Haben Sie sich jemals gefragt, wie es ist, einem lebenden Menschen die Haut abzuziehen? Vermutlich nicht. Ich denke oft daran. Wenn ich andere Dinge tue. Wenn ich nachts im Bett liege. In stillen Momenten wie diesem. Ich warte in meinem Wagen auf den Nächsten auf meiner Liste, um meine Arbeit zu Ende zu bringen. Ich trage Informationen über seine Angewohnheiten zusammen, um daraus auf seinen Charakter zu schließen und mir einen Plan zurechtzulegen. Er ist groß und geht häufig ins Fitnessstudio. Jeden Tag, um genau zu sein. Ich freue mich darauf, ihm die Haut vom Körper zu ziehen, sein Tattoo abzuschälen. Als würde ich einen Apfel schälen.
Nein, im Grunde ist es nicht so wie Apfelschälen. Die Haut eines lebenden Menschen ist um einiges dehnbarer und elastischer als eine Apfelschale. Auch die Technik ist komplett anders. Der schwerste Teil beginnt, sobald ich den Umriss der Fläche, die ich häuten will, mit dem Messer nachgefahren habe. Ich hebe die Ränder der Haut mit der Messerspitze an, dann bewege ich die Klinge vorsichtig hin und her, um eine kleine Tasche zwischen der angehobenen Haut und der festen weißen Muskelschicht darunter zu schaffen. Oder, wie es bei manchen Menschen der Fall ist, zwischen der Haut und der subkutanen Fettschicht. Wenn ich den gelösten Rand zu fassen bekomme, kann ich anfangen, die Haut vorsichtig abzuziehen, wobei ich sie mit der Klinge vom Fleisch trenne.
Je nachdem, um welche Körperpartie es sich handelt, fließt nur wenig Blut, oder aber es kommt ein ganzer Schwall davon. Ich unternehme nichts, um die Blutung zu stillen. Wozu auch? Am Ende sterben meine Opfer immer, und das Wichtigste ist, die Tätowierung zu entfernen, ohne sie zu beschädigen. Nichts übertrifft die Befriedigung, die ich verspüre, wenn ich den letzten Schnitt ausführe, mit dem sich das Stück Haut, an dem ich arbeite, vom Körper löst. Dann kann ich es in der Hand halten – noch warm und feucht, manchmal dampft es sogar, wenn wir in einer kalten Nacht draußen sind – und mir vorstellen, wie es aussehen wird, wenn die Haut getrocknet und gegerbt ist.
Nicht jeder hat das Glück, seine Arbeit so sehr zu lieben, wie ich es tue. Ich denke, ich kann durchaus von meinem Traumjob sprechen. Die Bezahlung ist gut, aber um ehrlich zu sein – ich würde es auch umsonst machen. Ich würde fast alles tun, worum mich der Sammler bittet, aber zum Glück erkennt er, wo meine speziellen Fähigkeiten liegen, und diese Arbeit befriedigt nun mal unser beider Bedürfnisse. Er liebt die Stücke, die ich ihm bislang überreichen konnte – wir sind dabei, gemeinsam eine ganz besondere Sammlung aufzubauen.
Der Mann, den ich beobachte, kommt aus seinem Bürogebäude und geht auf seinen geparkten Wagen zu. Seine Tätowierung ist nicht zu sehen – er trägt bei der Arbeit einen billigen schwarzen Anzug. Ich bezweifle, dass die Leute in seinem Büro wissen, dass er ein Tattoo hat. Er verkauft am Telefon Versicherungen und kompensiert seine gähnend langweiligen Tage mit törichten nächtlichen Aktivitäten. Ich habe ihn in den Clubs beobachtet, wo er mit seinem Tattoo und seinen Moves protzt. Ich habe gesehen, wie er auf öffentlichen Toiletten Drogen kauft und mit anderen Männern in dunklen Seitenstraßen verschwindet, auf der Suche nach Vergessen. Oder nach billigen Kicks.
Wenn die Zeit gekommen ist, wird er ein leichtes Ziel sein. Eine reife Frucht, bereit, zerteilt und geschält zu werden. Ich werde ihm das Tattoo abschälen, Zentimeter für Zentimeter, einen Ganzkörperanzug in zwei großen Stücken. Gott, er wird heftig bluten. Ich kann den Geruch beinahe schmecken.
Es muss bald passieren.