Auf Ramonas Handy finden wir bestimmt Ron D. Paculas Nummer , schlug Camilla vor. Die hatten doch sicher Kontakt miteinander.
Ohne etwas darauf zu erwidern sprang Lea auf, lief in den Vorraum, riss die Schublade auf und holte ihre Bauchtasche heraus. Im Seitenfach steckten Ramonas Handy mit der pinkfarbenen Hülle und die dazugehörige SIM-Karte, die sie herausgenommen hatte, damit niemand das Telefon orten konnte.
Nun schob sie die SIM-Karte hinein und schaltete das Handy ein. »Gesperrt«, sagte sie. »Wie vermutet mit Fingerprint.«
Genau dafür haben wir vorgesorgt.
»Stimmt.« Sie dachte an den süßen, kleinen Hund im Speisewagen nach Genf, der so gierig an ihrer Bauchtasche geschnuppert hatte.
Denkst du auch gerade an den Hund?
»Ja.«
Der war wohl scharf auf Fingerfood.
»Du bist unmöglich!« Lea kramte das Plastiksäckchen aus der Bauchtasche, in das sie die beiden Fingerglieder mehrfach eingewickelt hatte, und öffnete den Knoten.
Ein entsetzlicher Gestank schlug ihr entgegen. Angewidert ging sie damit ins Badezimmer, wusch die Blutkruste von der Haut, trocknete die Fingerkuppen und betrachtete ihr Werk, das auf dem weißen Keramikrand des Handwaschbeckens lag. Wie zwei eingeschrumpelte kleine Würstchen mit Fingernagel. Für einen Moment stülpte sich ihr Magen um, und Schweiß trat ihr auf die Stirn.
Mach schon! Gleich hast du es geschafft.
Mit einem säuerlichen Geschmack im Mund atmete Lea tief durch, öffnete den Spiegelschrank über dem Waschbecken und holte eine Tube Hautcreme heraus. Damit fettete sie die Papillarlinien des Daumens ein wenig ein, zog die Haut glatt und strich damit über den Sensor des Handys. Nichts!
Versuch den Zeigefinger.
»Und wenn der auch nicht funktioniert, sind wir im Arsch.«
Probier es!
Sie fettete die Kuppe des anderen Fingers ein und fuhr damit ebenfalls über den Sensor. Das Handy entsperrte sich. »Geschafft«, entfuhr es ihr. Der Akku war zu dreißig Prozent voll, aber Lea hatte ohnehin nicht vor, das Handy länger als nötig eingeschaltet zu lassen.
Die Menüführung war zwar auf Spanisch, aber nach ein bisschen Herumprobieren fand sie die Anrufliste. Rasch scrollte sie bis zum Montag, dem 20. Mai, zurück, jenem Tag, an dem Pacula auf Mallorca angekommen war. Sie konnte sogar die ungefähre Uhrzeit abschätzen, wann er das Hotel erreicht hatte, da sie ja dabei gewesen war, als er am Flughafen von einer Limousine abgeholt worden war, und ihn später vor der Lobby gesehen hatte.
An diesem Montagnachmittag hatte Ramona zwar mehrere Anrufe getätigt, aber nur eine Nummer mit der deutschen Vorwahl 0049 angerufen. Mit etwas Glück war das Paculas Handy.
»Hast du dir die Nummer gemerkt?«, fragte sie.
Ja.
Rasch ging sie in die Sicherheitseinstellungen des Handys, löschte die Fingerprintsperre und entfernte die SIM-Karte wieder. Zum Glück war es eher unwahrscheinlich, dass jemand Ramonas Telefon ausgerechnet in dieser kurzen Zeit in Kufstein hatte orten können. »Okay … das wäre geschafft.« Sie warf die beiden Fingerglieder in die Toilette, betätigte die Spülung und wusch sich danach mit Seife kräftig die Hände.
»Wie lautet die Nummer?«, fragte sie, während sie den Rand des Waschbeckens mit dem Handtuch trocknete.
Camilla ratterte sie mühelos runter.
»Gut …« Lea atmete tief durch und wählte mit ihrem eigenen Handy die deutsche Nummer.