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Ephraim tigerte durch die Gemächer, die man ihm im Herrenhaus zugewiesen hatte, da er einfach keine Ruhe finden konnte. Nachdem er einen Tag geschlafen hatte, hatte er bei einem langen Meeting mit den Wächtern über die aktuelle Lage von Papa Aguiel erfahren und dem bevorstehenden Krieg, von dem Mere Marie glaubte, dass er die Stadt und möglicherweise die gesamte Menschheit retten würde. Jetzt allerdings kehrten seine Gedanken zu seinem neuen Meister zurück.

Sophie.

In dem Moment, in dem seine Dienste von einer Person zur nächsten weitergereicht wurden, wurde sich Ephraim immer seines neuen Meisters bewusst. Er erhielt für gewöhnlich einige flüchtige Eindrücke dieser Person, gerade so viel, um ein Gespür für sie zu bekommen und zu wissen, wie sie aussah. Eine kosmische Vorankündigung, um ihm mitzuteilen, wonach er Ausschau halten musste und womit er zu rechnen hatte.

Er hatte diesen Ruck tausende Male gespürt. Im schlimmsten Fall erzeugte dieses Wissen eine Art zähneknirschende Furcht, weil er wusste, dass er eine neue Ansammlung an Hoffnungen und Träumen erfüllen musste. Im besten Fall überkam ihn eine Art träge Langweile, das Gefühl, dieser Sorte von Person schon mal gedient zu haben.

Dieses Mal fühlte es sich anders an, auch wenn er nicht sagen konnte warum. Sophie war hübsch. Sie hatte lange blonde Haare, ein herzförmiges Gesicht mit vollen rosa Lippen und eine kurvige, dennoch zierliche, Figur, die Ephraim sehr verlockend fand.

Das an sich war allerdings nicht bemerkenswert. Ephraim hatte hunderten hübscher Menschen gedient, Frauen und Männern gleichermaßen, und er wusste, dass ein gutes Aussehen kein Hinweis darauf war, was sich darunter verbarg. Er hatte diese Lektion schon früh in seinem Leben gelernt und war immer wieder aufs Neue daran erinnert worden.

Nein, das war etwas… anderes. Ein unbestimmtes Gefühl hatte ihn überkommen, aber es glich keinem, das er bei einigen seiner grausameren Meistern verspürt hatte. Wie dem griechischen Bordellbesitzer, der ihn haufenweise Kunden feilgeboten hatte, jedem, der genug Münzen besaß und auf große, dunkle und hübsche Männer mit Ephraims Aussehen stand. Seidige, kinnlange kastanienbraue Haare, helle olivfarbene Haut, leuchtende gelbgrüne Augen. Er war groß und breit, da er zum Ebenbild seines Vaters geworden war, ein muskulöser Krieger.

Seine Lippen wurden schmal bei dem Gedanken an den streichholzdünnen, blassen, kahlköpfigen Bordellbesitzer. Eine der dunkelsten Seelen, denen er in seinem ganzen Leben begegnet war.

Doch keiner war schlimmer gewesen als der Meuchelmörder. Ephraim war einem zwielichtigen Sklavenbesitzer übergeben worden, der ‘Trümpfe‘, wie er sie nannte, kaufte und trainierte zu einem einzigen Zweck: Mord, schnell und grausam, dennoch unbemerkt.

Wie viele hatte Ephraim für den Mann getötet? Hunderte? Eintausend?

Da der Meuchelmörder ihm eine Mohntinktur, die später als Opium Bekanntheit erlangte, verabreicht hatte, war Ephraim nur allzu leicht in diese Rolle geschlüpft. Im geräumigen Wohnzimmer des Herrenhauses stehend, blickte Ephraim hinab auf seine Hände und staunte darüber, dass es ihm gelungen war, all das Blut und die Eingeweide von ihnen zu waschen und sie wieder zu sauber zu bekommen.

Er ballte seine Hände zu Fäusten, während seine Gedanken zu seiner aktuellen Besessenheit zurückkehrten.

Sophie, Sophie. Wo bist du?

Er hatte sie einige Tage gesucht, wobei er sich fast völlig verausgabt hatte. Bevor er sich auf der Türschwelle der Wächter wiedergefunden hatte, hatte er sich durch das Versteck eines Kriiluuth Dämonen gekämpft, weil ihm zu Ohren gekommen war, dass Sophie sich angeblich dort aufhalten würde.

Er hatte kein Glück gehabt, aber es warf doch die Frage auf, in welcher Art von Schwierigkeiten seine neue Meisterin wohl stecken mochte. Das Versteck des Kriiluuth befand sich in einer der dunkelsten, entferntesten Ecken der labyrinthartigen Welt des Graumarktes. Bei den wenigen Bildfetzen, die er von ihr erhalten hatte, hatte sie mit Freunden gelacht, getanzt und war als Teil der Second Line einer Parade gefolgt, wobei sie viel Spaß gehabt hatte. Außerdem hatte er gesehen, wie sie sorgfältig Kleider zusammengelegt und Dinge in einem Laden organisiert hatte, in dem sie vermutlich arbeitete. Sie trug knallig bunte, stylische Kleider und war tadellos gepflegt und herausgeputzt.

Diese Person wirkte unbeschwert und gut. Sogar freundlich. Nicht so, als trüge sie eine bodenlose Leere in sich, was die vorwiegende Eigenschaft der Menschen war, die in den Besitz von Ephraims Schlüsseln gelangten. Niemand geriet zufällig an einen Dschinn; es passierte entweder mithilfe des Schicksals oder durch jede Menge harte Arbeit und natürlich brauchte die Person ihn unleugbar. Brauchte Dinge von ihm. Dunkle und gefährliche Dinge.

Also was trieb sie in den zwielichtigen Ecken des Graumarktes?

Ephraims Lippen kräuselten sich. Vielleicht war das alles auch nur Wunschdenken. Keiner von den Leuten, die ihn besessen hatten, war irgendetwas anderes als egoistisch gewesen, nur fokussiert auf seine eigenen Bedürfnisse und sonst nichts. Warum sollte Sophie anders sein?

Ephraim würde alles tun, worum sie bat. Musste es tun. Wenn sie sagte, er solle von einer Brücke springen, dann würde er das tun. Einen Welpen töten? Er würde es tun, wenn der Schmerz schlimm genug wurde. Eine Aufgabe vollbringen, die so unfassbar und unmöglich war, dass allein darüber nachzudenken, einen normalen Mann zerstören würde? Erledigt. Irgendwie, auf irgendeine Weise.

Das war die verführerische Kraft von Ephraims Gabe. Der niemand jemals hatte widerstehen können, nicht in eintausend Jahren.

Sie würde nicht ihren größten Wunsch opfern, nur um Ephraim zu befreien, ganz egal, wie nett sie auch sein mochte. Wer, der bei klarem Verstand war, würde das schon tun im Angesicht dessen, was Ephraims Mächte ihm geben könnten? Warum verspürte er überhaupt diesen winzigen Funken Hoffnung?

Ephraim erstarrte und der Gedanke zerrann wie Sandkörner durch seine offenen Finger.

Sophie. Er konnte sie spüren. Sie war in der Nähe und wartete auf ihn.

Er ließ sich von der Empfindung ihrer Anwesenheit in die Eingangshalle des Herrenhauses und nach draußen ziehen. Sein Mund klappte auf, als er sie am Gehweg stehen sah, nur hundert Meter entfernt. Die kultivierte, gut gekleidete, lächelnde Frau, die er in seinen Visionen gesehen hatte, war verschwunden.

Diese Frau war von Kopf bis Fuß in schwarzes Leder und Jeans gehüllt und ihre blonden Haare zu einem strengen Pferdeschwanz nach hinten gebunden. Sie war noch immer hübsch, daran gab es nicht zu rütteln, aber sie umgab auch eine Aura, die geradezu schrie: Frau auf einer Mission.

Zuerst dachte er, dass ihre Schönheit einfach so magnetisch wäre, dass er sie so anziehend fand. Doch dann regte sich irgendein kleiner Teil in Ephraim, den er tief in seinem Inneren verborgen hatte… irgendein resoluter, unbestreitbarer Teil seiner Selbst und dieser war sich seiner Sache sicher.

Gefährtin.

Er machte einen Schritt auf Sophie zu und sie bewegte sich zur gleichen Zeit auf ihn zu. Ihr Kinn reckte sich und einen Augenblick dachte er, er hätte auf ihrem Gesicht denselben Ausdruck gesehen, dachte, er hätte gesehen, wie sich ihre Pupillen geweitet und zusammengezogen hatten, wodurch ihre klaren blauen Augen erst heller und dann dunkler geworden waren in der Geschwindigkeit eines Herzschlags.

Sie fühlt es auch, dachte er.

Dann hob sie ihre Hand und ein Aufblitzen von Gold zog seinen Blick auf sich. Ephraims Moment brennender, blinder Hoffnung flackerte auf und erstarb dann, als er sah, was sie vor seinen Augen hochhielt.

Seine Schlüssel.

Er musste sich einmal heftig schütteln, um den schmerzhaften Druck in seiner Brust zu stoppen.

Was hast du erwartet?, schalt er sich. Das ist genau das, was passiert, wenn du so dumm bist zu hoffen. Du weißt es doch besser.

Als er näher kam, bemerkte er, dass Sophies Kleider nicht das einzig Dunkle an ihr waren. Ihre Aura leuchtete einen kurzen Augenblick auf, ruhiges Lavendel und Rosa und Weiß in der Nähe ihres Herzens. Nach außen hin wurde sie jedoch dunkler. An den Rändern verdunkelte sie sich von königlichem Lila zu Mitternachtsblau zu Schwarz wie bei einem Blatt Papier, dessen Ränder angesengt wurden.

Sie befand sich im Übergang, ihre Aura verdunkelte sich allmählich, während sie die innere Quelle ihrer Magie befleckte, zweifelsohne mit sehr dunkler Magie. Noch ein Rätsel, ein weiteres Puzzleteil, das perfekt dazu passte, dass sie auf dem Graumarkt Dämonen verfolgte.

Plötzlich war sie nur noch wenige Schritte entfernt von ihm und musterte ihn von Kopf bis Fuß.

„Wie heißt du, Dschinn?“, fragte sie mit schmalen Augen, als rechnete sie mit Protesten seinerseits.

„Ephraim“, antwortete er und ließ seinen Kopf einige Zentimeter sinken. Sie war umwerfend und verführerisch und er wollte nichts lieber tun, als näher zu ihr zu treten. Sie zu berühren, sie zu schmecken.

Gefährtin, hallte es jetzt immerzu durch seinen Kopf. Gefährtin. Gefährtin. Gefährtin.

Nachdem sie ihm jedoch die Schlüssel präsentiert hatte, fühlte er sich wegen seines Verlangens… schmutzig. Schwach. Er hielt den Blick gesenkt, weil er nicht gewillt war, ihr all die Emotionen zu offenbaren, die zweifellos durch seine Augen huschten. Er war noch nie jemand gewesen, der seine Emotionen gut verbergen konnte, vor allem weil es keinen seiner Meister jemals interessiert hatte, wie er sich fühlte.

Jetzt allerdings… er würde ihr diesen Teil von sich nicht geben, nicht, wenn er es verhindern konnte.

„Du bist der Einzige, der mir helfen kann, Ephraim“, sagte sie, einen sanften, melodischen Klang in der Stimme.

Seine Lippen bogen sich zu einem humorlosen Lächeln.

„Das ist nicht das erste Mal, dass ich diese Worte höre“, erwiderte er und neigte den Kopf. „Ich schätze, du solltest reinkommen. Die Wächter haben auf dich gewartet.“

Ihm entging die Überraschung auf ihrem Gesicht nicht, aber er kehrte ihr den Rücken zu und marschierte ins Haus, ehe er noch mehr hineininterpretieren konnte. Mehr über sie zu erfahren und die Neugier auf sie, die sein Inneres füllte, noch weiter zu entfachen, würde nur zu der tiefsten Sorte von Enttäuschung führen.

Mere Marie wartete drinnen auf sie, wo sie in einem gepolsterten Zweisitzer thronte, ihre voluminösen weißen Roben wie eine Wolke um sie herum ausgebreitet.

„Das ist Sophie?“, fragte Mere Marie, die zynisch eine Braue hochzog. Ihre Augen glitten über Sophie und lasen zweifellos ihre befleckte Aura, wie es Ephraim noch vor wenigen Augenblicken getan hatte.

„Das ist Sophie“, bestätigte Sophie, deren Brauen sich zusammenzogen, als sie die Stirn in Falten legte. „Sie müssen Marie La – “

„Mere Marie“, sagte Rhys, der große rothaarige Schotte, der als Oberhaupt der Wächter fungierte. „Ich bin Rhys. Lass mich die Vorstellungsrunde übernehmen. Wir duzen uns hier übrigens alle.“

Er ging reihum und stellte ihr fünf der Wächter und deren jeweilige Gefährtinnen vor, wobei er erklärte, dass einer der Wächter ein Neugeborenes hatte und daher nicht in die Planung involviert sein würde. Ein Paar identischer Feen, die auch für Ephraim neu waren, wurden als die neuesten Wächter vorgestellt.

„Ich bin Kieran, das ist Kellan. Unsere Gefährtin arbeitet momentan“, erklärte einer von ihnen in einem starken irischen Akzent. Er verdrehte die Augen. „Sie meint, sie wäre weniger an der bevorstehenden Apokalypse interessiert und mehr daran, Menschen zu helfen.“

„Sie ist Ärztin“, mischte sich der andere ein, während er seinem Bruder den Ellbogen in die Rippen stieß. „Wir sind unglaublich stolz auf unsere Sera.“

„Richtig“, sagte Mere Marie, nachdem das höfliche Geplänkel abgehandelt war. „Du bist genau zur richtigen Zeit hergekommen, der Planungsphase.“

„Der Planungsphase von was genau?“, erkundigte sich Sophie und verschränkte die Arme. Ihr Blick schweifte durch den Raum und erfasste alles. Ephraim konnte erkennen, dass sie gerissen und ganz gewiss intelligent war. Die dunklen Ringe unter ihren Augen und die Anspannung ihrer Schultern zeugten von einer knochentiefen Erschöpfung; die liebreizende Sophie spielte eindeutig nicht nur mit dunkler Magie herum, sondern war auch vor irgendetwas auf der Flucht.

„Dem Niedergang Papa Aguiels“, antwortete Mere Marie und ahmte Sophies Haltung nach, indem sie ihre Arme verschränkte und ihre Kiefer zusammenpresste. „Deswegen bist du doch hier, oder nicht?“

Sophie wirkte erneut überrascht, aber überspielte das schnell mit einem schlichten Nicken.

„Deswegen bin ich hier“, bestätigte sie.

Mere Marie und Sophie plauderten einige Minuten miteinander, wenn man es denn so nennen konnte. Es handelte sie viel eher um kaum verhohlene Anschuldigungen und Seitenhiebe, doch Ephraim hielt sich raus. Seine Loyalität galt letztendlich demjenigen, der seine Schlüssel besaß, nicht den Wächtern. Es war sinnlos sich bei einem Streit auf eine Seite zu schlagen, wenn doch alles, das er sagte, ihm später schaden könnte.

Anstatt sich an dem Gespräch zu beteiligen, studierte er sie bloß in dem Versuch, die Verbindung zu verstehen, die er zu ihr verspürte. Sein Bär merkte auf, war an Sophie interessiert und verlangte vorsichtig von Ephraim, dass er näher und noch näher zu ihr treten sollte.

Wenn es doch nur so wäre, lamentierte er. Nein, das musste eine Art grausamer Witz sein. Er hatte immer gehofft, eine Gefährtin zu finden auf die Art, wie sein Vater seine Mutter gefunden hatte. Auf den ersten Blick, alles verzehrend, vorherbestimmt. Aber er hatte sich vorgestellt, dass es geschehen würde, wenn es ihm gelungen war, sich zu befreien.

Er hatte seit beinahe einem Jahrhundert nicht mehr davon geträumt, frei zu sein, und sein Verlangen, eine Gefährtin zu finden, war schon lange davor gestorben. Ephraim blickte mit zusammengekniffenen Augen in die Ferne in dem Bemühen, den Moment festzulegen, an dem er die Hoffnung auf eine eigene Familie und Gefährtin aufgegeben hatte, aber er konnte ihn nicht einmal annähernd bestimmen.

Vielleicht im Bordell in Griechenland. Auf einer Liege ausgestreckt, mit einer Augenbinde und gefesselt, während er von einer masochistischen Frau, die dreimal so alt war wie er, hart geritten wurde, die ihm die Nägel über den Körper zog und ihn anbrüllte, sie zum Höhepunkt zu bringen… Ja, irgendwann zu diesem Zeitpunkt, wenn er raten müsste.

Als das Meeting plötzlich aufgelöst wurde, realisierte Ephraim, dass er sie fast zehn Minuten lang angestarrt hatte, ohne auch nur ein Wort von dem zu hören, was gesagt wurde, geschweige denn, sich an dem Gespräch zu beteiligen. Rhys schlug Ephraim auf die Schulter und bedachte ihn mit einem wissenden Blick.

„Es ist für alle schwer“, sagte er leise.

„Was?“, fragte Ephraim, der die Hand des anderen Wächters sanft abschüttelte.

„Deine vom Schicksal vorherbestimmte Gefährtin zu treffen. Keiner von uns hatte einen leichten Start“, vertraute Rhys ihm an.

Ephraim versteifte sich. Woher konnte der andere Mann von der Anziehung wissen, die Ephraim empfand?

„Die Pheromone spielen gerade verrückt“, erklärte Rhys und zog eine Braue hoch. „Bei euch beiden.“

„Ephraim?“, rief Sophie.

Ephraim antwortete Rhys nicht, sondern wandte sich ab, um sich stattdessen Sophie zu widmen. Dem geringeren von zwei Übeln, in diesem Fall.

„Können wir irgendwo hingehen, wo es… ruhiger ist?“, fragte sie mit gerunzelter Stirn. Ihre Wangen röteten sich, obwohl sich Ephraim nicht vorstellen konnte warum. Er sah sich um und zuckte mit den Achseln.

„Nach draußen?“, schlug er vor.

Das kurze Aufblitzen von Enttäuschung in ihren Augen hätte seiner Einbildung geschuldet sein können, aber er glaubte es nicht.

„Gut“, sagte sie und führte den Weg an zu einer gläsernen Schiebetür und hinaus in den Garten.

Als sie im Mondlicht standen, allein und außer Sichtweite der anderen, verschränkte sie die Arme und betrachtete ihn abschätzend.

„Also, was ist das?“, wollte sie wissen und schürzte die Lippen.

„Was ist was?“, fragte Ephraim, der damit zu kämpfen hatte, seinem Satz nicht das Wort Mistress anzuhängen. Ephraim mochte zwar ein dominantes, auf die Welt misstrauisches Arschloch sein, aber irgendein Teil von ihm wollte unbedingt diese Frau zufriedenstellen. Diese Schwäche bereitete ihm große Übelkeit, aber er zwang sie einfach hinunter.

Das hier, das hier“, sagte sie und gestikuliert abwechselnd auf sie beide. „Diese… Anziehung. Spürst du es nicht?“

Ephraim nickte, aber wagte es nicht, dem noch etwas hinzuzufügen.

„Nun?“, fragte Sophie mit scharfer Stimme. Nach einem Moment wurde sie etwas sanfter. „Du spürst es nicht, oder?“

Ephraim stieß schnaubend ein Seufzen aus und fuhr sich mit den Fingern durch seine dichten, dunklen Haare.

„Natürlich spüre ich es“, fauchte er.

Ihre Brauen hoben sich in einem delikaten Bogen.

„Wenn du weißt, was es zu bedeuten hat, möchte ich, dass du es mir erzählst“, verlangte sie.

Seine Augen sanken auf ihre Hände, um zu überprüfen, ob sie die Schlüssel in der Hand bereithielt.

„Ist das ein Befehl?“, erkundigte er sich.

„Nur, wenn es sein muss“, schoss sie zurück.

Er bleckte die Zähne, aber hielt die bissigen Worte, die aus ihm herausplatzten, nicht zurück.

„Es kann nicht sein. Ich dachte, wir wären – “ An diesem Punkt musste er sich selbst unterbrechen und schüttelte bloß den Kopf.

„Was? Erzähl es mir, Ephraim!“, beharrte sie.

„Ich dachte, wir wären Gefährten“, zischte er. Das Wort schmeckte sauer auf seiner Zunge, eine Unmöglichkeit. Das Schicksal, seine Feindin in all diesen Jahren, nicht einmal sie konnte so grausam sein. Eine vorherbestimmte Liebe, seine eigene Gefährtin… eine Meisterin, der er gehörte, die seinen jeden Atemzug kontrollieren konnte.

Es war undenkbar. Ephraim konnte sie keine Sekunde länger anschauen, da das Eis in seiner Brust Risse bekam und diese zu schmerzen begann. Er wirbelte herum und ging zurück ins Haus aus Furcht, sie könne ihm einen weiteren Befehl erteilen.