Förster, Fränge, Brocki und Sabine sahen beim Spiel der D-Jugend zu und Förster ließ all die neuen Eindrücke mal ganz bewusst auf sich wirken: die Rufe der Trainer, die Pfiffe des Vaters, der als Schiedsrichter fungierte, die Anfeuerungsrufe der Eltern und den Torjubel der Spieler und auch Spielerinnen, denn bis zur D, so hatte Sabine erklärt, durften die Mädchen noch in Jungsmannschaften spielen. Der Wind trug den Geruch aus der Bratwurstbude zu ihnen herüber und vermischte sich mit dem des Kaffees, den Sabine, die direkt neben Förster stand, in der Hand hielt.
Fränge stieß Förster mit dem Ellenbogen an. »Was wollen die denn hier?«
Förster folgte seinem Blick und sah, dass gerade eine Mannschaft das Gelände betrat, die sich verlaufen haben musste.
»Das sind eure Gegner«, sagte Sabine.
»Nein«, sagte Fränge. »Die sind ja doppelt so groß wie unsere Jungs.«
»Das sind richtige Funktürme«, bestätigte Sabine. »Ändert aber nichts. Das sind eure Gegner.«
Brocki pfiff durch die Zähne. »Groß für ihr Alter, so sagt man wohl.«
Fränge wollte das offenbar nicht glauben. »Das kann nicht sein, die haben sich verfahren. Oder in der Turnhalle ist ein Basketballspiel.« Er machte sich auf den Weg, um das zu klären.
»Das ist die TuS«, sagte Sabine. »Alle Spieler Altjahrgang, die meisten Januar und Februar. In der C-Jugend ist das irre, wie weit die körperlich manchmal auseinanderliegen.«
»Altjahrgang?«, fragte Förster.
»Jede Altersklasse besteht aus zwei Jahrgängen. Die C-Jugend in diesem Jahr aus den Geburtsjahrgängen 2003 und 2004. Die meisten von der TuS sind Anfang 2003 geboren. Die meisten von euren Spielern 2004. Der Luan hat erst im Dezember Geburtstag. Das heißt, der ist praktisch zwei Jahre jünger als die meisten von den Lulatschen da.«
»Das ist doch ungerecht. Da haben wir doch gar keine Chance.«
»Willkommen im Jugendfußball auf Kreisebene, Förster. Vielleicht kann der Luan seinem Gegner aufrecht durch die Beine laufen, wenn der nicht damit rechnet.«
»Ja, für dich ist das lustig.«
»Ich habe das einfach schon oft genug erlebt. Kann man nichts machen. Außerdem habt ihr das Problem, dass ihr Kreisliga A spielt, weil die letzte C-Jugend aufgestiegen ist.«
»Und wo ist die jetzt, die C-Jugend?«, wollte Förster wissen.
Sabine sah ihn an, als wollte sie fragen, ob das sein Ernst sei. »Na, die sind jetzt B-Jugend. Die werden jedes Jahr älter, die Blagen.«
»Ach so, ja.«
»Eine Liga zu hoch mit einem klein gewachsenen Jungjahrgang, das wird nicht leicht. Kreisliga B wäre besser für euch. “
»Wäre schön gewesen, du hättest uns das vorher gesagt.«
»Ich bin davon ausgegangen, dass der Fränge das weiß. Außerdem kann ich mir keine Trainer backen. Ich bin froh über jeden, der das macht.«
Förster schwieg.
Brocki sagte: »Lauf mal zum Fränge rüber und fang ihn auf, wenn er auf den Boden der Tatsachen stürzt.«
Förster nickte. Er ging an den Eltern vorbei, die sich das Spiel der D-Jugend ansahen und Kaffee aus Pappbechern tranken. Es wurde geredet und gelacht, eine Frau brüllte: »Das war ein klarer Elfer!«, ein Mann sagte: »Uli Hoeneß!«, ein anderer lachte.
Als Förster bei Fränge ankam, beendete der gerade ein Gespräch mit dem Trainer der Funktürme. »Das sind tatsächlich unsere Gegner. Ich kann es nicht fassen!«
»Ich nehme an, die sind alle Altjahrgang«, sagte Förster. »Und dann auch noch Januar, Februar, März oder so. In der C-Jugend ist das irre, wie weit die körperlich manchmal auseinanderliegen.«
»Da ist einer, der ist bestimmt eins neunzig«, sagte Fränge. »Der muss sich schon zweimal am Tag rasieren! Wenn der Grischa vor dem steht, sieht er den Kopf von dem gar nicht!«
»Vielleicht kann er dem aufrecht durch die Beine laufen, wenn der nicht damit rechnet.«
»Findest du das etwa lustig?«
»Nein, man hat es nur schon viel zu oft erlebt.«
»Du hast in dieser Woche zum ersten Mal einen Fußballplatz betreten!«
»Das stimmt nicht, wir hatten in der Oberstufe regelmäßig Sportunterricht auf dem Platz am Pappelbusch. Und das mit dem zu oft erlebt hat die Sabine gesagt.«
Fränge seufzte. »Wir müssen das so sehen: Die sind lang und unbeweglich, das heißt, wir müssen sie am Boden ausspielen. Gepflegtes Kurzpassspiel, dann geht das.«
»Okay, das klingt doch wie ein Plan.«
»Plan? Ihr habt einen Plan?«
Förster und Fränge fuhren herum. Alex sah sehr ernst aus, Justin grinste.
»Unsere Trainer haben einen Plan«, sagte Alex.
»Jetzt brauchen wir nur auch noch einen«, sagte Justin.
»Guter Witz!«, sagte Fränge.
Alex und Justin warfen sich einen Blick zu, als überlegten sie, in welches Pflegeheim sie Fränge demnächst einweisen sollten, dann drehten sie ab und liefen Richtung Kabinen. Förster sah Adnan mit seinen Eltern auf den Platz kommen, jedenfalls ging Förster davon aus, dass der Mann neben Luiza Adnans Vater war, da musste man ja vorsichtig sein, Patchwork war nicht mehr nur eine Art, Decken zu machen. Außerdem war ein kleiner Junge mit einem Laufrad dabei.
Außerdem erkannte Förster Martina und Monika, die ihm mit Gesten bedeuteten, dass sie gleich zur Bude hinübergehen würden, um etwas zu trinken.
»Hallo, Förster, hallo, Trainer.« Adnan nickte ihnen zu. »Meine Mutter kennst du, Förster, und das hier ist mein Vater.«
»Mergim«, sagte der Mann lächelnd. Er war Förster gleich sympathisch. »Heute geht es los, was?«
»Ja«, antwortete Förster, »heute startet die Saison.«
»Und wir haben einen Plan«, tönte Fränge.
»Wie sieht der denn aus, der Plan?«, wollte Luzia wissen.
»Flach spielen, hoch gewinnen«, sagte Fränge.
»Das ist mein Bruder.« Adnan zeigte auf den Jungen, der mit seinem Laufrad schon unterwegs war zum Vereinsheim. »Aber den Namen musst du dir nicht merken, der nervt.«
Luzia gab ihm lachend einen Klaps auf den Hinterkopf, und er rannte zu den Kabinen, während Mergim seinem jüngeren Sohn hinterherlief.
Justins Vater kam aufs Gelände gehumpelt. Er sah aus, als habe er sich seit vorgestern nicht gewaschen und auch die Kleidung nicht gewechselt. Ohne Förster und Fränge zu begrüßen, sagte er: »Das wird eine Eins-a-Beerdigung, da dürft ihr sicher sein!«