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Leben ist Meditation

Meditation verschafft uns Zugang zu einem höheren Bewusstsein. Höheres Bewusstsein wird manchmal auch bezeichnet als reines Bewusstsein, kosmisches Bewusstsein oder Erleuchtung. (In all diesen Begriffen schwingt aber etwas mit, was nicht ganz stimmt und auf das ich gleich zu sprechen kommen werde. Namen können den Zauber stehlen, und es gibt so viel Magie im Bewusstsein, dass wir sie nie aus den Augen verlieren dü rfen.)

Meditation hat seit Tausenden von Jahren den Ruf, eine mystische Praktik zu sein, weil das Portal zu höherem Bewusstsein dem Alltagsverstand scheinbar verschlossen bleibt. In diesem Buch schlage ich ein radikales Umdenken vor. Meditation ist nichts Außerweltliches, sondern etwas Natü rliches. Genau genommen meditieren wir alle seit unserer Geburt. Jeder von uns hat schon das eine oder andere Mal einen Zustand erlebt, der mit den von Meditationslehrern gelehrten Techniken erreichbar ist. Das muss wahr sein, denn wenn Meditation nicht das widerspiegeln wü rde, zu was der Geist in der Lage ist, könnte sie nicht gelehrt werden. Sie könnte nicht einmal existieren. Höhere Mathematik ist nicht mystisch, denn jeder verwendet Zahlen. Exzellente Kü che ist nicht ü berirdisch, denn (fast) jeder kann ein Ei kochen.

Wenn man das Wesen einer Sache begreifen kann, ist alles andere drumherum einfach nur unnötig kompliziertes Beiwerk. Das Wesen der Mathematik und des Kochens ändert sich nicht dadurch, dass man sie auf das Niveau einer Kunst erheben kann. Dasselbe gilt fü r das Bewusstsein. Sie und ich sind schon ein Leben lang dabei, den »Meditationsmodus«, wie wir ihn hier nennen werden, ein- und wieder auszuschalten. Allgemein kann jeder nach innen gerichtete Geisteszustand als Meditationsmodus bezeichnet werden. Im Laufe der Jahrhunderte haben diese Geisteszustände verschiedene Namen erhalten, auf die in dem Abschnitt »In den Meditationsmodus gehen« noch näher eingegangen wird:

Achtsamkeit

Selbstbefragung

Reflexion

Kontemplation

Konzentration

Gebet

Ruhiger Geist

Kontrolliertes Atmen

Glückseligkeit

So wie die höhere Mathematik oder die Haute Cuisine eine Kunst ist, gehören diese Methoden zur Kunst der Meditation. Aber im Wesentlichen dient der Meditationsmodus jedem Menschen einem grundlegenden und wichtigen Zweck. Ihr Geist geht aus dem Bedü rfnis, im Gleichgewicht zu sein, in den Meditationsmodus ü ber. Alle Meditationspraktiken entspringen diesem Bedü rfnis, also mü ssen wir versuchen, es zu verstehen. Je tiefer unser Verständnis, desto fundierter wird die vollkommene Meditation sein.

Im Gleichgewicht bleiben

Gleichgewicht oder Balance ist einer jener Begriffe, die durch zu häufige Verwendung inzwischen schon abgenutzt sind. Wir werden mit Botschaften ü ber eine ausgewogene Ernährung und Lebensweise förmlich ü berflutet, und die Werbung nutzt »Balance« fü r alle Arten von Produkten als Verkaufsargument, von Vitaminen und Frü hstü ckszerealien bis hin zu Haarprodukten und Schuhen. Nichtsdestotrotz ist Gleichgewicht gerade auch aus der wissenschaftlich physiologischen Sicht unabdingbar fü r das Leben.

Nachdem Sie Ihren Körper aus dem Gleichgewicht gebracht haben, indem Sie durch den Park gejoggt sind oder Schnee von der Garagenausfahrt weggeschaufelt haben, kehren nach Beendigung der Aktivität Herzfrequenz, Blutdruck, der Sauerstoffverbrauch in den Muskeln sowie Verdauungs- und Immunsystem automatisch in die Homöostase, den körperlichen Gleichgewichtszustand zurü ck. Jede Körperfunktion weiß, wie sie die Homöostase wiedererlangt. Die Fähigkeit zur Aufrechterhaltung des Gleichgewichts im Körper ist uns angeboren.

In seinem unterhaltsamen und äußerst informativen Buch Eine kurze Geschichte des menschlichen Körpers beschreibt Bill Bryson, dass die Homöostase immer noch ein Rätsel ist. Das ganze Buch beruht sowieso auf der Prämisse, dass trotz fortgeschrittener medizinischer Forschung eigentlich fast alles am menschlichen Körper ein Geheimnis bleibt. Niemand weiß zum Beispiel, warum wir Schluckauf haben. Oder warum wir zu den wenigen Säugetieren gehören, die Vitamin C nicht selbst herstellen können. Warum wir so viele Allergien haben oder uns beim Essen verschlucken können. Unsere Einzigartigkeit umfasst noch einige andere Merkwü rdigkeiten. So bewohnt der Mensch alle Arten von Klimazonen, vom Hochgebirge bis zu den Tropen, hält aber andererseits im Körperinneren nur eine relativ geringe Temperaturspanne aus. Eine nur um zwei Grad Celsius erhöhte Körperkerntemperatur geht schon mit leichtem Fieber einher. Sinkt die Normaltemperatur (36 bis 37 Grad Celsius) um ein Grad, friert man bereits und bei 33 Grad Celsius setzt Unterkü hlung ein.

Der Körper unternimmt außergewöhnliche Anstrengungen, um die Normaltemperatur im Körperkern aufrechtzuerhalten. Bryson beschreibt ein bemerkenswertes Experiment, das dies veranschaulicht: Eine Versuchsperson lief auf einem Laufband einen Marathon, während die Raumtemperatur allmählich von minus 45 auf plus 55 Grad Celsius anstieg (ungefähr die Unter- und Obergrenze des menschlichen Toleranzbereiches). Trotz dieser extrem starken Temperaturschwankung veränderte sich die Kerntemperatur des Körpers des Läufers während des gesamten Versuches noch nicht einmal um ein Grad. Die Tatsache, dass die beiden Prozesse, die den Körper abkü hlen und erwärmen, nämlich Schwitzen und Frösteln, so grundlegend erscheinen, macht unser körperliches Gleichgewicht nicht weniger erstaunlich.

Etwas Ähnliches geschieht unsichtbar im Kopf. Es gibt auch einen Normalzustand fü r das geistige Gleichgewicht, und wenn wir aus dem Gleichgewicht geraten, weiß unser Geist, wie er wieder in die Mitte kommt. Wir gehen in den Meditationsmodus. Diese Tatsache lässt sich auf verschiedene Arten belegen, die auf den ersten Blick nichts mit Meditation zu tun haben. Ein Paradebeispiel sind die Emotionen. Genau wie beim Körper hat jeder Mensch eine Art Normalwert fü r seine Stimmungslage, einen Grad der Zufriedenheit, zu dem er nach einem emotionalen Ereignis zurü ckkehrt, ob es nun glü cklich oder traurig war. Der emotionale Ausgangspunkt verschiedener Menschen kann sich beträchtlich unterscheiden, weshalb uns Menschen auffallen, die von Natur aus glü cklich zu sein scheinen oder immer mü rrisch wirken. Es gibt keine wissenschaftliche Erklärung fü r diese Ungleichheit. Auch besonders einschneidende Erlebnisse ändern nichts daran. Innerhalb von sechs Monaten ist die Erinnerung an das Ereignis zwar durchaus noch vorhanden, aber die Gemü tslage wieder im frü heren Normalbereich.

Dementsprechend ü bertreiben traurige Liebeslieder mit ihrer Aussage, dass ein Herz fü r immer gebrochen bleibt. Ein ganz großer Hit war zum Beispiel »Crazy«, komponiert von Willie Nelson und gesungen von Patsy Cline. Die erste Textzeile lautet »Crazy, I’m crazy for feeling so lonely« (Verr ü ckt, ich bin verr ü ckt, weil ich mich so einsam f ü hle). Aber wenn einmal ein halbes Jahr vergangen ist, wird auch diese Art von »Verrü cktheit« nur noch eine Erinnerung sein.

Wenn die Emotionen an den Ausgangspunkt zurü ckkehren, was ist dann mit dem Geist und all unseren willkü rlichen und manchmal wilden Gedanken? Die Vorstellung, dass der Geist sich selbst wieder ins Gleichgewicht bringt, ist neu. Manchmal ist unser Kopf so voll von dem, was da alles herumwirbelt. Wir machen selten eine Denkpause, um das im Hintergrund ständig vorhandene Gewahrsein zu bemerken. Dieser Hintergrund ist nicht passiv. Er holt uns zurü ck ins Gleichgewicht, so wie die Homöostase den Körper wieder ausbalanciert. Da das Bewusstsein eine Gesamtheit ist, bringt es nicht viel, zwischen körperlichem und geistigem Gleichgewicht zu unterscheiden – wenn Sie sich nach einem hitzigen Streit, einem plötzlichen Schreck oder einem Anfall von Sorge wieder beruhigen, kommen auch die Körperzellen aus dem von den Emotionen geschaffenen Ungleichgewicht wieder zur Ruhe.

All dies bestätigt die Auffassung, dass Meditation nicht funktionieren wü rde, wenn der Geist nicht bereits ü ber einen Mechanismus zur Wiederherstellung des Gleichgewichts verfü gte. Meditation bringt das Bewusstsein aus seinem Versteck im Hintergrund ins Blickfeld. Es ist nicht so, dass Meditation eine Entdeckung der alten östlichen Mystiker wäre. Sie vertieft und erweitert nur, was der Geist von ganz allein bereits tut, so wie eine lange, angenehme Massage den entspannten Zustand vertieft, in den der Körper in der Homöostase zurü ckkehrt.

Die Fähigkeit des Geistes, wieder zur Balance zu finden, ist erstaunlich wirkungsvoll. Blicken Sie zum Beispiel einmal dreißig Sekunden lang auf ein helles Licht im Raum oder auf Ihren Computerbildschirm und schließen Sie dann die Augen: Sie nehmen ein Nachbild des Auges wahr, das allmählich verblasst. Die Zeit, die es dauert, bis dieses Nachbild ganz verschwunden ist, kann mehr als ein paar Minuten betragen. Der Geist jedoch kann keine Nachbilder von Gedanken erzeugen, weil diese sonst den nächsten Gedanken verdecken wü rden. Denken Sie an die Tausenden von Gedanken, die Ihnen in einer Woche oder sogar an einem Tag durch den Kopf gehen, und wie Sie bereit sind, jeden einzelnen in flimmernden mentalen Momentaufnahmen zu empfangen. Denkvorgänge spielen sich buchstäblich in Lichtgeschwindigkeit ab – mit der Geschwindigkeit der elektrischen Signale Ihres Gehirns.

Vollkommene Meditation

Lektion 4: Nullpunkt

Der Geist drückt einen Reset-Knopf, sobald ein Gedanke registriert wird. Dies ist wie der Nullpunkt des Gewahrseins. Es ist fast so, als ob der Geist einen Gedanken auslöscht, damit ein neuer Gedanke seinen Platz einnehmen kann. Aber im Gegensatz zur Löschtaste auf einem Computer ist der Nullpunkt des Geistes lebendig, dynamisch und auf alles vorbereitet, was als Nächstes kommt. Im Idealfall ist der Nullpunkt lebhaft und wachsam. Sie erleben diesen Idealzustand, wenn Sie munter, wach, optimistisch und bereit für die nächste Erfahrung sind.

Es gibt jedoch Zeiten, in denen der Nullpunkt des Geistes sich nicht wirklich im Zustand der Ruhe befindet. Er kehrt stattdessen in einen Zustand zurück, der müde, stumpf, in Routinegedanken versunken und veränderungsresistent ist. Wir stehen jeden Tag wieder irgendwo zwischen dem Besten und dem Schlechtesten, das der Nullpunkt zu bieten hat. Wir fühlen uns nicht geistig träge und müde, aber wir sind auch nicht offen, neugierig und wach.

Um zu veranschaulichen, was ich meine, beschreibe ich nachstehend einige Möglichkeiten, wie Sie bewusst wahrnehmen können, wie es sich anfühlt, wenn der Nullpunkt des Geistes nicht ideal ist.

Sorgen Sie für störende, ablenkende Geräusche in Ihrer Umgebung – Sie könnten zum Beispiel sehr laut Musik laufen lassen, die Ihnen nicht gefällt, oder Ihren Fernseher auf einen Kanal mit Rauschen einstellen. Setzen Sie sich dann mit geschlossenen Augen hin und versuchen Sie, Ihren Kopf klar zu bekommen, sich frei von allen Gedanken zu machen. Nehmen Sie wahr, wie schwer es ist, innerlich ruhig zu sein. Der Nullpunkt ist kaum zu erreichen, und wenn er doch erreicht ist, fühlt man sich immer noch gereizt.

Suchen Sie sich jetzt eine ruhige Umgebung, in der Sie sich entspannt fühlen. Schließen Sie die Augen, nehmen Sie ein paar tiefe Atemzüge und beruhigen Sie Ihren Geist. Beachten Sie, wie leicht Sie den Nullpunkt erreichen. Auch wenn Gedanken kommen und gehen, werden sie nicht durch ein gereiztes oder abgelenktes Gemüt beeinflusst.

Experimentieren Sie damit, wie sich der Nullpunkt in verschiedenen Situationen anfühlt: im Wartezimmer des Arztes; wenn Sie Zeit mit einer Person verbringen, die Sie nervtötend finden; bei einem langweiligen Arbeitstreffen.

Beachten Sie, wie leicht der Nullpunkt verschoben wird. Das liegt an der dem Geist innewohnenden Empfindlichkeit. Ihr Geist ist darauf trainiert, aufmerksam zu sein und in jeder Situation eine Fülle von Informationen aufzunehmen. Diese Empfindlichkeit ist ein enormer Gewinn, aber gleichzeitig erschwert die Anhäufung von Informationen – vor allem, wenn sie unwillkommen sind – es dem Geist, mit Wachheit und Klarheit zum Nullpunkt zurückzukehren.

Ihr Geist möchte sich in jeder Minute mehrmals immer wieder neu einstellen, um Ihr Denken wach, Ihre Einstellung offen und Ihre Stimmung optimistisch zu halten. So sieht es die Natur vor, aber das moderne Leben arbeitet ständig gegen die Natur. Es ist schwieriger geworden, in einen ruhigen Geisteszustand zu kommen, und in einer Gesellschaft, die von unzähligen Ablenkungen und Zerstreuungen beherrscht wird, betrachten wir einen ruhigen Geist als eine seltene Erfahrung. Es ist ein merkwürdiges Phänomen, dass viele von uns heutzutage gerne in überfüllten, lauten Restaurants essen, weil sie sich ständige Stimulation wünschen.

Der Geist widersetzt sich ständiger Stimulierung. Sie würde uns auslaugen, so wie eine Vinyl-Schallplatte, die ununterbrochen abgespielt wird, irgendwann verschlissen ist. Das ist auch der Grund, warum wir manchmal Abstand nehmen, wenn wir uns in einer Situation befinden, in der um uns herum zu viel los ist. Außer in Fällen von innerer Bedrängnis oder äußeren Stressfaktoren kehren Ihre Gedanken ohne Ihr Zutun zum Nullpunkt zurück.

In den Meditationsmodus gehen

Die Tradition des Meditierens ist entstanden, um vom Nullpunkt aus in einen Bereich jenseits der alltäglichen Gedanken vorzudringen. Deshalb ist der ruhige Geist kein Ziel an sich. Er ist eine Startrampe. In der Stille kann das Bewusstsein wachsen.

Alle wichtigen Meditationstechniken entsprechen verschiedenen natü rlichen Prozessen, die Ihr Geist durchläuft, um zum Nullpunkt zurü ckzukehren. An und fü r sich erholen Sie sich von einer Art von Ungleichgewicht, das Sie vorü bergehend aus der Balance gebracht hat. Bei der vollkommenen Meditation nutzen wir die natü rlichen Prozesse des Geistes, um alle Ungleichgewichte gemeinsam anzugehen, nicht nur eines nach dem anderen. Das hilft zu erkennen, wie vollständig der natü rliche Meditationsmodus des Geistes wirklich ist und wie oft man ihn einnimmt.

ACHTSAMKEIT ist die Art und Weise, wie sich Ihr Geist von Ablenkungen erholt. Sie werden in den gegenwärtigen Moment zurü ckgeholt. Die Gegenwart ist dort, wo jede Zelle in Ihrem Körper bereits lebt. Sie ist auch der Ort, an dem der Geist leben möchte, wenn Sie es ihm erlauben.

Beispiele:

Ihr Smartphone klingelt während der Fahrt. Wenn Sie achtsam sind, antworten Sie nicht, und bleiben konzentriert im Hier und Jetzt.

Sie sind beim Arzt und machen sich Sorgen über ein mögliches medizinisches Problem. Während des Gespräches mit dem Arzt bemerken Sie, dass Ihr Geist noch mit Ihren Sorgen beschäftigt ist. Wenn Sie achtsam sind, konzentrieren Sie sich auf das, was der Arzt sagt, und stellen sachdienliche Fragen.

Sie haben ein Date, und der Abend entwickelt sich nicht ideal. Sie bemerken Eigenschaften an Ihrem Gegenüber, die Ihnen nicht sympathisch sind, und fragen sich gleichzeitig, wie Sie wohl auf die andere Person wirken. Wenn Sie achtsam sind, verscheuchen Sie diese Gedanken und lassen sich ganz unvoreingenommen auf die andere Person ein.

SELBSTBEFRAGUNG ist die Art und Weise, wie sich Ihr Geist von Gewohnheiten erholt. Indem Sie sich fragen: »Warum tue ich das?«, richten Sie bewusste Aufmerksamkeit auf eine Situation, in der Sie gewöhnlich von Gewohnheit, Routine, zwanghaftem Verhalten, reflexartigen Reaktionen und stagnierenden Ü berzeugungen dominiert wurden. Selbstbefragung bedeutet, dass Sie wiederholtes Verhalten bemerken und es infrage stellen.

Beispiele:

Es passiert immer wieder, dass Sie Ihren Ehepartner bitten, Ihnen bei der Hausarbeit zu helfen, und er diese Bitte ignoriert oder mit einer lahmen Ausrede wie »Entschuldigung, ich habe es einfach vergessen« beantwortet. Mithilfe der Selbstbefragung fragen Sie sich, warum Sie die Position eines Erwachsenen einnehmen, der mit einem Kind spricht.

Sie kommen schnell in Versuchung, in einem Restaurant ein Dessert zu bestellen, auch wenn Sie schon satt sind oder aber eine Diät machen. Mithilfe der Selbstbefragung halten Sie vor dem Bestellen kurz inne und fragen sich, ob das Dessert wirklich gut für Sie wäre. Da Sie ja eigentlich bereits wissen, dass dem nicht so ist, warum wollen Sie dann zum wiederholten Male trotzdem eines bestellen?

Sie beklagen sich ständig über Ihre Arbeit, und es gibt nur relativ kurze Phasen, in denen es richtig gut läuft. Mithilfe der Selbstbefragung überlegen Sie, warum Sie an einem Job festhalten, der Sie unglücklich macht, und ob Sie nicht etwas Besseres verdient haben.

REFLEXION ist die Art und Weise, wie sich Ihr Geist von Gedanken losigkeit erholt. Sie betrachten Ihr Verhalten, sehen, was daran selbstzerstörerisch ist, und erkennen, was tatsächlich vor sich geht. Der Geist ist naturgemäß gedankenvoll, wenn er ü ber sich selbst nachdenkt.

Beispiele:

Es gibt jemanden bei der Arbeit, der Ihnen komplett gegen den Strich geht. Die Lage droht zu eskalieren, wobei Ihre Kollegen aber anscheinend keine Probleme mit dieser Person haben. Anstatt sich nun auf den Stress zu konzentrieren, den die Person bei Ihnen verursacht, denken Sie darüber nach, ob Sie nicht Ihren Kollegen Stress verursachen.

Sie halten sich für einen fürsorglichen, aber wachsamen Elternteil. In letzter Zeit geht Ihre Tochter im Teenageralter zunehmend auf Distanz und macht ein Geheimnis daraus, was sie so tut. Sie denken darüber nach, ob Sie sich übertriebene Sorgen machen und sich Ihre Tochter nicht einfach wie ein normaler Teenager verhält, der sich von den Eltern abgrenzen will.

Ihr Ehepartner zeigt kaum noch ein Bedürfnis nach Sexualität. Ihre Freundinnen mutmaßen, dass er eine Affäre hat, während Sie befürchten, nicht mehr so begehrenswert oder attraktiv zu sein wie früher. Sie denken darüber nach und kommen zu der Auffassung, dass das Verhalten Ihres Partners andere Gründe haben muss. Sie beschließen, Veränderungen in Ihrem Liebesleben anzustoßen, die für beide befriedigend sind. Wenn das nicht funktioniert, werden Sie darüber nachdenken, was Sie als Nächstes tun können.

KONTEMPLATION ist die Art und Weise, wie sich Ihr Geist von Verwirrung erholt. Wenn Sie sich zwischen mehreren Wahlmöglichkeiten entscheiden mü ssen, die alle ihre Vor- und Nachteile haben, reflektieren Sie die Situation, bis Sie einen gewissen Grad an Klarheit erreicht haben. Der Geist zieht immer Klarheit der Verwirrung vor.

Beispiele:

Sie gehen nur noch unregelmäßig oder gar nicht mehr in die Kirche. Ihr Sohn jedoch hat sich mit einer tiefgläubigen Christin verlobt, die Sie immer wieder auf das Thema Glauben anspricht. Sie haben mit Religion schon lange nicht mehr viel am Hut, wollen aber den Frieden in der Familie wahren. Sie überlegen sich also, wie Sie das Ihrer künftigen Schwiegertochter vermitteln können, ohne dass es hohe Wellen schlägt.

Sie haben einen neuen Chef, der Ihnen durch seine Ansprüche und sein Verhalten das Leben schwer macht. Halten Sie das weiter aus, versuchen Sie mit dem Chef zu sprechen oder sehen Sie sich nach einer neuen Stelle um? Sie überlegen und wägen die Optionen ab.

Das Problem der Waffengewalt im Land bewegt Sie tief. Jeder sagt Ihnen, dass die Waffen-Lobby sehr mächtig ist und eine Verschärfung der Waffengesetze verhindern wird. Sie reflektieren darüber, ob es Sinn macht, Ihrem Gewissen zu folgen und sich für neue Gesetze einzusetzen oder ob die Erfolgschancen so gering sind, dass solche Bemühungen wohl sinnlos sind.

KONZENTRATION ist die Art und Weise, wie sich Ihr Geist von Sinnlosigkeit erholt. Es ist sinnlos, bei der Arbeit nachlässig zu sein, unbesonnene Äußerungen zu treffen oder anderen Menschen gleichgü ltig oder launenhaft zu begegnen. Solche Verhaltensweisen spiegeln die grundlegende Ü berzeugung wider, dass die meisten Dinge ohnehin sinnlos sind, warum sich also Mü he geben? Indem sich der Geist konzentriert, vertieft er sich so stark in etwas, dass es einen Sinn ergibt. Das befriedigt den natü rlichen Drang des Geistes, das Leben bedeutsam zu finden.

Beispiele:

Eine Ihrer langjährigen Freundschaften ist an einem toten Punkt angekommen, Sie finden die Freundin inzwischen eher langweilig. Anstatt sich damit abzufinden, konzentrieren Sie sich darauf, was Sie tun können, um Ihre Beziehung neu zu beleben.

Sie beherrschen Ihre Arbeit aus dem Effeff und sind so routiniert darin, dass Sie nichts mehr richtig fordert. Bevor Sie die schwierige Entscheidung treffen, Ihren Arbeitgeber zu wechseln, konzentrieren Sie sich darauf, wie Sie Ihre derzeitige Aufgabe sinnvoller und herausfordernder gestalten könnten.

Wenn Sie morgens aufstehen, gehen Sie nicht voller Vorfreude in den Tag, sondern empfinden eher Überdruss. Anstatt Ihrem Alter, Ihrem Ehepartner, Ihrem Job oder dem Leben an sich die Schuld dafür zu geben, fragen Sie sich, woran es Ihnen im Leben mangelt und wie Sie diesen Mangel beheben können.

GEBET ist die Art und Weise, wie sich Ihr Geist von Hilflosigkeit erholt. Indem Sie mit einer höheren Macht Kontakt aufnehmen, erkennen Sie das Bedü rfnis nach Verbindung an. Als Mensch fü hlen wir uns oftmals isoliert, allein, klein und verloren, alles Merkmale von Hilflosigkeit. Seit Jahrhunderten rufen die Menschen Gott oder die Götter an, um sich mit einer höheren Macht zu verbinden. Der Geist will sich nicht ohnmächtig fü hlen.

Beispiele:

Sie haben einen persönlichen Verlust erlitten und fühlen sich deprimiert und einsam. Um den Schmerz zu lindern, bitten Sie im Gebet, dass Ihr Leid durch Gnade oder durch einen liebenden Gott gelindert wird.

Sie werden irgendwo auf der Welt Zeuge einer Naturkatastrophe, die unsägliches Elend über sehr viele Menschen bringt. Geld zu spenden scheint Ihnen nicht genug zu sein, deshalb beten Sie, dass Ihnen ein besserer Weg aufgezeigt wird, wie Sie helfen können.

Ein Mitglied Ihrer Familie ist drogensüchtig geworden. Alle Versuche zu helfen sind gescheitert. Nach jedem Entzug wird die Person früher oder später wieder rückfällig. Sie beten um Hilfe und dass sich eine höhere Macht einschaltet, um die Situation zu ändern.

RUHIGER GEIST ist die Art und Weise, wie sich Ihr Geist von Überlastung erholt. Der Geist verarbeitet ständig das tägliche Leben und seine Herausforderungen, aber wenn die geistige Aktivität belastend wird, besteht die Gefahr, dass sich Erschöpfung, Angst und Rastlosigkeit einstellen. Es liegt in der Natur des Geistes, ruhig zu sein, wenn keine Aktivität notwendig ist. In der Ruhe und Stille liegen die einfache Zufriedenheit des Daseins und ein immer wieder neuer Appetit auf die nächste Situation, die eine Reaktion erfordert.

Beispiele:

Bei der Arbeit gehen Sie auf jemanden los, weil er sich Ihrer Meinung nach unverantwortlich verhalten hat. Die Person ist verärgert, und danach sind Sie es auch. Bevor Sie sich entschuldigen, ziehen Sie sich an einen ruhigen Ort zurück, wo Sie innehalten und Ihre Gedanken neu ordnen können.

Ihre Familie hat sich daran gewöhnt, dass Sie die Hauptlast tragen, und Sie sind stolz darauf, wie gut Sie alles schaffen. Alles, was Sie tun, geschieht aus Liebe. Aber allmählich macht sich eine wachsende Müdigkeit bei Ihnen breit. Bevor Sie mit den anderen darüber diskutieren, wie auch sie vermehrt einen Beitrag leisten können, nehmen Sie sich Zeit, sich zu entspannen und zur Ruhe zu kommen. Dann sind Sie bereit, die Dinge zu besprechen, ohne sich innerlich gestresst zu fühlen.

Nach einem anstrengenden Arbeitstag trinken Sie gewöhnlich ein Glas Bier oder Wein. In letzter Zeit hat Ihr Alkoholkonsum aber noch zugenommen. Sie erkennen, dass Sie sich besser entspannen können, wenn Sie meditieren, oder sich zumindest eine Viertelstunde lang ausruhen, bevor Sie sich entscheiden, ob Sie wirklich einen Drink brauchen.

KONTROLLIERTES ATMEN ist die Art und Weise, wie sich Ihr Geist von Stress erholt. Stress ist ein Sammelbegriff fü r einen unausgeglichenen Zustand von Geist und Körper unter Druck. Die Atmung wird unter Stress schnell und unregelmäßig. Durch ein paar tiefe Atemzü ge, tiefes Seufzen oder einfach Schlafen (ein natü rlicher Zustand regelmäßiger, entspannter Atmung) kommen Geist und Körper wieder ins Gleichgewicht.

Beispiele:

Alle Beispiele laufen auf dasselbe hinaus. Wenn Sie sich gestresst fühlen, achten Sie darauf, wie Sie atmen. Indem Sie bewusst einige Minuten lang regelmäßig tief einatmen, wird dem Druck mit einer Entspannungsreaktion begegnet, die den Kopf frei macht und den Körper von der Anspannung befreit.

GLÜCKSELIGKEIT ist die Art und Weise, wie sich Ihr Geist vom Leiden erholt. Der Geist zieht selbstredend das Wohlbefinden dem Leiden vor, egal wie sehr unser Verstand uns sagt, dass bestimmte Formen des Leidens gut fü r uns sind. Glü ckseligkeit, Freude oder Ekstase sind Zustände vollkommenen Glü cks. Sie scheinen wie aus dem Nichts aufzutauchen und wir alle haben sie schon erlebt, und der Geist möchte so oft wie möglich darin schwelgen. Glü ckseligkeit ist ein natü rlicher Zustand, während Leiden eine unnatü rliche Deformation ist, eine Art anhaltende schlechte Schwingung, die die guten Schwingungen des Geistes zerstört.

Beispiele:

Alle Glückseligkeit ist Glück jenseits von Worten, daher unterscheidet sie sich vom Glücksgefühl, das sich beschreiben lässt. Um den Unterschied zu erkennen, suchen Sie in Ihrer Erinnerung nach einem Moment, in dem Sie plötzlich Freude empfanden, ohne wirklich zu wissen, warum. Je verblüffender das Gefühl war, desto näher waren Sie an der Glückseligkeit.

Wenn sie sich an keinen solchen Moment der Seligkeit erinnern können, sind verwandte Gefühle wie Staunen und Ehrfurcht vielleicht leichter zu begreifen. Betrachten Sie sich selbst in einer Landschaft, die Sie mit dem Staunen über die Wunder der Natur erfüllt – ein solches Gefühl kommt der Glückseligkeit sehr nahe.

Glückseligkeit kann auch mit Tränen der Rührung verbunden sein. Erinnern Sie sich daran, wie Sie sich gefühlt haben, als Sie ein neugeborenes Baby im Arm hielten oder einem Kind beim unschuldigen Spielen zusahen oder jemandem, der sich über sein Leiden erhebt. Wenn diese Erlebnisse uns überwältigen, wenn das Gefühl, das sie hervorrufen, begeisternd ist, dann sind wir nahe an der Glückseligkeit.

Vollkommene Meditation

Lektion 5: Die Mitte finden

Ihr Geist weiß bereits, wie Meditieren geht. Alles, was Sie tun müssen, ist, dies zu erkennen und zu nutzen. Egal, welche Meditationspraxis Sie ausüben, der Prozess beinhaltet immer eine Zentrierung. Zentriert zu sein bedeutet, es sich im Körper gemütlich zu machen, sich in der eigenen Haut wohlzufühlen, ohne Anforderungen oder Erwartungen. Dies ist der Ausgangspunkt für alles andere, was bei der vollkommenen Meditation geschehen kann. Wenn Sie aber andererseits nicht zentriert sind, wird Ihre Meditation wirkungslos sein. Ablenkung ist der Kobold der Meditation, der uns ärgerlicherweise von dem abbringt, was am wichtigsten ist.

Zentrierung ist ein natürlicher Prozess, der auch außerhalb der Meditation stattfindet. Sie fühlen sich zentriert, wann immer Sie ernst und aufrichtig sind. Sie können Ihrer eigenen Wahrheit nur Ausdruck verleihen, wenn Sie zentriert sind. Auch eine von Herzen kommende Emotion entspringt der Zentriertheit.

Nun erfahren Sie, wie Sie Ihre Mitte jederzeit finden können:

Suchen Sie sich einen ruhigen Platz, schließen Sie die Augen und lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit sanft zum Zentrum Ihrer Brust, dem Bereich Ihres Herzens. Atmen Sie bewusst ein und aus und tun Sie sonst nichts. Sie werden spüren, dass Sie zentriert und ruhig sind.

Tun Sie weiterhin nichts; Ihre Gedanken werden wieder umherschweifen. Nehmen Sie dies wahr und lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit wieder auf Ihr Zentrum.

Wiederholen Sie die Übung, so oft sie wollen. Ihr Ziel ist es einfach, Ihre Mitte wahrzunehmen. Dieses Gefühl ist die Schwelle zum reinen Gewahrsein, dem stabilen Bewusstseinszustand.

Um das Gelernte anzuwenden, machen Sie im Alltag immer dann eine Pause, wenn Ihnen eines der folgenden Dinge bei Ihnen auffällt:

Gefühl der Zerrissenheit

Gefühl der Zerstreutheit

Wirre oder rasende Gedanken

Zweifel bei der Entscheidungsfindung

Gefühl, unter Druck zu stehen

Sorgen über Zeit, Geld oder Ihre Gesundheit

Ärger oder Ungeduld

Gefühl der Langeweile

Nichts davon ist ungewöhnlich. Wehren Sie sich nicht dagegen, sondern halten Sie kurz inne, um sich zu zentrieren. Lassen Sie es zu, dass das Gewahrsein Sie wieder ruhig und ausgeglichen fühlen lässt, und an einen Ort zurückführt, an dem Sie nicht länger auf äußere Ereignisse reagieren. Erzwingen Sie nichts. Wenn Ihre Aufmerksamkeit umherwandert, bringen Sie sie behutsam zum Zentrum Ihrer Brust zurück.

Bewusstsein ist »Alles oder Alles«

Manche Dinge im Leben sind Alles-oder-Nichts-Unterfangen, wie zum Beispiel schwanger zu sein, aber die meisten sind es nicht. Man kann in der Mitte leben, wo »Das passt schon« zu finden ist. Nur das Bewusstsein ist »alles oder alles«, ein Ausdruck, der erklärt werden muss.

Wenn etwas vollkommen ist, kann es nicht aufgeteilt werden. Es gibt nur das Ganze. Das Bewusstsein ist immer und ausnahmslos in jeder Faser des Lebens präsent. Weil man einen freien Willen hat, kann man das Bewusstsein verdrängen, was wir immer dann tun, wenn wir ignorieren, was gut fü r uns ist, und uns stattdessen entscheiden, das zu tun, was schlecht fü r uns ist. Gewohnheiten schieben das Bewusstsein zur Seite. Regeln schieben das Bewusstsein zur Seite. Alles, was das Leben mechanisch macht, schiebt das Bewusstsein zur Seite, und doch bleibt das Bewusstsein unbeeinflusst.

Das erwachte Leben ist völlig bewusst, was es zur natü rlichsten Art zu leben macht. Dennoch fällt es den Menschen sehr schwer, dieses Konzept zu akzeptieren. Sie leben zum Beispiel gerne nach Regeln, und wenn die Regeln sehr streng sind, wie zum Beispiel die, wie sie fü r orthodoxe Brahmanen im Hinduismus oder orthodoxe Juden gelten, passiert es schnell, dass man sich ü berlegen fü hlt, weil man so vielen Vorschriften folgt, an die sich andere Menschen gar nicht halten könnten.

Vollkommene Meditation öffnet den Weg zum erwachten Leben, aber zuerst muss man dieses Leben wollen. In jeder Situation die ganze Zeit gewärtig zu sein, klingt seltsam und nicht unbedingt gut. Was, wenn Sie ständig Ihres Gewichts oder der Unzulänglichkeiten Ihres Partners gewahr werden oder dessen, wie wenig Sie im Vergleich zu einem Fachbuchautor tatsächlich ü ber ein Thema wissen? Erwachtes Leben sieht jedoch nicht so aus. Ich kann nicht oft genug wiederholen, dass das vollkommene Gewahrsein die beste Art zu leben ist, weil das Bewusstsein bereits vollkommen ist.

Der Körper ist, wie immer, der perfekte Prü fstein fü r die Realität. Ihr Körper bringt sich durch die Homöostase nicht nur selbst wieder ins Gleichgewicht – er heilt sich auch selbst, und zwar ständig, und nicht nur dann, wenn Sie sich krank fü hlen oder sich verletzen. Tausende Male am Tag werden aus der Rolle fallende Zellen, auch solche, die krebsartig sein könnten, zerstört, und wenn Zellen aufgrund ihrer fortgeschrittenen Lebensdauer ihre Funktionsfähigkeit einbü ßen, sterben sie freiwillig ab. Der Körper ist immer wachsam, und diese Tatsache impliziert ein permanentes Gewahrsein.

Wie so viele andere Prozesse im Körper ist die Heilung äußerst kompliziert, und sie zu beschreiben, fü llt Lehrbü cher, ohne dass das Thema jemals erschöpfend behandelt werden kann. Fü r unsere Zwecke ist es wichtig zu erkennen, dass das Bewusstsein hinter den Körpervorgängen steht, bis hinunter auf die zelluläre Ebene. Die Intelligenz einer Zelle sagt ihr, was sie tun soll. Ihre Atome und Molekü le wü rden ohne Bewusstsein irgendwie zufällig herumschweben, wie interstellare Staubteilchen. Ich möchte das an einem Beispiel aus dem Immunsystem aufzeigen, das stellvertretend fü r all die Vorgänge im Körper stehen soll.

Im Blut jedes Menschen befinden sich sogenannte Phagozyten, weiße Blutkörperchen, die eingedrungene Fremdstoffe, besonders Bakterien, aufnehmen, auflösen und unschädlich machen. Eine andere Art von weißen Blutkörperchen sind die Lymphozyten, deren Aufgabe darin besteht, unerwü nschte Eindringlinge zu erkennen. Ihr Gedächtnis – was ist ein Krankheitserreger und was nicht – reicht dabei nicht nur bis zum Lebensbeginn des jeweiligen Menschen zurü ck, sondern Tausende, wenn nicht gar Millionen von Jahren.

Ein weißes Blutkörperchen steht insofern stellvertretend fü r den ganzen Körper, als dass es eine sichtbare und eine unsichtbare Komponente hat. Es ist faszinierend, durch ein Mikroskop zu beobachten, wie eine Killer-T-Zelle, eine Art von Lymphozyt, eine unerwü nschte Bakterie oder ein Virus einhü llt und dann durch förmliches Verschlingen unschädlich macht. Es ist die unsichtbare Intelligenz der Lymphozyten, die das gesamte Immunsystem funktionsfähig macht. Wir sind auf das nahezu perfekte Gedächtnis des Immunsystems angewiesen. Ihre Fähigkeit, ein Gesicht zu erkennen, gleicht der Fähigkeit Ihrer Lymphozyten, die Viren zu erkennen, die Masern und Mumps verursachen. Indem sich die Lymphozyten daran erinnern, dass Sie als Kind Masern und Mumps hatten, sind Sie davor geschü tzt, diese Krankheiten jemals wieder zu bekommen.

Dabei können zwei Dinge schieflaufen: Entweder wird ein harmloser Eindringling fälschlicherweise als Feind erkannt, wodurch Allergien entstehen. Oder Immunzellen beginnen, körpereigene Zellen anzugreifen, und verursachen dadurch eine Autoimmunkrankheit (von denen es etwa fü nfzig gibt, darunter Lupus und rheumatoide Arthritis).

Allergien und Autoimmunerkrankungen haben in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen, insbesondere in den entwickelten Ländern, und niemand kann erklären, warum. Die Ratlosigkeit der Mediziner rü hrt daher, dass sie ausschließlich die physischen Aspekte des Immunsystems untersuchen. Es gibt nur minimale Kenntnisse ü ber seine unsichtbare Intelligenz. Das ist so, als ob wir versuchen wü rden, Einsteins Arbeit zu verstehen, indem wir untersuchen, wie viel Kreide er fü r seine Tafelanschriebe verwendet hat. In Wirklichkeit mü ssen wir uns natü rlich mit der Bedeutung dessen befassen, was er mit seiner Kreide geschrieben hat. Bei einem weißen Blutkörperchen, dessen Intelligenz verborgen ist, können wir das jedoch nicht. Ihre Intelligenz erkennt man nur, wenn man beobachtet, woran die Zelle sich erinnern kann.

Wenn man die Sache genauer betrachtet, ist das Rätsel des Gedächtnisses im Immunsystem dasselbe wie das Rätsel des Gedächtnisses, Punkt. Im Gehirn ist das Gedächtnis ü ber mehrere Regionen verteilt, darunter der Hippocampus, ein Teil des Gehirns, der fü r die Ü berfü hrung von Gedächtnisinhalten aus dem Kurzzeit- in das Langzeitgedächtnis wichtig ist (er wurde nach dem lateinischen Wort fü r Seepferdchen benannt, dessen Form er ähnelt). Bei einem bekannten chirurgischen Fehlgriff in den Fü nfzigerjahren wurde einem an Epilepsie leidenden Mann der Hippocampus operativ entfernt, in der Hoffnung, dass ihn dies heilen wü rde. Zwar litt er danach tatsächlich weit weniger an epileptischen Anfällen, verlor dafü r jedoch vollständig seine Gedächtnisfunktion, was ihn bis zu seinem Tod mehrere Jahrzehnte später zu einem einzigartigen Studienobjekt machte. Ein völliges Fehlen des Gedächtnisses macht jede Erfahrung neu, aber auch bedeutungslos. Der Mann hatte zum Beispiel keine Beziehungen zu anderen Menschen mehr. Sein Arzt musste sich ihm jedes Mal vorstellen, wenn er den Raum betrat, auch wenn er kaum eine Minute abwesend gewesen war.

Die Kenntnis des Orts des Gedächtnisses mag fü r die Zwecke der Hirnkartierung hilfreich sein, aber die Struktur des Hippocampus sagt in etwa so viel ü ber das Gedächtnis aus, als ob Sie wü ssten, wo sich Ihr Smartphone befindet, aber nicht, wie es zu bedienen ist. Da die sichtbare oder physische Seite des Gedächtnisses fü r uns so wenig zum Verständnis beiträgt, mü ssen wir uns seiner unsichtbaren Seite zuwenden. Was wissen wir ü ber das Gedächtnis? Wir verfü gen ü ber Unmengen an Wissen darü ber, aber es ist alles subjektiv.

Wir wissen, dass Erinnerungen abgerufen werden können, aber auch von selbst entstehen.

Wir wissen, dass Erinnerungen, wenn sie lebhaft genug sind, die starken Emotionen der ursprü nglichen Umstände zurü ckbringen, die die Erinnerung geschaffen haben.

Wir wissen, dass manche Erinnerungen wahr sind, andere aber falsch. Der Verstand produziert sogar völlig falsche Erinnerungen an die Vergangenheit oder verschmilzt mehrere Vorfälle miteinander.

Dieses Wissen erlangen wir einfach durch die Nutzung des Gedächtnisses, aber anders als das Gedächtnis eines Computers, das mechanisch als Ziffern von 1 und 0 gespeichert wird, hat das menschliche Gedächtnis irgendwie ein Eigenleben. Es ist oft so, dass Erinnerungen uns beherrschen und nicht umgekehrt. Damit meine ich, dass Erinnerungen uns dazu zwingen, schmerzhafte Erfahrungen wieder zu erleben, die wir lieber vergessen wü rden. Sie erinnern uns an unsere frü heren Misserfolge und Unzulänglichkeiten. Sie halten alten Groll und Kränkungen wach, die wir nicht vergeben können. Uns fehlt eine Methode, unerwü nschte Erinnerungen zu löschen, was einer der Grü nde dafü r ist, dass Menschen es fü r notwendig erachten, etwas zu verdrängen – eine willentliche Art des Vergessens.

Tatsache ist, dass fast alles, was der Körper tut, vom Hintergrundbewusstsein kontrolliert wird, das stets präsent, intelligent und wachsam ist. Wir wissen einige Dinge aus persönlicher Erfahrung, die die Wissenschaft vor ein Rätsel stellen. Die Erinnerung ist ein eklatantes Beispiel dafü r, ebenso wie die Heilungsprozesse im Körper. In allen Teilbereichen der Medizin gibt es immer noch Vorgänge, die voller Rätsel stecken. Auf meinem eigenen Gebiet der Endokrinologie dachte man beispielsweise bis 1995, Hormone wü rden nur von den endokrinen Drü sen wie Schilddrü se, Bauchspeicheldrü se und Nebennieren ausgeschü ttet. Dann entdeckte man, dass Fettzellen ein Hormon namens Leptin absondern, das das Sättigungsgefü hl steuert. Als ob dies nicht schon ü berraschend genug gewesen wäre, stellte sich dann noch heraus, dass endokrine Hormone ü berall im Körper ausgeschü ttet werden. Sogar die Knochen zum Beispiel scheiden ein spezielles Hormon aus, und auch in der Haut befinden sich sehr viele hormonbildende Zellen.

Eine weitere Ü berraschung war die Erkenntnis, dass jedes Hormon mehr als eine Funktion hat, und diese Funktionen oft in keiner Beziehung zueinander stehen. Testosteron zum Beispiel ist nicht einfach das männliche Geschlechtshormon. Es existiert auch bei Frauen, und zu seinen Funktionen gehören neben dem Sexualtrieb die Verstärkung der Knochenneubildung, die Produktion roter Blutkörperchen sowie Fettverteilung und Muskelaufbau. Kurz gesagt, das Verständnis unserer Hormone, wie auch der Heilungsreaktion, erfordert ein umfassendes Wissen ü ber alles, was der Körper tut und tun muss.

Denken und Meditieren sind unterschiedliche Dinge

Meine Kurzbeschreibung von Bewusstsein lautet, dass es ü berall und alles ist. Doch unsere Gedanken, das offensichtlichste Beispiel fü r Bewusstsein, sind nicht immer bewusst. So haben Sie Ihr Immunsystem nicht durch Denken entstehen lassen, und Sie heilen keine Schnittwunde, indem Sie darü ber nachdenken. Der Versuch, Bewusstsein durch Nachdenken zu verstehen, ist der schlechteste Weg. Nur die direkte Erfahrung des Bewusstseins fü hrt zum Verstehen. Deshalb sind Meditation und Denken bei Weitem nicht das Gleiche.

Das Denken kann so falsch sein, dass es die natü rliche Wiederherstellung des Gleichgewichts blockiert, fü r die der Geist bestimmt ist. Lassen Sie mich dies anhand eines Erfahrungsberichts veranschaulichen, den ich auf einer persönlichen Webseite von Joey Lott gefunden habe, einem Mann ohne medizinische Ausbildung, der durch jahrelanges Ausprobieren entdeckte, was er »das Heilmittel gegen Angst« nennt:

Die ersten zweiunddreißig Jahre meines Lebens lebte ich in Angst. Sie steigerte sich bis zu dem Punkt, an dem ich sozusagen durchgehend in Panik war … viele Jahre lang. Ich fühlte mich, als würde ein elektrischer Strom durch meinen Körper fließen und meine Nerven elektrifizieren. Es schien mir unmöglich, jemals Ruhe zu finden.

Es besteht kein Konsens darü ber, was chronische Angstzustände verursacht. Eine natü rliche Reaktion – Furcht angesichts Gefahr – koppelt sich ab und ist nicht mehr an eine tatsächliche Bedrohung gebunden. Bei Joey Lott waren die Symptome komplex und ü bergreifend.

Seit ich elf war, kämpfte ich mit Zwangsneurosen und Anorexie. Aus Scham versteckte ich mich und mied andere Menschen. Ich hungerte und trieb exzessiv Sport. Außerdem wusch ich mir Dutzende Male am Tag die Hände und versuchte, unerwünschte Gedanken und Bilder zu verdrängen. Ab und zu versuchte ich bewusst, etwas in Gesellschaft zu tun, nur um dann schnell wieder in die relative Sicherheit meines Zuhauses zurückzukehren. Aber selbst mein Zuhause war nicht sicher. Ich lag nachts wach und stellte mir panisch alle möglichen Dinge vor, die passieren könnten.

In seiner Frustration suchte Lott professionelle Hilfe und probierte eine ganze Reihe von Praktiken zur Förderung der Selbstheilung aus, von denen sich aber keine als wirksam erwies.

Nachdem ich jahrelang ohne Erfolg Psychotherapie, Meditation, Yoga, Affirmationen, Atemarbeit und Gebete ausprobiert, Hunderte von Selbsthilfebüchern gelesen und unzählige Workshops besucht hatte, verließ mich die Hoffnung. Ich dachte, dass mir nichts mehr helfen konnte und ich auf ganzer Linie gescheitert war.

Die Behandlung, die er dann schließlich doch noch fü r sich entdeckte, ist eine Form des »Nichtstuns«. Diese spezielle Erfahrung des Nichtstuns war entscheidend fü r Joeys Heilung. Er erkannte, dass seine Angst im Denken selbst verwurzelt war, in dem ständigen Versuch des Geistes, die Angst auf selbstzerstörerische Weise anzugreifen. Das Heilverfahren, so Joey,

ist völlig kontraintuitiv, denn es geht dabei nicht darum, unerwünschte Symptome loszuwerden. Es geht nicht darum, Ängste loszuwerden . Es geht nicht darum, Ängste zu besiegen oder sich von Ängsten zu befreien.

Vielmehr geht es darum, herauszufinden, was Angst ist, und sie zu begrü ßen.

Die Methode, die Lott im Sinn hat, ist, dass man aufhört, der Angst in irgendeiner Weise Widerstand zu leisten. Lott meint, dass der Widerstand – in Kombination mit den Versuchen, die Angst loszuwerden – die eigentliche Ursache der Angst ist. Anstatt sich in so viel geistige Aktivität zu verstricken, beschloss Lott, das Ganze zu umgehen:

Das wesentliche Heilmittel gegen Angst ist … die direkte Begegnung mit der Erfahrung. Nicht der Versuch, sie loszuwerden, zu beruhigen, zu verändern, zu reparieren, zu lösen oder irgendetwas anderes.

Wie geht man bei solchen direkten Begegnungen vor?

Indem man ganz einfach nichts tut.

Worte können einem leicht in die Quere kommen, und nur wenige, die an Ängsten leiden, ob in leichter, mittlerer oder schwerer Form, wü rden Nichtstun als Heilungsmethode akzeptieren. Ich denke, was in Lotts Fall geschehen ist, ist auf die Fähigkeit des Geistes zurü ckzufü hren, sich selbst zu heilen und wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Lott fand einen Weg, diesen Prozess sich entfalten zu lassen, und fü r ihn bestand das Geheimnis darin, sich seiner Angst direkt zu stellen. Andere Menschen empfinden eine solche Konfrontation als so beängstigend, dass sie nicht mal darü ber nachdenken möchten. Es lässt sich aber als allgemeines Prinzip festhalten, dass wir die Heilung fördern, indem wir sie einfach geschehen lassen und uns ihr nicht in den Weg stellen. Wenn wir in einer Wunde herumpulen, wird sie nur noch schlimmer. Die Weigerung, sich bei einer Grippe auszuruhen, kann die Symptome verlängern.

Lott ist gewissenhaft und legt dar, dass die verschiedenen Methoden, die er ausprobiert hat, wie Achtsamkeit und Meditation, bei Ängsten durchaus helfen können. Mit der Inbrunst von jemandem, der sich selbst geheilt hat, ist er aber der Ü berzeugung, fü r sich ein anderes Heilmittel gefunden zu haben. Unnötig zu sagen, dass dies kein anerkanntes medizinisches Modell ist, und als Arzt muss ich hinzufü gen, dass ich diese Heilungsmethode eigentlich nicht befü rworte. Lott stellte aber bei sich selbst und anderen Menschen, mit denen er später in Kontakt kam, fest, dass es möglich ist, »nichts zu tun«, das heißt, einfach gewahr zu sein, was passiert. Bei ihm hat es funktioniert.

Lott gibt zu, dass diese Methode möglicherweise erst erlernt werden muss. Der Geist ist daran gewöhnt, den Gedanken Aufmerksamkeit zu schenken, und es ist so gut wie unmöglich, nicht darauf zu achten. Die Angst wächst aber, je mehr man darü ber nachdenkt. Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, kann man damit beginnen, Symptomen weniger Beachtung zuteilwerden zu lassen, statt darü ber zu grü beln. Wenn Sie sich daran gewöhnen, sich mit einer Erfahrung nicht zu beschäftigen, wie schmerzhaft oder ablenkend sie auch sein mag, wird Ihre Aufmerksamkeit mit der Zeit stattdessen auf das Selbstgewahrsein gelenkt. Irgendwann kehrt der Geist in einen Zustand normaler Ausgeglichenheit zurü ck, von dem Heilung ausgeht.

Hier gibt es eine wichtige Lektion ü ber den Unterschied zwischen Denken und Meditieren zu lernen. Meditieren bringt den Geist ins Gleichgewicht und in Einklang mit Heilung. Dem vollkommenen Bewusstsein ist es erlaubt, seine Arbeit zu verrichten, ohne dass dabei Sorgen, Zweifel, Selbstmitleid, Hoffnungslosigkeit und Hilflosigkeit dazwischenfunken. Selbst wenn wir diesen Beeinträchtigungen nicht nachgeben, knabbern sie an den Rändern jedes chronischen Zustandes. Ein solcher »Zustand« kann dabei eine Erkrankung sein, aber auch eine schlechte Beziehung oder ein langweiliger Job sind Zustände, die uns aus dem Gleichgewicht bringen. Je länger der Zustand anhält, desto schlimmer wird er.

Lott erlangte Zugang zu einer verborgenen Fähigkeit in seinem eigenen Gewahrsein. Das ist es, was Meditation bewirkt. Nicht die punktuellen Meditationen, die Lott nicht helfen konnten, sondern ein Prozess, der im täglichen Leben zur zweiten Natur wird. Wahre Meditation ist einfach eine Erinnerung des Geistes an seine Rolle als Heiler. Wir erinnern uns an etwas Entscheidendes, das nie wieder vergessen werden sollte.

Vollkommene Meditation

Lektion 6: Erweitertes Gewahrsein

Durch eine einfache Übung in Selbstgewahrsein können Sie mit den heilenden Fähigkeiten des Geistes experimentieren.

1. Suchen Sie sich einen ruhigen Ort, an dem Sie fünf bis zehn Minuten lang nicht gestört werden.

2. Schließen Sie die Augen. Lassen Sie Ihre Aufmerksamkeit frei zu einer Stelle am Körper wandern, die Ihnen Beschwerden bereitet. Wenn Sie stattdessen an einem seelischen Schmerz leiden – irgendeine Sorge oder ein Gefühl, das Sie ständig belastet – vergegenwärtigen Sie sich diesen Schmerz.

3. Konzentrieren Sie sich einige Sekunden lang auf die körperlichen Beschwerden oder den schmerzhaften Gedanken und wenden Sie dann Ihre Aufmerksamkeit davon ab. Konzentrieren Sie sich stattdessen auf die Umrisse Ihres Körpers. Spüren Sie die Luft um Sie herum, die Temperatur auf Ihrer Haut und die Empfindung Ihres ganzen Körpers.

4. Kehren Sie zu Ihrem körperlichen oder seelischen Schmerz zurück und dehnen Sie dann Ihr Gewahrsein wieder aus, weg vom Schmerz hin zum ganzen Körper. Wiederholen Sie dies mehrmals.

5. Jetzt erweitern Sie Ihr Gewahrsein noch mehr. Spüren Sie den Schmerz und dehnen Sie dann Ihr Gewahrsein auf den Raum um Sie herum aus. Lauschen Sie den Geräuschen, wenn es welche gibt, und visualisieren Sie, wie Ihr Gewahrsein sich wie ein Ballon ausdehnt und das Zimmer ausfüllt.

6. Erweitern Sie schließlich Ihr Gewahrsein überallhin. Spüren Sie Ihren körperlichen oder seelischen Schmerz und dann, wie Ihr Gewahrsein die Wände des Zimmers und dann des Gebäudes durchdringt und sich stetig weiter ausbreitet, bis es allumfassend ist.

7. Setzen Sie sich einen Moment lang still hin und öffnen Sie dann die Augen.

Bei den meisten Menschen werden die körperlichen oder psychischen Schmerzen, die sie zu Anfang der Meditation empfunden haben, am Ende nachgelassen haben, in vielen Fällen sogar sehr stark. Selbst extreme, anhaltende Schmerzen körperlicher und seelischer Natur können mithilfe der Meditation verschwinden. Durch eine solche Sitzung lässt sich natürlich keine dauerhafte Heilung erreichen, aber sie lehrt, Beschwerden weniger Beachtung zu schenken.

Jede Art von Schmerz erfordert Aufmerksamkeit. Es liegt an Ihnen, ob Sie passiv nachgeben. Wenn Sie das tun, werden Sie den Schmerz verschlimmern. Das ist so, als wenn Sie mit der Zunge ständig über einen wunden Zahn oder ein Fieberbläschen fahren.

Um aus dieser automatischen Reaktion herauszukommen, können Sie Ihr Gewahrsein gezielt dorthin lenken, wo Sie es haben wollen. Genau das lernen Sie mit dieser Übung. Das ist ein perfektes Beispiel dafür, wie Sie sich aus einer festgefahrenen Reaktion befreien können, indem Sie einfach die Kontrolle über Ihr Gewahrsein übernehmen.