Zehn Bücher, die man im Unterschlupf Osama bin Ladens fand

Es ist ein bisschen beunruhigend, dass wir Buchliebhaber unsere Leidenschaft mit einigen der abscheulichsten Gestalten der Weltgeschichte teilen. Adolf Hitler, der, rein äußerlich betrachtet, mehr Gefallen daran zu finden schien, Bücher zu verbrennen, anstatt sie zu lesen, hatte eine persönliche Bibliothek mit mehr als 16.000 Bänden, von prachtvollen Monografien über Kunst und Architektur bis hin zu einer kompletten Sammlung sämtlicher Romane von Karl May. Stalins Privatbibliothek umfasste zum Zeitpunkt seines Todes 11.000 Bände, und er bestellte etwa 500 Bücher pro Jahr aus der Kreml-Bibliothek. (Wie viele davon schließlich für immer in seiner Privatbibliothek verschwanden, bleibt Spekulation. Das Ausstellen von Mahnungen für überfällige Bücher oder das Verhängen von Strafgebühren gegen den Genossen Stalin wäre wohl eine todsichere Methode gewesen, einen Fahrschein Richtung Gulag zu lösen, und zwar ohne Rückfahrt.) Auf den Bücherregalen von Robert Mugabe fand sich neben Wiedersehen mit Brideshead und Latein für Dummies auch Tony Blairs Autobiografie Mein Weg. Und haben Sie sich zufällig mal gefragt, welches das Lieblingsbuch von Oberst Muammar al-Gaddafi war? Die Brücken am Fluss von Robert James Waller.

Als Eliteeinheiten der US-Marine 2011 Osama bin Ladens Versteck im pakistanischen Abbottabad stürmten, gab diese Säuberungsoperation ungeahnte Einblicke in das Leben des al-Quaida-Führers, nicht zuletzt anhand des Inhalts seiner Bücherregale. Neben den erwartbaren religiösen Traktaten entdeckte man eine ganze Reihe englischsprachiger Bücher. Sie enthüllten, dass bin Laden wohl eher nicht zu seinem Vergnügen las. Es fand sich keine auch nur im Mindesten lasterhafte Lektüre, weder Begleitbücher zu Fernsehserien noch Flughafenschmöker, im Grunde überhaupt keine Romane, noch nicht einmal ein einziger Dan Brown. Wollte man aufgrund seiner Bücher darauf schließen, was für ein Mensch bin Laden war, dann ließe sich mit einiger Sicherheit sagen: wohl keiner, mit dem man Spaß haben konnte. Das einzige Buch in seinem Besitz, das ihn womöglich in hemmungsloses Gekicher hat ausbrechen lassen, war America’s Strategic Blunders von Willard Matthias. Abgesehen von diesem fesselnden Zwerchfellkitzler war alles andere ziemlich schwerer Stoff.

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Alles ziemlich schwerer Stoff, der dem Leser einiges abverlangt. Daher ist es wohl kein Wunder, dass sich in bin Ladens Bibliothek auch der Ernährungs- und Fitnessratgeber The Grappler’s Guide to Sports Nutrition von John Berardi und Michael Fry fand.

Bücher gibt es, um einem Mann zu zeigen, dass seine ach so originellen Gedanken am Ende so neu gar nicht sind.

Abraham Lincoln