich weiterhin knurrig, war aber insgeheim dankbar dafür.
Während sich Josh und sein Vater angeregt unterhielten, saß Rohan nur daneben und ließ den Redeschwall über sich ergehen, doch dann zupfte Paula irgendwann an seinem Shirt. »Spielst du mit uns?«, fragte sie zögernd.
Gerade als Rohan verneinen wollte, sprang Josh ein. »Natürlich macht er das!«
Rohan warf ihm einen bockigen Blick zu, doch Josh gab ihm nur seine Sonnenbrille zurück und schenkte ihm ein Luftküsschen. »Setz sie wieder auf, sonst sieht man noch, dass es dir Spaß macht!« Dabei lächelte er zuckersüß, während sich Rohan knurrend von dem kleinen Mädchen mitziehen ließ.
Kaum saß er auf dem weichen, gut gepflegten Rasen, fläzte sich schon die kleine Anna auf seinen Schoß und umarmte ihn besitzergreifend. »Das ist jetzt meinaaaa ...«, rief sie fröhlich, was
Josh, der das Ganze beobachtete, ein Schmunzeln entlockte.
Renè tippte seinem Sohn auf die Schulter. »Paula und Anna spielen auch immer mit Goh und der sträubt sich am Anfang genau wie dein Bruder. Manchmal habe ich sogar das Gefühl, dass Paula ein bisschen in ihn verliebt ist ... aber ich glaube, jetzt hat sie einen neuen ... jüngeren
Favoriten.«
Vater und Sohn lachten, als sie sahen, wie tollpatschig sich Rohan mit dem kleinen Mädchen auf dem Schoß anstellte. Die eifersüchtige Paula wollte ihre Schwester von ihm runterziehen, doch Anna klammerte sich nur umso fester an dessen Klamotten.
»Spiel mit mir
! Nicht mit der kleinen Nervensäge!«, startete Paula einen weiteren Versuch und umarmte Rohan von hinten.
Der wusste gar nicht, wie er mit den Kindern umgehen sollte, gab sich allerdings Mühe, irgendwie freundlich zu bleiben. »Tja … äh ... was willst du denn spielen? ... Hast du ein Motorrad,
’ne E-Gitarre
oder ’ne Kettensäge
?«
»Sie ist elf
!«, rief Josh entsetzt und tippte sich gegen die Stirn.
Die kleine, hübsche Paula spitzte ihre Lippen. »Ich weiß was Besseres! Lass uns Familie
spielen! Ich bin die Mama und du bist der Papa und Anna ist unser Kind! Und wir machen dann all
die Sachen, die Eltern so miteinander tun!«
Knallrot im Gesicht sah Rohan hilfesuchend zu Josh, der ihm allerdings keine Hilfe war. Stattdessen räusperte sich Renè. »Das ist ein Spiel
, Roi! Komm ja nicht auf falsche Gedanken!«
Ehe der jedoch irgendwas denken konnte, tat Paula so, als würde sie gerade eine Tür öffnen, und schon quietschte sie los: »Hallo Schatzischnucki
! Ich bin zu Hauseee!« Bevor er ahnte, was kommen könnte, sprang sie an seine Brust und warf ihn dabei regelrecht um, während Anna noch immer auf seinem Schenkel sitzen blieb.
»Hey
, was ... mmhhhm!!!« Paula fing an, ihn mit ihrem kleinen, feuchten Mund abzuschmatzen, und Rohan stellten sich aufgrund der Masse an Mädchensabber augenblicklich alle Haare zu Berge. Ihre Hände krallten sich dabei unbeabsichtigt in sein Fleisch und zwickten schmerzhaft hinein.
Josh bekam sich kaum ein vor Lachen, Renè aber verdrehte nur die Augen, denn er kannte das Spielchen seiner Tochter, die schon im Kindergarten ständig Knutschen
gespielt hatte. Er sah dem
Ganzen einen Moment amüsiert zu, doch dann drehte er sich wieder zu seinem Sohn.
Auch Anna hüpfte nun auf dem armen Kerl herum und die beiden Racker attackierten ihr Opfer
unermüdlich, dessen Hände sich bereits angewidert in den Rasen krallten. Rohan riss sich zusammen, doch in einer kurzen Kuss-Atempause, die Paula ihm ließ, rief er verzweifelt: »Hilfe
!!!«
Josh drehte sich um und bemerkte erschrocken, dass sein Bruder noch immer machtlos am Boden lag und sich einfach nicht traute, die beiden Kinder von sich zu stoßen. Er sprang auf, um Rohan zu Hilfe zu eilen, aber da hielt ihn Renè an der Schulter fest und rief: »Mädels! Kommt doch mal her, ich hab was für euch!« Auch er sah, dass Rohan dringend eine Verschnaufpause brauchte. Beide Mädchen kamen sofort angerannt und schnappten sich die Bonbons, die ihr Vater aus seiner Hosentasche zog.
Josh hingegen zerrte derweil seinen Bruder hoch und flüsterte ihm vorwurfsvoll zu: »Warum artet bei dir eigentlich immer alles in einer Orgie
aus?«
»Als wenn ich das gewollt
hätte«, verteidigte der sich zischend. »Denkst du, ich finde diese herumrotzenden Knutschjunkies geil!? Ganz sicher nicht! Aber mal davon abgesehen: Wenn du meinem Lover nicht die Visage poliert hättest, stände ich nicht seit knapp ’ner Woche auf dem Schlauch!«
Pfeifend drehte sich Josh um. »Sie haben echt schnell ihre Angst vor ihm verloren«, rief er zu seinem Vater, um abzulenken, doch Renè war gerade mit dem quengelig werdenden Emil beschäftigt. »Na ja, das wundert mich nicht. Hauptsache, sie lassen ihn nachher auch wieder gehen! Ähm ... ich muss mal kurz ins Haus. Ich glaube, hier bei dem kleinen Stinker ist ein Viertelpfünder im Anmarsch. Paula, hilfst du mir und machst die Türen auf?«
Josh lachte ein wenig pikiert und sah seinem Vater hinterher, doch da zupfte Anna ihn am Ärmel. »Duuu, Joshy? Darf ich Roi behalten? Ich mach ihn auch nicht kaputt!«
Er lachte erst, räusperte sich und hockte sich dann zu dem Mädchen in ihrem niedlichen Latzhosenanzug. »Leider brauche ich ihn selbst, kleine Maus. Er ist doch mein Wachhund, schon vergessen? Aber ich borge ihn dir gern mal aus.« Dabei sah er seinen
Bruder an, der inzwischen auf der Hollywoodschaukel saß und auf seinem Handy herumtickerte. Schon in der nächsten Sekunde krabbelte Anna, offenbar zufrieden mit diesem Deal, wieder auf seinen Schoß und verdrängte das Telefon. Sie wollte anscheinend unbedingt mit ihm kuscheln, auch wenn der gerade erst erwachsen gewordene Rowdy das nicht so prickelnd fand.
Belustigt schlenderte Josh zu den beiden rüber und pflanzte sich neben sie. »Wer hätte gedacht, dass du bei Mädchen so beliebt bist«, neckte er den Bekuschelten. Rohan aber grollte ihn nur genervt an:
»Nimm mir endlich dieses Kind vom Hals!«
»Ja, ja! Na Anna, magst du mal zu mir kommen?« Josh öffnete die Arme, damit sie zu ihm krabbeln konnte, doch augenblicklich schwang sich Rohan auf den Rücken und legte einfach seinen Kopf auf dessen Schenkel, während er die Kleine auf seinem Bauch behielt.
»Na also. So ist das doch schon viel besser«, kommentierte er zufrieden und grinste wieder.
In Sorge, dass sein Vater bei seiner Rückkehr die Situation falsch verstehen könnte, errötete Josh ein wenig, andererseits sah Rohan mit dem kleinen Mädchen auf seinem Oberkörper gerade so süß aus, dass er nichts sagte. Für einen Moment ging sogar seine sonst eher spärlich ausgeprägte Fantasie mit ihm durch und es war fast, als hätten er und sein geliebter Zombie ein Kind adoptiert.
›Was für eine absurde Vorstellung ...‹
Plötzlich hörte er Geschirr klappern, schaute auf und sah Dana mit einem vollen Tablett aus dem Haus kommen. Erst wollte er aufspringen, doch Rohans schwerer Kopf hinderte ihn daran und schon stand seine Freundin neben ihnen. Als sie die zwei mit dem Kind sah, lächelte sie und stellte die Teller ab.
»Du wirst ganz sicher auch mal ein toller Vater!«, säuselte sie und zwinkerte ihm zu, als wolle sie noch am selben Abend mit der eifrigen Kinderproduktion beginnen. Josh liebte Kinder und wollte auch selbst gern ein oder zwei, doch mit Rohan könnte er nie welche bekommen. Noch ein Grund mehr, warum eine ernsthafte Beziehung mit ihm nicht zur Debatte stand, dachte er bei sich.
»Hilfst du mir beim Tisch decken?«, fragte Dana forsch und riss ihn aus seinen Gedanken.
Plötzlich erlebte Rohan die Situation wie im Zeitraffer. Josh
befreite sich aus seiner Position, stand auf, ließ seine Hand los und nahm noch im selben Moment die von Dana, um ihr zu helfen.
Aus irgendeinem Grund beschlich ihn das Gefühl, dass es mit den beiden nicht so war wie bei ihm und seinen Kerlen. Josh war kein Mensch für Kurzzeitbeziehungen und Dana nahm ihn mehr und mehr ein, bis sie ihn irgendwann ganz für sich beanspruchen würde. Er war hin- und hergerissen. Sollte er zu seinen Gefühlen stehen und doch noch einmal versuchen, Josh auf seine Seite zu ziehen, auch auf die Gefahr hin, ihn vielleicht ins Unglück zu stürzen? Oder sollte er sich damit begnügen, ab und zu eine liebevolle Geste von ihm zu bekommen, und ihn dafür glücklich werden lassen? Auch um den Preis, dass er vielleicht immer an ihm hängen und nie eine eigene Beziehung aufbauen würde?
Je mehr er darüber nachdachte, desto klarer wurde die Antwort in seinem Kopf.
Im Gegensatz zu Josh konnte er sich nicht einfach mit einem Mädchen zusammentun. Natürlich gab es Frauen, die er schön fand, aber eine Beziehung wäre für ihn unmöglich. Er liebte Josh, doch wenn er ihn nicht haben konnte, musste er zumindest jemanden kennenlernen, der ihm sehr ähnlich war. Da fiel ihm etwas ein.
Renè hatte Emil die Windeln gewechselt und ihn dann samt Schnuller schlafen gelegt. Als er zurückkam, merkte er sofort, dass etwas mit Rohan nicht stimmte. Er war ein guter Beobachter und brauchte nicht lange, bis er bemerkte, wie deprimiert dieser auf der Hollywoodschaukel saß und grübelte. Josh half Dana und war deshalb abgelenkt.
»Hey, ist alles in Ordnung?«, fragte er ihn freundlich und setzte sich neben ihn.
»Hm? Ja ja … alles okay«, versuchte sein Gegenüber ihn zu täuschen, doch er spürte, dass da so einige Depressionen in dem jungen Mann lauerten, und wollte ihn aufmuntern.
»Du, ähm ... Josh hat mir erzählt, du kennst dich mit Gitarren aus? Ich hab hinten im Schuppen noch so ein altes Teil, eine E-Gitarre von Gibson. Würdest du mir da vielleicht mal schnell deine Meinung zu sagen, bevor der Kuchen kommt?«
»Ähm ... ja, klar.« Etwas verunsichert erhob sich Rohan und übergab Anna seinem Bruder, selbst wenn diese ganz offensichtlich
lieber bei ihm geblieben wäre. Auch Josh war überrascht, doch er freute sich, dass die beiden etwas hatten, worüber sie sprechen konnten.
Rohan folgte Renè in den hinteren Teil des Gartens, beobachtete, wie er einen Schuppen aufschloss, und staunte nicht schlecht, darin eine alte, aber durchaus noch hochwertige Harley stehen zu sehen.
»Wow. Ist das dein
Motorrad?«, hakte er irritiert nach und fuhr mit den Fingerspitzen über den rissigen Ledersattel. »Die wilde Seite des Biker-Docs?«
»Ja. Stell dir vor, auch ich hatte mal eine Sturm-und-Drang-Zeit.« Der Arzt lachte verlegen. »Aber das ist lange her.« Renè öffnete einen Schrank und holte daraus einen alten Gitarrenkoffer hervor. Beim Aufklappen sah man zuerst dunkelgrauen Plüsch und mittendrin lag sie. »Hier ist das gute Stück. Top in Schuss, nur ein paar wenige Kratzer! Müsste aber sicher mal gestimmt werden.«
Rohans Augen weiteten sich, als er das blutrote Musikinstrument mit den schwarz-silbernen Applikationen in die Hand nahm. »Das ist auf jeden Fall keine normale
Gibson!« Er sah noch genauer hin und bekam dann richtig Herzrasen. »Das ... das ist ... eine 1958er Les Paul Double Cut Reissue
!!!« Sein Hals wurde trocken. »In ... in Cherry Red
! Die kostet fast viertausend
Tacken!«
»Dieser alte Schlawiner!« Renè schüttelte grinsend den Kopf und sprach mehr zu sich selbst. »Er sagte, sie sei um die sechstausend wert.«
»Na ja, kommt darauf an, wer da drauf schon gespielt hat!«, korrigierte sich Rohan und schämte sich für seine abrupt schwitzigen Hände, die dieses grandiose Instrument befeuchteten. »Es gibt sehr viele Wertsteigerungsmöglichkeiten in dem Bereich. Wo hast du die her?«
Renè sah zu Boden, lächelte aber noch immer. »Na ja, ein guter Freund hat sich eine Menge Geld von mir geborgt und mir die da als Pfand gegeben. Aber ich kann nicht spielen, wenn ich sie allerdings verkaufe, bringt er mich um. Er will sie irgendwann auslösen, sobald er mir das Geld zurückzahlen kann.«
»Oh.« In Rohan war gerade ein Funken Hoffnung aufgekeimt, Joshs Vater würde ihm das göttliche Brett überlassen, doch bei einem solchen Wertstück war der Gedanke an sich aberwitzig. »Aber dann solltest du dir das Teil wenigstens an die Wand hängen!
Im Haus
und nicht in diesem Schuppen
, in dem es im Winter sicher nicht trocken ist! Das ist eine Schande! Willst du, dass sich der ganze Korpus verzieht? Der ist aus Mahagoni,
verdammt!«
Rohans Empörung brachte Renè zum Lachen, dennoch nickte er einsichtig. »Schon gut, schon gut, ich nehm sie mit rein.« Dann ergriff er endlich die Initiative und sagte einfach geradeheraus, weshalb er wirklich mit Rohan allein reden wollte: »Übrigens, ich kann mir gut vorstellen, dass diese ganze Joshs Vater taucht plötzlich auf – Sache
schwierig für dich ist und du vielleicht auch ein wenig traurig darüber bist, dass sich dein eigener Vater bisher nicht gemeldet hat. Aber ... na ja, ich möchte dir versichern, dass du keine Angst haben brauchst, jetzt hinten runterzufallen,
nur weil ich aufgetaucht bin.« Er räusperte sich und legte zögernd die Hand auf Rohans Schulter, was dieser kritisch beäugte. »Was ich damit sagen will: Wenn du mal reden möchtest oder Probleme hast, die du nicht mit Josh besprechen kannst, habe auch ich
von jetzt an immer ein offenes Ohr für dich!«
Dieses Angebot überraschte Rohan. Er hatte nicht erwartet, dass Renè für ihn den Ersatzdaddy spielen würde, doch irgendwie fand er es nett. Vor allem angesichts der Tatsache, dass der Mann schon vier eigene Kinder hatte! »Ähm ... danke«, erwiderte er schließlich und versuchte zu lächeln.
»Du, sag mal ...«, fuhr Renè fort und kam nun endlich auch zu der einen Angelegenheit, die ihm überaus unangenehm war. »Josh meinte zu mir, dass er dich sehr liebt, aber euer kleines ... Techtelmechtel
ein Ausrutscher
war. Siehst du das auch so?«
Rohan zuckte zusammen. Er wusste nicht, dass Josh es als Ausrutscher
empfand, mit ihm geschlafen zu haben. Dieser Gedanke tat ihm weh, doch er versuchte, drumherum zu reden, um die Frage nicht direkt beantworten zu müssen. »Na ja, ich ... fühle mich ziemlich beiseitegeschoben von seiner neuen Freundin. Früher haben wir immer alles zusammen gemacht, doch jetzt wird er alles mit ihr machen. Irgendwann werden sie heiraten, Kinder kriegen und dann sehen wir uns höchstens noch zu manchen Feiertagen oder zu meinem Geburtstag ... das macht mir eine scheiß Angst!«
Renè hörte aufmerksam zu und zog ein nachdenkliches Gesicht.
»Weißt du, ich war mal in einer ähnlichen Situation. Mein bester Freund Goh, den ich zwar nicht von Kindheit an kenne, der aber trotzdem an mir hängt wie niemand sonst, hatte genau dieselben Ängste wie du. Früher, so mit siebzehn, war ich in seiner Motorradgang. Er war unser Anführer, ich seine rechte Hand, sozusagen. Schwer zu glauben, wenn man mich heute sieht, ich weiß. Na jedenfalls haben wir jeden Tag zusammen verbracht. Er holte mich später auch immer von der Uni ab und dann machten wir den unmöglichsten Mist, jeden Tag! Wir durchsuchten verlassene Häuser, donnerten mit den Maschinen durch die Landschaft und hatten wegen ihm, der überall was hat mitgehen lassen oder sich prügelte, andauernd Ärger mit der Polizei.« Er seufzte und plötzlich wurde seine Stimme etwas schwerer. »Eines Tages lernte ich Bella kennen und sagte Goh danach immer öfter ab, weil ich mit ihr zusammen sein wollte ... Na ja, du siehst ja, was aus uns geworden ist, und ich bin bis heute glücklich mit ihr. Goh hingegen hatte immer nur kurze Beziehungen, oft auch nur One-Night-Stands mit Frauen oder Männern, und nie dauerten seine Affären länger als drei Monate. Später, als Bella schwanger wurde, verließ ich die Gang und wir dachten, das wäre das endgültige Aus für unsere Freundschaft.«
Rohan sah ihn gespannt an. »Na und weiter? Was ist jetzt mit ihm? Liegt er auf den Hund gekommen in der Gosse und heult dir nach?«
Renè lachte und klopfte Rohan auf die Schulter. »Identifiziere dich bitte nicht zu sehr mit ihm. Goh und ich hatten nie
eine sexuelle
Beziehung und ich liebe ihn auch nicht! Zumindest nicht so, wie ich Bella liebe. Es ist nur anders gekommen, weil er nie lockergelassen hat. Der verrückte Kerl stand jeden Tag
mit dem Motorrad vor der Uni und wartete auf mich, auch wenn ich nur einmal in der Woche mit ihm fuhr. Bis heute hat sich daran kaum etwas geändert. Wir sehen uns mindestens dreimal die Woche. Er kreuzt ständig bei mir in der Praxis auf oder wartet hier, ist anhänglich wie die Pest, ... aber ich freue mich trotzdem jedes Mal, wenn ich ihn sehe. Ich finde es schön, dass er sich immer noch so sehr um unsere Freundschaft bemüht, und glaube fast, inzwischen ist meine
Familie ebenfalls zu seiner geworden. Er liebt die Mädchen genauso wie sie ihn, auch wenn er das niemals zugeben würde. Er passt ständig auf sie auf oder fährt Paula zu ihren Nachmittagskursen, wenn Bella und ich gerade
keine Zeit haben.«
Rohan runzelte die Stirn. »Hast du keine Angst, dass er und deine Frau was miteinander am Laufen haben oder dass er deinen Kindern was antut?«
»Wie kommst du denn darauf?« Renè sah Rohan entsetzt an. »Ja, Goh ist ein Dieb, ein Draufgänger und ein ziemlicher Halsabschneider, aber er ist definitiv kein Kinderschänder
und auch kein Verräter
. Er hat früher nicht nur einmal sein Leben für mich riskiert, und nun hat er niemanden mehr außer mir und meiner Familie. Er würde unsere Freundschaft für nichts aufs Spiel setzen.«
»Woher willst du wissen, dass er dich nicht liebt?«, warf Rohan ein, denn diese Tatsache triefte für ihn aus jedem Satz, den Renè erzählte. »Warum sollte er denn so lange allein bleiben und dir seine gesamte Freizeit opfern, wenn er dich nicht lieben würde? Wahrscheinlich will er nur dein Glück nicht zerstören und sagt dir deshalb nicht, was er wirklich empfindet.« Ein trauriges Lächeln huschte bei diesen Worten über Rohans Gesicht.
Renè erstarrte. Aus dieser Sicht hatte er das Ganze noch nie betrachtet und genau genommen stimmte es nicht, dass er und Goh immer nur eine freundschaftliche Beziehung geführt hatten.
Er entsann sich vage. Es gab da mal so eine Sache, kurz bevor er Bella kennengelernt hatte ...
Sie waren mit den Motorrädern unterwegs gewesen, mitten im strömenden Regen, leichtsinnig wie immer, und kamen gerade aus einem Club in der Stadt, in dem Goh einen kleinen Gig mit seiner Band gehabt hatte. Der Tourbus seiner Jungs wäre deutlich bequemer gewesen, doch er begleitete Renè immer nach Hause. Aus Langeweile
, wie er sagte ...
Auf der Hälfte der Strecke steigerte sich der Regen zu einem richtigen Monsun. Der Wind drückte so sehr, dass die Maschinen fast von der rutschigen Straße gedrückt wurden, und irgendwann war der Sturm so stark, dass sie nicht mehr weiterfahren konnten. Deshalb mussten sie mit nur einer trockenen Decke, die Goh zufällig noch in der Seitentasche seines Motorrads hatte, notdürftig in einer Scheune mitten auf einem Feld übernachten. Die Nacht war eisig kalt, sodass sie sich, um nicht zu erfrieren, eng aneinanderdrängten. Goh kannte einen Trick
, mit dem man sich noch wärmer halten konnte. Sie
entledigten sich beide ihrer Kleidung und breiteten sie auf dem Stroh aus, damit dieses die Feuchtigkeit heraussaugen konnte. Daneben legte sich Goh auf die warme, aber piksende Unterlage und auf dessen Bauch sollte Renè dann ruhen. Der zog vorsichtig die Decke über sich, welche sie vorher mit Stroh bedeckt hatten.
Goh besaß den schönsten männlichen Körper, den Renè je gesehen hatte. Seine strammen Muskeln und seine dennoch so schlanke Figur … Kein Wunder, dass ihm so viele Mädchen und Jungs zu Füßen lagen. Sein Freund umarmte ihn sanft und Renè presste sich an ihn, um noch mehr von seiner Wärme zu bekommen. Irgendwann bemerkte er, wie schwer Goh atmete, dessen Körper immer heißer wurde, je mehr Zeit verging.
Auch an das kurze Gespräch danach erinnerte er sich bis heute in allen Einzelheiten:
»Alles okay?«, hauchte er ihm ins Ohr.
»Hör auf zu reden!«, fauchte ihn sein bester Freund an, doch seine Hände, die zuerst nur locker auf seinem Rücken gelegen hatten, drückten ihn nun noch enger an sich. Goh hatte die Beine ein wenig gespreizt, sodass sein Schwanz dazwischen hing und nicht auf seinem Bauch lag, was Renè zunächst gar nicht bemerkte. Ihre Wangen lagen aneinander und jeder konnte den Atemzug des anderen hören.
Gohs Atmen beschleunigte sich und Renè spürte, wie dessen Becken leichte Schubbewegungen machte. »Wenn wir einschlafen, erfrieren wir«, prophezeite er. »Stell dir mal vor, du rutschst von mir runter.«
Renè sah ihn an, doch durch die Dunkelheit der Nacht sah er dessen Gesichtszüge nicht. »Ich bin aber so müde.«
»Soll ich dich wachhalten?«, kam es wie aus der Pistole geschossen, als hätte Goh nur darauf gewartet. Renè zögerte, doch sein Kumpel säuselte ihm bereits zu: »Halt dich an meinen Schultern fest und rede nicht, sonst verbrauchst du wertvolle Energie!« Dann fummelte er eine kleine Tube Bodylotion aus seiner Jacke, die er mal aus irgendeinem Hotel hatte mitgehen lassen.
»Was ...?«
»Schhht!«, zischte er, drückte ihm die Öffnung der Tube direkt an seinen Schließmuskel und presste den gesamten Inhalt hinein.
»Hey
, was machst du da?!«, schreckte Renè hoch, doch Goh
bugsierte ihn mit der linken Hand wieder auf seine Brust.
»Halt endlich die Klappe! Ich sorge dafür, dass du warm und wach bleibst, das ist alles!«
Renè hielt sich zurück. Goh war der Erfahrenere von ihnen und würde schon wissen, was er tat. Selbst als er ihn mit zwei Fingern penetrierte, was ewig zu dauern schien, glaubte Renè noch immer daran, dass Goh ihn nur wachhalten wollte. Ihm wurde immer heißer und ans Schlafen war gar nicht mehr zu denken. Im Gegenteil! Renè überfluteten Fantasien, die er sich niemals zu träumen gewagt hatte!
Drei Finger hatte Goh bereits in ihm versenkt und steigerte mit kreisenden, fließenden Bewegungen seine Lust ins Unermessliche. Das Gesicht fest an Renès Wange gedrückt, schnaufte er, als müsse er sich unter großen Anstrengungen zusammenreißen.
Renè konnte Gohs heißen Atem spüren, denn dessen Mund war genau vor seinem. Schließlich hielt er es nicht mehr aus und küsste ihn vorsichtig. Erst zuckte Goh zurück, doch dann erwiderte er den Kuss ehrfürchtig und seine Lippen rutschten fast schon gierig über die seines besten Freundes. In diesem Moment spürte Renè, wie Gohs pochender, steinharter Schwanz gegen seine Enge drückte.
»Darf ich ... bitte?« Zögernd, ja fast flehentlich kam diese Frage.
Renès sprang das Herz beinahe aus der Brust. Er überlegte nicht großartig und küsste seinen Freund erneut. »Du bist der Boss«, flüsterte er ihm ins Ohr.
Als Goh in ihn eindrang, hielt er den Atem an.
Renè hatte die Kontrolle komplett abgegeben, empfand nur noch Lust und war schon bei der ersten Bewegung vor Geilheit fast weggetreten. Schmerz spürte er keinen. Dieses tiefe, ausgefüllte Gefühl war neu, aber nicht unangenehm für ihn. Er presste sich an seinen besten Freund, der seine Hände noch immer fest auf seinen Backen hatte, und der keuchte und bereits am ganzen Körper krampfte, als wäre es kaum auszuhalten für ihn. Dann, nach kurzer Zeit und quälend langsamen Bewegungen, zitterte er am ganzen Leib. Sein Schwanz pulsierte so heftig, dass Renè zu spüren glaubte, wie dessen Sperma gegen sein Innerstes klatschte.
Kurz darauf begann der Morgen des nächsten Tages und die Sonne verdrängte den Regen, sodass die beiden mit halbwegs trockenen Sachen weiterfahren konnten.
Sie hatten niemals über den Vorfall in dieser Nacht geredet.
›Wie konnte ich das vergessen?‹
, fragte sich Renè gerade und runzelte die Stirn. ›Hab ich es verdrängt?‹
»Hey! Da seid ihr ja!« Bella stand im Türrahmen des Schuppens und sah ihren Mann strafend an. »Wir warten die ganze Zeit auf euch! Kommt ihr bitte? Der Kaffee wird kalt!«
***
Dana fühlte sich von Anfang an in der Winter-Familie wohl. Vor allem Bella war ihr sehr sympathisch und sie konnte sich gar nicht daran sattsehen, wie lieb Josh mit den Mädchen umging. Was ihr jedoch immer mehr missfiel: Rohan und er hingen wie die Kletten zusammen. Josh versuchte zwar, es nicht zu offensichtlich werden zu lassen, aber trotzdem kam es Dana schon ein wenig merkwürdig vor, wie eng die beiden ständig aneinanderklebten.
Als sie ihren Freund und dessen Bruder vorhin wieder einmal so vertraut, ja beinahe intim, auf der Hollywoodschaukel gesehen hatte, wollte sie endlich ihre Position als neue Freundin klarstellen. Nur deshalb hatte sie Josh gebeten, ihr beim Tisch decken zu helfen. Dass er sich daraufhin sofort von seinem Bruder löste, beruhigte sie ungemein.
Eigentlich hatte sie gar nichts gegen Rohan. Gut, er war ein verschrobener Freak und meistens auch nicht besonders höflich zu seiner Umwelt, aber damit konnte sie leben. Was sie wirklich störte, war, dass er sie
nicht zu mögen schien und sie nahezu gänzlich ignorierte. Sie selbst empfand sich nämlich als sehr umgänglich und wollte sich gut mit ihm verstehen, da er Josh wichtig war. Doch er schien es prinzipiell abzulehnen, mit ihr eine freundschaftliche Beziehung aufzubauen.
Während sie Bella vorhin dabei geholfen hatte, sich um den Kuchen und den Kaffee zu kümmern, konnte sie beobachten, wie gut sich Josh mit den Mädchen verstand und wie rührend er und sein Vater sich um den kleinen Emil kümmerten. Sie stellte sich vor, wie schön es doch wäre, genau so ein Leben zu führen. Ein kleines, idyllisches Grundstück mit einem schönen Haus, außerdem zwei oder drei Kinder - das war ihr perfekter Zukunftstraum und am liebsten wollte sie sich diesen sofort erfüllen. Josh wäre sicherlich ein wunderbarer Vater, und wenn er sich dann als Arzt einen Namen
gemacht hätte, würden sie sogar finanziell auf festem Boden stehen, solange sie selbst mit den Kindern daheimblieb. Doch was wäre, wenn Rohan Josh dazu brächte, sich nicht weiter mit ihr zu treffen? Josh gab sehr viel auf die Meinung seines Bruders, und wenn der Kerl sie nicht leiden konnte ...?!
Dana hatte nicht die Absicht, Josh und Rohan für immer zu trennen, und sie wollte ihrem Freund auch nicht vorschreiben, was für ihn am besten wäre, aber sie nahm sich vor, ein klärendes Gespräch mit seinem Bruder zu führen. Er sollte akzeptieren, dass sie von nun an ein Teil in Joshs Leben war, sogar der wichtigste
Teil werden würde. Er aber dürfte trotzdem noch neben ihr koexistieren! Schon früh hatte sie den Eindruck gewonnen, dass Rohan viel zu sehr von Josh abhängig war, also wurde es höchste Zeit, dass er sich abnabelte!
***
Als Renè und Rohan von ihrem Schuppenplausch zurückkamen, war bereits der Kaffeetisch gedeckt. Dana setzte sich ganz selbstverständlich links neben Josh, was Rohan ziemlich gegen den Strich ging, da Renè sich nämlich kurz vorher rechts neben diesen platziert hatte. Das hieß für ihn, dass er die ganze Zeit über zwischen zwei gackernden Mädchen, und zwar Dana und Paula, sitzen musste, wobei Dana für ihn das deutlich größere Übel darstellte.
Nachdem er eine Weile wortlos den Kuchen in sich hineingestopft hatte, sprach sie ihn zu allem Überfluss auch noch an. Sie flüsterte abgewandt, sodass keiner der anderen, fröhlich plappernden Anwesenden mithören konnte. »Rohan, stört es dich, dass ich mit Josh zusammen bin?«
›Stören ist gar kein Ausdruck!‹
, hätte er ihr am liebsten entgegengebrüllt, doch natürlich tat es nicht. »Nein … wieso? Sollte es?«, erwiderte er lediglich in einer gepressten Tonlage.
Dana rutschte ein wenig nervös auf ihrem Sitzpolster herum. »Na ja, du ignorierst mich die meiste Zeit und ich habe das Gefühl, du magst mich nicht besonders. Ich weiß, dass du und Josh sehr aneinander hängt und auch viel gemeinsam gemacht habt, aber du sollst nicht denken, ich würde ihn dir wegnehmen wollen oder so.«
Für Rohan klang das, als würde sie einem kleinen Kind erklären, dass auch andere Gören mit seinem Lieblingsspielzeug spielen
wollten und er das zu akzeptieren hätte. Beinahe kam ihm der Kuchen wieder hoch.
Dana redete weiter auf ihn ein und versuchte ihm klarzumachen, dass sie nun auch zu Joshs Leben gehörte, er damit zurechtkommen müsse, dass sie mit ihm zusammen sei und es nichts bringen würde, wenn er sich dagegen sträubte. Innerlich hasste er sie von Sekunde zu Sekunde mehr, denn die ganze Thematik ging ihm gehörig auf die Nerven. Am liebsten wäre er aufgestanden und gegangen, doch er wollte Josh nicht bloßstellen und außerdem nicht unhöflich zu Renè sein, der schließlich so nett gewesen war, ihn hierher einzuladen, obwohl er das Produkt des Verrats seiner Exfrau war.
Eine Sache amüsierte Rohan allerdings insgeheim: Dana fühlte sich offenbar in ihrer Beziehung zu Josh von ihm bedroht! Ja, man konnte fast schon sagen, sie war eifersüchtig auf ihn! Allein, wie sie sich jetzt so demonstrativ an Joshs Schulter lehnte, sprach Bände.
Dieser sah sie jedoch nur lächelnd an. »Bist du etwa schon müde?«
»Nein, nein«, seufzte sie. »Alles in Ordnung.«
Als Bella Anstalten machte, den Tisch abräumen zu wollen, drückte sie Renè sanft auf ihren Stuhl zurück. »Die Damen bleiben jetzt sitzen. Ihr habt vorhin schon alles gemacht. Josh, Rohan? Wärt ihr bitte so nett, mir zu helfen?«
Die beiden folgten seiner Bitte sofort. Als alles in die Küche gebracht war, verschwand Renè in den Keller, um zum Abschluss des Treffens einen guten Wein herauszusuchen. Währenddessen räumten die Brüder das dreckige Geschirr in den Spüler und schwiegen sich dabei eine Weile an. Schließlich wollte Josh aber doch wissen, worüber Rohan denn so lange mit Dana getuschelt habe. Dieser überlegte kurz und rückte dann unverblümt mit der Wahrheit heraus: »Sie ist eifersüchtig auf mich.«
Josh lachte. »Ist nicht dein Ernst?«
»Doch.« Rohan schnaufte und drückte die Klappe des Spülers mit der Hüfte zu. »Sie hat versucht, mich zu beruhigen
, und meinte, sie wolle dich mir nicht wegnehmen
... diese blöde Kuh.«
Den frustrierten Ausdruck in seinen Augen zu erkennen, war für Josh ein Leichtes. Er sah sich schnell um und gab Rohan einen kurzen Knutscher auf den Mund. »Keine Angst, Zombie, niemand nimmt mich dir weg!« Nach diesen Worten streichelte er seinem
Bruder sanft über die Wange und stellte dann den Geschirrspüler an.
Renè tauchte wieder aus dem Keller auf, mit zwei Flaschen in der einen und fünf Gläsern in der anderen Hand. »Seid ihr fertig? Na dann kommt mit raus, jetzt könnt ihr euch einen Weinchen der Extraklasse auf der Zunge zergehen lassen!«
Josh nahm Rohan bei der Hand und zog ihn mit nach draußen. Dana hatte inzwischen ihren Platz gewechselt und saß nun neben Bella, mit der sie wieder in ein Gespräch vertieft war. Josh setzte sich neben sie und ließ Rohan erst los, als dieser neben ihm Platz nahm.
Bei der Verkostung stellte sich das Weinchen der Extraklasse
als nicht so wohlschmeckend heraus, wie sie gehofft hatten. Genau genommen schmeckte er sogar furchtbar
, was zur Folge hatte, dass den gesamten restlichen Abend Witze über Renè den Weinkenner
gerissen wurden. Währenddessen drückte Josh immer wieder unbemerkt sein Knie gegen das seines Bruders, sah ein paar Sekunden zu ihm hin und lächelte ihn liebevoll an. Rohan verstand diese Geste allerdings als Aufforderung. Durch die Erzählung von Renè beeindruckt, hatte er sich vorgenommen, nicht so schnell aufzugeben.
Unauffällig ließ er eine Hand unter den Tisch gleiten. Diese legte er zuerst nur auf Joshs Oberschenkel, doch dann glitt er mit ihr immer weiter bis zum Reißverschluss seiner Hose, auf dem er sie behutsam positionierte. Als er dort jedoch aktiv werden wollte, quengelte Emil, dessen Schläfchen bereits beendet war, und Dana schlug vor, den Kleinen Josh zu geben. Grinsend setzte sich Josh zu seinem Vater, Rohan gegenüber. Dieser war zwar ziemlich gefrustet, jedoch weit davon entfernt, aufzugeben. Da sich alle quer über den Tisch mit der für ihn vorteilhaft langen Tischdecke unterhielten, würde es sicherlich eh keiner merken. Kurzerhand zog er sich den rechten Schuh aus und führte seinen Fuß auf Joshs Schritt, massierte diesen leicht und spielte dabei auf seinem Handy herum, als wenn nichts wäre. Josh konnte sich zunächst ganz gut zusammenreißen und so dauerte es ein bisschen, bis Rohan unter seiner zärtlichen Massage seinen harten Ständer pochen spürte. Er sah unauffällig von seinem Display auf, wagte einen Blick in die Runde und bemerkte, dass sich sein Halbbruder immer noch sehr gut zurückhielt und ganz ausgelassen mit dem kleinen Emil scherzte, der dank seiner
Aufmerksamkeit wieder bessere Laune hatte. Allerdings starrte Renè sehr seltsam angespannt auf seine Hände und blickte immer wieder irritiert zu seiner Frau hinüber, die neben Rohan saß. Dann wurde er auch noch rot im Gesicht.
Rohan kapierte nur langsam, dass sein Fuß nicht auf Joshs Schoß gelandet war. Sofort nahm er ihn zurück, schlüpfte in seinen Schuh, stand auf und verzog sich ins häusliche Badezimmer, um den peinlich berührten Blicken von Joshs Vater zu entkommen, als dieser dasselbe realisierte.
Kurz nachdem Rohan den Tisch verlassen hatte, bekleckerte Renè absichtlich sein Hemd, welches er sofort saubermachen wollte. Im Flur begegnete er Rohan, der gerade wieder aus dem Bad kam.
Betretenes Schweigen erfüllte den Raum.
Renès Gedanken wurden schon den ganzen Nachmittag von den Erinnerungen an seine Jugendzeit mit Goh beherrscht, sie ließen ihn kaum zur Ruhe kommen. Nun stand da auch noch dieser junge Mann in seinem Flur, der ihm den Kopf verdrehte, nur weil er ihn mit seinen Klamotten und der gleichen Frisur so sehr an diesen Kerl in jungen Jahren erinnerte.
Wortlos trat Rohan einen weiteren, kleinen Schritt auf ihn zu, stellte sich vor ihn und küsste ihn zaghaft.
Renè wich zurück, doch er war viel zu peinlich berührt, um irgendetwas zu sagen. Das, was ihn beschämte, war jedoch nicht die Dreistigkeit seines Gastes, sondern eher, dass sich sein ganzer Körper schlagartig in seine Jugend zurückversetzt fühlte.
Mit einem zögernden Schulterblick vergewisserte er sich, dass niemand sonst in der Nähe war, nahm dann Rohans Hand und ging mit ihm zurück ins Bad, dessen Tür er hinter ihnen abschloss.
Rohan konnte kaum glauben, dass Renè sich auf ihn einließ, doch dieses kleine Abenteuer wollte er sich nicht entgehen lassen. Er küsste ihn erneut und legte ihm die Hand auf den gespannten Schritt. Seine Berührungen waren nach wie vor vorsichtig, falls er es sich doch noch anders überlegen sollte. Immer tiefer wanderte er mit seinen Küssen über den Körper des Arztes, bis er dessen Steifen aus der kakifarbenen Cordhose befreite und diesen begierig in seinem Mund versinken ließ.
Renè keuchte auf, biss sich auf die Unterlippe, um nicht laut
aufzustöhnen, doch Rohan war so verdammt gut in dem, was er da tat, dass er sich kaum zusammenreißen konnte. Er krallte sich ans Waschbecken, seine Atmung begann zu zittern und er wagte es kaum, nach unten zu sehen. Bella ließ ihm Derartiges nur am Hochzeitstag zuteilwerden und dann auch mit keinem außergewöhnlichen Talent. Rohan allerdings konnte mit seiner Zunge bestens umgehen und leckte so leidenschaftlich an Renès Länge, dass dieser fast den Verstand verlor. Mal umkreiste er dessen Kuppe, dann wieder nahm er ihn mit heftigen Stoßbewegungen tief in den Rachen. Als wäre dies nicht schon genug für den armen Mann, kraulte er ihm auch noch die Eier dabei oder wichste ihn zusätzlich am Schaft.
»Haaaah
... oh verdammt ...« Von seinen Gefühlen und Erinnerungen überflutet, verdrehte er die Augen. Er unterdrückte sein Stöhnen, so gut es ging, doch immer wieder drangen Laute der Lust aus seinem Mund.
Auch Rohan war unglaublich angetörnt von der Aktion. Die Ähnlichkeit von Renès Schwanz mit dem von Josh verblüffte ihn. Abgesehen davon war Renè genau der Typ älterer Mann, den er geil fand, ähnlich wie Riedell.
Es dauerte keine zehn Minuten, bis Renè kurz vorm Abschuss stand, doch genau in diesem Moment klopfte Anna an die Tür und verkündete lauthals, dass sie mal aufs Töpfchen müsse.
»Geh hoch
!«, war das Einzige, das der Familienvater noch herausbrachte, ehe sich seine linke Hand am Waschbecken verkrampfte. Die andere drückte er sich auf die bebenden Lippen, als seine kontrahierenden Muskeln die komplette Lawine in den Mund seines Gastes beförderten.
Rohan musste aufpassen, sich nicht zu verschlucken, doch als sein Hausarzt fertig war, schob er ihn forsch beiseite und spuckte die ganze Ladung ins Waschbecken. »Das war ’ne Menge«, kommentierte er daraufhin belustigt, hustete und spülte sich mit Wasser den Mund aus. »Hat sich einiges angestaut, hm?«
Renè brachte kein Wort heraus. Je mehr sein Kopf wieder zu Verstand kam, desto peinlicher wurde ihm die ganze Aktion. Etwas panisch knöpfte er sich die Hose zu.
»Du siehst ein bisschen verschwitzt aus«, neckte ihn Rohan, um die Stimmung zu lockern. »Vielleicht solltest du dir kurz das Gesicht
abtrocknen.« Renè wagte es nicht mal mehr, dem deutlich Jüngeren in die Augen zu schauen. Als der jedoch das Ausmaß der peinlichen Berührtheit seines Gastgebers mitkriegte, schnaufte er und hob dessen Kinn mit dem Finger an, damit er ihn ansehen musste. »Hey, das bleibt unter uns, keine Angst! ... Außerdem bist du bei Weitem nicht die erste, verheiratete Hete, der ich einen geblasen hab, also mach dir keine Vorwürfe!«
»Das macht es nicht unbedingt besser«, seufzte Renè, war zwar immer noch verschämt, aber zumindest konnte er wieder lächeln. »Trotzdem danke.«
»Bitte«, gab Rohan, zum ersten Mal lachend, zurück.
Zum Glück war Anna in das Bad im ersten Stock verschwunden, sodass Rohan unbehelligt die Tür öffnen und nach draußen huschen konnte. Bei seiner Rückkehr zu den anderen hatte zum Glück niemand bemerkt, dass er ein wenig länger weg gewesen war als üblich. Kurz darauf gesellte sich auch Renè wieder in die Runde. Als er Josh sah, musste er sich eingestehen, dass er seinem Sohn solche Dinge kaum verbieten konnte, wenn er selbst zu schwach war, derartigen Versuchungen zu widerstehen. Trotzdem schwor er sich, dass er sich zukünftig nicht mehr von diesem Rabauken verführen lassen wollte.
***
Es war schon dunkel, als sich Josh und sein Anhang von Bella und ihren Kindern verabschiedeten. Renè hatte sich mit einem halben Glas Wein begnügt, was ihm bei dem muffigen Geschmack nicht sonderlich schwerfiel, und danach Wasser getrunken, sodass er die drei mit dem Auto zum Bahnhof fahren konnte.
Renè umarmte seinen Sohn zum Abschied und gab Dana sogar einen flüchtigen Kuss auf jede Wange. Bei Rohan zögerte er kurz, doch dann nahm er ihn ebenfalls in den Arm.
»Es war sehr schön, dass ihr alle da wart«, sagte er in väterlichem Ton. Als die Bahn einfuhr, eilten Dana und Josh voraus, um sich gute Plätze zu sichern. Rohan wurde noch kurz von Renè zurückgehalten, bevor er einsteigen konnte. »Ihr könnt jederzeit zu uns kommen, wenn irgendwas sein sollte, ja? Und was ich nochmal betonen will: Du bist in unserer Familie genauso willkommen wie Josh, okay?«
»Na, wenn das mal nicht an meinem Service liegt«, kommentierte
er das Angebot amüsiert schnippisch und ließ die Augenbrauen hüpfen.
»Nein, das hat nichts
damit zu tun!«, wehrte Renè ab und lief rot an. »Und so etwas wird auch nie wieder
passieren!«
Rohan gab Renè lächelnd einen kleinen Kuss auf die Wange. »Natürlich nicht.« Dann stieg er ein.
Renès Lächeln fiel etwas beschämt aus. Inzwischen hatte er nämlich ein richtig schlechtes Gewissen aufgrund der Sache am Nachmittag, allerdings eher wegen seines Sohnes, weniger wegen seiner Frau. Schließlich winkte er Josh und Dana zum Abschied durch das Fenster und ging zurück zu seinem Auto, während sich der Zug langsam in Bewegung setzte.
Als Rohan zu dem Viererplatz kam, auf welchem sein Bruder und Dana bereits warteten, spürte er richtig, wie heiß seine Wangen waren. Josh bemerkte das natürlich und sprach ihn darauf an: »Sag mal, hast du Fieber?« Rohan schüttelte rasch den Kopf und wollte zurückweichen, als Josh sich ihm näherte, doch dieser war schneller. Er hielt ihm das Gesicht sanft mit den Händen fest und drückte seine Stirn an die seines Bruders. »Hm … du bist ziemlich heiß. Ich glaube, du gehst nachher am besten sofort ins Bett, nicht, dass du dich auf dem Rasen verkühlt hast.«
Dana betrachtete diese Szene mit mehr als einem Funken Eifersucht in den Augen und sah den Rest der Fahrt beleidigt aus dem Fenster.
***
Nachdem Josh Dana zu ihrer WG im Wohnheim gebracht und ihr einen liebevollen Gutenachtkuss gegeben hatte, ging er mit Rohan zu sich. Sein Bruder wollte sich am liebsten noch einmal an seine Gitarre setzen, auch wenn diese ihm nach dem Prachtstück in Renès Schuppen ziemlich erbärmlich vorkam, doch Josh redete auf ihn ein, sich ins Bett zu legen und auszukurieren.
»Jetzt mach schon! Ich will nicht, dass du dir noch mehr wegholst!«
»Ich bin aber nicht krank!«, bockte Rohan. »Und außerdem will ich noch eine Runde klampfen.«
Josh rollte genervt seine Augen. »Sei doch bitte einmal
vernünftig! Oder muss ich dich ins Bett tragen?«
Rohan gefiel diese Vorstellung zwar, dennoch ließ er sich nicht davon überzeugen, dass er schon in die Heia gehörte. Er konnte seinem Bruder ja schlecht sagen, dass er nur wegen dessen Vater so erhitzt war. Josh würde ihn umbringen, wenn er um diesen Zwischenfall
wüsste. Doch der hatte die Faxen dicke, sagte kein weiteres Wort mehr, ging stattdessen einfach auf den Widerständler zu, beugte sich und hievte ihn auf seine Schulter.
»Hey!
Was soll das? Lass mich gefälligst runter
!«
Josh ignorierte das Zetern und trug Rohan resolut in sein Schlafzimmer. Er schmiss ihn aufs Bett und hatte danach große Mühe, seine Wurfsendung in eben diesem zu behalten.
»Jetzt bleib endlich liegen!
Herrgott nochmal!!«
»Nö!«
Da Rohan nicht aufgeben wollte, kappelten sich die beiden immer heftiger, bis sich Josh schließlich auf dessen Bauch setzte und ihm die Hände gegen die Matratze drückte. Als er den zappelnden Widerspenstling so unter sich liegen sah, flammte die Lust in ihm auf und alles in seinem Leib schrie danach, ihn stöhnen und sich winden zu lassen.
›Es ist schon so lange her.‹
In seiner Brust breitete sich ein dumpfer Schmerz aus, der sich wie eine eiserne Kette um sein Herz legte. Erst jetzt merkte er einmal wieder, wie sehr ihm die Berührungen dieses Chaoten fehlten.
Es tat weh, wenn er daran dachte, dass sie nie einfach mal so Hand in Hand durch die Gegend laufen konnten oder sich öffentlich küssen. Doch was, wenn sie ihre Beziehung heimlich weiterführen würden? Josh war klar, dass es Dana gegenüber nicht fair wäre, aber die Alternative wäre, sich sein Leben lang selbst zu verleugnen. Er und Rohan könnten nach außen hin so tun, als wären sie nichts weiter als zwei Brüder, die sich eben sehr gut verstanden. Wenn sie jedoch allein
wären, könnten sie sich dem hingeben, wonach es sie verlangte. Vielleicht würden sie sogar jeder eine normale
Familie haben können, ohne dass diese davon etwas mitbekämen? Aber wären sie dem Ganzen gewachsen? Würden sie es aushalten, sich auf immer und ewig verstecken zu müssen und ihre eigentlichen Partner zu belügen?
Josh sah in die wunderschönen Augen seines Halbbruders und
spürte, dass es ihm egal war.
Es war ihm egal, was irgendjemand dachte. Es interessierte ihn noch nicht einmal, ob er Rohan damit vielleicht überfordern könnte. Alles, was er wollte, war, ihn niemals zu verlieren.
Josh senkte den Kopf und gab Rohan einen langen, leidenschaftlichen Kuss auf seinen weichen Mund. Erst vorsichtig und zögernd, dann immer fester und fordernder. Rohan hatte keine Chance, sich zu entziehen, da Josh ihn nach wie vor in die Kissen drückte. Er wollte sich auch gar nicht mehr wehren, denn sich körperlich von ihm fernhalten zu müssen, tat ihm so weh, dass es ihn beinahe zerriss.
Rohan spürte, wie sich der Griff um seine Hände löste. Er umschlang seinen Bruder und drückte ihn so fest an sich, wie er nur konnte. Er erwiderte die Zuneigungen nur allzu gern und öffnete leicht den Mund, um dessen fordernde Zunge zu einem leidenschaftlichen Kuss einzulassen. Josh befreite sie beide von ihrem Shirt und genoss die Wärme der Haut des anderen. Rohan zerrte wiederum an ihren Hosen und nach kurzer Zeit lagen sie schließlich vollkommen nackt und ineinander verschlungen auf dem Bett.
Josh überschüttete seinen Geliebten mit Küssen, glitt mit seinem Mund über dessen Bauch, welcher sich unter den heftigen Atemzügen zitternd hob und senkte. Diese Berührungen ließen Rohan erschaudern. Er spreizte leicht die Beine, als Joshs Lippen erst seinen Schoß liebkosten und seine Zunge dann immer wieder über seine Länge glitt. Schließlich erhob sich Josh, um Rohan einen sanften Kuss auf die bebenden Lippen zu drücken. Er benetzte seine Finger mit dem Gleitgel, dass bei Rohan immer bereit auf dem Nachtschrank stand, und führte sie langsam in ihn ein. Zuerst bewegte er sie nur träge, dann ein wenig schneller und brachte schließlich erneut seine Zunge ins Spiel, was Rohan fast wahnsinnig vor Geilheit machte. Als der es nicht mehr aushielt, zog er Joshua zu sich hoch und keuchte ihm ins Ohr: »Komm her ... komm endlich her und fick mich!«
Dieses Mal ließ sich Josh nicht zweimal bitten.
Vorsichtig drang er in ihn ein und bewegte sich erst langsam, um jeden Zentimeter, den er eroberte, zu genießen. Erst als ihm diese
pulsierende Enge beinahe schon zu viel wurde, beschleunigte er seine Stöße. Josh genoss dieses Gefühl ungemein: Rohans innige Umarmung, seine Nähe, der Geruch seiner Haut, sein tiefes Stöhnen, das so erfüllt klang. Bald wusste er gar nicht mehr, wo ihm der Kopf stand.
Schließlich nahm er seinen Geliebten so fest, dass der nur noch nach Luft japste und die Hände in Joshs Rücken verkrallte, bis er mit einem lauten Aufschrei zum Höhepunkt kam. Josh spürte dessen zitternde Muskeln, die spasmischen Krämpfe, die ihm den Schwanz abmolken, und nur wenige Sekunden später kam er selbst.
Vor Erschöpfung keuchend, sank er auf den muskulösen Oberkörper und strich Rohan die Haare aus der Stirn, ehe er seinen Hals küsste.
»Roi?«, hauchte er noch immer atemlos.
»Ja?«, flüsterte dieser erschöpft.
»Ich will dich nie wieder verlieren!« Josh kuschelte sich dichter an seine Schulter heran. »Ich schaffe das nicht! Bitte … bleib bei mir!«
Rohan seufzte und schüttelte den Kopf. »Willst du dein Leben lang Verstecken spielen?«
Ernst sah Josh ihm in die Augen. »Wenn das der Preis ist, um dir nahe zu sein ... ja. Ich meine, nach außen hin könnten wir doch alles normal weiterlaufen lassen, aber -«
»Willst du – Moralapostel de luxe
- mir gerade ernsthaft vorschlagen, wir sollen feste Scheinbeziehungen eingehen, während wir zwei weiterhin heimlich Sex haben?«
Josh grummelte: »Wenn du das so ausdrückst, hört es sich echt fies an.«
»Weil es das auch ist!? Du kannst dir doch nicht auf Dauer vornehmen, untreu
zu sein?! ... Und es ist unglaublich, dass ich
derjenige bin, der das sagt!«
Josh wusste, dass Rohan recht hatte, aber er sah einfach keinen weiteren Ausweg mehr. »Wirst du mich denn nicht mehr lieben, wenn du jemand anderen gefunden hast?«
Rohan senkte den Blick. »Ich fürchte, von dir werde ich mein Leben lang nicht loskommen.«
Dazu sagte Josh nichts weiter. Im Moment wollte er nur noch in den Armen seines Geliebten liegen und selig in einen traumlosen
Schlaf sinken.
***
Während Renè am nächsten Tag mit seiner Frau im Garten saß und die Sonntagszeitung las, picknickten Paula und Anna mit klein Emil auf dem Rasen. Auf einmal hörten sie das Näherkommen eines dumpfen Grollens über den schottrigen Weg. Eine dichte Staubwolke begleitete das Geräusch.
Kopfschüttelnd faltete Renè die Zeitung zusammen und setzte seine Brille ab. Dann ging er zum Gartentor, vor dem Goh bereits mit seiner schwarz-silbernen Harley auf Einlass wartete. Als er die Höllenmaschine abgeschaltet hatte, schüttelte er erst mal seine schweißnassen Haare aus. Die alte Lederkombi und die Bikerstiefel standen ihm zwar gut, verhinderten aber auch jegliche Abkühlung während der Fahrt.
»Weißt du, wie spät es ist?«, fragte Renè vorwurfsvoll und mit hochgezogenen Augenbrauen, auf seine Armbanduhr tippend.
»Nein, wieso? Hab ich was verpasst?« Goh zeigte kein Anzeichen einer Gefühlsregung unter seiner Sonnenbrille.
»Es ist Mittagsruhe
, du Kinderschreck!«
»Pfff!« Goh grinste, winkte mit einer Hand ab und stieg von seinem wuchtigen Motorrad. Er öffnete die total verschwitzte Lederjacke und schmiss sie auf sein Gefährt, was ein klebriges Patschgeräusch verursachte.
»Igitt, du bist ja völlig durchnässt«, stellte Renè fest. »Hast du noch Wechselklamotten bei?«
»Nein. Ist es denn so schlimm?« Goh sah an seinem muskulösen Körper runter und fuhr sich mit der Hand über den feuchten Bauch, der nur noch von einem schwarzen, durchgeschwitzten Unterhemd bedeckt war. »Ich dachte eh, dass wir bei dem Wetter zum See fahren könnten. Dann kann ich gleich mal wieder baden.«
»Och nö, ich -« Bevor Renè seine Antwort beenden konnte, kamen auch schon seine Töchter kreischend angerannt, welche Bella nicht länger festhalten konnte. Paula sprang Goh übermütig auf den Arm und Anna klammerte sich an sein Bein.
»Jaaaa
, lass uns zum Baden fahren!«, riefen sie im Chor. »Baden, baden, baden!«
Goh grinste. »Ich glaube, du bist überstimmt, Papi.«
»Es geht aber nicht. Bella hat ihre Tage und Emil schleppt immer noch eine leichte Erkältung von -«
»Dann fahren wir eben nur mit den Mädchen!«, unterbrach ihn sein alter Freund.
Renè hatte keine Chance. Also packte er ein paar Badesachen zusammen und gab Bella Bescheid, die ihnen seufzend viel Spaß wünschte.
»Wir nehmen das Auto!«, bestimmte Renè jedoch, als Goh wieder auf sein Motorrad steigen wollte.
»Wenn du mich fahren lässt?«, bat Goh ein wenig kindisch.
»Ja, klar, super Idee! Dann können wir den Wagen ja gleich im Zierfischteich des Nachbarn versenken.«
***
Am See liefen sie zu einer geheimen Stelle, an der wie gewohnt niemand saß. Die Mädchen zogen ihre Badeanzüge an, Anna streifte sich ihre Schwimmflügel über, dann rannten sie ins Wasser und spielten. Renè breitete sein Handtuch auf der Wiese aus und legte sich mit der Tageszeitung in der Hand in den Schatten. Goh stand neben ihm und entledigte sich der engen Hose seiner Lederkombi. Dabei rutschte ihm ganz kurz auch die Boxershorts von seinem festen Hintern und Renè ertappte sich selbst beim Starren, bis er diese wieder hochzog.
Goh, der davon nichts mitbekommen hatte, hockte sich neben seinen Freund ins Gras. »Ey, du Schnarchzapfen, das ist nicht dein Ernst, oder?« Dabei hieb er mit der Hand gegen die Zeitung. »Du bleibst hier nicht wie ein alter Sack im Schatten sitzen! Dein Käseblatt kannst du zu Hause lesen. Du kommst jetzt mit ins Wasser, aber pronto!«
»Erwachsen
zu sein hat nichts mit dem Alter
zu tun!« Renè schnalzte mit der Zunge und kniff ihm in die Seite. »Würde dir übrigens auch nicht schaden, mal ein bisschen reifer
zu werden.«
»Reifer als jetzt werd ich nicht mehr«, antwortete Goh mit einem seltsamen Unterton. »Der Zug ist abgefahren ... also, kommst du?«
»Ja, ja ist gut. Geh schon mal zu den Mädchen, ich zieh mich eben um.«
Goh nahm seine Sonnenbrille ab und rückte ein wenig näher. »Darf ich dir dabei zusehen?«
Solche Witze
machte er öfter, doch seit dem Gespräch mit Rohan am Vortag waren Renès Antennen mehr auf Empfang. Dann aber lachte er.
»Ich will nicht, dass du meinen Speck siehst! Jetzt kusch
- hau ab!«
»Oh Mann ey, du hast echt Komplexe!« Goh wuschelte seinem Freund durch die Haare, stand auf und lief zum Ufer. Renè sah ihm noch kurz hinterher. Die muskulösen Beine und sein breites Kreuz hatten sich nicht verändert, doch bevor er sich wieder in Erinnerungen verlor, wendete er seinen Blick ab und zog sich um.
***
Paula spritzte ihrem Vater Wasser ins Gesicht, als er es endlich ins kühle Nass geschafft hatte, dann hängte sie sich an Gohs Hals. Der trug noch immer seine Sonnenbrille und hielt diese auch gleich fest, damit Paula sie ihm nicht vom Kopf schlug.
»Komm her, du Keks!«, scherzte er, packte das lachende Mädchen und schmiss es in hohem Bogen ins Wasser. Anna bettelte ihn sofort an: »Ich will auch!«, und kurz darauf flog sie ebenfalls zur Seite, allerdings mit deutlich weniger Schwung. Die zwei hatten großen Spaß an der Flugnummer, dann aber holten sie ihre Luftmatratze und spielten wieder zusammen.
»Ich muss mich mal eben ’ne Runde auspowern«, verkündete Goh plötzlich und schwamm bereits in Richtung Seemitte, wobei er mehr unter Wasser tauchte als alles andere.
»Warte doch mal!« Renè folgte ihm.
Wasser tretend verharrte Goh auf der Stelle. »Was ist? Du kommst doch eh nicht hinterher. Hast wirklich nachgelassen, alter Mann.«
Renè zog ein beleidigtes Gesicht. »Ich geb dir gleich alter Mann
! Kann ja nicht jeder viermal die Woche ins Fitnessstudio gehen wie du!«
»Fünfmal.« Goh lachte, wartete jedoch, bis ihn sein Freund eingeholt hatte.
»Ich will weder dich noch die Mädchen zu lange alleine lassen, also komm wieder mit ans Ufer!«
»Ach was, du fühlst dich doch nur einsam ohne mich«, konterte sein Freund gespielt arrogant.
Renè antwortete darauf nicht, denn ihm ging schon die Puste aus und er schwamm lieber zum Ufer zurück. Dort trocknete er sich
bibbernd ab. Goh hingegen stand einfach nur pitschnass neben ihm auf dem Rasen und sah ihn an.
»Das ist wieder mal typisch für dich! Du
willst mit uns zum Baden fahren und hast selbst nichts
dabei! Keine Badehose, kein Handtuch, gar nichts! Du wirst dir noch den Tod holen!«
»Ich bin nur nicht so verweichlicht wie du, Papi.«
Renè packte Goh an den Schultern und drückte ihn auf das große Badetuch am Boden. Goh wunderte sich zwar über dieses Verhalten, sagte aber nichts, auch dann nicht, als Rene sich neben ihn setzte und ihm mit seinem Handtuch über den Körper strich. Im Anschluss legten sich beide in die Sonne.
»Wow ... ich bin begeistert! So lieb bist du doch sonst nicht zu mir? Ist irgendwas? Schuldest du mir Geld? Kann sein, dass ich es vergessen habe.«
»Wie kann ich
dir Geld schulden, wenn du
mir noch was schuldest? Außerdem: Als ob ich mir von dir je was borgen könnte. Du steckst deine ganze Gage doch immer in deinen motorisierten Untersatz.«
Goh setzte sich auf. »Wo soll ich sie denn sonst reinstecken? Ich hab doch nichts anderes oder willst du, dass ich dir ’nen Ring kaufe?«
Renè lachte. »Apropos Ring … wieso heiratest du nicht endlich mal?«
»Du bist doch schon vergeben.« Ein kleiner Seufzer untermalte Gohs Worte.
»Hör auf mit den Witzen! Jetzt mal ehrlich, von deinen hunderttausend Sexpartnern muss doch wenigstens einer für mehr taugen.«
Goh legte sich wieder hin und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. »Ich glaube, das Problem sind nicht die
, sondern ich
! Keinen davon hab ich je geliebt, weder eine Frau noch einen Kerl. Wenn ich immer wieder dieselbe Person treffe, geht sie mir schnell auf den Keks. Na ja, ich bin wohl beziehungsunfähig.«
»Mit mir und den Kindern hältst du es doch auch aus. Denkst du denn nicht, dass du so ein Verhältnis auch zu jemand anderem aufbauen könntest?«
»Nein, dafür ist es zu spät«, schnaufte er betrübt. »Ich bin zu alt.«
Renè lachte und schubste Goh an. »Ah, schön, dass du es endlich zugibst! Aber mal davon abgesehen siehst du doch noch blendend
aus! Mein Gott, dein Gesicht ist ein bisschen kantiger geworden und in deinem Bart sprießen schon ein paar graue Härchen, aber ansonsten siehst du noch genauso aus wie mit Ende zwanzig.«
»Das denkst du nur, weil ich meistens meine Sonnenbrille trage.« Dabei grinste er.
»Wieso?«
»Ich … ähm ... also ich habe schon so … ein paar Fältchen an den Augen.«
»Echt?« Renè bekam sich vor Lachen kaum ein. »Zeig her!«, forderte er ungläubig.
»Nein
!«, protestierte Goh, doch Renè rollte sich einfach auf ihn und schnappte sich seine Sonnenbrille. »Hey! Ich hab Nein
gesagt!« Seine Augen funkelten ihm raubtierhaft entgegen, als Renè mit seinem Gesicht ganz dicht an ihn herankam.
»Stimmt! Du hast ja wirklich schon kleine Lachfalten. Und das, wo du doch so selten lachst.«
»Ich lache sehr oft!« Goh rupfte ihm seine Brille aus der Hand und setzte sie beleidigt wieder auf. »Alleine! Im Keller! Wenn mich keiner sieht!«
»Das glaub ich dir sofort!« So auf ihm sitzend, schossen Renè erneut die Erinnerungen von früher in den Schädel. »Du, da fällt mir ein, ich muss dich was fragen.«
Mürrisch sah Goh ihn an und verschränkte erneut die Arme hinter dem Kopf. »Na dann mal raus damit. Nur keine falsche Scham, es sei denn, es geht immer noch um meine Falten oder deinen Speck.«
»Kannst du dich an die Nacht erinnern, in der wir wegen dem Sturm nicht weiterfahren konnten und dann in der Scheune übernachten mussten?«
Gohs Gesichtsausdruck versteinerte sich augenblicklich. Er schob Renè von sich runter, setzte sich auf und zündete sich eine Zigarette an. »Nein«, grummelte er schließlich zwischen zwei hastigen Zügen.
Das war so offensichtlich gelogen, offensichtlicher ging es kaum noch. »Deiner Reaktion
nach zu urteilen, weißt du ganz genau, wovon ich rede!«
Goh schaute zur Seite und wich seinem Blick aus. »Was willst du jetzt von mir hören?«
Renè setzte sich ebenfalls auf und legte eine Hand auf sein angewinkeltes Knie. »Wie wäre es mit der Wahrheit? Wieso bin
ich
der Einzige aus der alten Gang, zu dem du noch Kontakt hast? Haben wir damals wirklich
nur miteinander geschlafen, um nicht zu erfrieren? Weshalb haben wir nie darüber geredet? Sag es mir! Warum?«
»Du bist ja schlimmer als deine Töchter!« Noch immer sah Goh Renè nicht an, doch er begann unübersehbar zu zittern. »Erklär mir dies, erklär mir das, sag mir, warum, wieso und weshalb ...! Zur Hölle nochmal, musst du solche Kleinigkeiten nach so langer Zeit wieder aufrollen?«
»Kleinigkeiten?« In Renès Stimme schwangen die verschiedensten Empfindungen mit. »Für mich war das keine Kleinigkeit! Das war das einzige
Mal in meinem Leben, dass ich es mit einem Mann getan habe. Und wenn es für dich so bedeutungslos war, wieso schaust du mich dann jetzt nicht an?«
Unerwartet setzte Goh die Brille wieder ab und sah ihm fordernd ins Gesicht. »Willst du hören, dass ich dich liebe
? Dass ich schon in dich verliebt war, seit wir uns zum ersten Mal in dieser ranzigen Kackbar am Alex begegnet sind? Willst
du das? Ich glaube nicht!
«
Renè zuckte zusammen. »Ist … ist es … denn so?«, fragte er vorsichtig.
»Wenn es so wäre
, dürfte es nicht sein, denn es würde unsere Beziehung und deine Familie zerstören! Beides will ich nicht, also ist es nicht so
! Lassen wir das Thema jetzt!«
Fassungslosigkeit spiegelte sich für einen Moment in Renès Gesicht und er realisierte, dass Rohan recht hatte. »Gut, eine Frage habe ich allerdings noch.«
Goh seufzte. »Was?«
Renè rutschte an ihn heran. »Gefällt dir das noch?« Dabei küsste er ihn ganz sanft auf den Mund.
Einen Augenblick hielt Goh still, dann drehte er seinen Kopf zur Seite. »Was für eine blöde Frage ... Aber das macht es nur noch schlimmer!« Damit stand er auf und ging wieder ins Wasser.
Renè blieb zurück, seinen Gefühlen ausgeliefert. So viele Jahre war er blind gewesen! Nun drängte sich ein weiterer Gedanke in den Vordergrund: ›Er hat sich kein bisschen verändert, spielt auch jetzt den Harten, um mich zu beschützen, und das, obwohl ich ein
erwachsener und gestandener Mann bin.‹