Kapitel 1

D as Leben auf der Erde konnte sich drastisch verändern.

Es begann immer mit Kleinigkeiten, die sich später zu großen Ereignissen entwickeln könnten. So lief das Leben, wie das Pflanzen eines Samenkorns, das zu einem hoch aufragenden Baum mit vielen Wurzeln und ausladenden Ästen, die viel Schatten warfen, heranwuchs.

In diesem Fall wurden die sich anbahnenden Ereignisse von einer ahnungslosen Drachenreiterin ausgelöst, die keine Ahnung davon hatte, was sie in Gang setzte.

Der Boden, in den Mutter Natur die Saat hatte legen lassen, begann zu brodeln wie ein Zaubertrank in einem Kessel. Die Bewohner von New York City, die die Cornelia Street entlangeilten, hatten keine Ahnung, dass sich die Landschaft um sie herum radikal verändern könnte.

Das einst kahle Stück Erde vibrierte, als etwas versuchte, die Oberfläche des harten Bodens zu durchbrechen. Ein winziges Pflänzchen spitzelte durch den Mutterboden, während Taxis die Straße hinunterfuhren und ein Hund an der Leine ein Polizeipferd anbellte.

»Frenchy!«, rief eine Frau, die den großen Pudel an der Leine hielt. »Hör auf, die Pferde anzukläffen!« Sie drehte sich zu ihrem Begleiter um. »Ich schwöre, obwohl ich viel Geld für das Training ausgegeben habe, gehorcht dieser Hund immer noch nicht, egal was ich sage.«

Der Mann nickte und zeigte auf das traurige Fleckchen Erde, an dem einst ein Baum gewachsen war. »Lass Frenchy einfach ihr Geschäft erledigen. Ich habe gleich eine Besprechung.«

Das Paar blieb neben dem Platz stehen, den der Pudel in der Regel bevorzugte. Der Hund schnüffelte am Boden, als sich ein winziges, grünes Blatt durch die Erde bohrte.

Frenchy sprang erschrocken zurück und bellte den scheinbar harmlosen Setzling an.

Die Frau seufzte. »Ernsthaft, Frenchy? Könntest du Ruhe geben?«

Die Hündin gehorchte nicht und bellte weiter das Fleckchen Erde an, ihr langer Schwanz wedelte wie wild.

»Hast du das gespürt?« Der Mann legte der Frau eine Hand auf die Schulter.

»Was gespürt?«, fragte sie und wandte ihre Aufmerksamkeit von dem ungehorsamen Hund ab, während sie an der Leine zerrte.

»Ich glaube, wir haben ein Erdbeben«, erwiderte er und schaute auf den Boden, der unter ihren Füßen bebte.

Viele Passanten auf dem Bürgersteig nahmen die Vibration wahr, ohne zu wissen, dass das Epizentrum in dem Fleckchen Erde lag. Sie begannen zu flüchten, als das Pflaster um die Erde herum nachgab.

Der Polizist auf dem Pferd versuchte, die Menschen in Sicherheit zu bringen, obwohl das Pferd deutliche Anzeichen von Stress zeigte und wieherte.

Der Boden bebte weiter, als das kleine Blatt aus der Erde lugte und sich zappelnd zu entfalten versuchte.

»Lass uns von hier verschwinden«, rief der Mann der Frau zu, die sich redlich bemühte, den Pudel von dem Platz wegzuziehen.

»Komm schon, du böser Hund«, rief die Frau. Sie zerrte heftig an der Leine, ihre Furcht war in jeder Bewegung zu spüren.

»Hierher!« Der Mann packte die Leine und zog kräftig daran, um Frenchy zum Gehen zu bewegen, als sich der Boden vor ihnen teilte.

Sie rannten in die entgegengesetzte Richtung und mussten den Hund mit sich reißen. Sie flohen gerade noch rechtzeitig, denn einen Moment später breitete sich das unschuldige kleine Blatt aus, gefolgt von einer riesigen Bohnenranke. Sie schoss in die Höhe und spaltete das Pflaster, während sie sich in den Himmel erhob. Sie überragte die mehrstöckigen Gebäude in Sekundenschnelle und wuchs immer weiter.

Als die Bohnenranke die Wolken erreichte, dehnte sich ihre Basis aus, bis sie so groß wie eine Limousine war. Der Asphalt um sie herum explodierte regelrecht, die Cornelia Street spaltete und verformte sich und kippte Fahrzeuge auf das Dach oder zur Seite.

Ein Tumult brach aus, weil unterirdische Wasserleitungen platzten und riesige Wasserfontänen in die Luft schossen. Funken stieben in alle Richtungen, als Stromleitungen von dem riesigen Wurzelwerk, das sich unter der Erde ausbreitete, gekappt wurden.

Sirenen heulten auf, während Einsatzkräfte in Richtung der Bohnenranke rasten, die aufhörte zu wachsen, als sie die Wolken überragte. Nachdem die Gegend zügig geräumt war, blickte der Polizist auf dem Pferd nach oben, weil die Straße plötzlich in Dunkelheit gehüllt wurde. Ein riesiger Baldachin aus der Spitze der Bohnenranke entfaltete sich. In der Cornelia Street wurde es sofort kühler.

Feuer, Wasser und Zerstörung waren das Ergebnis der Pflanze, die sich nun zwischen den Gebäuden an der Straße in die Höhe schraubte. Unklar war, woher das seltsame Gewächs kam und was sich an ihrem oberen Ende befand.

Ein Schauer lief dem Polizisten über den Rücken, nachdem er die Kontrolle über das Pferd wiedererlangt hatte. Er schüttelte den Kopf. »Gott schütze uns alle.«