Goethes Schwesterle

Cornelia Schlosser (1750–1777)

Zur Verbesserung unserer manchmal gelegentlich immer mal wieder als mickrig gescholtenen Frauenquote möchten wir heute bekannt machen, dass am 7. Dezember 1750 die ihrer Frohnatur und ihrer Fabulierlust wegen in die europäische Literaturgeschichte eingegangene Frau Rat Catharina Elisabeth Goethe, geborene Textor, genannt Aja (1731–1808) in Frankfurt am Main eine Tochter Cornelia gebar, die »ihr ganzes kurzes Leben hindurch unsagbar schwer darunter gelitten hat, dass eine ungnädige Natur sie ohne Anmut und Schönheit der Welt ausgesetzt hatte«. Und zur Adventsfreude unserer Mundartkritiker wollen wir dies in der edlen (und dennoch vom Frankforterischen Dialekt durchsetzten) Sprache Goethes tun.

Johann Wolfgang und sein Schwesterle waren als Kinder »einander so vertraut, so gemeinsam im Spielen und Lernen, in Wachstum und Bildung, dass sie sich für Zwillinge halten konnten.« Und da sie beide trotz ihres vormals reichsstädtischen, jetzt hessischen Geburtsorts (der übrigens uns Schwaben vom fiesen Frankenkönig Chlodwig I. vor genau anderthalb Jahrtausenden entschädigungslos zwangsenteignet wurde mitsamt der wertvollen Villengrundstücke im Taunus!) eine beachtliche und für ihre intellektuelle Ausstattung entscheidende Anzahl von Vorfahren im Württemberger Land haben, können wir nicht umhin, dieser jungen Frau zu gedenken, auch wenn ihre zahlreichen Namensschwestern heutzutage doch eher nach der ihrerzeit sehr berühmten Schlagersängerin Cornelia Froboess mit ihrer eingepackten Badehose getauft worden sein dürften.

Auch hat die anno 1773 mit dem markgräflich badischen Oberamtmann Johann Georg Schlosser unglücklich vermählte Frankfurterin »mit einem Körper der nirgend hin als ins Grab taugt« am 8. Juni 1777 an der Geburt ihrer zweiten Tochter im Emmendinger Landratsamt ihr Leben verloren und ihr Grab gefunden in schwäbisch-alemannischer Erde im dortigen Alten Friedhof.

Und der Bruder im fernen Weimar schreibt: »Mit meiner Schwester ist mir eine so starke Wurzel, die mich an der Erde hielt, abgehauen worden, dass die Äste von oben, die davon Nahrung hatten, auch absterben müssen« und dichtet fünf Wochen nach ihrem Tod:

»Alles gaben die Götter die unendlichen

Ihren Lieblingen ganz

Alle Freuden die unendlichen

Alle Schmerzen die unendlichen ganz.«