„Entschuldigt uns“, sagte Nikos zu den Frauen, die ihn und Helena noch immer fast fassungslos anstarrten. „Aber Helena hat mir diesen Tanz versprochen.“
Er nahm ihre Hand und führte sie zur Tanzfläche, wo die Band gerade ein langsames, gefühlvolles Lied spielte, und zog sie demonstrativ dicht an sich. „Da wir ja jetzt offenbar das verliebte Paar spielen, solltest du die Arme um meinen Nacken legen“, raunte er, doch als sie es tat und er spürte, wie ihr Busen sich gegen seine Brust drückte und ihre Finger in seinem Nacken zusammenfanden, hätte er fast aufgestöhnt, so sehr musste er gegen das Verlangen kämpfen, das sie in ihm weckte.
Dabei wollte er wütend auf sie sein.
„Wieso hast du das von der Stiftung erzählt? Woher weißt du überhaupt davon?“, fragte er mit gefährlich ruhiger Stimme, während er weiter eng umschlungen mit ihr tanzte.
Helena konnte nicht mehr denken. Sie hörte seine Worte und spürte seinen Zorn, doch seine Nähe war so überwältigend, dass es ihr schwerfiel, sich auf irgendetwas anderes zu konzentrieren als auf das Gefühl seines harten, starken Körpers dicht an ihrem.
„Ich … ich habe gehört, wie du auf der Jacht mit deinem Mitarbeiter telefoniert hast. Ich kenne die Aurora-Stiftung. Ich wusste nur nicht, dass du dahinter stehst“, erklärte sie stockend.
„Das sollte auch niemand erfahren“, sagte er, „aber dank dir weiß es jetzt die gesamte Highsociety Griechenlands inklusive Angelos.“
Verständnislos blickte sie zu ihm auf. „Aber dafür musst du dich doch nicht schämen. Die Stiftung leistet schließlich hervorragende Arbeit.“
„Ich weiß“, knurrte Nikos. Er schämte sich auch nicht dafür. Wenn sich jedoch herumsprach, dass die Aurora-Stiftung von ihm ins Leben gerufen worden war, würde sicher jemand anfangen, Fragen zu stellen. Und vielleicht auf den einen Punkt stoßen, den er so gerne vergessen wollte.
Aber nun war es zu spät und er würde damit leben müssen. Das war auch gar nicht das eigentliche Problem, das ihn beschäftigte. Viel schlimmer als seine Wut über ihre Bemerkung war die Wirkung, die Helena auf ihn ausübte.
Sie im Arm zu halten, stellte seine Selbstbeherrschung auf eine sehr harte Probe. Und er war nicht mehr sicher, ob er ihr Verhältnis wirklich noch rein geschäftlich sehen konnte. Vielleicht war das ohnehin die Lösung. Wenn er dem Verlangen nachgab, das sie in ihm weckte, würde er feststellen, dass sie nicht anders war als die anderen Frauen in seinem Leben. Und dann musste er nicht länger darüber nachdenken, was ihn so an ihr faszinierte.
Er strich ihr mit der Hand den Rücken hinauf und streichelte sanft über die nackte Haut in ihrem Ausschnitt, bis er spürte, wie sie erschauerte. Als sie zu ihm aufsah, lag ein erschrockener, fast flehender Ausdruck in ihren herrlichen blauen Augen.
„Nicht“, hauchte sie atemlos. „Das … sollten wir nicht.“
„Vielleicht“, raunte er ihr ins Ohr, „hättest du dir das überlegen sollen, bevor du den anwesenden Damen erzählst, wie unglaublich heiß du mich findest.“
Er konnte immer noch nicht fassen, dass sie das gesagt hatte. Es war eine Provokation gewesen, aber trotzdem hatten ihre Worte ehrlich geklungen. Sie sprach aus, was sie dachte, ohne darüber nachzudenken, welche Konsequenzen das für sie haben würde – etwas, das sie, abgesehen von Panaiotis, von allen unterschied, die er kannte. Und für seinen Teil konnte er nur sagen, dass die Einladung an ihn nicht süßer oder sinnlicher hätte sein können. Eine Einladung, die er nicht länger auszuschlagen gedachte.
„Das habe ich doch nur gesagt, weil ich … weil ich nicht wollte, dass diese Frauen denken …“ Helena war nicht in der Lage, ihren Satz zu beenden, weil ihr plötzlich klar wurde, was der Grund für ihre Bemerkung gewesen war. Sie hatte sich geärgert über die herablassende Art dieser Athina, die ihr nicht zu glauben schien, dass sie sich zu Nikos um seiner selbst willen hingezogen fühlte. Dabei war kein Mann auf diesem ganzen Fest auch nur annähernd so attraktiv wie er. Und sie wollte, dass diese Frauen wussten, dass sie zu ihm gehörte. Weil sie sich das, wie sie sich atemlos eingestand, tatsächlich wünschte.
Sie wollte, dass er sie so ansah, wie er es gerade tat, mit diesem flammenden Blick, der ihre Knie ganz weich werden ließ. Sie wollte, dass er sie weiter so berührte, sie wollte seine Lippen auf ihren fühlen. Ja, sie war noch unerfahren, doch ihr Körper sehnte sich nach ihm, wollte ihm noch näher sein.
„Dann stimmt es also nicht?“, fragte er, und ein Lächeln spielte um seine Mundwinkel, während er sanft den Druck auf ihre Hüfte verstärkte und sie noch enger an sich zog.
Helena sog zitternd die Luft ein. Sie wusste, dass sie ihm ausgeliefert war, wenn sie ihm gestand, wie hilflos er sie machte. Aber sie hätte ihm nichts vormachen können. Das Gefühl, das er in ihr weckte, war viel zu stark und übermächtig, um es zu leugnen.
„Doch“, flüsterte sie. „Es stimmt.“
Ihre Ehrlichkeit war so entwaffnend, dass Nikos einen Moment lang davon überwältigt wurde. Dann trat Entschlossenheit in seinen Blick. Er ließ sie los, ergriff ihre Hand und zog sie von der Tanzfläche in den Schatten des Gartens. Erst als sie einen sehr verschwiegenen Teil ganz am Ende erreicht hatten, wo die Lichter der Terrasse nur noch in der Ferne leuchteten und alles in helles Mondlicht getaucht war, nahm er sie erneut in die Arme.
Doch als Helena mit großen Augen zu ihm aufblickte, die Lippen leicht geöffnet, zögerte er einen Herzschlag lang. Fast ehrfürchtig legte er die Hände um ihr Gesicht und strich mit den Daumen über die weiche Haut ihrer Wangen. Dann beugte er sich vor und küsste ihren verführerisch einladenden Mund.
Helena schloss die Augen und sank gegen ihn, unfähig, noch einen klaren Gedanken zu fassen. Nichts hatte sie auf die Welle des Verlangens vorbereitet, die in ihr aufstieg und sie völlig überwältigte. Sie schlang die Arme um seinen Nacken und schob die Hände in sein seidiges Haar, um Halt zu finden in dem Strudel der Gefühle, in die er sie riss. Er vertiefte den Kuss, und sie öffnete willig die Lippen, ließ sich wegtragen von der Leidenschaft, die sie von Kopf bis Fuß erfasste.
Flammen des Begehrens brannten in ihr, und als er ihre Brüste umfasste und seine Daumen sanft über ihre aufgerichteten Spitzen strichen, keuchte sie lustvoll auf. Sie bog den Kopf zurück, bot ihm ihren Hals dar, und Nikos fuhr mit den Lippen daran entlang bis hinunter auf ihre Schulter, wo er verweilte und den süßen Duft ihrer Haut einatmete. Während er mit der einen Hand weiter ihre Brust umschloss, wanderte er mit der anderen hinunter zu ihrem Po und drückte sie fast grob an sich, ließ sie spüren, wie sehr er sie begehrte. Dann löste er sich abrupt von ihr. Sein Atem kam stoßweise.
Wenn er noch weiter ging, würde er hier auf der Stelle mit ihr schlafen, und da das unmöglich war, gab es nur eine Möglichkeit.
„Wir suchen jetzt nach unserem Gastgeber und werden uns verabschieden“, sagte er heiser, und als Helena stumm nickte, zog er sie noch einmal an sich und drückte ihr einen schnellen Kuss auf die Lippen. „Du machst mich verrückt“, flüsterte er an ihrem Ohr, und die Leidenschaft, die in seiner Stimme mitschwang, ließ Helena sehnsüchtig aufseufzen. Willig folgte sie ihm, als er ihre Hand nahm.
Die Verabschiedung von Panaiotis, dem sie versprechen mussten, am nächsten Tag mit ihm zu frühstücken, nahm sie nur verschwommen war. Sie lächelte zwar und schüttelte noch einige weitere Hände auf dem Weg nach draußen, doch sie hatte nur Augen für Nikos, folgte ihm durch die Haustür und die Treppe hinunter zurück zum Anleger, wo die Sofia lag.
Als sie an Deck standen, nahm Nikos sie wieder in die Arme und küsste sie. Küsste sie, als könnte er nicht genug von ihr bekommen. Während der Verabschiedung hatte er die ganze Zeit über ihren strahlenden Blick auf sich gespürt. Doch er hatte ihr bewusst nicht in die Augen gesehen, weil er dann vermutlich gegen jede Anstandsregel verstoßen und sie vor allen Leuten leidenschaftlich geküsst hätte. Was machte Helena mit ihm? Das Herz schlug ihm bis zum Hals, und er konnte sich nicht erinnern, wann er eine Frau zuletzt so begehrt hatte.
„Komm“, sagte er rau und führte sie die Treppe hinunter zu seiner Kabine. Mondlicht flutete durch den Raum und warf einen silbernen Schein auf das breite Bett. Doch Nikos hatte nur Augen für Helena und zog sie an sich.
„Ich will dich“, raunte er an ihrem Ohr und musste die Augen schließen, weil ihn das Verlangen nach ihr zu überwältigen drohte.
Als Antwort stellte Helena sich auf die Zehenspitzen und schlang die Arme um seinen Nacken. Ihr Herz klopfte wild, und obwohl es das erste Mal sein würde, dass sie sich einem Mann hingab, war sie ganz sicher, das Richtige zu tun. Es konnte nicht falsch sein, wenn sie ihm so mit Haut und Haar verfallen war, und sie hatte das Gefühl, sterben zu müssen, wenn er sie nicht weiter küsste und liebkoste. Aber würde er zufrieden sein mit dem, was sie ihm geben konnte?
Fast verzweifelt legte sie all die Leidenschaft, die er in ihr weckte, in ihren Kuss, und als er sie aufstöhnend noch enger an sich presste und sie seine Hände auf ihrem Rücken fühlte, wo der Ausschnitt des Kleides die Haut frei ließ, verflog ihre Unsicherheit, und sie konnte nur noch daran denken, wie sehr sie ihn begehrte. Sie streifte ihm das Jackett von der Schulter und knöpfte ihm ungeduldig das Hemd auf, strich mit den Händen gierig über seine breite Brust, liebte das Gefühl seiner heißen Haut an ihrer.
Er roch maskulin und aufregend, und sie zog eine Linie kleiner Küsse bis hinauf zu seinem Hals, schmeckte seine Haut, bis sie spürte, wie er das Kleid über ihre Schultern nach unten streifte. Es fiel an ihr herunter und blieb zu ihren Füßen liegen, und er trat einen Schritt zurück, um sie zu betrachten. Doch noch bevor Helena unsicher werden konnte, war er wieder bei ihr, legte einen Arm in ihren Rücken und lehnte sie zurück, während er mit der anderen Hand ihre Brust umschloss, die noch von dem Seiden-BH bedeckt war, den er ihr in Athen gekauft hatte.
„Du bist so schön“, stöhnte er und küsste das Tal zwischen ihren Brüsten, während er den Verschluss des BHs löste und sie auch von diesem Kleidungsstück befreite. Er nahm ihre Brüste, deren Knospen bereits aufgerichtet waren, in die Hände und massierte sie leicht. Helenas wohliges Stöhnen belohnte ihn.
Ihre Hingabe war genauso süß und ehrlich wie ihr Geständnis, dass sie ihn begehrte, es gewesen war, und Nikos konnte für einen Moment nicht mehr denken. Er wollte jeden Zentimeter ihrer zarten Haut erkunden. Sie hatten noch die ganze Nacht Zeit, sich zu lieben, und er würde jede Minute davon auskosten. Aber jetzt wurde der Drang, sie zu besitzen, übermächtig in ihm.
Schnell hob er sie hoch und trug sie zum Bett, legte sie vorsichtig darauf und streifte ihr den Slip ab. Dann richtete er sich wieder auf, entledigte sich mit wenigen, sicheren Griffen seiner Kleidung und kehrte an ihre Seite zurück.
Helena keuchte auf, als sie an ihrem Oberschenkel spürte, wie erregt er war. Vorsichtig strich sie an seinem Bauch herunter, bis ihre Hand ihn umschließen konnte.
Plötzlich kehrte die Unsicherheit zurück, dass ihm ihre Unerfahrenheit vielleicht nicht gefallen könnte. Doch er ließ ihr keine Zeit, länger darüber nachzudenken, denn er revanchierte sich für ihre Zärtlichkeiten, indem er seine Hand zwischen ihre Beine gleiten ließ und mit dem Finger in sie eintauchte.
„Oh!“ Ein Laut des Erstaunens floh ihr über die Lippen, und sie schloss die Augen, als er sinnlich ihre intimste Stelle erforschte und ein Feuerwerk unbekannter Gefühle in ihr auslöste. Sie war bereit für ihn, und bald wand sie sich stöhnend unter seinen Berührungen. Gerade, als sie glaubte, es nicht mehr aushalten zu können, umfasste er ihre Handgelenke und zog ihre Arme nach oben über ihren Kopf. Gleichzeitig schob er sich auf sie und legte sich zwischen ihre Schenkel. Erneut liebkoste er ihre Brüste, saugte abwechselnd an ihren aufgerichteten Spitzen, bis Helena den Kopf in die Kissen drückte und erneut lustvoll aufstöhnte. Instinktiv drängte sie sich ihm entgegen.
Nikos ließ ihre Handgelenke los und rutschte ein Stück höher, zog mit der Zunge eine heiße Linie über ihren Hals und eroberte dann erneut ihren Mund in einem alles verzehrenden Kuss.
„Ich kann nicht länger warten“, stöhnte er. „Ist es in Ordnung?“
„Ja“, hauchte Helena atemlos. Sie wollte sich ihm schenken, sehnte sich danach, sich ganz mit ihm zu vereinigen, und verdrängte die Angst davor, dass er ihr wehtun könnte.
Nikos schob ihre Beine noch weiter auseinander und drang dann mit einem geschmeidigen Stoß in sie ein. Sie schrie leise auf und versteifte sich für einen Moment. „Habe ich dir wehgetan?“, fragte er heiser, kaum in der Lage, klar zu denken, während er spürte, wie sie ihn warm umschloss.
Helena schüttelte nur stumm den Kopf. Der Schmerz, der sie durchzuckt hatte, ebbte schon wieder ab, und ihn in sich zu fühlen, war ein so überwältigendes Gefühl, dass sie alles andere vergaß. Sie schlang ihm die Arme um den Nacken und zog ihn zu sich herunter, um ihn zu küssen.
Tränen traten ihr in die Augen, weil sie so erfüllt war von den Empfindungen, die er in ihr weckte, und als er anfing, sich erst langsam und dann immer schneller in ihr zu bewegen, jubilierte ihr Herz. Sie passte sich seinem Rhythmus an, kam ihm entgegen und spürte, wie er sie höher und höher trug, auf etwas Unaufhaltsames und Gewaltiges zu, das ihr für einen kurzen Moment Angst machte. Doch sie konnte und wollte nicht mehr zurück, ließ sich fallen in das wilde, herrliche Gefühl, das sie ganz und gar erfüllte, und rief seinen Namen, als sich die fast unerträgliche Spannung in einem heißen Schauer löste, der sich in Wellen in ihrem ganzen Körper ausbreitete und gar nicht zu enden schien.
Nikos spürte, wie sie unter ihm erbebte, und hielt sich nicht länger zurück. Er schrie seine Lust heraus, als er Helena auf den Gipfel folgte.
Für einen atemlosen Moment lagen sie still, noch ganz gefangen in dem Moment der Leidenschaft, den sie zusammen erlebt hatten. Dann zog Nikos sich aus ihr zurück und rollte sich mit ihr im Arm zur Seite. Sein Atem kam stoßweise, beruhigte sich nur langsam.
Helena schmiegte ihr Gesicht an seinen Hals und lächelte selig. Sie wollte etwas sagen, doch sie fand keine Worte für das, was gerade zwischen ihnen passiert war. Er war ein erfahrener Mann und es bedeutete ihm vielleicht nicht so viel wie ihr, aber für sie war diese Erfahrung unbeschreiblich gewesen. Schöner, als sie es sich jemals erträumt hätte.
Doch ging es ihm genauso? Unsicher blickte sie ihn an und wartete darauf, dass er etwas sagte. Aber er sah sie nur an.
„Das war wunderschön“, sagte sie leise und lächelte schüchtern, während sie die Decke, die halb vom Bett gerutscht war, über sich und ihn zog. „Ist es immer so?“
Nikos brauchte einen Moment, bis seine Worte zu ihr durchdrangen, weil er noch zu erschüttert von ihrer Vereinigung war. Er hatte sie gerade erst geliebt, doch sein Körper sehnte sich danach, sich erneut in ihr zu verlieren. Er wollte noch einmal diesen verzückten Ausdruck in ihren Augen sehen, wollte hören, wie sie seinen Namen rief, wenn sie mit ihm zusammen den Höhepunkt erreichte.
Gerade überlegte er, wie er es schaffen konnte, Helena Medeus noch ein bisschen länger in seinem Leben zu halten. Er würde ihr eine Wohnung in Athen kaufen, damit sie dort ihre Affäre für eine Weile fortführen konnten, bis er ihrer irgendwann überdrüssig war.
Doch dann sank ihre Bemerkung in sein Bewusstsein, und er versteifte sich, während ein kaltes Gefühl des Entsetzens sich in ihm breit machte. Plötzlich fiel ihm wieder ein, wie sie geschrien hatte, als er in sie eingedrungen war. Er zog seinen Arm zurück und setzte sich auf.
„Du warst noch Jungfrau?“
Seine Stimme klang so kalt, dass Helena instinktiv die Decke etwas höher zog, doch er riss sie ihr weg und starrte auf das Laken. Als er den verräterischen Blutfleck sah, fluchte er unterdrückt und sprang aus dem Bett. In dem Bedürfnis, sich von ihr zu distanzieren, stieg er hastig in seine Hose und suchte, nachdem er sie geschlossen hatte, nach seinem Hemd, das er sich überstreifte, aber nicht zuknöpfte.
„Verdammt, verdammt, verdammt!“ Wütend und schockiert fuhr er sich mit der Hand durchs Haar. „Wieso hast du mir das nicht gesagt?“
Helena spürte, wie ihr Tränen in die Augen schossen. Sein Blick war so hart und anklagend, dass er ihr Angst machte, und plötzlich fühlte sie sich schutzlos und verletzlich. „Ich … dachte nicht, dass das wichtig ist“, sagte sie kleinlaut und zog die Decke wieder hoch.
Nikos wandte sich abrupt ab und lief zum Fenster, starrte einen Moment lang hinaus, dann fuhr er wieder zu ihr herum.
„Aber du nimmst die Pille“, sagte er.
Unglücklich schüttelte Helena den Kopf. Sie hatte überhaupt nicht über Verhütung nachgedacht, weil sie so überwältigt von der sinnlichen Erfahrung gewesen war, in Nikos Armen zu liegen.
„Oh, zur Hölle, du hast gesagt, es ist in Ordnung!“, schrie er sie an. „Ich habe dich gefragt, ob es in Ordnung ist, und du hast Ja gesagt.“
Helena schluckte schuldbewusst, als ihr klar wurde, was er mit seiner Frage eigentlich gemeint hatte. „Ich dachte, du meinst, ob ich es will“, flüsterte sie tonlos. Sie kam sich so dumm vor, und es tat furchtbar weh, dass er plötzlich so kalt war. Natürlich hätte sie nicht einfach so mit ihm ins Bett gehen dürfen, ohne sich zu schützen. Es gab nichts, womit sie das rechtfertigen konnte, abgesehen davon, dass sie nicht mehr in der Lage gewesen war, klar zu denken. Und letztlich gehörten zu so etwas ja auch immer zwei. „Außerdem bist du doch der Erfahrenere von uns beiden“, verteidigte sie sich. „Wieso hast du nicht an Verhütung gedacht?“
Nikos stieß einen weiteren derben Fluch aus und fing an, hektisch in der Kabine auf und ab zu laufen. Ja, wieso nicht? Wie hatte er nur so unglaublich dumm sein können? Er konnte einfach nicht fassen, dass er sehenden Auges in die Falle getappt war. Sie mochte jetzt entrüstet tun, doch das war ganz offensichtlich genauso gespielt wie ihre Naivität. Und er war auf ihre Masche hereingefallen – ausgerechnet er, der sich eingebildet hatte, alle Tricks schon zu kennen!
Abrupt blieb er stehen. Schlimmer noch. Das alles war wahrscheinlich von Anfang an ihr Plan gewesen: ihn zu verführen und damit Tatsachen zu schaffen, denen er sich nicht entziehen konnte. Und er war voll aufgegangen: Nun hatte sie ihn genau da, wo sie ihn haben wollte.
Es war völlig klar, dass sie, falls aus ihrer leidenschaftlichen Begegnung ein Kind entstanden war, niemals mit einem Schwangerschaftsabbruch einverstanden sein würde. Denn ihn mit einem Kind zur Heirat zu zwingen, war ja offensichtlich ihre Absicht gewesen.
Kalte Wut stieg in ihm auf, und er fuhr wieder zu ihr herum, starrte sie mit flammendem Blick an. Mühsam zwang er sich, seine Stimme ruhig zu halten, die vor Wut bebte.
„Bravo!“, sagte er sarkastisch. „Ich habe dir die unschuldige Mechanikerin wirklich abgenommen. Ein Meisterstück, das muss ich dir lassen.“
Helena hätte am liebsten geweint, so hilflos fühlte sie sich. Aber die Blöße wollte sie sich vor Nikos nicht geben. Sie straffte die Schultern und hielt seinem wutentbrannten Blick stand.
„Du bist zu nichts verpflichtet“, versicherte sie ihm, weil sie nicht ertragen konnte, von ihm als Bürde gesehen zu werden. „Ich werde das Kind allein aufziehen, falls es eines gibt.“
„Einen Teufel wirst du tun!“, fuhr Nikos sie an, und erschrocken über seinen Ausbruch zuckte Helena zusammen. „Wenn du ein Kind bekommst, dann wird es meinen Namen tragen. Etwas anderes kommt nicht infrage.“
Nikos war selbst überrascht über seine Vehemenz. Doch allein die Vorstellung, dass sein Kind in Verhältnissen aufwuchs, die er nicht kannte, vielleicht ähnlich entbehrungsreich wie er selbst damals – absolut undenkbar! Nein, wenn er ein Kind gezeugt hatte, dann würde er sich um dieses Kind kümmern und darüber wachen, dass es ihm gut ging. Wie er die Mutter behandelte, stand jedoch auf einem ganz anderen Blatt.
„Du wirst bei mir bleiben, bis wir wissen, ob du tatsächlich schwanger bist“, erklärte er und fing an, wieder im Zimmer auf und ab zu laufen. „Sollte das der Fall sein, werden wir heiraten, damit das Kind ehelich geboren wird. Aber es wird einen Ehevertrag geben, der alle Geldzuwendungen an dich klar regelt und mich vor finanziellen Ansprüchen deinerseits schützt, solltest du dich irgendwann entscheiden, mich und das Kind zu verlassen.“
„Aber ich …“ Helena wollte sich rechtfertigen und ihm versichern, dass sie an seinem Geld und einer solchen Verbindung kein Interesse hatte, doch er ließ sie nicht zu Wort kommen.
„Es wird keine Ehe im klassischen Sinne sein“, fuhr er fort und fixierte sie mit hartem Blick. „Denn ich werde mich davon in meiner persönlichen Freiheit nicht einschränken lassen, und du tust gut daran, niemals Forderungen zu stellen, die ich nicht zu erfüllen gedenke.“ Er beugte sich vor. „Ich werde dir den Respekt erweisen, der der Mutter meines Kindes zusteht, solange du diesen verdienst, aber wir führen zwei voneinander getrennte Leben. Und solltest du mich in irgendeiner Weise öffentlich brüskieren, sorge ich dafür, dass du bereust, mich je herausgefordert zu haben.“
Helena schluckte schwer und spürte, wie der Trotz in ihr über ihre Verzweiflung siegte.
„Und wenn ich das alles nicht will?“
Verächtlich schnaubte Nikos. „Willst du mir tatsächlich weismachen, es wäre nicht von Anfang an dein Ziel gewesen, mich zu einer Ehe zu zwingen?“
„Nein, stell dir vor, das war es nicht“, verteidigte sie sich hitzig.
„Du willst mich also nicht heiraten, wenn du schwanger bist?“ Spöttisch hob er eine Augenbraue, und in seinen dunklen Augen lag ein kalter Ausdruck.
Helena öffnete den Mund, schloss ihn dann jedoch wieder. Nein, sie wollte ihn nicht heiraten – jedenfalls nicht zu seinen Bedingungen, nicht so. Eine Ehe, das bedeutete Liebe und Vertrauen, so wie sie es bei ihren Adoptiveltern erlebt hatte. Es war eine ganz besondere Verbindung zwischen zwei Menschen, die zusammengehörten. Vorhin, in Nikos’ Armen, hatte sie geglaubt, dass eine solche Verbindung zwischen ihnen existierte. Dass da mehr zwischen ihnen gewesen war als Sex.
Aber das musste sie sich eingebildet haben. Schließlich hatte er von Anfang an mehr als deutlich gemacht, dass er an emotionalen Bindungen nicht interessiert war. Und sie hatte instinktiv gespürt, dass er ihr das Herz brechen würde, wenn sie sich auf ihn einließ. Warum war es dann trotzdem passiert?
Darauf fand sie keine Antwort, doch mit den Konsequenzen würde sie jetzt leben müssen. Und dabei gab es mehr zu bedenken als den Aufruhr der Gefühle, den Nikos in ihr auslöste.
Sosehr es ihr auch widerstrebte, auf seine Bedingungen einzugehen – wenn sie tatsächlich von ihm schwanger war, dann wollte sie dem Kind auf gar keinen Fall den Vater nehmen. Nikos mochte sie nicht lieben oder wollen, doch offensichtlich wollte er sein Kind. Sie selbst hatte trotz der liebevollen Fürsorge von Petros und Olympia unter der Tatsache gelitten, dass sie ihre richtigen Eltern nicht kannte, dass sie nicht wusste, woher sie kam, und auch jetzt noch nagte diese Frage an ihr. Das sollte ihrem Kind nicht passieren, und deshalb würde sie bei ihm bleiben. Ob sie es aushalten konnte, das Leben zu führen, dass er ihr ausgemalt hatte, konnte sie noch nicht sagen. Aber sie musste es versuchen, das schuldete sie dem Baby, wenn es eines gab.
„Ich würde dich heiraten“, erwiderte sie ehrlich. „Aber nicht aus den Gründen, die du annimmst.“
Nikos stieß den Atem aus, den er angehalten hatte, ohne es zu merken, während er auf ihre Antwort wartete, und ballte seine Hände zu Fäusten. Wieso klang es so aufrichtig, wenn sie das sagte? Wie schaffte sie es, dass er tatsächlich für eine Sekunde versucht gewesen war, ihr zu glauben?
„Ich wäre froh, wenn es mir erspart bliebe, sie herauszufinden.“ Er spuckte die Worte förmlich aus, nur noch schwer in der Lage, sich gegen die widerstreitenden Gefühle zu wehren, die in seiner Brust tobten. Er wollte sie packen und schütteln, weil er so wütend auf sie war, und er wollte sie in seine Arme reißen und noch einmal lieben, weil sie mit ihren großen Augen und ihrem golden schimmernden Haar, das ihr über die nackten Schultern fiel, eine einzige große Versuchung war. Eine Versuchung, der er von Anfang an hätte widerstehen müssen, erinnerte er sich. Wütend fuhr er herum und stürmte aus der Kabine.
Helena wartete, bis sie seine Schritte oben an Deck hörte, dann stand sie hastig auf, schlüpfte in ihre Unterwäsche, hob das Kleid vom Boden auf und lief hinüber in ihre Kabine. Ihre Knie zitterten, deshalb warf sie das Kleid achtlos über den Stuhl vor dem kleinen Schminktisch und ließ sich auf die Kante des Bettes sinken. Schützend verschränkte sie die Arme vor ihrer Brust und rieb mit den Händen über ihre Oberarme. Sie lauschte auf Geräusche, doch an Bord war alles still. War Nikos wieder an Land gegangen, weil er ihre Nähe einfach nicht mehr ertrug? Oder saß er oben an Deck und war froh, dass er sie nicht mehr sehen musste? Beide Möglichkeiten ließen sie verzweifelt aufstöhnen, denn so, wie die Dinge lagen, würden sie sich in nächster Zeit nicht aus dem Weg gehen können. Sie musste es irgendwie aushalten, mit einem Mann zusammen zu sein, der sie hasste.
Aber tat er das wirklich? Ihr Herz weigerte sich noch immer, das zu glauben. Ohne dass sie sich dagegen wehren konnte, tauchten die Bilder ihrer leidenschaftlichen Vereinigung wieder vor ihrem inneren Auge auf. Wie konnte er in der einen Minute so zärtlich sein und ihr ein so berauschendes Glück schenken und sie in der nächsten so kalt von sich weisen?
Aufschluchzend warf sie sich auf das Bett und vergrub ihren Kopf in dem weichen Kissen, weil sie die Tränen nicht länger zurückhalten konnte. Sie wusste so wenig über ihn, eigentlich nichts. Nur, dass ihr Herz aufgeregt schlug, wenn er in der Nähe war, und dass er sie nur anzusehen brauchte, um ihre Knie weich werden zu lassen. Hilflos machte er sie, und es war ein beängstigender Gedanke, was aus ihr und dem Kind werden sollte, das sie vielleicht bekam, wenn er tatsächlich so grausam und kalt war, wie sie ihn gerade erlebt hatte.
Von Verzweiflung übermannt, konnte Helena sich nur mühsam wieder beruhigen, aber irgendwann drehte sie sich auf den Rücken, wischte sich ungeduldig die Tränenspuren von den Wangen und atmete tief durch. Nein, dachte sie entschlossen. Nikos war nicht grausam und kalt. Wenn er es wäre, dann würde er nicht so viel Energie in diese Stiftung stecken, die er gegründet hatte. Sie wollte daran glauben, dass der Mann, an den sie für die nächsten Wochen und vielleicht sogar Jahre gebunden war, seine Gefühle nur tief in sich versteckte. Die Unsicherheit blieb jedoch und ließ ihre Gedanken immer wieder im Kreis laufen, bis ihr schließlich vor Erschöpfung die Augen zufielen. Aber selbst im Traum verfolgte sie noch der undurchdringliche Ausdruck in seinen Augen.