Im Jahr 2011 kündigte Karl Lagerfeld ein neues Parfüm an. Es sollte »Paper Passion« heißen und nach Büchern duften. Den berauschenden Duft von Büchern einzufangen, ob nun den von frisch gedruckten oder den von muffig-antiquarischen, ist ein ziemlich verwegenes Unterfangen. Wenn es überhaupt jemanden gab, dem die Herstellung eines literarischen Duftes gelingen konnte, dann war es Lagerfeld. Denn als der Designer 2019 starb, verfügte seine Privatbibliothek über mehr als eine viertel Million Bände.
»Heute sammle ich nur noch Bücher; für etwas anderes ist kein Platz mehr«, sagte er 2015. »Wenn Sie in mein Haus kommen, dann ist da eine Bibliothek mit 300.000 Bänden. Ziemlich viel für eine einzelne Person.«
Der größte Teil von Lagerfelds Bibliothek befand sich in einem mehr als 1.800 Quadratmeter großen, vollklimatisierten unterirdischen Komplex unter dem Tennisplatz seines Hauses in Biarritz.
»Ich bin verrückt nach Büchern«, sagte er 2010. »Es ist wie eine unheilbare Krankheit. Bücher sind die Tragödie meines Lebens. Ich will alles lernen und alles wissen, aber ich bin kein Intellektueller, und ich mag auch die Gesellschaft von Intellektuellen nicht. Ich bin der oberflächlichste Mensch auf der Welt.«
Das wohl Bemerkenswerteste an Lagerfelds Bibliothek – mal abgesehen von ihrer schieren Größe – ist die Tatsache, dass er die Bücher übereinandergestapelt aufbewahrte. Was eine echte Herausforderung gewesen sein muss, wenn er ein Buch lesen wollte, das sich im Stapel ganz unten befand. Die meisten seiner Bücher waren Hardcover-Ausgaben; aus Taschenbüchern riss er Aussagen von Freunden zufolge jede Seite heraus, nachdem er sie gelesen hatte.
Lagerfeld war nicht der einzige Bibliomane in der Welt der Haute Couture. Gianni Versace besaß fünf Bibliotheken, in jedem seiner Häuser eine, und beschäftigte einen Vollzeitbibliothekar, der sich um die Sammlungen kümmerte.
Es gibt vielleicht keine Tage unserer Kindheit, die wir so voll erlebt haben wie jene, die wir glaubten, verstreichen zu lassen, ohne sie zu erleben, jene nämlich, die wir mit einem Lieblingsbuch verbracht haben.
Marcel Proust
(Tage des Lesens)