Zoë
Hafen von Melilla, Spanien
A
znar und sie stiegen aus dem Kleinwagen, dann gingen sie nebeneinander über den staubigen Pier, immer geradezu auf das Boot zu, das ganz dunkel dort lag und fast mit dem Meer verschmolz, ein Panther an der Leine, die Aufschrift der Guardia Civil del Mar war deutlich zu erkennen.
Sie erkannte Isaakson an Deck, neben ihm Kevin, seine Schwester, der Schwager. Alle vier schauten sie an, nein, sie korrigierte sich, sie sahen nicht zu ihr, sondern über sie hinweg.
Also drehte auch sie sich um.
Sie hatte nicht geglaubt, dass die Rauchwolke bis hierher zu sehen war.
Doch ja: Die Stadt hinter ihr war in schwarzen Nebel gehüllt, die frühe Sonne war kaum zu erkennen durch die Rauchschwaden.
Keine Ahnung, was die Bastarde im Keller noch alles gelagert hatten – sie hatten nicht mehr nachsehen können –, aber es sah nach reichlich Chemikalien für den Bombenbau aus.
Eine Stunde früher hatten sie den Schweden, den Blonden und die Afrikaner zum Boot gebracht, dann hatte sie Aznar ins Auto geladen. Sie waren ohne ein Wort nach La Canada de Hidum gefahren, zu dem pinken Haus. Aznar hatte noch Handgranaten übrig gehabt. Sie hatten die vier Mädchen befreit, der Rest war episch.
Die ganze Aktion hatte zwanzig Minuten gedauert.
Aznar sah nur einen Moment zurück.
»Der Preis des Ruhmes«, sagte er und zwinkerte ihr zu.
Sie liebte diesen kleinen Spanier, der sie beim ersten Zusammentreffen fast überfahren hatte.
»Geh schon vor«, sagte sie und lächelte ihn an.
Er schlenderte mit seiner Tasche über die Gangway und stieg aufs Boot, als käme er von einem Tagesausflug in einem Shopping Center zurück.
Sie wählte die Nummer.
»Ja?«, fragte Zaras Stimme am anderen Ende.
»Wir sind raus aus Marokko und fahren nun hinüber nach Europa.«
»Hast du …?«
»Frag nicht. Du wusstest, dass ich die Wichser nicht davonkommen lassen kann.«
Sie hörte Zara seufzen.
»Ich muss ihn vernehmen, was habt ihr jetzt vor?«
»Wir machen uns jetzt auf den Weg nach drüben, nach Festlandspanien. Der Geheimdiensttyp hat uns ein Hotel organisiert, das nur für uns gemietet ist. Dos Mares in Tarifa. Kannst du kommen?«
»Ich nehm mir einen Helikopter. Ich bin am Nachmittag bei euch. Ich muss hier nur noch etwas klären.«
»Was denn?«
»Was Privates. Keine Sorge. Hier ist alles ruhig.«
Da war etwas in ihrer Stimme, was Zoë gar nicht gefiel.
»Gut. Bis dann.«
Sie ging auf das Boot zu. Alle waren mittlerweile unter Deck.
In der Ferne erklangen Sirenen.
Sie musste dringend schlafen, obwohl das Adrenalin in ihr hämmerte wie eine Dorfdisco.