4.2 Beschwerden beim Radfahren und Problemlöser

Bereits geringfügige Beschwerden können auch dem Elektroradler den Spaß an seinem Hobby nehmen. Fährt man jedoch regelmäßig, lassen die Probleme meist nach und der Körper gewöhnt sich an die ungewohnte Belastung. Einige Tipps und Tricks sollten beachtet werden, der Rest ergibt sich meistens von alleine, denn auch Fahrradprofis ärgern sich immer wieder mit kleinen Wehwehchen herum.

Wer nach dem 40. Lebensjahr mit einer Ausdauerbelastung wie dem Radfahren beginnt, sollte sich zuvor einem gründlichen ärztlichen Check-up unterziehen. Das schadet grundsätzlich nicht und gibt einem die Sicherheit, keine Risiken einzugehen, obwohl die Belastung durch die Motorunterstützung sanfter ist als beim herkömmlichen Radfahren.

Abb. 4.9:

Gerade bei den ersten Touren mit dem neuen Rad sind die dargestellten körperlichen Beschwerden häufig zu finden und auch Vielfahrer haben zu Saisonbeginn damit zu kämpfen. (Foto: Schmidt)

4.2.1 Bewegt Radfahren

Haben Sie einmal einen Rennfahrer bei der Tour de France beobachtet? Er verändert regelmäßig seine Griffposition und fährt immer wieder ein paar Meter im Stehen. Warum? Damit seine beanspruchte Muskulatur nicht ermüdet und Blutgefäße und Nerven die Muskulatur wieder einwandfrei versorgen können. Durch die gleichmäßige Dauerbeanspruchung der Haltemuskulatur an Rumpf und Armen werden insbesondere die Blutgefäße komprimiert und die Blutversorgung reduziert. Zudem ermüdet der dauerbeanspruchte Muskel schneller, als ein Muskel, dem regelmäßig Verschnaufpausen gewährt werden. Aus diesen Gründen sollten auch Sie bewegt Radfahren und sich auf dem Rad durchstrecken und ab und zu im Stehen fahren.

Folgende Probleme können auftauchen:

4.2.2 Rückenprobleme

Rückenprobleme werden meist durch eine nicht geeignete Sitzposition oder durch eine untrainierte Rückenmuskulatur verursacht. Besonders ein zu weiter Abstand zwischen Sattel und Lenker beziehungsweise eine zu große Höhendifferenz zwischen Sattel und Lenker kann zu Schmerzen im Lendenwirbelbereich führen. Mit einem verstellbaren Vorbau oder einem Up-and-down-Vorbau von ergotec kann der Lenker entsprechend hoch positioniert werden, um Rückenschmerzen zu vermeiden. Auch die Sitzlänge sollte gemäßigt eingestellt werden, besonders bei Wenigfahrern.

Bei Rückenschmerzen muss in jedem Fall ein kontinuierliches Rücken- und vor allem Bauchmuskeltraining durchgeführt werden.

Die Verspannungen, die Anfänger verspüren, sind meist nur von kurzer Dauer und verschwinden mit einer gesteigerten Flexibilität und Leistungsfähigkeit der Rückenmuskulatur wieder.

Abb. 4.10:

Der Up-and-down-Vorbau von ergotec ermöglicht eine einstellbare Lenkerhöhe mit wenigen Handgriffen. Zudem kann der Lenker zum Transport oder in der Garage blitzschnell auf die Seite gedreht werden. (Foto: ergotec)

4.2.3 Nacken

Auch Nackenprobleme hängen oft mit einer zu gestreckten Sitzposition zusammen. Eine gemäßigte bis aufrechte Position verhindert oder lindert Nackenprobleme. Eine untrainierte Nackenmuskulatur ist nicht in der Lage, das Gewicht des Kopfs in einer gestreckten Position längere Zeit ohne Verkrampfung und Schmerzen zu halten. Auch feuchte Kragen oder Unterhemden können zu Schmerzen durch eine Unterkühlung der Haut führen. Es empfiehlt sich in diesem Fall, einen speziellen Unterziehkragen oder Funktionsunterhemden mit Rollkragen zu tragen.

Zudem sollten Sie die Nackenmuskulatur bei längeren Touren ruhig ein wenig dehnen, damit sie leistungsfähig bleibt.

4.2.4 Hände und Arme

Druckstellen und taube Finger werden meist durch eine zu hohe Druckbelastung der Handnerven im sogenannten Karpaltunnel verursacht. Wichtige Nerven und Gefäße verlaufen im Bereich der Handwurzel oberflächlich und werden durch den Lenkerdruck komprimiert. Das führt von leichtem Kribbeln der Finger bis hin zu völliger Taubheit. Je nachdem, ob der Ulnarnerv betroffen ist oder der Medianusnerv, sind die zwei äußeren Finger oder die drei inneren inklusive Daumen betroffen.

Einfachste Abhilfemaßnahme ist die Montage von ergonomischen Handgriffen, die die Auflagefläche erhöhen und mit ihren ausgeformten Griffen einen besseren Formschluss zur Hand herstellen.

Abb. 4.11 a-d:

Hand- und Handgelenkschmerzen können durch ein zu stark abgewinkeltes Handgelenk verursacht werden. Die richtige Lenkerform und ein ergonomischer Griff schalten die Ursache aus. (Foto: ergotec)

Auch eine Verringerung des Höhenunterschieds zwischen Sattel und Lenker, wie schon bei den Rückenproblemen beschrieben, sorgt oftmals für eine Verbesserung. Der Druck wird dadurch von den Händen genommen.

Eine Federgabel, aber auch Reifen mit großem Querschnitt, reduzieren die Vibrationsbelastung der Hand und können ebenfalls zur Lösung der Handprobleme beitragen.

Druckstellen bis hin zu kleinen Blasen an den Handinnenflächen lassen sich durch das Tragen von Radhandschuhen vermeiden. Achten Sie genau darauf, wo die Druckstellen entstehen, denn meist kann ein neuer Lenkergriff oder die entsprechende Drehung die Druckstelle verringern.

Abb. 4.12:

Auch einstellbare Lenkerhörnchen verbessern die Lenkerergonomie und sorgen für Entlastung. (Foto: ergotec)

4.2.5 Knie

Radfahrer haben im Vergleich mit „laufenden“ Sportlern sehr wenig Probleme mit ihren Knien. Die Kniegelenke müssen nicht, wie beim Laufen, Stöße abfangen und werden auch nicht Verdrehungen und Prellungen, wie in vielen Spielsportarten, ausgesetzt. Deshalb gilt Radfahren als besonders knieschonend und kann auch von Menschen mit ausgeheilten Knieverletzungen, wie Meniskusschäden, Bänderrissen oder Knorpelschäden, durchgeführt werden. Auch in der Therapie dieser Verletzungen wird das Radfahren oftmals medizinisch verordnet. Beim Elektroradfahren ist die Belastung auf die Kniegelenke nochmals reduziert und insbesondere die hohen Belastungen beim Anfahren fallen weg.

Treten dennoch Probleme auf, so liegt das oft an folgenden Ursachen:

1) Pedalieren in zu tiefer Sitzposition

Je tiefer ein Sattel eingestellt ist und je stärker das Knie somit angewinkelt werden muss, desto höher ist die Belastung, also der Druck auf die Strukturen des Knies. Dabei verursachen meist die Sehnen des Kniestreckapparats an der Vorderseite des Kniegelenks die ersten Probleme. Vom Ziehen beim Fahren, das manchmal nach den ersten Kilometern wieder verschwindet, bis hin zum Dauerschmerz während und nach dem Radfahren reicht das Beschwerdespektrum. Stellen Sie die Sattelhöhe korrekt, wie in Kap. 4.1 beschrieben, ein und die meisten Probleme werden von selbst verschwinden.

Abb. 4.13:

Mit der futura-Sattelstütze kann man nahezu jede Sattelposition erreichen. (Foto: ergotec)

Einziger Nachteil einer korrekten Sattelhöhe kann es sein, das Sie dann nicht mehr mit dem ganzen Fuß den Boden berühren können. Gegebenenfalls muss man also beim Stehenbleiben richtig absteigen und kann nicht auf dem Sattel sitzen bleiben.

2) Treten von zu schweren Gängen

Je langsamer Sie treten, desto höher ist die Belastung der Kniegelenke. Treten Sie bei gleicher Geschwindigkeit mit einer leichteren Übersetzung, verteilen Sie die antriebswirksamen Kräfte auf mehr Pedalumdrehungen. Die maximalen Kräfte reduzieren sich und die Knie werden geringer belastet.

3) Auskühlung der Knie durch kurze Hosen

Der kalte Fahrtwind kühlt ein Kniegelenk aus, weil das Knie normalerweise keine isolierende Fettschicht an der Vorderseite aufweist. Besonders im Frühjahr sieht man Radler bei Sonne, aber nur 10° C, bereits mit kurzen Hosen radeln. Kalte Gelenke sind deutlich weniger geschmeidig und vertragen die Belastungen schlechter als ein warmes, gut durchblutetes Gelenk.

4) Verbogene Pedal- oder Kurbelachsen

Ist Ihr Rad einmal umgefallen? Aufgrund des hohen Eigengewichts von Elektrorädern kann ein Umkippen oder gar ein Sturz zum Verbiegen der Pedalachsen führen. Danach eiert das Pedal ein wenig und Ihr Fuß wird in eine unrunde Bewegungsbahn gezwungen. Mit dem Fuß werden auch Knie und Hüfte fehlbelastet. Prüfen Sie bei Problemen, ob die Pedal- und Tretlagerachsen an Ihrem Rad in Ordnung sind.

4.2.6 Füße

Brennende oder schmerzende Fußsohlen lassen sich meist auf nicht geeignetes Schuhwerk zurückführen. Besonders beim Radeln mit Sportschuhen mit dünnen Sohlen und flexiblen Damenschuhen treten diese Beschwerden auf. Die weiche Sohle biegt sich auf dem Pedal durch und die Fußmuskulatur verkrampft auf Dauer, Schmerzen entstehen. Aus diesem Grund weisen spezielle Radschuhe eine sehr harte und unflexible Sohle auf. Versuchen Sie also zunächst einen Sport- oder Straßenschuh mit steiferer Sohle und, wenn das nicht ausreicht, auch einen speziellen Radschuh, der modisch ist und auch ohne Rad eine gute Figur macht. Trekkingwanderschuhe eignen sich ebenfalls sehr gut zum Radeln.

Ein zu schmaler Schuh kann auch für erhebliche Probleme sorgen. Wenn die Schmerzen nicht innerhalb von drei Wochen beim Radeln verschwunden sind, muss man leider den Schuh wechseln.

4.2.7 Sitzfläche

Die Sitzfläche wird von Radlern am häufigsten angegeben, wenn es um Beschwerden beim Radfahren geht. Das ist auch nachvollziehbar, denn schließlich ruht der größte Teil des Körpergewichts auf dem Allerwertesten. Und anders als beim Sitzen auf einem Stuhl oder einem Sofa wird das Gesäß durch die Tretbewegung ständig bewegt. Damit die Beschwerden auf ein erträgliches Maß minimiert werden, sollten Sie auf die Auswahl beziehungsweise auf das Testen von Sätteln sehr viel Wert legen. Zudem sollten Sie sich ein wenig Zeit geben, sich an einen Sattel zu gewöhnen, denn Ihr Gesäß beziehungsweise die Muskeln und das Bindegewebe passen sich ein wenig der Sattelform an und Ihre Wahrnehmung verändert sich im Laufe der Zeit. Die Sattelbreite und Form muss unbedingt zur Sitzposition beziehungsweise zum Radtyp und zum Sitzknochenabstand passen.

Entzündungen oder Wundsein der Sitzfläche werden vor allem durch die Nähte der Unterhose oder Hose verursacht. Radunterhosen mit einem eingenähten Polster sitzen faltenfrei und vermindern die Reibung. Eine Radunterhose oder Radhose sollte normalerweise nach einer oder zwei Ausfahrten gewaschen werden, da ansonsten Keime in die empfindliche Haut einmassiert werden und Entzündungen verursacht werden können. Nicht jede Hose passt zu jedem Gesäß, denn die Art der Naht und die Art des Polsters werden sehr unterschiedlich vertragen. Wer „seine Hose“ gefunden hat, sollte bei diesem Fabrikat bleiben. Wer besonders empfindlich ist, sollte die Sitzfläche vor dem Fahren mit Vaseline, Bepanthen© oder besser noch mit spezieller Sitzcreme einreiben.

Ist die Sitzfläche einmal wund, hilft die Behandlung mit z. B. Bepanthen©. Bei Vielfahrern wird man in der Regel eine Gewöhnung der Sitzfläche an die Belastungen feststellen. Der Sattel kann die Ursache für Sitzprobleme sein. Ein härterer Sattel ist für Vielfahrer besser als ein weiches Modell.

4.2.8 Sonnenbrand

Beim Radfahren ist die Haut besonders in den Sommermonaten starker Sonneneinstrahlung ausgesetzt. Neue Studien haben gezeigt, dass diese Strahlung die empfohlenen Höchstwerte bei langen Touren um ein Vielfaches übertrifft. Es wird oft vergessen, dass eine mehrstündige Tour in kurzer Hose und kurzem Trikot genauso einen Sonnenbrand verursachen kann wie ein Aufenthalt am Strand.

Gerade im Gebirge ist die UV-Strahlung wesentlich höher als im Flachland (pro 1.000 m 20-100 % mehr UV-Strahlung), was zu ernsten Verbrennungen führen kann. Neben dem Sonnenbrand kann die UV-Strahlung noch folgende negative Folgen für die Haut haben:

Deshalb sollte man die Haut im Sommer vor einer Radtour mit einem entsprechenden Sonnenschutz eincremen, zumal die UV-Strahlung in den letzten Jahren durch das Ozonloch beträchtlich zugenommen hat. Vor allem im Frühjahr reagiert die Haut besonders empfindlich auf Sonne; sie antwortet nicht selten sogar mit einer Sonnenallergie auf den ungewohnt starken Reiz.

4.2.9 Prostataprobleme oder das taube Gefühl

Wohl jeder männliche Radfahrer kennt nach langen Touren Probleme im Genitalbereich. Auch Frauen leiden unter reversiblen Schmerzen, vor allem durch Wundscheuern im Genitalbereich. Durch den hohen Druck in Verbindung mit zahlreichen Stößen und Schlägen (schlechter Straßenbelag) kann es zum Anschwellen der Prostata, einer Druckläsion der Harnröhre und/oder einer Nervenkompression mit einem Taubheitsgefühl im Penis oder gar Schmerzen beim Wasserlassen kommen. Diese Symptome verschwinden jedoch von selbst wieder.

Eine neue Untersuchung an der Deutschen Sporthochschule in Köln hat eindeutig gezeigt, dass Radfahren keine negativen Auswirkungen auf die Potenz hat. Abhilfe verschafft ein spezieller, anatomisch geformter, weicher und eventuell leicht nach vorne geneigter Sattel, breitere, gut dämpfende Reifen und ein etwas höher gestellter Lenker. Zusätzlich sollte man während der Fahrt regelmäßig aus dem Sattel gehen und die Sitzfläche mit den darunter liegenden empfindlichen Geweben (Prostata, Harnleiter, Nerven, Samenleiter) ein wenig entlasten.