D u bist alles, was ich habe«, behauptete ein Mann, der mit dem Rücken zu den Balkontüren stand, als Sophia hindurchschlüpfte, nachdem sie sie mit einem einfachen Zauberspruch entriegelt hatte. Der Mann trug keine Uniform und für einen Moment dachte sie, sie hätte die falschen Räumlichkeiten betreten.
Er hatte braunes, gelocktes Haar versteckt unter einer Tweedmütze und soweit Sophia erkennen konnte, trug er einen Pullunder über einem Hemd. Vor der Brust hatte er, während er vor einer geschlossenen Tür stand, die Hand zur Faust geballt.
»Wie ich schon sagte«, begann der Mann wieder. »Zac, du bist alles, was ich habe. Nun und dieses Lied.« Der Mann räusperte sich, bevor er zu singen begann. »A million dreams is all it’s gonna take. Oh, a million dreams for the world we’re gonna make …«
Sophia räusperte sich und hatte ein schlechtes Gewissen, dass sie Zeugin dieser einseitigen Zuneigung wurde.
Der Kerl erstarrte, seine Hände waren ausgestreckt, während er seine Knie beugte, um seine nächste Bewegung anzukündigen, von der sie annahm, dass es ein tiefer Ausfallschritt war. Stattdessen richtete sich der Typ auf und ließ die Hände sinken. Er drehte sich zu ihr um, seine Augen verengten sich.
»Wer bist du?« Er musterte sie von oben bis unten. »Was tust du hier? Wie bist du hereingekommen?«
Sie zeigte auf die offene Tür hinter sich. »Da durch.«
»Es war abgeschlossen«, entgegnete er.
»Für die meisten«, stimmte sie zu. »Ich bin aber nicht die meisten. Ich bin Sophia Beaufont, eine Reiterin der Drachenelite und ich bin offensichtlich hier nicht richtig.«
Er warf ihr einen unfreundlichen Blick zu. »Das bist du, es sei denn, du bist an einen Ort gekommen, an dem du dir den Arsch aufreißen lassen möchtest.«
Sophia musste fast lachen, als sie ihr Gegenüber betrachtete. »Ähm. Nein, alles in Ordnung. Ich habe nur nach Ramy gesucht. Ist er im ersten Stock? Bewacht er Zac vor dem Aufnahme-Studio?«
Der Typ sah sie mit zusammengekniffenen Augen an. »Eine Sache hast du heute richtig gemacht, aber zu deinem Pech ist es der Tag deiner Beerdigung. Ich bin Ramy. Wo willst du denn begraben werden?« Er schlug seine Faust in die offene Handfläche und warf ihr einen bedrohlichen Blick zu.
Zu Sophias größter Belustigung schien sich der Kerl selbst verletzt zu haben, als er auf seine eigene Hand schlug. Er versuchte, es zu verbergen, indem er seine Hand ausschüttelte und sie wieder an sein Bein legte. »Hey, Ramy. Schön, dich kennenzulernen. Ich habe schon viel Positives über dich gehört.«
»Von wem?«, unterbrach er sie.
»Von Leuten, die du nicht kennst«, antwortete sie sogleich.
Er spottete. »Ich kenne jeden. War es Lady Gaga? Brittany? Martha …«
Sophia schüttelte den Kopf. »Nein, du kennst meine Quellen wirklich nicht, aber sie hatten gute Dinge zu berichten … wenn auch ein wenig übertrieben.« Obwohl Sophia nicht wusste, wie die Brownies diesen Kerl als bedrohliche Machtquelle missverstanden, nahm sie an, dass Ramy auf einen winzigen Hauselfen beängstigend wirken konnte. Nach dem wenigen, was sie gesehen hatte, hatte er eine einschüchternde Bühnenpräsenz. Sophia fragte sich, was die Brownies sonst noch an ihm auszusetzen hatten, an diesem angeblich so einschüchternden Leibwächter.
Er war still geworden und musterte sie mit einem berechnenden Blick. Sophia beschloss, dass dies der perfekte Zeitpunkt war, um ihr Verhandlungsgeschick einzusetzen, denn sie würde es vorziehen, ihm nicht die Nase zu brechen oder eines von Zacs modernen Möbelstücken zu zertrümmern.
»Ich muss nur Zac treffen«, begann sie und deutete auf die Tür hinter Ramy. »Ist er da drin?«
»Nein!«, schrie Ramy, als eine Männerstimme durch die Tür hallte.
»Don’t you wanna get away to a whole new part you’re gonna play«, sang ein Mann, der wie Zac Efron klang, aus dem anderen Zimmer. »’Cause I got what you need, so come with me and take the ride to the other side.«
Einen Moment lang war Ramy ganz in die Musik versunken, seine Augen wurden verträumt.
»Das ist schon komisch«, meinte Sophia und versuchte, Ramy ins Hier und Jetzt zurückzuholen. »Das hört sich an wie Zac Efron da drinnen.«
»Das ist seltsam«, erwiderte der Mann, der sich als schlechter Lügner erwies. »D-D-Das ist Alfred, der Butler. Er singt immer, wenn er das Silber poliert.«
»Komisch, dass ihr das Silber im Badezimmer aufbewahrt«, bemerkte Sophia, schnupperte in der Luft und roch Seife.
»Das ist nicht das Badezimmer«, entgegnete Ramy. »Es ist das Esszimmer.«
»Im zweiten Stock?« Sophia sah sich das Bett in der Ecke an. »Direkt neben dem Schlafzimmer, wie die meisten modernen Häuser in Beverly Hills. Das ergibt Sinn.«
Ramy nickte. »Das ist etwas Neues. Es ist total in. So können die Filmstars aus dem Bett purzeln und sich sofort ein Sandwich schnappen.«
»Genial«, bestätigte Sophia und ging weiter. Sie hatte beschlossen, dass sie genug von dieser Show hatte. »Ich werde einfach Zac fragen, ob er mir bei etwas helfen kann.«
Ramy hob die Hand und versuchte, sie aufzuhalten.
Sie hielt inne, mehr aus Belustigung als alles andere.
»Nein«, betonte er. »Du darfst nicht passieren.«
»Ohne dich zu zerquetschen, so viel ist sicher«, scherzte sie.
»Zac kann dich nicht treffen«, erklärte er selbstbewusst.
Sie musste ihm zugestehen, dass er sich redlich bemühte, sie von seinem Schützling fernzuhalten.
»Das kann er schon«, widersprach sie. »Ich habe eine wirklich coole Mission für ihn, an der er sicher teilnehmen möchte.«
»Was willst du damit sagen?«, fragte Ramy.
Sophia tippte an ihr Kinn. »Nicht viel. Es geht nur um die Wiederbeschaffung eines Katana, etwas Magie und vielleicht ein kleines bisschen Gefahr.«
Der Wachmann schüttelte den Kopf und verschränkte die Arme. »Ich kann eine solche Mission nicht unterstützen.«
»Ja, aber die Sache ist die, dass ich deine Zustimmung brauche«, sagte Sophia.
Er schüttelte weiterhin den Kopf. »Auf keinen Fall.«
Sophia zog ihr Schwert zur Hälfte aus der Scheide. »Wie wäre es jetzt?«
Ramy zuckte nicht zusammen bei dieser Machtdemonstration. »Nein. Es ist mir gleichgültig, ob du ein Drachenreiter bist, wie du vorgibst. Ich werde nicht zulassen, dass du Zac in Gefahr bringst.«
Sophia schaute genervt an die Zimmerdecke, weil sie nicht wollte, dass es so weit kam. »Nun, ich fürchte, ich werde Zac so oder so mitnehmen müssen.«
Er zuckte mit den Schultern, als ob der Verlust ganz allein ihr zuzuschreiben wäre. »Schade, aber ich weiß nicht, wie du das anstellen willst.«
Diesmal lachte Sophia tatsächlich auf. »Ich denke, das ist ziemlich klar.«
Er streckte die Arme aus und sah sich um. »Wie meinst du das?«
»Nun, ich bin ich und du bist du«, verdeutlichte sie, als ob dies ihren Fall vollständig erklären sollte. »Ich habe ein Schwert und du hast unpassende Socken. Außerdem bin ich eine Drachenreiterin und du bist ein kleiner Junge. Ich denke, wir sind uns einig, oder?«
Er holte tief Luft. »Es gibt etwas, das du nicht bedacht hast, Sophia.«
Sie blinzelte ihn an. »Dass du den Verstand verloren hast und die Krankenschwester gleich hier sein wird, um dir deine Medikamente zu geben?«
Ramy schüttelte den Kopf. »Nein«, erwiderte er und hob die Hände über seinen Kopf. »Dass ich ein Ninja bin.«
Sophia wusste, dass die Zeit für solche Mätzchen vorbei war. Sie musste mit den Dingen vorankommen. »Nun, die Sache mit Ninjas ist, dass sie es normalerweise nie ankündigen. Kann ich jetzt zu Zac gehen?«
Ramy ließ seine Hände fallen und sah enttäuscht aus. »Nein. Was auch immer du mit ihm vorhast, ich werde es auf keinen Fall zulassen. Er könnte verletzt werden und jede Gefahr …«
Der Schrei, der sich aus Ramys Mund löste, überraschte Sophia nicht wirklich. Sie wusste, dass Lunis über die Mauer zu Zacs Balkon geflogen war und sich vor dem Schlafzimmer postiert hatte.
Wie sie wusste, war ein einzelnes Auge des Drachen an das Schlafzimmerfenster hinter ihr gepresst und blinzelte den Möchtegern-Leibwächter an. Lunis hatte sogar Rauch durch seine Nasenlöcher geblasen, um den Effekt zu verstärken.
»Ein Drache!«, schrie Ramy. »Verdammte Scheiße!« Er warf die Hände in die Höhe und rannte hinter Sophia her, wobei er sich eigentlich Lunis näherte, aber so tat, als könnte sie ihn vor dem blauen Drachen beschützen, der gerade nach ihnen spähte. »Da ist ein Drache. Wir müssen Zac beschützen.«
Sophia klopfte Ramy auf den Arm und schenkte ihm ein wissendes Lächeln. »Kein Problem. Das habe ich auch vor. Sag ihm einfach, dass er mit mir auf eine Mission geht.«
Ramy löste sich von ihr und warf dem Drachen in ihrem Rücken immer noch einen besorgten Blick zu. »A-A-Aber der Drache?«
»Er wird niemandem etwas tun, solange du machst, was ich sage«, warnte Sophia. »Andernfalls reicht ein Wort von mir und er wird plündern und zerstören.«
Lunis kicherte in ihrem Kopf. Ich würde jetzt gerne eine Eisdiele plündern.
Pst , warnte sie. Ich versuche, eine Show daraus zu machen, dass du gefährlich und einschüchternd bist.
Das bin ich , erklärte Lunis. Ich habe gerade einen ganzen Rosenstrauch ruiniert, als ich hier hochkam. Ich habe keine Rücksicht genommen, als ich das Ding in die Luft gejagt habe.
Du bist ein wildes und verrücktes Wesen , schmunzelte sie.
In der Zwischenzeit war Ramy zum Bad geeilt und öffnete die Tür, ohne anzuklopfen. »Hey, hey, Zac! Ich muss deine Badezeit abkürzen. Es ist etwas dazwischengekommen.«
»Ich hoffe, es ist wichtig«, sagte eine Stimme aus dem dampfenden, nach Blumen duftenden Raum.
Ramy warf einen Blick zur Tür hinaus auf den Drachen, der immer noch vor dem Schlafzimmerfenster lauerte. »Das ist es. Du hast meinen Segen für diese Sache, während ich hier die Stellung halte.«