G aia – die Große Mutter, aus dem Chaos geboren, die Erste der Gottheiten – streckte ihre schmerzenden Glieder, und die Erde bewegte sich. Die Berge bebten, aber nur so schwach, dass allein die Blätter an den Bäumen zitterten. Sie hörte, wie in der Ferne Männer gegen andere Männer kämpften, und wusste, dass ein größerer Konflikt bevorstand. Zeus hatte ihre Bitten erhört und sich mit ihrer Tochter Themis beraten: Eine Entscheidung war gefallen. Es würde einen Krieg geben, wie ihn noch kein Mensch gesehen hatte.
Gaia selbst hatte schon einen schlimmeren Krieg erlebt, aber das war lange her. Sie hatte die Titanomachie gesehen, als die Titanen gegen die Gottheiten des Olymps gekämpft hatten und die Zerstörung unglaublich, endlos und ohrenbetäubend gewesen war. Als die Titanen endlich hinter unzerstörbaren Bronzetoren in ewiger Dunkelheit eingesperrt waren, hätte Gaia nie gedacht, dass sie sich einmal nach einem weiteren Krieg sehnen würde. Aber jetzt sehnte sie sich danach.
Die Menschheit war einfach so unglaublich schwer. Es gab so viele von ihnen, und sie machten keine Anstalten, ihre endlose Fortpflanzung einzustellen. Stopp, hätte sie gerne gerufen, bitte hört auf. Ihr passt nicht alle auf das Land zwischen den Ozeanen, ihr könnt nicht genug Nahrung auf dem Land am Fuß der Berge anbauen. Ihr könnt nicht genug Vieh auf den Grasflächen um eure Städte herum weiden, und ihr könnt auf den Gipfeln der Hügel nicht genug Häuser bauen. Ihr müsst aufhören, damit ich mich von eurem stetig wachsenden Gewicht erholen kann. Sie weinte dicke Tränen, wenn sie ein Neugeborenes schreien hörte. Schluss, sagte sie zu sich selbst. Schluss.
Sie brachten ihr Opfer dar. Fleisch, Getreide und Wein. Aber es waren trotzdem zu viele, und Gaia hatte Schmerzen davon, sie alle zu tragen. Sie schickte ihre Nachricht an Zeus, den Sohn des Kronos, dem Sohn des Uranos, Gaias Mann. Zeus würde ihre Schmerzen nicht ignorieren. Dazu hatte sie ihn in der Vergangenheit zu sehr unterstützt. Und er wusste, dass sie mit ihrer Beschwerde recht hatte. Er wusste, dass die wachsende Bevölkerung nicht zukunftsfähig war. Sie würde ihm nicht sagen, wie er ihre Anzahl reduzieren konnte, das würde sie ihm überlassen. Er würde mit Themis sprechen, und die beiden würden sich einen Plan ausdenken. Die göttliche Ordnung der Dinge würde wiederhergestellt sein, sobald das sterbliche Problem gelöst war.
Gaia dachte an das letzte Mal zurück, als ihr die Menschheit zu schwer geworden war, und erinnerte sich, dass Zeus sie nicht lange hatte leiden lassen. Die Kriege von Theben, als sieben Krieger gegen die Stadt marschiert waren und der Bürgerkrieg sich über ganz Griechenland ausgebreitet hatte, hatte damals ausgereicht. Aber dieses Mal war das Problem schwerwiegender. Ein größerer Krieg war nötig.
Sie spürte eine gewisse Traurigkeit. Ihre Bestimmung war es, die Menschen zu nähren und für sie zu sorgen. Aber sie nahmen ihr immer mehr, als sie zu geben hatte. Sie schaute über die Bäume hinaus, von denen sämtliche Früchte abgeerntet worden waren, und über die Felder, die so oft gepflügt worden waren, dass sie jetzt brachlagen. Warum konnten die Menschen nicht einfach weniger gierig sein, fragte sie sich. Aus ihrer Trauer wurde Wut. Und warum konnten sie aus der Lektion, die Zeus ihnen erteilt hatte, nichts lernen? Schließlich verbrachten sie genug Zeit in seinen Tempeln. Warum schauten sie sich die Kriege nicht an, die Theben zerstört hatten, und verstanden, dass diese nötig gewesen waren, weil sie ihren Verbrauch nicht eingedämmt hatten? Dass es im Meer keine Fische und an Land kein Getreide mehr geben würde, wenn sie so weitermachten?
Wenn es weniger Männer, weniger Frauen, weniger Kinder gab, würde sie um diejenigen trauern, die nicht mehr da waren, aber sie würde wissen, dass es die einzige Möglichkeit gewesen war. Sie war so müde. Sie spürte, wie sie unter ihnen zusammensackte. Vergebt mir, murmelte sie in die leichte Brise. Vergebt mir, aber ich kann euch nicht länger halten.