Als Gretchen am Ende der achten Klasse am Drüsenfieber erkrankte, arbeiteten sie alle zusammen. Abby, Margaret und Glee deckten all ihre Fächer ab. Jeden Tag brachte Abby Gretchens Hausaufgaben in der Schule vorbei. An den Wochenenden trafen sie sich zu dritt in Margarets Haus in der Innenstadt und riefen Gretchen an, wobei sie sich ein Telefon teilten, immer zwei Ohren gleichzeitig an den Hörer gedrückt, und ihr erzählten, wie unfair Mr Vikernes’ Matheprüfung war und wie die ganzen Oberstufenschüler Ärger wegen kollektiven Schwänzens gekriegt hatten, und dass Naomi White in allen Fächern schlechte Noten hatte und sitzen bleiben würde.
Es war das Jahr, in dem Abby anfing, unter der Woche bei Best Yoghurt zu arbeiten, und Mrs Lang holte sie nachmittags, wenn sie fertig war, immer ab. Abby brachte Gretchen dann Vanilleeis im Becher mit, mit bunten Streuseln und Oreo-Kekskrümeln (sobald Gretchens wunder Hals sie verkraftete), und setzte sich auf das andere Bett in Gretchens dunklem Zimmer. Sie füllten Fragebögen aus, und Abby las ihr vor: entsetzliche Schilderungen von Skiunfällen aus Ms Langs Upper-Room-Magazinen, grausige Geschichten von bei Hausbränden entstellten Balletttänzerinnen aus dem Guideposts und die »Ich habe es selbst erlebt«-Kolumnen aus Sassy mit Titeln wie »Meine Mom ist drogenabhängig« oder »Man hat mich vergewaltigt«.
Es war das Jahr, in dem Abby und Margaret angefangen hatten, Mr Lang zu bearbeiten, damit er für einen Kabelanschluss bezahlte. In dem sie sich alle sechs Wochen lang zusammengerauft hatten, um Gretchen wieder genesen zu lassen.
Diesmal machte Abby alles alleine.
Gretchen kam weder am Donnerstag noch am Freitag zur Schule. Abby wusste, dass sie es hasste, Tage ausfallen zu lassen, weshalb sie immer wieder bei Gretchen zu Hause anrief. Sie wollte unbedingt in Erfahrung bringen, was los war, aber Gretchen konnte nie ans Telefon kommen. Im Laufe des Wochenendes versuchte Abby, Margaret und Glee dazu zu bringen, mit ihr zu Gretchen rüberzufahren, aber Margaret spielte nicht mit.
»Sie kann mich anrufen und sich entschuldigen, oder sie kann mich mal am Arsch lecken«, sagte Margaret. »Hast du gehört, was sie über Wallace gesagt hat? Wer würde so einen Scheiß auch nur denken?«
Außerdem wollte sie am Wochenende mit dem Boot rausfahren.
»Ich kann nicht mitkommen«, sagte Glee. »Das macht mich zu sehr fertig.«
»Und außerdem fährst du dieses Wochenende mit Margaret Boot«, sagte Abby.
Ein gedehntes Schweigen trat ein.
»Was soll ich denn bitte machen?«, fragte Glee. »Zu Hause bleiben?«
Abby rief immer wieder bei Gretchen an, bis Mrs Lang es schließlich leid war.
»Ehrlich, Abby, du musst aufhören, hier anzurufen. Langsam wird das unziemlich.«
Ab da ließ sie den Anrufbeantworter rangehen.
Am Montagmorgen rief Mrs Lang bei Abby zu Hause an und erklärte, dass sie Gretchen selbst zur Schule fahren würde, weil sie einen Arzttermin hatten. Abby war versucht zu fragen, bei was für einem Arzt der Termin war, aber sie wollte nicht wieder des unziemlichen Verhaltens beschuldigt werden – das war die höfliche Art, sie als Pöbel zu bezeichnen –, weshalb sie den Mund hielt.
Ein Tropensturm krallte sich an der Küste entlang zu ihnen hoch und schob gewaltige Gewitter Richtung Charleston. Es war so dunkel, dass Abby mit eingeschalteten Scheinwerfern zur Schule fuhr. Ein wütender grauer Wind sauste durch den offenen Mittelgang und rüttelte die ganze erste Stunde während Einführung in die Programmierung an der Tür, bevor er die Richtung wechselte und stattdessen durch die Ritzen pfiff.
Erst in der fünften Stunde, als sie Ethik hatten, traf Gretchen schließlich ein. Vater Morgan leitete den Unterricht, und er war zu jung und ähnelte viel zu sehr einem auf langweilige Art gut aussehenden Wetteransager, um ihn ernst zu nehmen. Als Gretchen also eine ganze Weile nach dem zweiten Klingeln mit einem Verspätungszettel in der Hand hereingeschlendert kam, scheute Abby sich nicht davor, ihr zu winken, während Vater Morgan redete.
»Seit vierzehn Jahren gehen wir Woche für Woche auf eine wunderbare Reise«, sagte Vater Morgan gerade, »an einen Ort namens Lake Wobegon, ein kleines Fünfhundert-Seelen-Städtchen irgendwo in Minnesota.«
Gretchen sah sich mit stumpfem Blick im Klassenzimmer um, und Abby winkte ihr erneut.
»Gretchen!«, flüsterte sie zischend.
»Ein Städtchen mit … ja, bitte, Abby?«, sagte Vater Morgan.
Unter dem Blick eines unterbrochenen Lehrers sank Abby jedes Mal in sich zusammen, selbst wenn es sich um so ein Fliegengewicht wie Vater Morgan handelte. »Ich habe Gretchen einen Platz frei gehalten«, erklärte sie.
»Wunderbar!«, sagte er lächelnd. »Also, Lake Wobegon mag einem so wirklich vorkommen wie Charleston, also wird es einige von euch überraschen, dass es nur in der Fantasie eines gewissen Garrison Keillor existiert …«
Gretchen sah die Reihen entlang, und Abby winkte ihr erneut.
»Abby?« Vater Morgan lächelte. »Geht es um Lake Wobegon?«
»Nein, Sir«, sagte Abby und senkte den Arm.
Gretchen setzte sich an ein freies Pult an der Tür. Während Vater Morgan weiter von Lake Wobegon und der Macht des Geschichtenerzählens redete und der Wind an den Fenstern rüttelte, versuchte Abby zu kapieren, was los war. Gretchen sah blass aus, ihr Haar war strähnig, und sie trug nicht mal Lippenstift. Im Mundwinkel hatte sie etwas Weißes, Verkrustetes. Abby hatte Angst, dass Gretchen wieder Drüsenfieber hatte.
Neununddreißig endlose Minuten später ertönte die Klingel, und alle schoben ihre Tische weg, griffen nach ihren Büchern und rannten zur Tür, überglücklich, dass sie sich Vater Morgans Gelaber nicht länger anhören mussten. Abby passte Gretchen im Gedränge an der Tür ab, während die anderen auf den Mittelgang hinausliefen.
»Was ist passiert?«, fragte sie. »Ich habe das ganze Wochenende lang versucht, dich anzurufen.«
Gretchen zuckte mit den Schultern und versuchte, sich zwischen den Leuten hindurchzuquetschen, aber Abby ließ sich nicht abwimmeln. Sie zog Gretchen durch den Mittelgang, an der hüfthohen Ziegelsteinmauer vorbei und in den Garten vor der Aula. Hier war der Boden mit dunkelbraunen Ziegelsteinen gepflastert. Eine Baumreihe trennte den Garten vom Mittelgang, und Bänke luden zum stillen Nachdenken oder zum Knutschen ein. Ein kalter Wind rüttelte an den Kreppmyrten.
»Lass mich in Ruhe«, sagte Gretchen.
»Was ist denn los?«, fragte Abby. »Wo warst du?«
Gretchen rieb sich den Arm, an dem Abby sie gepackt hatte.
»Nichts ist«, sagte sie.
»Warum hast du nicht angerufen?«, fragte Abby.
»Ich weiß nicht«, sagte Gretchen. Die Antwort klang ehrlich.
»Warum hat deine Mom dich zur Schule gebracht?«, fragte Abby.
Gretchen starrte an Abby vorbei über ihre Schulter.
»Ein Arzttermin«, nuschelte sie.
»Was für ein Arzt?«
Die Sekunden vergingen.
»Hast du ihn wegen der Flashbacks gefragt? Hast du ihm erzählt, dass du dich übergeben hast?«
»Es war eine andere Sorte Arzt«, sagte Gretchen. Sie wurde rot, und ihre Stirn legte sich in Falten.
Abby verstand nicht. »Was für einer denn?«
Gretchen atmete krampfhaft ein und fing an zu weinen. »Er hat nachgesehen, ob ich noch Jungfrau bin«, heulte sie und drückte den Mund in ihre Ellenbeuge, um ihren Schrei zu ersticken. Dann biss sie sich fest in den Arm, grub die Zähne in den Pulli, das Gesicht tränennass. Abby zog Gretchen den Arm aus dem Mund, brachte sie tiefer in den Kapellengarten zu einer Bank und half ihr dabei, sich hinzusetzen.
Gretchen stampfte mit den Füßen auf den Boden. »Ich hasse sie«, fauchte sie. »Ich hasse sie, ich hasse sie, ich hasse sie. Zur Hölle mit ihnen.«
»Du bist doch Jungfrau, oder?«, fragte Abby.
Gretchen bedachte Abby mit einem bohrenden Blick.
»Du bist meine beste Freundin«, sagte sie. »Wie kannst du so etwas nur fragen?«
Abby wandte sich beschämt ab.
»Warum haben sie dich dorthin gebracht?«, fragte sie.
Gretchen starrte geradeaus, und Abby versuchte zu erkennen, worauf ihr Blick sich richtete. Hinter ihr befanden sich der Aulagarten, der Ziegelsteinweg, der Gehsteig und schließlich der Rasen, auf dem gerade eine Gruppe Viertklässler Mrs Huddlesons Schildkröten ausführte. Abby begriff, dass Gretchen nichts von alledem sah.
»Ich musste ein Hemd überziehen, das ein bisschen offen war«, sagte Gretchen. »Dann wollte der Arzt, dass ich meine Füße in Steigbügel stelle, damit er alles gut sehen konnte, und dann hat er die Finger in mich reingesteckt. Sie waren eiskalt, und hinterher hat man mir ein Taschentuch gegeben, damit ich mir das klebrige Zeug rauswischen kann, aber es fühlt sich an, als wäre es immer noch da.«
Gretchens Pupillen waren stecknadelkopfgroß. Sie atmete schwer.
»Das ist ja krank«, sagte Abby.
»Meine Mom sagt, sie hätten es wegen der Geräusche gemacht«, flüsterte Gretchen. »Sie und mein Dad können wegen der Geräusche aus meinem Zimmer nicht schlafen.«
»Was für Geräusche?«, sagte Abby.
Gretchen biss sich ein lockeres Stück Fingernagel ab und spuckte es aus.
»Sexgeräusche«, sagte sie.
Abby begriff nicht.
»Aus deinem Zimmer? Was machst du denn da?«
»Nichts!«, fuhr Gretchen sie an. »Ich schlafe. Ich kann endlich schlafen. Sie lügen. Und sie haben den Arzt angelogen, deshalb denkt er jetzt, ich hätte Sex.«
»Deine Mom spinnt«, sagte Abby. »Das können sie nicht machen. Das ist Kindesmissbrauch.«
Gretchen hörte ihr nicht mehr zu.
»Sie werden es allen erzählen«, sagte sie. »Sie wollen mich loswerden. Sie wollen mich nach Southern Pines schicken.«
»Haben sie das so gesagt?«, fragte Abby.
Das Southern Pines war noch schlimmer als Fenwick Hall. Nach Southern Pines kamen die verrückten Kinder, und selbst Riley war nicht schlimm genug, um dort zu landen. Aber es existierte, irgendwo draußen in North Charleston, als ultimative Drohung. Wenn man zu viel Ärger machte, wenn man irgendeine unsichtbare Grenze überschritt, dann schickten einen die Eltern dorthin, wo man wie die geliebte Audriana in dem Buch von V.C. Andrews mit Elektroschocks behandelt wurde und mit jeder gegrillten Gehirnzelle mehr von seinen Erinnerungen verlor.
Es klingelte zur fünften Stunde.
»Der Arzt hat eine Akte über mich«, sagte Gretchen. Mit Tränen in den Augen hielt sie Daumen und Zeigefinger fünf Zentimeter auseinander. »So dick. Ich lasse nicht zu, dass sie mich wegschicken. Du darfst ihnen das nicht erlauben.«
Der Himmel war voller Wolken, die ein kräftiger Wind in Fetzen riss. Niemand würde Gretchen wegschicken. So etwas passierte Leuten wie ihnen nicht. Abby fand ein zerfranstes Kleenex unten in ihrer Tasche und wischte Gretchen damit das Gesicht ab.
»Alles wird gut«, sagte sie. »Du bist bloß müde.«
Gretchen riss den Kopf weg.
»Wenn sie mich wegschicken, bringe ich sie beide um«, sagte Gretchen. »Ich hole mir die Pistole von meinem Vater und bringe sie beide um.«
»Das meinst du nicht ernst«, sagte Abby.
»Ich habe sie angefleht, mir zu helfen«, sagte Gretchen. »Ich habe sie angefleht. Und sie haben die Leute in der Kirche für mich beten lassen und …«
Gretchen bekam kein Wort mehr heraus. Sie grub die Fingernägel in die Knie und drückte so fest, dass ihre Handgelenke zitterten. Abby versuchte, ihr die Arme wegzuziehen, sie dazu zu bringen, sich zu entspannen, aber Gretchen krallte sich fest.
»Was ist passiert?«, fragte Abby.
»Es war ein Versehen«, sagte Gretchen, ließ ihre Knie los und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. »Ich habe mich wieder übergeben.«
»In der Kirche?«, fragte Abby.
Stumm vor Scham sah Gretchen ihr in die Augen und nickte.
»Die wissen doch, dass das keine Absicht war«, sagte Abby.
»Sie haben mich gezwungen, Haferflocken zu essen«, sagte Gretchen. »Ich habe ihnen gesagt, dass es mir nicht gut geht, aber sie haben einfach nicht zugehört. Ihrer Meinung nach musste ich etwas zum Frühstück essen. Ihrer Meinung nach war das gut für mich. Nie fragen sie mich, was gut für mich ist.«
»Wann hast du zum letzten Mal etwas gegessen?«, fragte Abby und nahm Gretchens linke Hand.
»Ich kann nicht«, sagte Gretchen.
»Davon beruhigt sich dein Magen wieder«, sagte Abby. »Ich hole dir Donut-Stix und Gingerale aus dem Automaten.«
»Nein!«, sagte Gretchen und zog mit aufgerissenen Augen ihre Hand weg. »Alles, was ich esse, schmeckt abscheulich und verfault. Ich habe solchen Hunger, und ich bin so müde, ich weiß einfach nicht mehr, was ich machen soll.«
Abby legte Gretchen den Arm um die Schultern und zog sie an sich, und Gretchen bettete den Kopf an Abbys Brust und atmete hektisch. Nach ein paar Minuten versuchte Abby es damit, sie zu wiegen. Noch eine Minute später hielt Gretchen ihr die Handflächen hin.
»Wir sind die Welt«, sang sie flüsternd und wiegte sich an Abbys Seite. »Wir essen Kinder.«
Sie atmete heftig durch die Nase aus, und nun wiegten sie sich beide hin und her und sangen ihre Privatversion von »We Are the World«.
»Wir machen Butter auf sie drauf«, sangen sie gemeinsam im Flüsterton, »und hauen rein.«
In der sechsten Klasse hatte Mrs Gay mit dem Unterstufenchor eine Mittags-Sondervorstellung von »We are the World« gegeben. Gretchen war Kim Carnes gewesen. Abby, die nicht das geringste musikalische Talent hatte, hatte Quincy Jones spielen müssen, indem sie sich vor dem Chor aufgestellt und so getan hatte, als würde sie dirigieren. Mit schwarz angemaltem Gesicht.
Jetzt, als sie vor der Aula saßen und bereits zu spät zum Unterricht waren, sangen sie Cindy Laupers Part, und Bob Dylans Part, und als sie beim Stevie Wonder/Bruce-Springsteen-Duett angekommen waren, waren Gretchens Tränen so weit versiegt, dass sie ihr Gesicht in Ordnung bringen konnte.
Abby schaffte es, sie beide mit Verspätungszetteln von Ms Toné wieder in den Unterricht zu kriegen, und zum Mittagessen kaufte sie Margaret und Glee Cola Light und setzte alles daran, sie dazu zu bringen, sich zu ihr und Gretchen zu setzen.
»Sie ist total krank«, erklärte Abby ihnen. »Sie will sich entschuldigen, aber es geht ihr schrecklich schlecht.«
Margaret war nach wie vor nicht überzeugt. Gretchen hatte sie vor ihrem Freund aus der Oberstufe dumm dastehen lassen, und das würde sie ihr niemals vergeben. Aber Glee fürchtete jede Form von Missstimmung.
»Das Wetter soll die ganze Woche lang scheußlich sein«, sagte Glee. »Setzen wir uns raus, solange wir noch können.«
»Genau!«, pflichtete Abby ihr bei.
Gemeinsam brachten sie Margaret dazu, mitzukommen, und so kauerten sie während der restlichen Mittagspause alle zusammen unter einem grauen Himmel auf dem Rasen, und die ganze Zeit über redete Abby sich ein, dass die Sache halb schlimm sei. Aber sie war schlimm. Der Wind war eiskalt. Margaret saß, ohne ein Wort zu sagen, auf der Bank. Gretchen saß, ohne ein Wort zu sagen, im Gras. Margaret aß fast nichts. Gretchen aß fast nichts. Abby und Glee mussten für alle vier das Essen und Reden übernehmen.
»Hast du deine Stichwortzettel für Der scharlachrote Buchstabe gemacht?«, fragte Abby Glee.
»Lieber Himmel, das ist so langweilig«, sagte Glee. »Und warum genau sollen wir Mitleid mit Hester haben? Die ist doch ein Flittchen.«
Abby und Glee redeten vom Homecoming-Ball und den PSAT-Prüfungen und der Spaßwoche, während Gretchen und Margaret ins Leere starrten. Das Gespräch schleppte sich dahin, bis die Klingel ertönte und Margaret sich ohne einen Blick über die Schulter davonmachte. Glee tat es ihr gleich.
Gretchen blieb sitzen. Abby saß neben ihr, während der Rasen sich leerte und alle zum Unterricht gingen. Der Wind frischte wieder auf und peitschte ihr Haar durch die Luft. »Margaret ist halt einfach so«, sagte Abby. »Gehen wir.«
»Ich hoffe, sie stirbt«, sagte Gretchen leise. »Ich hoffe, Wallace infiziert sie mit Aids, und sie stirbt eines langsamen, qualvollen Todes.«
»So was sollte man nicht sagen«, sagte Abby.
»Du musst mir ein Telefon kaufen«, sagte Gretchen, stand auf und wischte sich über den Hintern.
»Du meinst ein richtiges Telefon?«, fragte Abby verunsichert.
»Geh in einen Gebrauchtladen. Da kriegst du eins für zehn Kröten«, sagte Gretchen. »Das Geld gebe ich dir wieder.«
Sie griff nach ihrer Schultasche, hängte sie sich über die Schulter und ging los. Abby eilte ihr hinterher. »Heute Abend arbeite ich bei Best Yoghurt«, sagte sie. »Ich habe erst um neun Feierabend.«
»Meine Mom hat bei uns zu Hause ein Buchklubtreffen«, sagte Gretchen. »Komm einfach zu mir. Sie ist dann besoffen.«
Abby wollte gerade fragen, wozu Gretchen ein Telefon brauchte, als Gretchen sich mit einem Mal vorbeugte und sie umarmte. Abby roch einen säuerlichen Hauch.
»Was auch passiert«, sagte sie, »ich werde dir nie etwas zuleide tun.«
Für den Rest des Tages frage Abby sich, warum Gretchen es für nötig befunden hatte, das zu sagen.