Kapitel 5

 

 

 

Der Pfad wurde wieder ebener, die Hitze hielt sich jedoch hartnäckig. Wir mussten seit rund 40 Minuten unterwegs sein, als ich merkte, wie mir immer mehr die Puste ausging. Nataniel und Logan waren ja schon länger nur noch Schemen in der Ferne, aber nun schaffte ich es nicht mal mehr, mit den anderen beiden mitzuhalten. Mehrmals wanderten Jacks Blicke zu mir. Einmal fragte er mich, ob er meinen Rucksack nehmen sollte, doch ich lehnte ab. Wir waren ja bald da und dann konnte ich meine müden Knochen ausruhen.

     Doch noch während ich den Gedanken hatte, breitete sich Schwindel in meinem Kopf aus. So plötzlich, als wäre ich gegen eine unsichtbare Wand gelaufen. Erschrocken fasste ich mir an die Stirn und ertastete kalten Schweiß.

    „Oh nein!“, murmelte ich und blieb abrupt stehen. Das hätte ich nicht tun sollen. Die Bewegung kam zu rasch.

    „Was …?“, hörte ich Wyatt noch fragen, aber da neigte sich die Welt schon zur Seite. Ich bekam nicht mit, wie mein Körper auf dem Waldboden aufschlug. Alles war dunkel und wunderbar kühl.

„Leute … zurück!“, hörte ich jemanden brüllen. Die Stimme war seltsam verzerrt.

„Sie öffnet die Augen!“, sagte eine andere erleichtert. „Willow? Kannst du mich hören?“

Ein kraftloses Stöhnen kam über meine Lippen. Zu mehr war ich nicht in der Lage. Mein Gehirn war in Watte gepackt und meine Gliedmaßen kribbelten. Verwirrt registrierte ich, wie mir jemand mit bloßer Hand den Schweiß von der Stirn wischte. Blinzelnd öffnete ich die Augen und brauchte einen Moment, bis sich die Schemen über mir materialisierten. Vier Gesichter schwebten über mir, eins hübscher und besorgter als das andere.

„Bin ich … gestolpert?“, fragte ich schwer atmend. Meine Stimme klang dünn wie Papier.

Jack schnaubte über mir, und ich begriff, dass er hinter mir auf dem Boden kniete und mich an seine Brust drückte. „Du bist umgekippt wie ein verdammter Kartoffelsack! Ich konnte gerade noch verhindern, dass du dir das Gesicht an einer Wurzel aufschlägst.“ Er klang verärgert, als hätte ich das mit Absicht getan, und sagte an seine Freunde gewandt: „Bringt mir Wasser und ein Stück Stoff. Wir müssen sie kühlen.“

„Mir geht’s gut“, murmelte ich und wollte mich aufrichten, doch er ließ es nicht zu. Seine Arme umschlangen mich wie Fesseln. Warme, lebendige Fesseln, die mir ein erschreckend geborgenes Gefühl gaben. Mit flatterndem Blick beobachtete ich, wie die Jungs in ihren Sporttaschen kramten und die verlangten Utensilien zutage förderten. Dabei fiel mir auf, dass ich meinen eigenen Rucksack nicht mehr auf den Schultern trug. Er lag neben mir.

„Wie lange war … war ich weg?“

„Nur ein paar Sekunden“, sagte Wyatt, der ziemlich blass geworden war, und kramte sein Shirt hervor. Logan schraubte eine Wasserflasche auf. Wie er den Inhalt über den Stoff schüttete, bekam ich jedoch nicht mit, denn meine Augen fielen wieder zu. Ich stöhnte.

„Hey, bleib bei mir, ja?“, wisperte Jack hinter mir. Er hatte mich so weit oben an der Taille umschlungen, dass meine Brüste quasi auf seinen Armen lagen. Ich konnte sein Herz an meinem Rücken spüren. Es schlug so schnell wie meins.

„Hm-hm“, brachte ich nur heraus, dann wurde mir ein kühler, nasser Stoff auf die Stirn gelegt. Ein wohliges Seufzen kam über meine Lippen. Gott, fühlte sich das gut an! Aber nicht nur das. So an seine Brust geschmiegt stieg mir Jacks Geruch in die Nase. Ein wunderbares Zusammenspiel von Zitrone, Holz und einer gewissen Süße. Er riecht fantastisch , dachte ich und wollte in diesem Geruch versinken. Im nächsten Augenblick wurde mir eine Wasserflasche an die Lippen gehalten, und ich trank gierige Schlucke.

„Besser?“, erkundigte Jack sich, nachdem ich meinen Durst gestillt hatte. Mehrmals atmete ich tief durch, dann öffnete ich langsam die Augen und spürte, wie ich rot anlief, während ich nickte. Es war schon klischeehaft genug, vor nur einem Jungen ohnmächtig zu werden, aber gleich vor vieren?

„Tut mir leid“, sagte ich, wobei meine Stimme schon fester klang. „Normalerweise deuten sich die Warnsignale früher an.“

„Normalerweise?“, wiederholte Wyatt ungläubig. „Wie oft passiert dir das denn?“

„Im Sommer leider gar nicht so selten.“ Vorsichtig setzte ich mich auf, und Jack nahm die Arme von mir. Allerdings hielt er jetzt meine Schultern fest, als traute er mir noch nicht zu, allein sitzen zu können. „Ich vertrage Hitze nicht so gut. Habe ich noch nie.“

„Diese Information hättest du früher mit uns teilen sollen, dann hätten wir eine andere Route genommen und wären direkt zum Teich gefahren“, konnte Nataniel sich die Bemerkung offenbar nicht verkneifen.

Ich fühlte mich zwar wie eine ausgelutschte Limette, aber für einen giftigen Blick in seine Richtung reichte es noch. „Ich konnte ja nicht ahnen, dass wir bei 31 Grad durch den Wald hetzen würden. Außerdem hatte ich noch kein Mittagessen. Das wollte ich mir für ein Picknick am Teich aufheben.“

Daraufhin sagte Nataniel nichts mehr, und ich bat Jack, mir aufzuhelfen. Hinter mir kam er in die Höhe und zog mich in derselben Bewegung mit sich. Er ließ mich nicht los, aber da meine Beine noch wackelig waren, krallte ich mich zusätzlich an ihm fest. So standen wir uns einen Moment gegenüber. Jack, wie er meine Taille umschlang, und ich, wie ich mich an seine Unterarme klammerte. Das einfallende Sonnenlicht ließ seine dunklen Augen wie geschliffene Onyxe leuchten. Der Anblick war faszinierend.

„Vielleicht sollten wir zwei zurückgehen“, schlug er vor. „Die anderen können sich auch ohne uns einen schönen Tag am Wasser machen.“ Überraschenderweise war da keine Anzüglichkeit in seiner Stimme. Ich glaube, er sprach zum ersten Mal ohne Hintergedanken. 

„Nein, wir gehen weiter“, entschied ich. „Ich war ewig nicht mehr am Wasser, und es ist ja nicht mehr weit. Der Rückweg wäre länger.“ Mein Blick fiel auf seine Hand, mit der er mir den Schweiß von der Stirn gewischt hatte. „Brauchst du ein Taschentuch?“

Jack folgte meinem Blick und deutete auf seine Hose, an der er die Hand offenbar abgewischt hatte. Er schien sich nicht zu ekeln. „Geht schon. Na, dann Jungs, ihr habt‘s gehört. Gehen wir weiter.“ Ungefragt hob er meinen Rucksack auf und schulterte ihn. „Den nehme ich, und keine Diskussion.“

Ich hätte sowieso keine Kraft gehabt, ihn zu tragen. Der Schwindel war zwar abgeklungen, aber mein Körper fühlte sich noch immer federleicht an.

     „Das gefällt mir nicht“, murmelte Wyatt, nachdem wir uns in Bewegung gesetzt hatten. Er hielt sich wieder links von mir, lief diesmal aber so dicht, dass wir uns fast berührten. „Du bist noch immer weiß wie eine Wand.“

Ich lachte kraftlos. „Das ist meine natürliche Hautfarbe, danke.“

„Nein“, erwiderte er. „Vorher warst du einfach nur blass, aber jetzt bist du fast durchsichtig. Einer von uns sollte dich tragen.“

„Auf keinen Fall.“ Es war schon irritierend genug, dass Jack sich bei mir eingehakt hatte. Aus mir unerklärlichen Gründen wühlte seine Nähe mich innerlich auf, und etwas sagte mir, dass das nicht an seinem guten Aussehen lag. Wyatt sah auch gut aus, aber bei ihm reagierte mein Körper nicht so. Vielleicht liegt es daran, dass du in Jacks Armen gelegen hast , überlegte ich. Heiße Sommertage kurbelten die Lust an. Schuld daran war das starke Sonnenlicht, dass die Ausschüttung des Hormons Serotonin steigerte. Zudem produzierten Männer bei Wärme mehr Testosteron, was wir Frauen dann olfaktorisch wahrnahmen.

     „Bist du sicher?“, hakte Jack spöttisch nach. „Eine Menge Frauen würden dafür Schlange stehen, um sich von uns tragen zu lassen.“

Lächelnd schüttelte ich den Kopf. „Ich finde, mit meinem Zusammenbruch habe ich für heute genug Klischees bedient.“ Oder auch nicht , dachte ich, als sich schon wenige Minuten später meine Blase meldete. „Ich müsste mal dringend Pipi“, informierte ich meine Begleiter. 

Jack, der das Gewicht unserer Taschen klaglos ertrug, sah nicht begeistert aus, als er fragte: „Kannst du damit nicht warten, bis wir am Wasser sind?“

Angeekelt verzog ich das Gesicht. „Bäh, ich pinkle doch nicht in den Teich!“

„Lass sie doch“, meinte Wyatt grinsend. „Nat wird sich bestimmt wahnsinnig darüber freuen, dass sie sich in seinem Wald verewigt.“

„Warte … was?“

Der Stripper mit dem wuscheligen Haar warf mir einen erheiterten Blick zu. „Ein Teil des Waldes gehört Nats Familie.“

Fast wäre ich vor Verblüffung über den Saum meines Kleides gestolpert. „Du machst Witze!“

„Nein. Die Palmers gehören zu den ältesten jüdischen Familien in Oregon, und obendrein zu den reichsten. Sie haben schon Teile des Waldes besessen, bevor er der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde.“

Na, wenn das so war … „Hey, Nataniel“, rief ich, und er drehte sich stirnrunzelnd zu mir um. „Meinst du, ich könnte mal in deinen herrschaftlichen Wald pinkeln? Oder muss ich dafür Gebühren zahlen?“

Okay, die letzte Frage hätte ich sparen können, aber ich nahm ihm noch immer übel, was er im Club zu Wyatt über mich gesagt hatte. Deine Ansprüche sinken auch immer weiter. Nö, das ließ ich nicht so einfach auf mir sitzen.

Der Angesprochene hob eine penibel gestutzte Braue und drehte sich jetzt ganz zu mir um. Unter seiner platinblonden Mähne zeichnete sich ein dunkler Ansatz ab, der sein gefärbtes Haar noch heller strahlen ließ. „Wenn du schon so fragst …“

„Leute, seid nett zueinander“, ging Jack dazwischen, bevor er den Satz beenden konnte. Zu mir sagte er: „Geh einfach. Er kann dich ja schlecht aufhalten.“

Ich warf Nataniel noch einen provozierenden Blick zu, den er mit einem spöttischen Lächeln erwiderte, dann entfernte ich mich von der Gruppe.

„Bleib aber in Sichtweite“, rief Wyatt mir spöttisch nach, woraufhin ich ihm den Stinkefinger zeigte.

Sein tiefes Lachen verfolgte mich, und während ich so vor mich hin schmunzelte, wurde mir klar, dass ich ein völlig falsches Bild von den Hot Devils gehabt hatte. Im Club mochten sie die Machos vom Dienst spielen, aber privat waren sie gar nicht so übel.

Zumindest einige nicht.

 

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Als wir den Teich erreichten, wäre ich vor Erleichterung fast ein zweites Mal zusammengebrochen. Endlich konnte ich meine müden Knochen ausruhen und mich im Wasser abkühlen. Inzwischen schwitzte ich aus jeder Pore, und so erging es bestimmt nicht nur mir. Ehrlich, ich wüsste zu gern, welches Genie auf die Idee gekommen war, heute wandern zu gehen. Doch der Weg hierher hatte sich gelohnt, wie ich mit Blick auf die Lichtung feststellte.

Hohe Gräser umrahmten den Teich, ein Geflecht aus Wurzeln schlängelte sich am Ufer entlang und bildete eine natürliche Grenze zwischen Wasser und Waldboden. Das Wasser war klar und funkelte wie tausende Diamanten in der prallen Sonne, und obwohl der Teich nicht groß war, tröstete die traumhafte Kulisse über diesen Umstand hinweg.

Ich fackelte nicht lange und öffnete den Knoten in meinem Nacken, woraufhin der Stoff von meinem Körper rutschte. Sämtliche Blicke folgten der Bewegung, und besonders Jack schien zu gefallen, was er sah. Zumindest hatte ich den Eindruck, dass seine Augen am intensivsten leuchten würden, als sein Blick über meinen moosgrünen Schnürbikini und meine Kurven wanderte. Früher hatte ich mich für meine blasse Haut geschämt. Ich hatte immer braun und gesund aussehen wollen, wie meine Klassenkameraden. Inzwischen liebte ich meine blasse Haut und meine Sommersprossen, und ich hatte keine Hemmungen, meine Blässe durch entsprechende Farben hervorzuheben.

Von Wyatt hätte ich erwartet, dass er etwas Anzügliches sagen würde, stattdessen fragte er mich skeptisch: „Bist du sicher, dass dir der abrupte Temperaturwechsel nicht wieder auf den Kreislauf schlagen wird?“

„Das werden wir gleich herausfinden. Ich sterbe nämlich, wenn ich dieser Hitze noch eine Minute länger ausgesetzt bin.“ Damit band ich mein Haar zu einem strengen Dutt hoch.

    „Ich mein ja nur. Mir wäre es lieber, du würdest nicht noch mal umkippen. Ich kann den Anblick von ohnmächtigen Frauen nicht ertragen“, sagte Wyatt und schüttelte sich. „Meine Mutter ist im Sommer ständig zusammengebrochen. Als Kind hatte ich Albträume davon.“

„Tut mir leid deswegen.“ Aufrichtig lächelte ich ihn an. „Aber ich werde jetzt so was von in dieses Wasser gehen.“

„Ich begleite dich“, sagte Jack, und das Funkeln in seinen Augen hätte mich eigentlich vorwarnen müssen. Ohne den Blick von mir zu nehmen, zog er sich das Shirt über den Kopf. Nicht wie ein normaler Mensch, sondern wie der Stripper, der er war. Geschmeidig, kraftvoll, ästhetisch. Wahrscheinlich wusste er gar nicht mehr, wie man sich normal auszog. Die koketten Bewegungen mussten ihm durch die nächtlichen Stripeinlagen in Fleisch und Blut übergangen sein. Ungewollt blieb mein Blick an seinen Bauchmuskeln hängen, dann wanderte er zu seinen strammen Beinen hinab, die in einer knackigen Badeshorts steckten. Okay, wow. Er sah atemberaubend aus. Darüber brauchten wir nicht diskutieren.

Als ich Jack wieder in die Augen sah, lächelte er raubtierhaft. Natürlich war ihm mein Starren nicht entgangen, und natürlich bildete er sich unheimlich etwas darauf ein.

„Nach dir“, sagte er und deutete zum Teich.

Schnaubend setzte ich mich in Bewegung. Du willst mir doch bloß auf den Arsch glotzen . Aber ich tat ihm den Gefallen. Schließlich wollte ich ihn mit seinen eigenen Waffen schlagen und ihm so richtig den Kopf verdrehen.

War es albern, dass ich extra Schwung in meine Hüftbewegung legte? Vermutlich. Aber warum sollten nur die Jungs ihre Vorzüge einsetzen dürfen? Jack plante, mich um den Finger zu wickeln, doch er sollte besser aufpassen, dass er am Ende nicht mir verfiel. Das wäre doch der perfekte Denkzettel, der ihn hoffentlich in Zukunft von weiteren dämlichen Wetten absehen ließ.

„Huh! Ah! Oh, Gott!“, keuchte ich, als ich bis zu den Waden ins Wasser gewatet war. Es war schweinekalt. Dabei hatte ich gehofft, die Hitze hätte es wenigstens etwas erwärmt. Als ich mich bückte, um mit den Händen Wasser zu schöpfen, stieß mein Hintern auf Widerstand. Ich drehte mich um, und da ragte Jack hinter mir auf. Übernatürlich schön und gefährlich wie ein Dämon.

Sein Lächeln verhieß nichts Gutes.

„Wage es ja nicht!“, warnte ich und wich mit erhobenem Zeigfinger vor ihm zurück. Unglücklicherweise bewegte ich mich damit tiefer ins Wasser.

Jack machte ein unschuldiges Gesicht, doch in seinen Augen tanzte weiter der Spott. „ Was soll ich nicht wagen?“

„Mich ins Wasser zu schubsen. Ich weiß, dass du das vorhast! Aber Wyatt hat recht, das wäre bestimmt nicht gut für meinen Kreislauf.“

Lachend schüttelte Jack den Kopf. „Was ist das nur für ein Phänomen, das alle Frauen so empfindlich auf Kälte reagieren? Du guckst, als würde ich dich vierteilen wollen. Hier, ist doch nichts dabei.“ Veranschaulichend tauchte er die Hände ins Wasser und benetzte seinen Oberkörper. Ich erlitt schon vom Zusehen einen Kälteschock, doch Jack zuckte nicht mal mit der Wimper. Angeber.

„Falls du es noch nicht wusstest: Männer haben mehr Muskelmasse als Frauen“, klärte ich ihn bibbernd auf. „Mehr Muskeln bedeuten mehr produzierte Körperwärme, klar?“

„Ah, verstehe.“ Seine Stimme hatte einen tiefen, verlockenden Klang angenommen. Mit den nassen Händen strich Jack über seine glatte Brust, seine Bauchmuskeln, gefolgt von seinen ausgeprägten Leisten, die ein perfektes V über der tiefsitzenden Badeshorts bildeten. Ich wollte nicht hinstarren, aber die Art und Weise, wie er sich dort berührte … machte etwas mit mir. Sie schlug mich in ihren Bann. „Das erklärt, warum die Frauen mich im Winter so gern als Heizung benutzen. Ich könnte dir auch einheizen, du musst es nur sagen.“

„Bekommst du eigentlich Provision fürs Sprüche klopfen?“

„Bekommst du Provision fürs Glotzen?“

„Ich glotze doch gar nicht“, behauptete ich, guckte aber automatisch wieder auf seine Leisten.

Jack grinste. „Du gibst dir nicht mal Mühe, es zu verstecken. Schon lustig. Würde ich dir die ganze Zeit auf die Nippel starren, hätte ich mir schon eine gefangen, aber du darfst mir fröhlich auf den Schwanz glotzen?“

„Was? Ich ... ich würde nie …!“

Er lachte mich aus. „Kein Grund zu stottern, ich zieh dich doch bloß auf.“ Betont langsam drehte Jack sich einmal um die eigene Achse und sagte gönnerhaft: „Du darfst mich jederzeit angucken. Du hast sogar meine ausdrückliche Erlaubnis dazu.“

Wie gern hätte ich etwas Schlagfertiges erwidert, doch sein eindringlicher Blick, als er sich mir wieder zuwandte, fegte jeden vernünftigen Gedanken beiseite. Er versprach mir sündhaftes Vergnügen und die höchste Form der Lust. „Du bist furchtbar arrogant“, murrte ich mangels Widerworte. Wyatt hatte recht gehabt. Jack war der schlimmste von ihnen. 

„Und du bist immer noch halb trocken. Wolltest du dich nicht abkühlen?“

Als Jack an mich herantrat, beschleunigte sich mein Herzschlag. Wassertropfen perlten von seinem Körper und hoben, von der Sonne beleuchtet, seine Muskeln hervor. Nun, da er so dicht vor mir aufragte, wurde mir wieder bewusst, wie unglaublich groß Jack war. Und kräftig. Er könnte mich mit Leichtigkeit ertränken und die Jungs am Ufer würden es wahrscheinlich nicht mal merken. Die waren ohnehin zu sehr damit beschäftigt, sich häuslich auf der Wiese einzurichten, Handtücher auszubreiten und mit Bierflaschen anzustoßen.

„Wollte ich ja“, sagte ich verspätet. „Aber du musstest mich stören.“

Jack überhörte meine Worte offenbar bewusst. „Ich könnte dir beim Abkühlen helfen.“

„Wie großzügig von dir.“ Mir war klar, was er hier versuchte. Er wollte mich mit seiner Nähe aus der Fassung bringen, aber er wusste nicht, dass er der Königin des Gefühleüberspielens gegenüberstand. Mutiger als ich mich fühlte, sagte ich: „Nur zu. Tu dir keinen Zwang an.“

Das ließ Jack sich nicht zweimal sagen. Mit einem angedeuteten Lächeln tauchte er seine Hände ins Wasser, und ich wappnete mich für die Kälte. Als er meine Schultern befeuchtete, ließ der Kontakt mit dem kalten Wasser mich zunächst zusammenzucken. Aber schon bald hinterließen Jacks Berührungen brennende Spuren auf meiner Haut und vertrieben die Kälte.

Uuund … die Show beginnt“, hörte ich Wyatt vom Ufer aus sagen.

Ich ignorierte ihn, konzentrierte mich nur auf Jacks Hände und auf das Prickeln, das sie mir bescherten. Von meinen Schultern aus wanderten sie zu meinem Hals, in meinen Nacken und von dort aus meine Kehrseite hinab. Ich bog den Rücken durch, als Jacks Finger meine Wirbelsäule entlangstrichen, und verfluchte mein verräterisch pochendes Herz. Das fühlte sich leider viel zu gut an. Jack war geschickt mit seinen Händen. Er wusste, was er tat und welche Wirkung er damit erzielte. Als nur noch meine Brüste und mein Bauch fehlten, zögerte er. Fragend sah er mich an, und ich zwang mich zu einem selbstsicheren Lächeln, dass leider so gar nicht meine Gefühle widerspiegelte . Was wirst du jetzt tun? , dachte ich angespannt. Ziehst du es durch oder machst du einen Rückzieher?

Jack tat nichts dergleichen.

Anstatt meine Brüste zu berühren, ließ er seine Hände oberhalb meiner Brustwarzen schweben und Wassertropfen darauf rieseln. Das hatte ich nicht erwartet. Überrascht musste ich mir auf die Zunge beißen, um nicht aufzustöhnen. Leider war das auch nicht nötig, um Jack zu zeigen, was ich von der Aktion hielt. Meine steinharten Nippel dürften ihm Hinweis genug geben.

„Geht’s dir gut?“, fragte Jack, und seine Stimme troff nur so vor Selbstgefälligkeit. Er hatte mich in Rekordzeit so scharf gemacht, dass ich ihm am liebsten die Badeshorts vom Leib reißen und vor aller Augen mit ihm vögeln würde. Und das Traurige war, dass er mich dafür nicht mal hatte berühren müssen.

„Ich denke, das reicht jetzt“, versuchte ich, gefasst zu klingen, doch der Hohn hielt sich hartnäckig in Jacks Augen. Auf einmal neigte er forschend den Kopf zur Seite, als suchte er etwas in meinem Blick. Als suchte er nach … Gefühlen.

Für das, was ich als Nächstes tat, hatte ich nicht wirklich eine Erklärung.

Er konnte gar nicht finden, was er in meinen Augen suchte. Wie sollte das auch möglich sein? Wir hatten uns doch gerade erst kennengelernt. Aber meine Hände bewegten sich wie von selbst und klatschten ihm einen Schwall Wasser ins Gesicht. Das hatte gesessen. Fluchend drehte Jack sich weg, und ich nutzte die Gelegenheit, um zum Ufer zu waten.

Ganze fünf Schritte kam ich weit.

Dann schlangen sich von hinten starke Arme um meine Mitte und zogen mich erst weiter in den Teich und dann in die Tiefe.

Kalte Wellen schlugen über mir zusammen und verschluckten meinen Aufschrei. Ich versuchte, mich freizustrampeln, doch Jack hatte mich fest im Griff und machte nicht den Eindruck, als wollte er mich so schnell wieder freigeben. Es erschreckte mich, wie tief der Teich war. Zumindest spürte ich keinen Boden mehr unter den Füßen, und das, obwohl wir gefühlt immer weiter sanken. Als mir langsam die Luft ausging, wurde ich panisch. Ich versuchte, Jack abzuschütteln, doch er klammerte schlimmer als eine Klette.

Ich sah mich schon ertrunken am Teichgrund liegen, als er mich endlich freigab und ich mich nach oben zurückkämpfen konnte. Keuchend durchbrach ich die Wasseroberfläche und atmete köstliche, brennende Luft ein. 

„Das war nicht lustig“, sagte ich und wirbelte zu Jack herum. Entgegen meiner Erwartung tauchte er jedoch nicht hinter mir auf. „Ist das ein Scherz?“, murmelte ich und drehte mich suchend um die eigene Achse. Mit leichten Schwimmbewegungen hielt ich mich über Wasser, wartet darauf, dass Jack die Oberfläche durchbrechen und mich auslachen würde. Doch nichts geschah. Der veräppelte mich doch! Ich hatte zwar wie wild um mich geschlagen, aber ein Muskelpaket wie ihn konnte ich damit wohl kaum ausknocken. Oder doch?

Das Wasser blieb beängstigend still.

Mit hämmerndem Puls tauchte ich wieder unter, strengte meine Augen an, doch es war, als hätte Jack sich in Luft aufgelöst. Angst bahnte sich einen Weg in mein Herz. Ich tauchte wieder auf und wollte gerade panisch nach den Jungs rufen, als mir jemand buh! ins Ohr flüsterte. Mit einem hollywoodreifen Schrei wirbelte ich herum und verschluckte dabei versehentlich Wasser.

„Wow, immer mit der Ruhe.“ Jack klopfte mir lachend auf den Rücken. „Du musst nicht gleich den ganzen Teich trinken.“

Pechschwarze Strähnen klebten ihm im Gesicht und verliehen seinen scharfkantigen Zügen etwas Verwegenes. Über beide Ohren strahlte Jack mich an, doch ich konnte über diese Aktion nicht lachen. „Tu das nie wieder!“, verlangte ich keuchend und schlug ihm fest gegen die Brust. Tränen sammelten sich in meinen Augen.

Belustigt rieb Jack sich die Stelle. „Was genau meinst du? Dich unterzustucken oder so zu tun, als würde ich … sag mal weinst du?“ Sein Lächeln verblasste.

„Du hast mich erschreckt, Blödmann! Einen Moment dachte ich, du wärst tot!“

Ich ärgerte mich, weil ich auf diesen billigen Trick hereingefallen war. Noch mehr allerdings über die peinliche Angewohnheit, in Tränen auszubrechen, sobald ich mich heftig erschrak.

Jack fasste sich an die Brust, und er klang aufrichtig, als er sagte: „Okay, tut mir leid. Ist notiert. Ich werde dich nie wieder erschrecken.“

 

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Ich war nicht nachtragend, aber selbst, wenn ich es gewesen wäre, hätte ich Jack kurz darauf wieder verziehen. Er schien wirklich ein schlechtes Gewissen zu haben, denn kaum hatten wir uns zu den anderen gesetzt, reichte er mir eine Limonade aus der Kühltasche und teilte sogar seinen Energieriegel mit mir. Logan, der Zigarette paffend neben Nataniel saß, warnte mich noch davor, aber ich wollte Jacks Versöhnungsgeschenk nicht ablehnen.

Ein Handtuch um meinen Bauch geschlungen probierte ich von dem Schokoriegel … und verzog den Mund. „Ansonsten ist mit deinen Geschmacksknospen aber alles in Ordnung? Das Ding schmeckt ja schlimmer als Pappe.“

Logan lachte. „Sage ich doch. Und die Dinger frisst er kiloweise. Einfach nur pervers.“

„Ich bin ja immer noch der Meinung, dass er heimlich Provision dafür bekommt“, machte sich nun auch Wyatt über ihn lustig. „Warum sonst versucht er ständig, allen diese Riegel anzudrehen?“

Schmunzelnd sah ich auf Wyatt herunter, der die Arme hinter dem Kopf verschränkt neben mir lag. Sorglos lächelte er zu mir empor. Dass Jack und ich Zeit allein im Wasser verbracht hatten, schien ihn nicht zu stören.

„Ihr habt einfach keinen Geschmack“, meinte Jack und fuhr sich ungerührt durch das pitschnasse Haar. Ich folgte der Bewegung, nur, um mich dabei zu erwischen, wie mein Blick zu seinem Bauch hinabwanderte, an dem sich nicht die kleinste Speckrolle befand. Ich konnte nichts dagegen tun. Jacks Körper zog meine Blicke magisch an. Auch Nataniel und Logan hatten ihre Oberteile ausgezogen, sodass ich von vier halb nackten Männern umgeben war. Nicht der schlechteste Anblick.

Ich sollte die vier nicht miteinander vergleichen – jeder von ihnen war auf seine Weise attraktiv –, aber mein Blick verselbstständigte sich und ehe ich mich versah, hatte ich die Jungs mit kritischem Auge abgecheckt. Jack und Wyatt waren am muskulösesten. Was Logan weniger an Masse hatte, machte er mit Definition wett. Seine sehnigen Arme waren echte Hingucker, außerdem hatte er diesen unterschwelligen, Gänsehaut fördernden Schlafzimmerblick. Tja, und dann war da noch Nataniel – eine Klasse für sich. Muskeltechnisch bewegte er sich zwischen Jack und Logan, und er verkörperte mit seinem einzigartigen Aussehen die pure Sünde. Ich konnte nicht mal wirklich erklären, was an Nataniel so verdorben war. Der Umstand, dass er das Gesicht eines Engels, aber den Blick eines Teufels hatte? Ich war mir nur bei einem sicher: dass er der letzte Devil war, auf den ich mich einlassen würde. Bei ihm schrillten meine Alarmglocken ganz besonders laut. 

Bevor einem der Jungs mein Stieren noch auffiel, zog ich meinen Rucksack heran und kramte meine selbst belegten Sandwiches und die Donuts hervor, die ich heute Morgen noch schnell vor der Uni besorgt hatte.

„Was ist das?“, wollte Jack wissen, als ich ihm ein verpacktes Brot in die Hand drückte. 

„Lass dich überraschen.“ Die anderen bekamen auch eins, bei Nataniel zögerte ich. „Möchtest du auch eins?“ Du Arsch?

Mit seinen himmelblauen Augen starrte er mich an, als könnte er meine Gedanken lesen. Das Sonnenlicht spiegelte sich in seinen gefärbten Haaren und ließ seine blasse Haut wie Marmor leuchten. Ich wollte ihn schon anmaulen, dass es nicht vergiftet wäre, als sein Blick zu Jack huschte und er es mir dann seufzend abnahm.

„Danke“, presste Nataniel hervor, und aus mir unerklärlichen Gründen musste ich über seinen missglückten Versuch, freundlich zu mir zu sein, schmunzeln.

Meine Sandwiches wurden in den höchsten Tönen gelobt. Ganz besonders die Cocktailsauce, die ein altes Familienrezept war. Schon meine Granny hatte in jungen Jahren ihr Brot damit bestrichen und gedroht, mich in ihrer nächsten Soßenkreation zu verarbeiten, sollte ich es jemals wagen, ihr Rezept außerhalb der Familie weiterzugeben. Aus diesem Grund musste ich Wyatt vertrösten, als er sich schmatzend danach erkundigte.

Nachdem jeder noch einen Donut hinterhergeschoben hatte, ging Jack mit den Jungs noch mal ins Wasser. Ich blieb zurück, da ich keine Lust hatte, mit meinem kugelrunden Bauch unterzugehen. Die Vorlesungen heute waren anstrengend gewesen und nun, da ich vollgestopft war, merkte ich, wie die Müdigkeit mich überrollte. Während die Jungs im Wasser Bahnen zogen, machte ich es mir auf Jacks Handtuch bequem, wobei ich mein eigenes als Schutz vor der Sonne über mein Gesicht legte.

Dann döste ich ein.

 

 

 

Nur gefühlt 5 Minuten später wurde meine Ruhe allerdings gestört, als mir jemand das Handtuch vom Gesicht riss. Maulend wollte ich danach greifen, doch die Sonne blendete mich und zwang mich, die Augen zusammenzukneifen.

„Sorry“, vernahm ich Wyatts Stimme über mir. „Aber du liegst jetzt seit einer halben Stunde so da. Ich wollte nur sichergehen, dass du nicht wieder ohnmächtig bist.“ Damit landete das Handtuch wieder in meinem Gesicht.

„Ist ja schön und gut, dass du dir Sorgen um mich machst“, sagte ich und setzte mich auf. „Aber geht’s nächstes Mal etwas sanfter?“ Verschlafen rieb ich mir die Augen und funkelte Wyatt, der mir jetzt den Blick auf die Sonne verstellte, verärgert an.

„Du willst es sanft angehen? Kein Problem, Beauty.“ Mit dieser zweideutigen Bemerkung und einem eindeutigen Lächeln sank er neben mir aufs Handtuch.

„Und du nennst mich einen Sprücheklopfer“, kam es kopfschüttelnd von Jack, der sich in diesem Moment mit den anderen zu uns gesellte.

Meine Erwiderung ging in einem Japsen unter, als Wyatt seinen kalten, nassen Körper an mich lehnte, und das, wie es schien, mit voller Absicht.

„Hm, du bist so kuschlig warm“, seufzte er an meiner Haut.

„Und du fühlst dich wie ein glitschiger Fisch an!“

„Glitschig, ja?“ Als seine Mundwinkel sich zu einem schamlosen Grinsen ausdehnten, ahnte ich, was folgen würde.

„Vergiss es“, sagte ich eilig. „Antworte erst gar nicht darauf, du Perversling.“

Amüsiert beugte Wyatt sich zu mir herüber, so dicht, dass er mich fast küsste. „Gib‘s zu. Du stehst drauf, wenn ich so versaut bin.“

Schnaubend schüttelte ich den Kopf, dabei huschte mein Blick zu Jack, der sich mangels Alternative auf Wyatts Handtuch niederließ. Sein Blick war … seltsam. Nicht eifersüchtig oder verärgert, wie ich erwartet hätte. Was lief zwischen den beiden? Waren sie wirklich Konkurrenten oder arbeiteten sie am Ende sogar zusammen?

„Wie dem auch sei.“ Wyatt lehnte sich wieder zurück und griff nach seiner Wasserflasche. „Ich hätte Lust auf Party. Wer ist dabei?“

„An einem Montag?“, gab Logan zu Bedenken.

„Warum nicht? Wir müssen ja keine Abrissparty veranstalten, nur ein paar Mädels einladen.“ Bei den Worten Mädels zwinkerte er mir zu. Was auch immer das bedeuten sollte. „Ach, kommt schon, wir haben ewig nicht mehr zusammen gefeiert. Bestimmt zwei Wochen lang nicht mehr!“

Ich lachte. Wenn er das schon für lange hielt … Doch sein Gejammer stieß auf offene Ohren.

Nataniel sagte: „Meinetwegen. Ich langweile mich auf dem Anwesen ohnehin zu Tode. Aber wir müssen vorher einkaufen. Letztes Mal habt ihr mir fast die komplette Bar leer getrunken und ich habe noch keinen Nachschub besorgt.“

„Im Notfall kann ich auch damit aushelfen“, meinte Logan, und ich guckte nicht schlecht, als er einen durchsichtigen Beutel mit vorgedrehten Joints aus seinem Rucksack förderte.

„Was ist mit dir?“, wandte Jack sich an mich. Das linke Bein angewinkelt und die Hände seitlich in den Sand gestemmt saß er mir gegenüber. Auf seinem Körper ein Sammelsurium aus glitzernden Wassertropfen. „Bist du dabei?“

Mein Blick ging zu Nataniel, der seine Sporttasche als Kissen benutzte und das Gesicht gen Himmel gereckt hatte. Seine Augen waren geschlossen, aber ich wusste, er hörte mit.

„Wenn der Hausherr nichts dagegen hat? Ich habe jedenfalls nichts anderes vor.“

„Natürlich hat er nichts dagegen“, antwortete Wyatt an seiner Stelle, und da der reiche Sprössling nichts erwiderte, war es wohl beschlossene Sache.