Die Grünholz-Jungen
Den ganzen Winter des Jahres 1910 über brachten wir ihnen unsere stumpfesten Pflugscharen, Messer, Äxte und Sägen. Als diese Klingen geschärft waren, trugen wir unsere längst aufgegebenen Werkzeuge zu ihnen: Rahmensägen, Spitzhacken, Ahlen, Beile, Dechseln, Feilen, Spalt- und Schäleisen – allesamt stumpf wie Bachkiesel und verrostet. Und bekamen sie von den Jungen scharf wie Skalpelle zurück, die Klingen leuchtend hell und silbrig vor Mineralöl. Als es nichts mehr zu schärfen gab, besserten sie Axtstiele aus und brachten sich selbst bei, Pferde zu beschlagen und Sattel und Zaumzeug neu zu vernähen. Und als all das erledigt war, begradigten sie um die Wette gebrauchte Nägel mit Hämmern auf flachen Steinen, bis einer von ihnen zuerst einen ganzen Eimer voll hatte.
Danach nahm das Stehlen und Unruhestiften ab, und mit all den Sägen und Äxten um sie herum konnten die Jungen gar nicht anders, als sich mit ihrem Gebrauch vertraut zu machen. Als Taisto Maki, ein Finne und der beste Holzfäller der Stadt, beim Fällen einer großen Weymouth-Kiefer zermalmt wurde, ließ seine Witwe die Jungen sein Werkzeug behalten, das sie in der Vergangenheit so gut gepflegt hatten. Auch wenn sie damals erst elf Jahre alt waren und ihnen zum richtigen Baumfällen schlicht die Körperkraft fehlte, schafften sie es, den in ihrem Waldstück reichlich herumliegenden Windwurf klein zu machen und am Straßenrand klafterweise zu verkaufen. Zu dieser Zeit trat Harris’ unternehmerische Ader richtig in Erscheinung. Er rief zu den vorbeifahrenden Wagen hinüber und handelte Preise aus, als wäre er dafür geboren.
Mit der Zeit verfeinerten sie ihre Axthiebe, und bald wussten sie genau, an welcher Stelle sich ein wirteliges Holzstück als schwierig erweisen würde und wie man das Gewicht des Spalthammers die Arbeit übernehmen ließ. Aber keiner von uns brachte es übers Herz, den Jungen zu sagen, dass sie das Grünholz ein Jahr und im besten Fall zwei oder drei Jahre lang hätten trocknen müssen. Und weil wir vermuteten, dass das Geld, das wir Mrs. Craig zahlten, nicht vollständig für die Jungen verwendet wurde, waren die Menschen großzügig genug, um das Grünholz zum vollen Klafterpreis zu kaufen und es dann selbst abzulagern, damit unsere Holzöfen nicht mit Teeröl verstopften und uns die Häuser abbrannten.
Und so kam es, dass wir die beiden nicht mehr wie zuvor entweder »diese armen Burschen« oder »diese verdammten Burschen« nannten, je nachdem, was sie angestellt hatten, sondern dass sie als »die Grünholz-Jungen« bekannt wurden.
Im Laufe der Jahre setzte sich der Name fest und verwurzelte sich. Sie wirkten nun weniger wie Geister und immer mehr wie normale Jungen. Wir waren uns nicht mehr sicher, ob sie nicht schon immer den Namen Greenwood getragen hatten, auch vor dem Zugunglück schon. Manche schworen, trotz ihrer Unterschiede sähen sich die beiden zunehmend ähnlicher, so sehr, dass viele von uns vergaßen, dass sie aus verschiedenen Zügen geschleudert worden waren. Und so ging ins öffentliche Gedächtnis ein, dass man die armen Brüder eng umschlungen gefunden hatte, barfuß, den Namen Greenwood
in die Etiketten ihrer Mäntel gestickt.