Und da hat er sich dann ganz vornehm in »Abraham a Sancta Clara« umgetauft und seinen wunderschönen schwäbischen Namen, mit dem er es sicherlich in seiner Branche nicht so weit gebracht hätte, abgelegt, und er durfte dann noch eine Weile in Wien, Prag und Ferrara Theologie und Philosophie studieren.
Anno 1666 wurde er in Wien zum Priester geweiht und als Pfarrer in das (1802 von den Bayern säkularisierte und sogleich abgebrochene) Kloster Taxa bei Odelzhausen an der Autobahn A 8 geschickt. Und er hat in dem bedeutenden Wallfahrtsort so viele Leute begeistert, dass sie ihn anno 1669 »wegen seiner Vortrefflichkeit« wieder in die »Reichshauptstadt« Wien zurückgeholt haben. Und auch dort hat er so eindrucksvoll, brillant und perfekt gepredigt und die Kirchen und Plätze gefüllt und dieser »weanerische Bagasch« den Spiegel vorgehalten wegen ihrer Fresserei und Sauferei und Hurerei und Habgier und ihrer sonstigen Sittenlosigkeit. Und einmal hat er behauptet, die Wiener Weibsbilder seien derart verkommen, dass er alle Jungfrauen der Stadt bequem in einem Schubkarren spazieren fahren könne. Da haben sie aber schwer protestiert, der hergelaufene Schwab soll doch seine Goschen halten und diesen Vorwurf öffentlich zurücknehmen. Am nächsten Sonntag steigt er tapfer auf die Kanzel: »Widerrufe kann i net. Aber i hau ja et gsait, wie oft i fahre müesst …«
Und trotz (oder wegen?) seines frechen Mundwerks ernennt ihn der Kaiser Leopold I. anno 1677 zu seinem Hofprediger. Und auch bei der habsburgischen Hautevolee hat er kein Blatt vor’s Maul genommen. Und wie dann anno 79 der »Schwarze Tod« elf Monate lang über die Stadt herfällt, da ist er der »beliebteste und erfolgreichste Tröster und Helfer« während der »schröckhlichen Pestilentz.« Und anno 1683, als die militanten Muselmannen vor Wien stehen und das ganze Abend- und Vaterland bedrohen, da hat er mit »Wort und Tat« den Leuten Mut gemacht, dass sie durchhalten, bis dann gottlob der polnische König Johann Sobieski mit seinen Truppen kam und die Eindringlinge in der Schlacht am Kahlenberg besiegt und davongejagt werden konnten. Und seine »Türkenpredigt 1683. Auff, auff, Ihr Christen! Das ist: Ein bewegliche Anfrischung der christlichen Waffen wider den Türckischen Bluet-Egel« hat sich sein Stammesbruder Friedrich Schiller als Vorbild genommen für seine »Kapuzinerpredigt« in »Wallensteins Lager« und seinen Landsmann Megerle neidlos »ein prächtiges Original, vor dem man Respekt bekommen muß« bezeichnet. Und beispielsweise auch der Goethe, der Eichendorff, der Heidegger, der Thaddäus Troll haben den wortgewaltigen Wirtsbuben sehr verehrt, ihn sogar als »brillantesten Rhetoriker schwäbischer Zunge« gerühmt.
Und auch 300 Jahre nach seinem Tod am 1. Dezember 1709 im Wiener Augustinerkloster gilt unser erfolgreicher Landsmann und Bestsellerautor immer noch etwas bei den gescheiten Leuten: etwa »als bedeutendster katholischer Prediger der Barockzeit« und »als neben Luther zweiter Schöpfer der hochdeutschen Sprache.« In seinem Geburtsdorf hat er (auch dank des Studenten Martin Heidegger) anno 1910 ein schönes Denkmal gekriegt von der WMF und obendrein ein kleines (aber empfehlenswertes) Museum. Und in Wien kann man an seinem Grab in der Augustinerkirche und an seinem großen Denkmal von 1928 am Opernring immer wieder Verehrer dieses gottesglatten geistlichen Genies aus dem Schwabenland treffen. Aber die Intelligenzbolzen der deutschen und auch der österreichischen Post haben auch jetzt wieder keine Briefmarke für ihn übrig gehabt. Dabei sind seine Schriften, Sprüchle und Versle immer noch supertophochaktuell. Bloß ein Beispiel von Tausenden: »Beim Bauen muß man schauen,/um sich nicht zu verhauen,/sonst kommt man in des Elends Klauen.«