1886

Imagem

Estrasburgo, vista da ponte coberta. Desenho de Clerget, com base numa fotografia de M. Braun. Elisée Reclus. Nouvelle Géographie Universelle. La terre et les hommes. L´Europe Centrale. Paris, Librairie Hachette et Cie, 1878, t. III, p.515.

Strasburg, view from the bridge. Drawing by Clerget, based on M. Braun's photo. Elisée Reclus. Nouvelle Géographie Universelle. La terre et les hommes. L´Europe Centrale. Paris, Librairie Hachette et Cie, 1878, t. III, p.515.

Imagem

Über eine neue, in Brasilien beobachtete Krankheit 1

von Dr. Lutz – Brasilien. Abgekürztes Referat

Verf. hatte Gelegenheit in der brasilianischen Provinz San Paulo (Umgegend von Limeira) 23 Fälle einer Krankheit zu beobachten, die sich mit keiner der bisher beschriebenen identifizieren läßt. Zwei dieser Fälle betrafen Mädchen von 13 und 7 Jahren, die andern kleine Kinder vom 1. bis zum 5. Lebensjahre, sowohl schwarzer wie weißer Rasse; sie traten teils sporadisch, teils in kleinen Gruppen auf. Die Symptome bestehen aus einer katarrhalischen Affektion der Magendarmschleimhaut, die sich in Erbrechen und Diarrhöen äußert, in einer analogen Erkrankung der Respirationsorgane, die zu Heiserkeit und Husten führt und sich oft mit Coryza und katarrhalischer Conjunctivitis kombiniert; ferner in Ödem der Haut, zu welchem sich auch Ascites gesellen kann, und endlich in einer eigentümlichen Dermatitis. Letztere tritt in Form eines Erythems auf, das mit Vorliebe die relativ abhängigsten Teile befällt, nach und nach aber den ganzen Körper ergreifen kann, indem es bald nur kleinere Flecke bildet, bald große zusammenhängende Hautstrecken überzieht. Die erkrankte Haut zeigt anfangs eine lebhafte rote Färbung, die auf Druck verschwindet; später wird dieselbe livid und läßt sich nicht mehr wegdrücken, endlich geht sie in eine dunkelviolette, braune oder schwarze Nüance über, die auch auf der Negerhaut noch deutlich erkennbar ist. Es findet dann eine Desquamation meist in großen Fetzen, seltener in kleineren Schuppen statt; die junge Epidermis ist zart, beim Neger pigmentlos, und verhält sich entweder normal oder erkrankt noch einmal in derselben Weise. Seltener bilden sich Blasen, deren Decken dieselbe Färbung zeigen; auch kann das Erythem verschwinden, ohne daß Pigmentierung und Abschuppung eintritt. Diese Prozesse werden von Temperatursteigerungen begleitet und können zu hochgradiger Anämie und Atrophie führen. Eine Erkrankung andrer Organe ist dabei nicht zu konstatieren; namentlich bleibt der Urin immer eiweißfrei.

In den ausgesprochenen Fällen (13 von 23) wurden neben der charakteristischen Hautaffektion alle oder nahezu alle angeführten Symptome beobachtet; in den übrigen 10 wurde kein Erythem konstatiert, doch mußten sie wegen Übereinstimmung in Ort und Zeit des Auftretens, sowie der Analogie der andern Symptome ebenfalls hierher bezogen werden.

Der Verlauf der Krankheit ist ein langsamer und erstreckt sich über mehrere Monate. Meist beginnt sie mit Gastroenteritis oder Laryngobronchitis, die außer ihrer Hartnäckigkeit nichts Eigentümliches haben. Erst nach mehreren Wochen pflegen die Ödeme aufzutreten; selten werden dieselben von dem Erythem begleitet, vielmehr vergehen gewöhnlich einige weitere Wochen bis zu seiner Eruption.

Die Krankheit führt häufig durch allmähliche Erschöpfung zum Tode, welchem meist eine lange Agonie vorangeht. Von den angeführten 23 Kranken starben 10, während 7 Genesungen sicher bekannt wurden; von den übrigen 6 fehlen Nachrichten über den schließlichen Ausgang, doch sind sie wahrscheinlich ebenfalls geheilt. Bemerkenswert ist, daß bei Kindern unter 2 Jahren die Todesfälle, bei den übrigen die Heilungen prävalierten.

Trotzdem die Krankheit vorzugsweise in den ersten Lebensjahren auftritt, wurde sie nur bei Kindern beobachtet, die schon entwöhnt waren oder neben der Muttermilch noch andre Nahrung erhielten. Es weist dies daraufhin, daß der Krankheit eine alimentäre Schädlichkeit zu Grunde liegt, und zwar erscheint unter den Nahrungsmitteln das Maismehl am verdächtigsten, da dasselbe sehr leicht verdirbt. Auch wird dasselbe häufig von Kindern in relativ größeren Mengen konsumiert, als von Erwachsenen.

Zu dieser Ätiologie stimmt auch der Umstand, daß die Krankheit ziemliche Ähnlichkeit mit dem Pellagra hat, welches bekanntlich auf den Genuß von verdorbenem Mais zurückgeführt wird. Noch größer ist die Übereinstimmung mit dem Erythema epidemicum oder der Akrodynie, deren Ätiologie noch unbekannt ist; indessen kann auch diese Affektion nicht mit der unsrigen identifiziert werden, da die bisherigen Beschreibungen in wesentlichen Punkten differieren.