Hans Thoma (1839–1924) – nicht zu verwechseln mit dem Dichter Ludwig Thoma (1867–1921) und dem »Goldjörgli« Georg Thoma (*1937) – ist vor dem Ersten Weltkrieg »der bekannteste lebende Maler Deutschlands« gewesen.
Sein Vater, der gelernte Müller Franz Joseph Thoma (1794–1855), hat mangels einer eigenen Mühle als Holzarbeiter, hauptsächlich als Schindelesmacher, gearbeitet und grad so viel verdient, dass er und Weib und Kinder nicht verhungert sind.
Geheiratet hatte der die einer Menzenschwander Uhrmacherfamilie entstammende Rosa Maier, die ist in Bernau im Schwarzwald auf die Welt gekommen und am 24. Februar 1804 getauft worden und ist ein Bäsle gewesen von dem auf dem Höhepunkt seines Schaffens weltberühmten Porträtmaler Franz Xaver Winterhalter (1805–1873).
Außer ihrem Hans, dem sie am 2. Oktober 1839 im »Joglishaus« in Oberlehen, Gemeinde Bernau, das Leben schenkt, hat sie noch zwei weitere Kinder, den Hilarius (1830–1852) und ganz spät noch ein Mädle, ihre Agathe (1848–1928). Und mit vierzehn muss der Hans weg von daheim und versucht’s in Basel mit einer Lehre als Lithograph, bald darauf als Maler und Anstreicher, schließlich als Uhrenschildmaler in Furtwangen, aber er kann das teure Lehrgeld nicht aufbringen, und Pfarrer, wie’s die fromme Mutter gern hätte, oder Schreiber kann er auch nicht werden, und schließlich stirbt dem Hans auch noch der Vater weg. Und die gute Mutter, ohne eigenes Häusle, ohne Geld futtert den hochbegabten armen Kerle durch und hat »unter größten persönlichen Opfern die Entfaltung seiner künstlerischen Kräfte ermöglicht«.
Das ist aber noch ein weiter und steiniger Weg. Wohl erhält er anno 1859 ein Stipendium vom kunstsinnigen Großherzog Friedrich I. von Baden und darf sechs Jahre lang an der Karlsruher Kunstakademie studieren, aber danach, als freier Künstler ist er ein rechter Hungerleider, verkauft kaum einmal ein Bild, und wenn, dann wird er dabei noch übers Ohr gehauen. Und wenn er seine Mutter und seine Schwester nicht gehabt hätte, wer weiß, ob er dieses Leben durchgehalten hätte.
Und die zwei hat er oft gemalt, wunderschön, und die Mutter fast immer mit der Bibel in der Hand, »aus der sie soviel Lebenskraft schöpfte«. »Sie war so von innerster Natur aus fromm, und all ihr Tun war auf diese Frömmigkeit gegründet.« Und mitten in seinem Elend – die Kunstbanausen von Kunstkritikern seinerzeit hauen auf den »Schwarzwälder Bauernbuben« rein und machen seine schönen Bilder schlecht, und Intriganten gab’s auch schon seinerzeit wie Sand am Meer – schreibt er heim nach Bernau: »Ich kann nun mit Gewißheit sagen, daß Gott mich führt, und daß er durch dunkle Wege mich geführt, bis ich erkannt habe, wie eitel alles ist, was den meisten Menschen so wichtig erscheint, und was auch mir so wichtig erschien.«
Mit der Zeit aber geht’s doch ein bißle aufwärts, und anno 1877 heiratet er ein halb so altes Mädle, sein Malermodell Bonicella Berteneder (1858–1901), und weil er mittlerweile in Frankfurt gute Freunde und Aufträge hat, zieht er noch im gleichen Jahr mit seiner Frau an den Main, und Mutter und Schwester holt er aus ihrer Armut im Schwarzwald dazu, und selbviert leben sie miteinander in einem Haushalt, und das klappt sogar. Und anno 1880 adoptiert das kinderlose Ehepaar die Ella, eine Nichte der Frau.
Und die Mutter »betrachtete mich, als ich schon einen weißen Bart hatte, noch immer als ihren Bub, den sie genau auf Schritt und Tritt behüten wollte«, und das alte Weible hat es gottlob noch erleben dürfen, wie allmählich der große Erfolg kommt. Anno 1888 guckt die Cosima Wagner ins Atelier rein und ist so begeistert, dass sie ihren Schwiegersohn Henry Thode, den Direktor vom Städelschen Kunstinstitut, vorbeischickt, und der wird Thomas bester Freund, und jetzt wird der Maler mit einem Schlag berühmt.