Ein Hund bellte, eine Reihe tiefer Laute, die zu einem wilden Geheul anwuchsen. Als Perikles den Talboden erreichte, sprang etwas Verschwommenes zwischen den Gebäuden hervor, ganz Schatten und reißende Pfoten. Einer der Hopliten fluchte, als das Tier auf ihn losging, mehr in Furcht vor dessen Zähnen als vor irgendeinem Mann, dem er entgegentreten mochte. Das Heulen erstickte, als jemand den Hund mit einem Speer aufspießte. Schnappende Wut verwandelte sich in Kreischen, und Perikles zuckte zusammen. Die ganze Insel musste das gehört haben.
»Haltet euch an eure Befehle«, grollte er. »Gleichmäßiges Tempo.«
Sie alle kannten ihre Arbeit besser als er, aber wenigstens hatte er ihnen keine Gelegenheit gegeben, an ihm zu zweifeln. Perikles hörte das Schaben von Schilden, die zusammentrafen, indem sie sich wie Schuppen überlappten, sodass sie als eine Schlachtlinie vordrangen. Sie würde nur so lange andauern, bis sie die Hütten der Diebe und Piraten erreichten, aber sie würden auch nicht in einen plötzlichen Hinterhalt geraten. Zu kämpfen war bereits ein gefährliches Geschäft, sagte sein Vater immer. Es gab keinen Grund, es durch Unachtsamkeit noch härter zu machen.
Mehr Hunde nahmen das Gebelle und Geheul des ersten auf. Ein weiterer griff an und wurde niedergehauen, als er sich seine Zähne an einem Schildrand brach. Dennoch gab es kein Zeichen von Verteidigern. Perikles starrte und blinzelte, strengte sich an zu sehen. Die Häuser waren alle dunkel. War der Ort verlassen? Die Hunde hätten ein Teil von einem wilden Rudel sein können. Es wäre ein feiner Witz, wenn sie nach all der Vorsicht bei ihrem Vordringen die gesamte Stätte menschenleer vorfanden.
Perikles gab den Befehl anzuhalten. Kimon war außer Sichtweite, vertraute ihm aber dennoch, verließ sich auf ihn. Es würde keine Fehler geben, nicht solange er das Kommando hatte. Perikles konnte keinen großen Teil seines Lebens kontrollieren, aber für diese eine Nacht, für dieses Vorwärtskommen und diese Männer – nun, sie gehörten ihm, und er würde sie nicht hängen lassen.
»Zu dritt«, schnappte er. »Legt eure Speere zu eurer rechten Seite hin – drinnen nützen sie euch nichts. Speere runter, hab ich gesagt. Zieht die Schwerter. Rasch jetzt! Geht schnell rein auf mein Kommando. Durchsucht jeden Raum – und hütet euch vor Angriffen. Irgendwas stimmt hier nicht. Sie …«
Perikles brach die Reihe von Anweisungen ab und fuhr herum. Die Stimme einer Frau hatte aufgeschrien, oder die eines Kindes. Sie war über die Geräusche der Krieger hinweg erklungen, und er wartete ab. Da drüben, er war sich beinahe sicher. Er deutete auf ein Gebäude, dann auf das Paar, das am nächsten bei ihm stand. »Ihr zwei, geht mit Attikos. Wer auch immer dieses Geräusch gemacht hat, findet ihn und bringt ihn zu mir. Der Rest von euch, worauf wartet ihr? Rückt zu dritt vor.«
Die Hopliten hätten sich ebenso schnell formieren können, wenn er ihre Anordnung zu viert oder zu sechst befohlen hätte. Sie alle kannten ihre Gruppen und konnten sich selbst in der Mitte einer Schlacht auf ein Dutzend verschiedener Arten aufstellen. Das bedeutete, dass die Lochagoi oder der Strategos die Angriffslinien nach Belieben anpassen konnten, indem sie auswählten, wohin sie die größte Kampfstärke schickten. Nur die volle Phalanx arbeitete als einzige Formation, wenn sie gegen einen Feind drängte.
Als die ersten Türen eingetreten wurden, ertappte Perikles sich dabei, dass er grinste, sowohl aus Nervosität wie auch aus Aufregung. Dennoch spielte sich die Szene in seiner Vorstellung auf großartige Weise ab. Athenische Hopliten mit Helmen und in Rüstungen würden in einem kleinen Heim wie der wiedergeborene Achill wirken – unantastbar, schnell und tödlich. Wenn sich tatsächlich Plünderer in den Hütten versteckten, dann würden sie sicher abgeschlachtet werden. Trotzdem nagte etwas an ihm, sodass ihm das Herz in der Brust hämmerte. Diese Leute kannten ihren Ort. Er war ihr Zuhause, und er fragte sich, ob etwas übersehen worden war.
Ein Kreischen erklang zu seiner Rechten. Perikles drehte den Kopf, lauschte, versuchte zu verstehen. Die Ruderer standen noch immer hinter ihm. Sie hatten es nicht besonders eilig, anzugreifen, so viel konnte er ahnen. Die meisten Männer bevorzugten es, ihre Stellung ohne einen Befehl fürs Vorrücken zu halten, zumindest, wenn die Alternative darin bestand, durch Türöffnungen in komplette Dunkelheit zu treten und nie zu wissen, was sie hinter jeder erwartete. Perikles konnte sie nicht den Hopliten hinterherschicken, nicht, solange er nicht einen besseren Eindruck davon besaß, womit sie zu rechnen hatten – oder bis sie in einen Hinterhalt getappt waren. Nur fünfundvierzig Hopliten waren durch die Ansammlung von Hütten gebrochen. Weiter entfernt konnte er Schreie und den Klang von Metall auf Holz hören, als Kimon die zweite Flanke hereinbrachte. Wen auch immer sie in der Mitte abfingen, war sicher hilflos, aber dennoch setzte ihm das Gefühl zu, dass etwas nicht stimmte. Perikles musste etwas sehen können, aber es würde Feinde wie Mücken anziehen, wenn er jetzt eine Lampe entzündete. Wenn sie hier waren.
Er hörte, wie Attikos zurückkehrte, ehe er ihn sehen konnte.
»Beiß mich noch mal, und ich hau dich um«, knurrte Attikos. Er und ein anderer Mann hielten eine sich windende Gestalt zwischen sich. Sie musste den Befehl ignoriert haben, denn Perikles hörte, wie Attikos vor Schmerzen zischte. Der ältere Mann hob zur Erwiderung seinen Arm, doch Perikles packte sein Handgelenk und hielt ihn zurück.
»Wir müssen sie befragen«, sagte er.
Attikos schüttelte sich frei. Er murmelte etwas, woraufhin sie versuchte, ihn zu treten, sodass er fluchend und lachend zurückzuckte.
Einer der anderen Hopliten hatte immer noch das lange Haar der Frau in seinem Griff, ein dichtes Büschel, das er um seine Faust gewickelt hatte. Perikles winkte ihn fort, und der Mann ließ sie mit großer Vorsicht los. Er stellte sich weiter weg, bevor sie sich auf ihn stürzen konnte. Eigentlich bewunderte Perikles ihre rasende Wut, obwohl sie so hilflos wie eine Katze und in größerer Gefahr war. Sie würden ihr augenblicklich die Kehle durchschneiden, wenn er den Befehl dazu gab. Danach zu urteilen, wie Attikos an seinen Fingern lutschte und sie anstierte, würde er es vielleicht ohnehin tun.
»Wie viele Männer leben hier?«, fragte Perikles.
Die Frau ignorierte die Frage, stattdessen blickte sie sich um. Offensichtlich versuchte sie einzuschätzen, ob sie sich davonmachen konnte. Da drei Männer jeden Fluchtweg blockierten, sackte sie in sich zusammen.
»Sprichst du Griechisch?«, wollte Perikles von ihr wissen. »Wenn nicht, hast du keinen Nutzen für mich.«
»Ich bin aus Theben«, sagte sie. »Und du? Ich kann den Dialekt von Athenern hören.«
»Gut«, erwiderte er erleichtert. »Wenn du hier eine Gefangene bist, kannst du mir dann sagen, wie viele Männer es hier gibt? Wir können dich von hier fortbringen, so weit bis nach Athen, wenn du uns hilfst.«
»Warum sollte ich euch helfen?«, fragte sie. Ohne Vorwarnung erhob sie ihre Stimme zu einem lauten Ruf in die Dunkelheit. »Wenn mein Ehemann nur einen Funken Verstand hat, bleibt er …«
Attikos trat vor und schlug ihr ins Gesicht, sodass sie zu Boden stürzte.
»Wir haben dir nicht gesagt, dass du schreien sollst, Schätzchen, oder?«, herrschte er sie an.
Perikles war wütend. Er hatte Attikos nicht verboten, sie anzurühren, aber er hatte gedacht, der ältere Mann hätte ihn auch so verstanden. Es fühlte sich wie Ungehorsam an.
Er konnte hören, wie andere Gruppen zurückkehrten. Den Geräuschen nach trieben sie Frauen und Kinder zusammen, einige von ihnen wehklagten bereits. Entnervt von der Seltsamkeit des Ganzen schüttelte er den Kopf. Er konnte seine Gefangene im Dunkeln kaum sehen. Als sie zu Boden gestürzt war, war ihr das Haar um den Kopf geschleudert worden und wie ein Vorhang über ihr Gesicht gefallen. Er sah, wie sich etwas Fahles unter diesem Haar verlagerte, als ihr Arm zum Gürtel zuckte. Jäh sprang sie mit starken Beinen auf und stürzte sich geradewegs auf Attikos. Er brüllte vor Schmerz auf, als sie zustieß. Sein wilder Gegenschlag erwischte sie seitlich am Kopf. Benommen fiel sie hin, während er das Messer aus seinem Oberschenkel zog.
»Das Miststück!«, schrie er mit zum Schlag erhobener Schwertklinge.
Perikles trat ihm entgegen. »Es liegt an mir, sie zu befragen. Tritt zurück – und leg das weg.«
Attikos schnaufte schwer, mehr aus Wut als aus Schmerz. Er war kurz davor, auf ihn loszugehen, das konnte Perikles fühlen. Der junge Mann erwiderte seinen Blick in völligem Selbstvertrauen. Wenn Attikos seinen Befehl verweigerte, würde Perikles ihn töten, das war ihm klar. Er war neunzehn, geübt und schnell. Er zweifelte nicht an sich. Endlich drang etwas von dieser Gewissheit zu dem Mann durch, dem er gegenüberstand. Attikos senkte den Kopf und trat beiseite. Dennoch beobachtete Perikles ihn, für den Fall, dass er es sich anders überlegte. Er hatte viel zu oft gegen seinen Bruder gekämpft, um sich von einem Trick oder einer vorgetäuschten Kapitulation täuschen zu lassen. In diesem Moment vermisste er Ariphron mit frischem, plötzlichem Schmerz. Er lag kalt und tot in einem Grab, aber er lehrte ihn immer noch Lektionen.
»Genau genommen, Attikos – durchsuch wieder die Hütten und finde mir irgendjemand anderen, der hier am Leben ist.«
Attikos machte auf dem Absatz kehrt und verschwand, noch bevor Perikles zu sprechen aufgehört hatte. Er ließ ihn mit hundert Ruderern hinter sich zurück, die auf Befehle warteten – und mit einer bewusstlosen Gefangenen zu seinen Füßen. Auf dem Weg um sie herum versammelten die Hopliten mit Stößen eine Gruppe von Frauen und Kindern.
»Fessle ihr die Hände«, wies Perikles einen der Ruderer an. »Sie ist eine Griechin, wenn sie auch aus Theben ist. Geht schonend mit ihr um. Sie ist eine von uns, und vielleicht hat man sie grausam behandelt.«
Es war eine noble Geste, und er war stolz darauf, wie er sie dargeboten hatte. Er musste die derbe Bemerkung überhören, die ein weiterer seiner Männer machte. Wenn er auf jede einzelne reagierte, würde er nie etwas erledigt bekommen.
Perikles hob den Kopf und wandte sich an die Schar der Gefangenen. »Wo sind eure Männer?«
Einige von ihnen hatten zu weinen begonnen, und der Ruderer hinter ihm murmelte eine weitere Bemerkung, die ihn erröten ließ. Perikles unterdrückte seine Verärgerung. In seinen Augen waren Hopliten anständige Männer, die für die Stadt kämpften und dann einen Sitz als Juroren einnahmen. Als ehrliche, sogar edle Männer waren sie ein Teil des Traums von Athen. Die Ruderer schienen nicht vom selben Schlag zu sein. Er ballte seine Faust. Er würde die Bastarde dazu anspornen oder eine eiserne Klinge an jeden ihrer Hälse halten. Sie würden diese Frauen nicht belästigen, nicht, solange er ihnen befahl.
»Ihr Frauen, ihr seid nicht alleine hier!«, rief er erneut. »Wo sind eure Männer?«
Er bemerkte, dass er sie jetzt riechen konnte, ein Geruch nach Kräutern und ungewaschener Haut. Es war nicht mehr lange hin bis zur Morgendämmerung. Er dachte, mit mehr Licht wären ihre Armut und ihre Schmutzigkeit noch deutlicher gewesen. Gerade als er zu ihnen hinüberblickte, erschien das erste Anzeichen von Grau in der Dunkelheit. Es konnten nicht mehr als etwa achtzig sein. Er stellte sich vor, dass jede der Frauen von einem anderen Ort geraubt worden war. Es würde immer Männer geben, die wegen irgendeines Verbrechens von ihren Heimatstädten ausgestoßen wurden, die man wie Hunde ins Exil trieb. Sie mochten zweifellos ihren Weg nach Skyros finden, aber nicht die Frauen. Sie mussten entführt worden sein, oder sie waren hier geboren worden.
Eine Anzahl von ihnen lief mit kleinen Kindern oder trug sie an der Hüfte, schluchzend und mit vor Angst geweiteten Augen. Sie waren keine Bedrohung, aber da blieb immer noch das Rätsel um ihre Männer.
»Lasst uns in Ruhe!«, schrie eine von ihnen. Sie besaß die Stimme eines alten Weibs.
Perikles zögerte, weil er mit einem Mal befürchtete, dass Athene in der schattenhaften Menge stand. Es war gefährlich, mit Frauen umzugehen, wenn die Göttin unter ihnen wandeln mochte. Er schluckte. Er wiederholte sich einmal mehr, auch wenn es sich schwach anhörte. »Ich werde euch nicht noch einmal fragen«, sagte er. »Wo sind eure Männer?«
»Sie sind ausgezogen, um zu jagen, aber sie werden zurückkommen«, schrie eine. »Sie werden euch umbringen, wenn ihr auch nur eine von uns anrührt!«
Er konnte die Angst in ihrer Stimme vernehmen. Attikos war schwer humpelnd an seine Seite zurückgekehrt. Perikles fiel auf, dass er den Mann erkennen konnte. Um sie herum war endlich die Morgendämmerung in all ihrer grauen Pracht angebrochen.
»Zum Jagen ausgezogen, im Dunkeln?«, hörte er Attikos murmeln. »Das glaub ich nicht. Hier gibt’s doch sowieso nicht viel zu jagen, nicht in dieser Gegend. Es sei denn, sie meint diese kleinen Pferde …«
Der ältere Mann verstummte allmählich, und Perikles weiteten sich die Augen. Die Männer jagten nicht auf dem Land. Sie waren draußen auf dem Meer, entweder auf der Suche nach Fischen oder nach einer anderen Art Beute.
Perikles blickte auf, als Kimon sich näherte. Er straffte sich und sah, dass Attikos es ihm gleichtat.
»Ich kann niemanden außer Frauen und Kindern finden. Ihr?«
Perikles schüttelte den Kopf. »Hier sieht es genauso aus. Ich glaube, die Männer sind fort, um nach Schiffen Ausschau zu halten, die sie angreifen können.«
Kimon nickte. »Dann sind sie vielleicht auf Tage hinaus nicht zurück. Es spielt keine Rolle. Lass ein paar Wachen mit denen da zurück … Männer, denen du trauen kannst.« Er sagte diese letzten Worte mit einer eigenartigen Betonung, die Perikles erröten ließ.
»Ich kann hierbleiben, Kyrios«, sagte Attikos.
Er hatte sich an Kimon gewandt, aber es war Perikles, der antwortete. »Nein, ich brauche dich bei mir, Attikos. Ich werde diejenigen auswählen, die wir zurücklassen müssen.« Perikles fühlte den unterdrückten Zorn des Mannes mehr, als ihn zu sehen, als er sich wieder an Kimon wandte. »Du wirst das Grab suchen gehen?«
Kimon war die seltsame Spannung zwischen den beiden Männern nicht entgangen. Tatsächlich entging ihm nur sehr wenig, aber er sah keine Schwäche in Perikles, also vertraute er darauf, dass dieser seine eigenen Probleme löste. Einen kurzen Moment später senkte er den Kopf. »Das ist der Grund, weshalb wir hierhergekommen sind. Nicht wegen zerlumpter Piraten oder ihrer Frauen. Theseus starb auf Skyros. Wenn es hier wirklich eine Grabstätte gibt, dann könnte es seine sein. Und wenn es wirklich seine ist, dann will ich seine Knochen zurück nach Athen bringen, für ein gebührendes Begräbnis. Er war ein athenischer König. Sein Vater gab der Ägäis ihren Namen!«
Die Frau zu ihren Füßen regte sich. Als sie mitbekam, dass man sie gefesselt hatte, begann sie sich zu winden. Perikles sah, dass sie ein wenig älter als er selbst war, mit Haar, das nie geschnitten worden war und ihr in einer dichten Masse bis zur Hüfte hing. Sie war schmutzig, aber er fühlte etwas Eigenartiges, als ihre Augen auf die seinen trafen. Ihr Gesicht schwoll bereits an, auf einer Seite hatte sie einen großen Bluterguss, der bis zu ihrem Auge reichte.
»Unsere Kerle werden euch umbringen, wenn sie nach Hause kommen«, sagte sie.
Kimon lachte leise auf. »Du bist Griechin? Dann schau dich mal um. Mach schon, hier ist es ja jetzt nicht mehr ganz dunkel. Siehst du meine Hopliten und die Ruderer? Du denkst, deine Männer werden es mit uns aufnehmen? Das glaube ich nicht. Wenn sie auch nur einen Funken Verstand haben, bleiben sie außer Sichtweite, bis wir wieder fort sind. Wir haben wirklich kein Interesse an irgendeiner von euch.«
»Sie werden euch umbringen«, wiederholte sie und spuckte auf den Boden zu ihren Füßen. Selbst in ihrem Zorn gab sie acht, die Spucke nicht seine Sandale berühren zu lassen, wie Perikles auffiel.
Überwältigt von ihrer Frechheit trat Attikos mit erhobener Hand vor.
»Zurück mit dir, Attikos!«, grollte Perikles. »Ich schwöre dir, wenn du diese Frau noch mal schlägst, lass ich dich für eine Woche auf See an den Schiffsbug binden.«
»Kyrios, sie …«
»Kein Wort mehr!«, schnappte Perikles. Er wandte sich der Frau zu, als sei die Sache erledigt und kein weiterer Wortwechsel mehr nötig. Ihre Mundwinkel zuckten, als sie sah, wie Attikos sich zügelte, was sie unter dem Vorhang ihres Haars zu verbergen versuchte.
»Was wollt ihr hier?«, fragte sie Kimon mit deutlich sichtbarer Neugier.
»Sag mir erst deinen Namen.«
»Thetis«, erwiderte sie achselzuckend.
»Wie die Mutter von Achill?«
Sie nickte, und Kimon lächelte. »Das ist ein alter Name – ein mächtiger Name. Also, Thetis, wir suchen nach einem Grabmal … vielleicht einem Tempel. Alt und untergegangen und wahrscheinlich überwachsen. Irgendwo auf der Insel. Mein Vater sagte, er hätte von einem hier gehört.«
Er wartete, während die Frau überlegte. Ihr Blick war während seiner Beschreibung aufgeblitzt, und Kimon fiel auf, dass er vor Spannung den Atem anhielt. »Du hast etwas in der Art gesehen?«, fragte er.
Sie zuckte die Achseln. »Vielleicht. Es gibt da ein altes Grabmal auf der Nordseite, hoch in den Hügeln. Ein paar von den Kindern spielen dort herum.«
»Kannst du mir sagen, wie man da hinkommt?«, fragte Kimon. »Das ist es, wofür wir gekommen sind. Nichts anderes zählt für mich.«
Seine Stimme war plötzlich freundlicher geworden, als würde er ein wildes Reh beruhigen. Sie konnte offenbar nicht wegsehen, und zu seiner Überraschung fühlte Perikles einen eifersüchtigen Stich in der Brust. Er war derjenige gewesen, der sie vor Attikos gerettet hatte! Er war derjenige, der ungebunden war, während Kimon in Athen eine junge Frau hatte, die bereits schwanger mit seinem ersten Kind war. Und doch ruhte der dunkle Blick der Frau nur auf seinem Freund.
»Ich kann dir den Ort zeigen«, sagte sie.