Übung macht den Meister. Sie glauben, Fahrtechnikübungen wären nur etwas für absolute Anfänger, denn schließlich haben Sie die Stützräder schon seit vielen Jahrzehnten abmontiert. Wie sicher sind Sie sich, eine Vollbremsung auf dem Elektrorad erfolgreich und mit kurzem Bremsweg zu schaffen?
Die meisten Radler haben Probleme, Ihr Rad in Extremsituationen zu beherrschen. In diesem Abschnitt finden Sie eine Reihe von aufeinander aufbauenden Übungen, die Ihr Fahrkönnen erheblich verbessern werden. Dabei ist wichtig: Besser wird man nur durch das Ausprobieren und Üben, nicht durch das Lesen allein. Wer keine Lust hat, alleine zu üben, sollte sich im Internet nach E-Bike-Fahrkursen in seiner Region erkundigen. Dort erlernt man in einem Tageskurs die nötigen Kniffe zum sicheren Radfahren.
Suchen Sie sich also einen leeren Parkplatz, Schulhof oder einen asphaltierten Wirtschaftsweg für Ihre Übungen und scheuen Sie sich nicht, das Radfahren neu zu lernen.
Mit der neu gewonnenen Sicherheit werden Sie so manche brenzlige Situation im Verkehr sicher meistern.
Foto: Derby Cycle
Gleichgewicht
Nicht nur für Kinder beim Radfahren wichtig: ein gutes Gleichgewicht auf zwei Rädern. (Foto: Schmidt)
Das Gleichgewicht ist die wichtigste Grundfertigkeit eines Radfahrers, denn beim Radeln pendeln wir kontrolliert hin und her und bleiben in Balance. Erst in langsamen Fahrsituationen wird uns das kipplige System Rad-Mensch bewusst, das durch die Beschleunigung des Elektroantriebs zusätzlich gestört wird.
Führen Sie die beschriebenen Übungen am besten mehrmals nacheinander durch.
Versuchen Sie, ganz langsam zu fahren, kurz anzuhalten (die Füße bleiben auf den Pedalen) und langsam weiterzufahren. Beim kurzen Stehen geht es darum, nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Achten Sie dabei auf den Impuls, den Sie von Ihrem Antrieb beim Losfahren erfahren. Er stört Ihr Gleichgewicht.
Versuchen Sie, ganz langsam auf einer Linie (Parkplatzmarkierung) zu fahren.
Stecken Sie sich einen kurzen Slalom aus Steinen oder anderen Gegenständen ab und fahren Sie diesen flüssig mal langsam, mal schnell.
Fahren Sie einhändig auf einer Acht.
Fahren Sie den Slalom einhändig.
Mögliche Variationen der Übungen: einhändig, mit Partner in Handfassung.
h) Schalten
Das Schalten wird von Anfängern oftmals nicht beherrscht und falsche Schaltvorgänge können zu gefährlichen Fahrsituationen führen.
Machen Sie sich mit der Funktionsweise der Schaltung an Ihrem Rad vertraut.
Schalten Sie alle Gänge durch und versuchen Sie, die Mindesttrittfrequenz beim Schalten zu erfahren. Die meisten Schaltungen funktionieren nämlich deutlich besser beim zügigen Treten.
Schalten Sie möglichst schnell und geschmeidig in den leichtesten oder schwersten Gang. Sie versuchen, dabei so leise wie möglich zu schalten und ein Krachen der Kette zu vermeiden. Dies funktioniert am besten, wenn man die Pedale beim Schalten etwas entlastet und mit weniger Druck pedaliert. Auch Nabenschaltungen danken eine leichte Entlastung mit einer längeren Lebensdauer.
Umdrehen, ohne einen Schlenker zu machen, ist nicht einfach. (Foto: Schmidt)
i) Übersicht
Die Übersicht im Verkehr zu behalten, trägt entschieden zum sicheren Fahren bei. Gerade wenn mehrere Verkehrsteilnehmer parallel im Auge behalten werden müssen, zeigt sich, ob jemand die radfahrerischen Handlungsabläufe im Schlaf beherrscht. Deshalb werden Ihnen in den nachfolgenden Übungen auch immer mehrere Dinge gleichzeitig abverlangt.
Sie fahren gemütlich auf einem Radweg und zählen im Geiste oder laut von 1 aufwärts. Gleichzeitig versuchen Sie, alle Gänge durchzuschalten und zusätzlich noch den Verkehr zu beobachten. Achten Sie darauf, dass das Zählen nicht abgehackt ist.
Sie fahren auf einem Radweg, drehen sich im Sitzen um und a) zählen blitzschnell die Anzahl der hinter Ihnen fahrenden Autos, b) merken sich die Farbe des nächsten Autos hinter Ihnen, c) die Anzahl der Fußgänger.
Sie fahren auf einem Radweg neben einem Partner und stellen sich a) gegenseitig mittelschwere Rechenaufgaben, b) beginnen das Alphabet mit einem Vornamen und arbeiten sich abwechselnd durch das Alphabet. Dabei achten Sie auf den Verkehr, schalten regelmäßig und verändern den Unterstützungsmodus Ihres Elektrorades.
j) Bremsen
Schnelles und effektives Bremsen hilft in einer Gefahrensituation, das Kollisions- oder Sturzrisiko zu minimieren. Gehen Sie bei den nachfolgenden Übungen nicht zu stürmisch vor und tasten Sie sich langsam an höhere Geschwindigkeiten und stärkeres Bremsen heran. Bei einer idealen Bremstechnik wird mit beiden Bremsen gebremst, der Lenker stabil geradeaus gehalten und das Körpergewicht ein wenig nach hinten verschoben.
Das Üben von Vollbremsungen schafft Reserven für brenzlige Situationen. (Foto: Schmidt)
Foto: Derby Cycle
Manche Radler verzichten aus Angst auf die Benutzung der Vorderradbremse. Dabei verschenkt man sehr viel Bremsleistung, denn die Vorderradbremse hat ca. 65 % Anteil, während die Hinterradbremse nur 35 % Anteil an einer Vollbremsung hat. Das liegt an der Gewichtsverlagerung beim Bremsen: Das Vorderrad wird belastet und das Hinterrad entlastet. Deshalb kommt es hier auch sehr schnell zum Blockieren und Rutschen. Das ist jedoch nicht weiter schlimm, denn öffnet man die Bremse ein wenig, ist das Rutschen beendet. Grundsätzlich sollte jedoch so gebremst werden, dass ein Blockieren weder vorne noch hinten auftritt.
Erspüren Sie beim Bremsen, was mit Ihnen und Ihrem Rad während und nach der Bremsung passiert.
Führen Sie 10-15 Bremsungen durch, bei denen Sie zunehmend stärker bremsen und dabei das Gewicht ein wenig nach hinten verlagern, indem Sie aufstehen und das Gesäß nach hinten verschieben.
Zeichnen Sie sich zwei Linien auf den Boden oder markieren Sie einen Korridor von 3 m. Fahren Sie auf den Korridor mit steigenden und wechselnden Geschwindigkeiten zu und versuchen Sie, innerhalb des Korridors zum Stehen zu kommen. Dabei muss die Geschwindigkeit so gewählt werden, dass erst zu Beginn des Korridors mit dem Bremsen begonnen werden darf.
Versuchen Sie auf ein äußeres Signal hin, beispielsweise von einem Partner, so schnell wie möglich zum Stehen zu kommen.
Foto: Bosch
k) In der Gruppe fahren
Das Fahren in der Gruppe mit dem Elektrorad will gelernt sein, denn aufgrund der Motorunterstützung kann es bei geringem Tempo zu plötzlichen Tempowechseln kommen. Die reichen aus, um das Hinterrad des Vordermanns zu berühren. Deshalb sollte in der Gruppe ein Minimalabstand von 1 m als Sicherheitsreserve nicht unterschritten werden. Ideal sind 1,5 m. Als Gruppe fährt man sicherer und gleichmäßiger als ein loser Verband mit Lücken.
Fahren Sie auf einem Radweg hintereinander her und versuchen Sie, das Tempo gleichmäßig zu halten. Versuchen Sie dabei, Abstände von Radler zu Radler konstant zu halten (ca. 1,5 m).
Wie zuvor. Jetzt probieren Sie den Führungswechsel, indem der erste Radler nach einigen hundert Metern nach links ausschert und der Nächste die Führung übernimmt. Dabei bleibt das Tempo der Gruppe konstant. Der ehemals Erste lässt sich entlang der Gruppe nach hinten zurückfallen und reiht sich wieder ein. Auf einer Tour führt ein fitter Radler länger.
Achten Sie beim Wechseln darauf, dass der rückwärtige Verkehrsraum frei ist.
Ab 16 Radlern dürfen Sie nebeneinander fahren. Das macht jedoch nur auf verkehrsarmen Straßen Sinn. Am besten fahren Sie paarweise in einer sogenannten Doppelreihe. Beim Wechseln geht ein Radler nach links und der andere nach rechts aus der Führung heraus. Anfänger fahren am besten hinten oder neben einem erfahrenen Elektroradler.